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Ausgabe:

1969

Spalte:

706-708

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Die Schmolsiner Perikopen 1969

Rezensent:

Starke, Arnold

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 9

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stitutione, et officiis' er in diesem Buche kommentiert. In 6 Kapiteln
schreitet er den Text ab und erhebt mit großer Sorgfalt die
dann gemachten Aussagen, die er dann in den ivontext der rc-
lormierten Theologie des 16. Jahrhunderts, besonders der offiziellen
Dokumente, hineinstellt. Ein umfangreicher Notenapparat, der
buchtechnisch als Sonderteil dargeboten ist (S. 117-166), vermittelt
einen umfassenden Uberblick über das gesamte Material.

Das 1. Kapitel von Stiftung, Notwendigkeit und Dauer des Amtes
(S. 15-28) zeigt, daß nach der Uberzeugung der reformierten Kirche
das Amt aul Gottes Willensverfügung beruht und darum nicht dem
bene esse der Kirche, sondern unbedingt ihrem esse zuzurechnen
ist. Die ministri sind realiter Bevollmächtigte der Heilsgeschichte
Gottes mit den Menschen, so dafj ihren Dienst verachten Gott verachten
heißt. Es besteht eine Koinzidenz zwischen dem äußeren
Handeln des Amtes und dem inneren Wirken des Hl. Geistes,
womit die traditionelle reformierte Gefahr eines Auseinanderfallens
der beiden Ebenen von Wort und Geist gebannt werden
soll. Die ministri stehen auch nach reformierter Lehre in einer
Amtskette und Sukzession, die von Christus über die Apostel und
die von ihnen auf Christi Befehl eingesetzten Hirten und Lehrer
bis zu den heutigen ministri geht, so daß diese betont als suc-
cessores Apostolorum anzusehen sind. - Im 2. Kapitel wird die
Frage der Verschiedenheit der Ämter untersucht (S. 29-42) mit
dem überraschenden Ergebnis, daß auch reformierte Lehre grundsätzlich
an der Einzigkeit des gestifteten, in apostolischer Nachfolge
stehenden Amtes der Kirche, eben des Amtes des Wortes
und der Sakramente (dem auch die Kirchenzucht anvertraut ist)
festhält. Das bekannte Vier- bzw. Drei-Ämter-Schema als göttliche
Verfassungsstruktur der Kirche nach reformierer Auffassung
findet sich also nicht bestätigt, zu welchem Ergebnis vor einigen
Jahrzehnten übrigens auch schon W. O. Munter gekommen war. -
Bei der Besprechung der notwendigen Legitimation der ministri
im 3. Kapitel (S. 43-54) werden erstaunliche Perspektiven besonders
hinsichtlich des Ordinationsverständnisses aufgetan, die diese
trotz Unsicherheiten am Rande auch im reformierten Raum als
epikletisch-konsekratorische Handlung verstehen lassen. - Schließlich
wird im 4. Kapitel (S. 55-64) die Inkongruenz von Amt und
Priestertum behandelt, die nach reformierter Lehre nicht nur beinhaltet
, daß entgegen einem sacerdotal-satisfaktorischen Verständnis
des Amtes jegliches versöhnende Priesterwerk allein Christus
zu- und dem Amte abgesprochen werden muß, sondern auch,
daß das Amt gerade nicht mit dem durch den Glauben allen Christen
gegebenen Priestertum von 1. Petr. 2,9 identifiziert werden
darf. Es ist nicht im allgemeinen Priestertum begründet oder von
daher legitimiert, sondern eigenständige Stiftung des Herrn, weshalb
auch konkrete Unterschiede hinsichtlich der Autorität und
der Rechte zwischen den ministri und den Laien gegeben sind. -
Das 5. Kapitel von der Autorität des Amtes (S. 65-77) zeigt, daß
die den ministri gegebene Gewalt nicht die absolute, sondern eine
ministeriale und konditionale, nämlich an die Grenzen des Mandats
Christi gebundene ist, womit sie aber nicht als von vornherein
kompromittiert angesehen werden darf. Der Behauptung
von der Gleichheit der Amtsgewalt bei allen ministri und der
Ablehnung eines höher gestellten Bischofsamtes dient in der reformierten
Tradition die bekannte Hieronymusstelle von der ursprünglich
kollegial-presbyteralen Leitung der Ortskirche und
dem dann um der Abwehr der Spaltungen willen herausgebildeten
Episkopat zur Begründung. Der Verf. setzt aber einige
berechtigte Fragezeichen hinter die übliche Auswertung dieses
Väterzitats. - Im 6. Kapitel werden die tatsächlichen Amtspflichten
beleuchtet (S. 78-104), die sich in der Verkündigung des Wortes
und der Verwaltung der Sakramente konzentrieren, aber auch
die Handhabung der Kirchenzucht in sich schließen. Der Donatismus
, sowie der Anabaptismus, der das Amt laisieren wollte, werden
als Häresien verworfen. -

Die Resultate der Untersuchung faßt der Verf. in drei Punkt
zusammen: 1) Die reformierte Lehre vom Amt ist eindeutig und
in sich zusammenstimmend und kein Kontroverspunkt innerhalb
der reformierten Kirche selbst, 2) Diese dargestellte reformierte
Lehre vom Amt ist kein katholischer Rest, den man nur noch nicht
die Gelegenheit gehabt hat protestantisch um- und neuzuformu-
lieren, und 3) Diese Amtslehre empfängt ihre Anstöße unmittelbar
von der biblischen Lehre vom Apostolat, um dessen Nachfolge
es sich beim Amt handelt. Von daher ergeben sich all ihre
Einzelpositionen.

Eine wertvolle Bereicherung des Buches stellen noch drei ausführliche
Exkurse dar. In dem ersten über die Verschiedenheit
der Amter (S. 168-191) wird in gründlicher Einzeluntersuchung
die These erhärtet, daß auch reformierte Lehre im Grunde nur
das eine gestiftete Amt lehrt, das Amt des Bischofs-Presbyters-
Hirten-Lehrers, von dem die Amter der Altesten und Diakonen
als Laienämter zur Unterstützung des Hirten zu unterscheiden
sind. Der zweite Exkurs über die apostolische Sukzession (S. 192
bis 212) interpretiert diese als Zeichen der Kontinuität und Identität
der Kirche mit sich selbst, was sie aber nur leisten kann, wenn
sie vor allem Sukzession in der apostolischen Lehre ist. Der dritte
über das Bischofsamt in der reformierten Ekklesiologie (S. 213
bis 237) untersucht die Möglichkeiten einer positiven Beurteilung
desselben im reformierten Raum, also einer Stufung in der po-
testas iurisdicüonis der ministri bei grundsätzlich gleicher potestas
ordinis, und weist hier unter dem ökumenischen Aspekt, unter
dem übrigens das ganze Buch geschrieben ist, neue Wege.

Der große Wert der Untersuchung liegt ohne Frage in der mit
großer gedanklicher Kraft und Klarheit durchgeführten Sichtung
der gesamten Problematik des Amtes im reformierten Verständnis,
sowie in der Auflockerung und Aufsprengung konfessionalistischer
Verengungen im Blick auf eine ökumenische Fruchtbarmachung der
genuin-reformierten Amtskonzeption. Das Hauptproblem, welches
für das ökumenische Gespräch allerdings durch das Buch aufgeworfen
wird, ist wohl in einer der vom Verf. selbst den Reformierten
von heute gestellten Schlußfragen zu sehen: „Glauben
wir noch, was unsere Väter in diesem Punkt bekannt haben?"
(S. 115).

Braunschweig Hellmut Lieberg

B a c h t, Heinrich: Die Mönchsprofeß als Zweite Taufe (Catho-
lica 23, 1969 S. 240-277).

D e e, Helmut: Zur Frage nach dem Sinn von Sterben und Tod
(Pastoraltheologie 56, 1967 S. 489-500).

G a m b e r, Klaus: Collect - Eine alte Bezeichnung für den Wortgottesdienst
(RQ 62, 1967 S. 76-83).

G o e d e n , Roland: Eine Predigtreihe über die zehn Gebote (Pastoraltheologie
56, 1967 S. 517-523).

H a n s o n , A. T.: Teilhard de Chardin and Priesthood (ET 79,
1968 S. 308-310).

Harris, J. G.: Current Trends in Religious Education (ET 79,
1968 S. 104-108).

L1TURGIEWISSENSCIIAFT

Hinze, Friedhelm [Hrsg.]: Die Schmolsiner Perikopen. Berlin:

Akademie-Verlag 1967. XX, 176 S. m. 4 Abb. gr. 8°. M 24,50.
- Altkaschubisches Gesangbuch. Ebd. 1967. XXVIII, 193 S. gr. 8°.

M51,- = Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin.

Veröff. des Inst. f. Slawistik, hrsg. von H. H. Bielfeldt, 41 u. 46.

1958 veröffentlichte R. Olesch im Böhlau-Verlag (Köln-Graz) das
1586 in Danzig (Gdahsk) gedruckte Gesangbuch des hinterpom-
merschen Pastors Simon Krofey (Duchowne piesnie D. M. Luthera
y ynszich . .. me.zow = Geistliche Lieder D. M. Luthers und anderer
... Männer), die älteste gedruckte Ausgabe geschlossener ka-
schubischer Texte. Krofey hatte sich bei seiner Sammlung vor
allem an das Bapstsche Gesangbuch (Leipzig 1545) gehalten. Zugleich
gab Olesch in demselben Verlag einen Nachdruck des Luther-
schen Kleinen Katechismus von M. Pontanus heraus, „deutsch und
wendisch gesetzt", mit den sieben Bußpsalmen, 1643 in Danzig
gedruckt, mit handschriftlich beigefügten Fragen über den Glauben
. In einer Besprechung dieser Neuausgabe im Wiener slavi-
stischen Jahrbuch, Band 7, S. 200f. (Graz-Köln 1959) erinnerte die
polnische Forscherin Hanna Popowska-Taborska daran, daß im
Schmolsiner Pfarrarchiv, wo sich jene Texte befanden, noch zwei
andere altkaschubische Sammlungen aufbewahrt wurden. Sie
schreibt: „Es wäre wert, den Schicksalen auch dieser wertvollen
Denkmäler nachzugehen. Mit großer Freude würden wir die Tatsache
ihrer Auffindung und einer phototypischen Ausgabe begrüßen
."

Dieser Wunsch ist durch die beiden Veröffentlichungen Fr. Hinzes
im wesentlichen erfüllt, wenn auch eine vollständige „phototypische
" Wiedergabe der Texte nicht erfolgt ist. Eine Würdigung
dieser Arbeiten vom sprachwissenschaftlichen Standpunkt aus wird
man an dieser Stelle nicht erwarten. Es sei nur eben erwähnt, daß
die pomoranische (kaschubische) Sprache in Pommerellen (dem
früheren Westpreußen) und in den angrenzenden Teilen Hinter-