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Ausgabe:

1969

Spalte:

659

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Internationale Zeitschriftenschau für Bibelwissenschaft und Grenzgebiete 1969

Rezensent:

Altendorf, Hans-Dietrich

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 9 660

659

auch durch theologische Erweiterungen und Interpretationen wie
2. B. in dem umfangreichen Stichwort »Tier", in dessen Bearbeitung
der Abschnitt Wertung erweitert wurde. Ein gesonderter Artikel
»Inschriften" fehlt, unter ihm hätte sich einiges sagen lassen,
aus welchen Gründen auf dem palästinischen - ehemals altisraelitischen
Boden sich so wenig Inschriften bisher gefunden haben.
Dann hätten hier zahlreiche Verweisungen gegeben werden können
. Das Lexikon hat auch die Aufgabe rascher Orientierungsmöglichkeiten
zu erfüllen. Manchmal vermißt man einiges, zum
Beispiel im Geniza-Artikel hätte nicht nur über die Kairo-Geniza
gesprochen werden müssen, sondern überhaupt über diesen Geniza-
brauch, den man mit Beispielen hätte belegen können. Auch im
Stichwort „Glocke" hätte sich etwas mehr Material geben lassen
als nur der Hinweis auf die Glöckchen am hochpriesterlichen
Ornat, die dazu nicht hebräisch vermerkt werden. Aus dem Buchstaben
F hebe ich an neuen Stichwörtern heraus Fluch, Fluß,
Freiheit, Freude, Freund, Frömmigkeit, Fürbitte, Furcht Unter
A ist beispielsweise aufgenommen worden das Stichwort Alalach,
das sehr sachkundig und eingehend behandelt wird. Amt ist ebenfalls
neu eingefügt worden, ebenso Ackerbau, während das Stichwort
Abschiedsrede gegenüber der ersten Auflage stark erweitert
worden ist.

So geht es dem Leser bei allen Buchstaben. Er begegnet überall
Erweiterungen oder neuen Stichwörtern und findet überall eine
sachkundige und eingehende Bearbeitung, bei der immer wieder
auch die Neigung, zu theologischen Aussagen zu gelangen, beobachtet
werden kann. Gerade diese Vereinigung von biblischer Realie
mit allem historischen, archäologischen und landeskundlichen Stoff
und theologischer Aussage ist ein wichtiges Charakteristikum dieses
Bibel-Lexikons der zweiten Auflage, die sich als ein höchst
nützliches Hilfsmittel nicht nur erweisen wird, sondern schon
erwiesen hat. Studenten benutzen es gern als Orientierung und
Literaturvermittler, aber auch der Wissenschaftler, insbesondere
der Theologe aller Disziplinen, ganz gleich welcher Konfession,
wird dieses Lexikon mit Dankbarkeit zur Hand nehmen und benutzen
. Zugleich mu5 aufrichtig bewundert werden das Ausmaß
an Arbeit, an Fleiß und wissenschaftlicher Organisationsgabe, das
der verdienstvolle Herausgeber und seine Mitarbeiter aufgewendet
haben. Schon die Anlage dieses Lexikons und die sorgsame
Vermehrung der Stichwörter stellen eine geistige Leistung
für sich dar, die angesichts der Fülle neuer Gesichtspunkte nur
aufrichtig bewundert werden kann.

Nur drei kleine Versehen sind mir bisher aufgefallen bei der
Benutzung. Sp. 475 Stichwort Feind muß es in der Literaturangabe
„Anderson" heißen, unter Heilig mufj es in der Literaturangabe
lauten »Hanhart". Im Stichwort Nuzi ist die Angabe Abb. 45 offenbar
nicht zutreffend. Es ist doch wohl Abb. 9 gemeint.

Leipzig Hans Bardtke

Internationale Zeitschriftenschau für Bibelwissenschaft
und Grenzgebiete, hrsg. v. F. Stier in Verb, mit P. L Brat-
siotis, K. Elliger, A. Vögtle, Bd. XIV, 1967/68. Düsseldorf
: Patmos-Verlag [1968]. XV, 334 S. gr. 8°. DM68,-.
Der neue Band der Zeitschriftenschau (vgl. zuletzt ThLZ 93, 1968,
Sp. 653) erfaßt vor allem die Literatur des Jahres 1966, mit zahlreichen
Buchungen von früher erschienenem Schrifttum. Der Nutzen
der bibliographie raisonnee liegt auf der Hand; den Mitarbeitern
sei Dank gesagt für ihren Dienst.

Tübingen Hans-Dietridi Altendorf

ALTES TESTAMENT

Westermann, Claus: Der Segen in der Bibel und im Handeln
der Kirche. München: Kaiser [1968]. 118 S. 8°. Kart DM9,80.
Anstoß zu der vorliegenden Untersuchung gab die Beobachtung,
dal} man »in der atl. Theologie den Begriff ,Heil' durchweg so
gebraucht, daß er Segen und Rettung umfaßt", während doch »im
AT von Gottes segnendem Wirken anders und in anderen Zusammenhängen
geredet wird als von Gottes rettendem Wirken". Indem
W. davon ausgeht, daß soteria, salus und „Heil" den Akt der
Rettung eher denn den Zustand des Gerettetseins bezeichnen, deutet
er auf etwas allem Exegetischen und Dogmatischen Vorausliegendes
hin: Inmitten der Faszination durch Aktualität und Funktion
ist die unabdingbare Bedeutung von Permanenz und Substanz
festzuhalten. „Die dogmatische, idealistische und existentiale Interpretation
gehören hier heute miteinander auf eine Seite", indem
sie das dem Menschen zugewandte Gotteshandeln in einem Begriff
voraussetzen und „einlinig" sehen (12), nämlich als „Augenblicksgeschehen
" unter Vernachlässigung des Elementes des Stetigen
, „Wachsen und Reifen, Zunehmen und Abnehmen". Rettung
hat mit Geschichte zu tun, Segen mit Natur, allerdings der als
Schöpfungsordnung bewußten. Weiterhin „geht Segen vom heiligen
Ort aus" ,■ die Loslösung vom heiligen Ort führt zur Verabsolutierung
der Zeit. Die Gegenwart wird zum Augenblick, alles wird
von der Zukunft erwartet (17), und, so darf man hinzufügen, die
Vergangenheit verpflichtet nicht mehr. Endlich: »Eine rein ,soterio-
logisch' (es bleibt fraglich, ob dieser christlich-systematische Begriff
auf Tatbestände des AT anzuwenden ist) bestimmte Theologie"
übersieht, daß »im Zusammenhang mit der Schöpfung das Wort
.glauben' im AT niemals begegnet" (18f.),- „Segen" ruht im Sein
eher denn im Glauben. Entsprechend müssen die Begriffe „Offenbarung
", „Verheifjung", „Mittler" u. a. in ihrer Zweilinigkeit neu
begriffen werden, wobei der Reichtum des Gottesdienstes in Israel
deutlich wird.

Im 2. Teil setzt sich W. zunächst mit der neuesten evangelischen
Literatur auseinander, bes. ausgiebig S. 70ff. mit der Jenaer Dissertation
von Wolfgang Schenk. Der Begriff „Segen" wird in den
Hauptschriftgattungen des AT einschl. der Apokalyptik und durch
die Geschichte verfolgt. Hinsichtlich des NT ergibt eine Obersicht
über den Vokabelbestand, daß »von einer wesentlichen oder gar
bestimmenden Bedeutung des Redens vom Segen" nicht gesprochen
werden kann. Im NT tritt zwar an die Stelle des Segens die Rettungstat
Gottes in Christus und die Rechtfertigung, aber daneben
behält er aus dem AT überkommene Segensbegriff seine Bedeutung
, bes. im Hinblick auf das Moment des Stetigen (der erhöhte
Herr in seiner Gemeinde, im Wachsen, Reifen und Stärken im Leben
der Gemeinden und des einzelnen u. a. m.). „An keiner Stelle
im NT, in der der Segen im Alten Bund erwähnt, zitiert, als Beispiel
herangezogen wird, ist in irgendeinem Sinn abwertend über
den Segen im AT gesprochen" (95).

Im 3. Teil geht W. von der Forderung aus, dafj „Funktion und
Bedeutung des Segens im Gottesdienst und im Handeln der Kirche
in einer erkennbaren Verbindung stehen müssen zu dem, was
die Bibel vom Segen Gottes und vom Segen als einer Institution
sagt". W. spricht von dem „segnenden Wirken Gottes" in Kirchenlied
, Sakramenten und kirchlichen Handlungen zu Lebensabschnitten
. Predigt ist „die Mitte des ev. Gottesdienstes, aber nicht der
ganze Gottesdienst", es gehört dazu „das Stetige, das im Segen
gemeint ist". Ja: »Es ist aus dem NT nicht zu begründen, dafj die
Botschaft von dem, was Gott in Christus uns getan hat, jeden
Sonntag verkündet werden müßte", wohl aber gehört zum Gottesdienst
„die liturgische Sprache, die dem stetigen Handeln Gottes
entspricht" (105).

Das Wort „ökumenisch" kommt, soweit ich sehe, nur einmal vor
(102: „die ö. Bedeutung des Segens"). Die vorliegende Schrift zeichnet
sich aber dadurch aus, daß sie nicht den Graben zwischen den
Kirchen einebnet, um anderwärts, etwa gegenüber den Juden, den
Graben zu vertiefen. Die Implikation des Satzes: „Was mit Segen
gemeint ist, kann nur aus der ganzen Bibel, nicht aus dem NT
allein erkannt werden" (99) ist weitreichend. Ja, W. geht noch
weiter: »Die typisch gottesdienstliche Sprache hat mit der Verkündigung
an sich nichts zu tun; alle Elemente dieser Sakralsprache
sind längst vor Christus dagewesen und aus vorchristlichen
Gottesdiensttraditionen erwachsen" (104). „Man kann hier
die erstaunliche Kraft einer religiösen Konzeption und eines
religiösen Vorganges erkennen, die nicht erst in der christlichen
Kirche entstanden sind sondern in eine sehr frühe Zeit der Menschengeschichte
zurückreichen" (44). Das die Haltung gegenüber
Segenshandlungen weithin bestimmende „magische Mißverständnis
" (110) ist auch insofern Mißverständnis, als das Gemeinmenschliche
abgewertet wird. Der Kampf gegen Verzerrungen des Nu-
minosen ist kaum mehr vordringlich; »der magische Charakter
wurde dem Segen nicht erst im Christentum genommen" (114).
Gerade weil W. die Konsequenzen nicht ausspricht, ist es eindrucksvoll
, dafj er ganz im eigenen Bereich zu der Grundschicht
vorstößt, in der die aus der Bibel Lebenden sich heute des sie
nicht nur miteinander, sondern auch mit der übrigen Menschheit
einst und jetzt Verbindenden bewußt werden, nicht in ethischen