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Ausgabe:

1969

Spalte:

625-626

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Theurer, Wolfdieter

Titel/Untertitel:

Die trinitarische Basis des Ökumenischen Rates der Kirchen 1969

Rezensent:

Wolf, Hans-Heinrich

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Seite 1

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625

Theologisdie Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 8

626

Tröger, Gerhard: Die verfassungsrechtliche Problematik des Kirchen-
lohnsteuerabzugsverfahrens (ZevKR 14, 1968/69 S. 101—121).

Wolf, Uvo Andreas: Die reformatorischen Bekenntnisschriften und das
Problem eines sogenannten „Göttlichen Rechts" (ZSavRG 85, 1968
S. 341—361).

MISSIONSWISSENSCHAFT, ÖKUMENE

Theurer, P. Wolfdieter, C. Ss. R.: Die trinitarische Basis des ökumenischen
Rates der Kirchen. Mit einem Geleitwort v. W. A. V i s s e r 't

H o o f t. Bergen-Enkheim: Kaffke 1967. 285 S. gr. 8°. Kart. DM 42.50.

Zu den vielen ausgezeichneten Werken, die gerade von
römisch-katholischen Autoren über grundlegende Probleme der
ökumenischen Bewegung und insbesondere des Ökumenischen
Rates der Kirchen geschrieben wurden, tritt eine neue, sehr gründliche
Arbeit des Redemptoristenpaters Wolfdieter Theurer, der
heute im theologischen Lehramt steht.

Wie Quellennachweis und Literaturverzeichnis erweisen, hat
der Verfasser sich mit reichem Material vertraut gemacht, das ihm
die Unterlagen für die Darstellung und konstruktive Kritik der
„Basis" gibt, die alle Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates
als Bedingung für den Eintritt und eine verbindliche Mitgliedschaft
in ihm zu unterzeichnen haben.

Da alles, was die Mitgliedskirchen auf Vollversammlungen
und sonstigen vom Rat einberufenen Konferenzen beschließen, an
sich noch keine Verbindlichkeit für eine einzelne Mitgliedskirche
hat, es sei denn, diese beschließe ausdrücklich eine ökumenische
Verlautbarung für sich als verbindlich, kommt der Basis, ohne
deren Anerkennung man nicht Mitgliedkirche sein kann, eine um
so größere theologische Bedeutung zu. An ihr ist die Intensität
und Tiefe der Gemeinschaft abzulesen, zu der sich die Mitgliedskirchen
im Ökumenischen Rat zusammengeschlossen haben. Eine
genaue Analyse der Basis ist also für das Selbstverständnis des
Rates von entscheidender Bedeutung.

Die vorliegende Studie gliedert sich in drei Hauptteile:
L, Christologischer Kern der Basis, 2. Trinitarische Entfaltung
der Basis, 3. Doxologisches Selbstverständnis der Basis. Th. geht
in seinen eingehenden Studien zunächst der Entstehung nach.
Grundlage ist die sogenannte Pariser Basis des CVJM von 185 5.
Mit ihr bekennen die jungen Männer des CVJM „Jesus Christus
gemäß der Heiligen Schrift als ihren Gott und Heiland".

Die Formel „God and Saviour" ist dann in bewußter oder
unbewußter Anlehnung an die Pariser Basis von der „Faith and
Order-Bewegung" aufgenommen worden, um bei der Gründung
des Ökumenischen Rates im Jahre 1948 bzw. schon 1939 fester
Bestandteil seiner Basis zu werden. Dieser bekannte sich als eine
„Gemeinschaft von Kirchen", die „Jesus Christus als Gott und
Heiland" annehmen. Th. schildert mit genauester Sachkenntnis
der vielen verschiedenen Intentionen, Formulicrungsvorschläge
und Entwicklungsphasen die oben angeführte Formulierung. Von
ihr wurde auf der 2. Vollversammlung des Ökumenischen Rates
in Evanston im Jahre 1954 gesagt: „. . . Die Basis ist zwar
weniger als ein Bekenntnis, aber viel mehr als eine bloßcEinigungs-
formel. Sie ist wirklich Basis in dem Sinn, daß Leben und Arbeit
des Ökumenischen Rates auf ihr basieren. Und der Ökumenische
Rat muß sich ständig fragen, ob er der Basis treu ist ..." (Th.
S. 100).

Im 2. Hauptteil zeigt der Verfasser, wie es von der christo-
logischcn Konzentration zur trinitarischen Entfaltung der Basis
kommt. Gerade die Formulierung „Jesus Christus, Gott und
Heiland" ist immer wieder Gegenstand der Auseinandersetzung
gewesen. Th. spricht von der „modernistischen Tendenz", die
bestreitet, daß es vom Neuen Testament her zu rechtfertigen
sei, Jesus als Gott zu bezeichnen. Er führt im weiteren kritische
Stellungnahmen von kirchlichen Gemeinschaften und Theologen
an. Unter letzteren befindet sich auch die von R. Bultmann aus
dem Jahre 1951, der in der Formulierung „Christus als Gott"
eine falsche Objektivation sieht, die dem ncutcstamentlichcn
Zeugnis, das als eschatologisches Ereignis nicht objektiv feststellbar
ist, nicht gerecht wird. Der Verfasser arbeitet in Auseinandersetzung
mit ßultmann unter Berufung auf Positionen anderer
Theologen wie D. Bonhocffcr und W. Pannenberg den eigentlichen
Sinn der Formulierung heraus, der für ihn darin liegt, das

Personengeheimnis Jesu Christi in seiner Unverfügbarkeit zu
betonen (S. 150).

Es gibt neben der „modernistischen" eine „fundamentalistische
Tendenz", die vor allen Dingen das kritisiert, was in der
Basis in ihrer 1948 angenommenen Form nicht enthalten war.
Damit ist schon auf ihre Neuformulierung hingezielt, die —
wiederum nach einer Fülle von verschiedenen Vorschlägen und
Versionen, die sorgfältig behandelt werden — bei der 3. Vollversammlung
des Ökumenischen Rates in Neu Delhi im Jahre 1961
angenommen wurde. Der neue Wortlaut heißt nun: „Der Ökumenische
Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die
den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und
Heiland anerkennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten,
wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes
und des Heiligen Geistes". Alle Änderungen, die im einzelnen
analysiert werden, sind von Gewicht, aber entscheidend ist für
Th. die trinitarische Ausrichtung der Basis, auf deren Formulierung
auch bestimmte ekklesiologische Entwicklungen im Internationalen
Missionsrat, der 1961 mit dem Ökumenischen Rat
integriert wurde, Einfluß gewonnen hatten. Th. spricht von einer
dritten, der „missionarischen Tendenz", die zur Auswirkung gekommen
ist. Sie ist allerdings von anderer Art als die beiden
zuvor genannten Tendenzen.

Mit dieser neuen Basis sind die Mitgliedskirchen über ein
gemeinsames Minimum hinausgewachsen. Es geht nun auf ein
Maximum zu, das die Kirchen zusammenhalten soll.

Th. spricht im 3. Teil seiner Arbeit über das „Doxologische
Selbsverständnis der Basis". Die ökumenische Bedeutung der
Schlußdoxologie der neuen Basis liegt darin, daß die Kirche das
Werk der drei göttlichen Personen ist und von der Treue des
dreieinen Gottes lebt (S. 25 8). Die neue Basis ist im Vergleich zur
alten etwas ungleich Tieferes und Umfassenderes als ein „zusätzlicher
Verbalkonsens: Das Bekennen ist als solches, d.h. formaliter
trinitarisch strukturiert. Dieser trinitarische Horizont affi-
ziert und praktiziert die Theologie als ganze in allen ihren
Zweigen und Verästelungen bis zu den praktischsten Fragen kirchlichen
und ökumenischen Alltags" (S. 25 5). Für Th. — und darin
kann man ihm nur zustimmen — hat sich die Basis in einer mehr
als hundertjährigen bewegten Formulierungsgeschichte als grundlegendes
Bekenntnis zur Treue Gottes in Jesus Christus bewährt.
Hat sie, und auch das damit gestellte Problem von „Trinität und
Ökumene", eine Zukunft? Th.s Antwort ist, daß sich in der Zukunft
— trotz allem, was im Augenblick dagegen zu sprechen
scheint — die Weltbewegung der Kirche an der Gottesfrage entscheiden
wird, und darum hat in der Basis diese Zukunft für ihn
spätestens schon 1961 begonnen (S. 261).

Inzwischen hat Uppsala stattgefunden. Wie erscheint Th.s
Urteil im Blick auf die Verhandlungen dort, die stark von dem
gesellschaftlichen Engagement der Kirche getragen waren, ohne
daß eine solide theologische Grundlage schon sichtbar wurde?

Th.s sorgfältige und kluge und äußerst differenzierte Studie
ist im wesentlichen überzeugend. Gelegentlich sind die theologischen
Konsequenzen, die er aus seinen scharfsinnigen Beobachtungen
führt, nicht ganz einleuchtend. (Ich denke z. B. an das,
was über „das Bekennen" und den Bekenntnischarakter der neuen
Basis gesagt ist, vgl. S. 227 ff.). Das Bedeutsame ist, daß Th. dem
Ökumenischen Rat mit seiner sorgfältigen Analyse der Basis zu
einer theologischen Überprüfung seines Selbstverständnisses hilft,
das richtunggebend für 6eine Zukunft ist.

Bochum Hans Heinrich Wolf

C o n n, Harvie M.: Studies in the Thcology of the Korean Presbytcrian

Church: An Historical Outline — II (The Westminster Theological

Journal 29, 1967 S. 136—178).
Gensichen, Hans-Werner: „Abominable Heathenism". A Redis-

covered Tract by Bartholomaeus Ziegenbalg (Indian Church Hisrory

Review 1, 1967 S. 29—40).
G o 11 z e n, Herbert: Mit einem Munde lobsingen. Ökumenische Abcnd-

mahlstexte (Quatembcr 33, 1968/69 S. 98—110).
Konzile und die ökumenische Bewegung. Genf: Ökumenischer Rat

der Kirchen 1968. 117 S. 8° = Studien des Ökumenischen Rates, 5.

sfr. 6.80.

Küppers, Werner: Die vierte Vollversammlung des Ökumenischen
Rates der Kirchen 4. bis 19. Juni 1968 in Upsala, Sdiwedcn (IKZ 59
1969 S. 100-125).