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Ausgabe:

1969

Spalte:

651-652

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Hebraeische Wortforschung 1969

Rezensent:

Zobel, Hans-Jürgen

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ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

[Baumgartner, W.:) Hebräische Wortforschung. Festschrift
zum 80. Geburtstag von Walter Baumgartner. Leiden:
Brill 1967. X, 429 S. m. Abb., 1 Porträt, gr. 8° = Supplements to
Vetus Testamentum ed. by G. W. Anderson, P. A. H. de Boer,
G. R. Castellino, H. Cazelles, E. Hammershaimb, H. G. May, W.
Zimmerli, 16. Lw. hfl. 88,-.

Es mufi besonders hervorgehoben werden, dafi es den Heraus
gebern dieser Festschrift gelungen ist, ein Werk zu gestalten, dessen
Oberschrift „Hebräische Wortforschung" nicht nur die hervorragenden
Verdienste des Jubilars auf diesem Gebiet gebührend
würdigt, sondern auch den Gehalt der 31 Beiträge voll erfafjt. Denn
wie es leider selten genug geschieht, findet der Leser in dieser
Festgabe kaum einen Aufsatz, der nicht mittel- oder unmittelbar
.einen Baustein zu diesem grundlegenden und immer neu in Angriff
zu nehmenden Werk" (S. V) der hebräischen Lexikographie
beisteuert.

Zunächst seien einige Beiträge kurz gestreift, die jeweils zwar
eine Fülle von Einzelbeobachtungen enthalten, hier aber nicht
weiter gewürdigt werden können. H. L. Ginsberg steuert „Lexico-
graphical Notes" (S. 71-82) bei, und W. Rudolrjh, Ein Beitrag zum
hebräischen Lexikon aus dem .Toelbuch (S. 244-250) bietet lose
aneinandergereihte Bemerkungen zu Jo 1,7.8.17; 2,6.8,20.23.25:
4,4.11.14.21. Allgemeinere Themen behandeln noch M. Dahood,
Congruity of Metaphors (S. 40-49) und G. R. Driver. Hebrew Homonyms
(S. 50-64). Während letzterer an 10 Beispielen erläutert,
daf) durch die Unzulänglichkeit des hebräischen Alphabets etwa
gegenüber dem arabischen in den hebräischen Wörterbüchern eine
Anzahl von Wurzeln in eins geflossen sind, die vormals unterschieden
wurden, befafit sich ersterer mit der Metapher im Bikolon
und vermag an bislang umstrittenen Beispielen seinen textkriti-
schen Grundsatz zu erhärten, „that a biblical metaphor should be
deemed congruent until the contrary has been proved" (S. 48).
T. Barr, Vocalization and the Analysis of Hebrew among the Ancient
Translators (S. 1-11) kann hier angeschlossen werden, weil er ebenfalls
ein textkritisches Thema behandelt, indem er deutlich macht,
welchen Schwierigkeiten sich die alten Obersetzer bei ihrer noch
mangelhaften Kenntnis der hebräischen Grammatik angesichts
eines unvokalisierten Textes gegenübersahen - eine Warnung vor
allzugrofier Naivität bei der textkritischen Verwertung der Versionen
.

Andere Aufsätze befassen sich mit dem Beitrag der vorderorientalischen
Sprachen für die hebräische Wortforschung. Das
samaritanische Hebräisch wertet Z, Ben-Havyim, Observations on
the Hebrew and Aramaic Lexicon from the Samaritan Tradition
(S. 12-24) aus. E. Y. Kutscher, Mittelhebräisch und Jüdisch-Aramäisch
im neuen Köhler-Baumgartner (S. 158-175) zeigt die vielen
Probleme auf, die sich aus der Heranziehung des Wortschatzes
beider Sprachen im neuen Köhler-Baumgartner eraeben, Maria
Höfner kommentiert und übersetzt „Eine altsüdarabische Sühne-
Inschrift" (S. 106-113), wobei das zu sühnende Vergehen, einen
Mann, „der sich aufhielt im Heiligtum, obwohl (dies)er übe! roch
von stinkenden und zerrissenen (Kleidern)" (Z. 8-10), nicht abgewiesen
zu haben, an manche alt- und neutestamentlichen Stellen
erinnert, B. Landsberger behandelt „Akkadisch-hebräische Wortgleichungen
" (S. 176-204), wobei Beachtliches z. B. über Handel
und Händlertum im alten Vorderen Orient sowie über die Konzepte
„Königin", „königlicher Harem", „Odaliske" und Palastfrau"
gesagt wird. W. von Soden liefert „Kleine Beiträae zum TTgariti-
schen und Hebräischen" (S. 291-300) und M. Wacmer Beiträge zur
Aramaismenfrage im alttestamentlichen Hebräisch" fS. 355-371). die
gegen die Protoaramäer-Hvnothese M. Noths zu snrpchen scheinen.

Die stärkste Gruppe bilden die Untersuchunapn einzelner Begriffe
J. C. Greenfield und M. Mavrhofer, The 'algummlm/'almug-
gim-Problem reexamined (S. 83-89) zeigen, dafi Sanskrit valgukn-
nicht die Wurzel der hebräischen Wörter ist (so Mavrhofer) und
dafi man eher an eine einheimische Holzart dabei zu denken hat
fso Greenfield). B. Hartmann, Mögen die Götter dich behüten und
unversehrt bewahren (S. 102-105) postuliert aufgrund der in dieser
geläufigen ugaritischen Grufiformel belegten Wurzel gvr die
svnonyme hebräische Wurzel 'yr „behüten umsorgen" (Dtn 32,11:
Hi8,6; Mal 2,12). J. Hoftiizer, Das sogenannte Feueropfer (S. 114

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bis 134) versteht n»« als „Gaben an die Gottheit (und ihre Diener)"
(S. 134) (ug. 'tt?). P. Humbert, Note sur yäsad et ses dcrives (S. 135
bis 142) bietet eine vorbildliche Begriffsanalyse dieses zwar schon
in den Ras Schamra-Texten kosmologisch, im AT aber aufier dem
Nomen -iom stets in seinem ursprünglich-technischen Sinn gebrauchten
Wortstammes. Ch. Rabin, Three Hebrew Terms from the
Realm of Social Psychology (S. 219-230) untersucht (')-ipx, „o-i
und aus S. Segert, Zur Bedeutung des Wortes nöged (S. 279-283)
verteidigt überzeugend die herkömmliche Obersetzung „Schafhirt,
-züchter", D. Winton Thomas, Some Observations on the Hebrew
Word 13 vt (S. 387-397) stellt dieses Wort dem arab. Ign zur Seite
und gibt es mit „thick with leaves, luxuriant. dense. sprcading",
bei Personen mit „flourishing" und beim 01 mit „fresh" oder „thick,
rieh" wieder (S. 396). P. A. H. de Boer übersetzt „ nv-ir -rm» ori'naa
Sirach XLIV 12a" (S. 25-29) mit „Ihre Nachkommen erfüllten ihre
Verpflichtungen". Nach R. Hanhart meint die Wendung „Die Heiligen
des Höchsten" (S. 90-101) das alttestamentliche Gottesvolk,
das als civitas mundi schon civitas dei ist. I. L. Seeligmann, Zur
Terminologie für das Gerichtsverfahren im Wortschatz des biblischen
Hebräisch (S. 251-278) bietet locker aneinandergereihte
Beobachtungen sprachlicher und sachlicher Art über die biblische
Gerichtsbarkeit. E. Jenni, Faktitiv und Kausativ von -in» „zugrundegehen
" (S. 143-157) bezieht den grammatischen Bereich mit ein,
wenn er für die Stämme Pi. und Hif. die Auffassung als Faktitiv
(Bewirken eines Zustandes) und Kausativ (Veranlassen einer Tätigkeit
) vorschlägt.

In einigen dieser begriffsanalytischen Aufsätze werden schlieft-
lich auch die geschichtlichen und religionsgeschichtlichen Konseguenzen
ausdrücklich gezogen. R. Smend, Zur Geschichte von
Tonn (S. 284-290) und H. Wildberger, „Glauben", Erwägungen zu
TOKn (S. 372-386) stimmen darin überein, dafi Tes 7,9 der älteste
sicher datierbare Beleg dafür ist, der Glaubensbegriff also nicht
an den Anfang der israelitischen Religionsgeschichte gehört, unterscheiden
sich aber darin, dafi W. im Gegensatz zu S. die weitere
Entwicklung über „sein Vertrauen setzen auf" C.-il, „imd. oder
einer Sache Glauben schenken" (**)bis hin zu „für wahr halten"
meint aufzeigen zu können Nach H. J. Stoebe, Raub und Beute
(S. 340-354) läfit der Gebrauch von >W unä n die theologische
Linie „von einem freien Verfügen über die Beute als eines von
Gott geschenkten Besitzes . . . zur Auffassung von Raub und Beute
als letztes Gericht in der Hand Gottes" (S. 354) erkennen. J. J.
Stamm legt eine umfangreiche Studie über „Hebräische Frauennamen
" (S. 301-339) vor, deren wenige theophore Namenbildungen
die untergeordnete Rolle der Frau im israelitischen Kultus
bestätigen

Während sich der Bericht von Ph. Reymond, Vers une traduetion
francaise oecumenique de la Bible (S, 231-243) über diese 1975 zu
beendende Bibelübersetzung und die von O. Eififeldt im Anschlufi
an den Satz „.Bist du Elia, so bin ich Isebel' (IKön. XIX 2)" (S. 65
bis 70), dessen Ausfall im MT als Homoioteleuton erklärt wird,
gebotenen Ausführungen über Name und Gestalt Tsebels noch mit
dem Gesamtthema des Festschrift berühren, ist das bei den letzten
drei Aufsätzen nicht der Fall. Denn B. S. Childs, Deuteronomic
Formulae of the Exodus Traditions (S. 30-39) bemüht sich um die
Bedeutung und Traditionsgeschichte der verschiedenen deuterono-
mischen Auszugsformeln, V. Maag, Sichembund und Vätergötter
(S. 205-218) versucht, im Anschlufi an M. Noth u. a. die historische
„Ursituation" des „Staatsvertrages" von Sichern zu erhellen und in
Auseinandersetzung mit O. Eififeldt das Verhältnis Tahwes zu den
Vätergöttem zu bestimmen, und W. Zimmerli Ezechieltemoel und
Salomostadt (S. 398-414) liefert mit seinem behutsamen Versuch,
die in der Schilderung des verheifienen Temoels in Hes 40-48 stekkenden
Angaben für die Rekonstruktion der Stadt Salomos heranzuziehen
, einen beachtlichen Beitrag für die Fragen nach der
Traditionsbestimmtheit und den theologischen Grundgedanken des
Entwurfs Hesekiels.

Abschließend darf festgestellt werden, dafi diese Festgabe einmal
mehr dem Leser einsichtig macht, welche Bedeutung der hebräischen
Wortforschung nicht nur für die sprachliche Erfassung
des AT, sondern auch für das Verständnis Israels in seiner Umwelt
und Geschichte zukommt. Um so mehr ist es zu bedauern, dafi
dem Band zwar 15 Wortregister (S. 415-427), aber kein Stellenregister
beigefügt wurde.

Halle/Saale H.-J. Zobel

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 9