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Ausgabe:

1969

Spalte:

593-595

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen Gesellschaft VIII 1969

Rezensent:

Irmscher, Johannes

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593

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 8

594

72 S. 8° = Theologische Studien, hrsg. v. K. Barth u. H. Geiger, 90.
DM 7.80.

Crockett, Larrimore C.: Luke 4, 25—27 and Jewish-gentile relations

in Lukc-Acts (JBL LXXXV1II, 1969 S. 177-183).
H a m p c, Johann Christoph: Paulus. Zwölf farbige Bilder aus dem

9. bis 13. Jahrhundert. Berlin: Evang. Verlagsanstalt (Lizenzausgabe

d. Friedrich Wittig Verlages Hamburg) [1968|. 15 S., 12 Taf. 8° =

Frühmittelalterliche Buchmalerei IX, hrsg. v. F. Oslender.
M a c h 1 u m, Helge: Die Vollmacht des Timotheus nach den Pastoral-

briefen. Dissertation zur Erlangung der Würde eines Doktors der

Theologie der Theologischen Fakultät Basel. Basel: F.Reinhardt i.

Komm. 1969. I, 102 S. 8° = Theologische Dissertationen, hrsg v. Bo

Reicke, 1. Kart. DM 10.80.
[ M a z z i : ] Die Bolschaft Jesu im Isolotto. Der Katechismus des Don

Mazzi. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag; München: Kaiser [1969].

128 S., 7 Taf. 8°. DM 7.80.
Rowlingson, Donald T.: The Gospcl-Pcrspcctivc on Jesus Christ.

Philadelphia: The Wcstminster Press [1968]. 221 S. 8°. Lw. $ 6.95.
V u y s t, J. de, Dr.: De struetuur van de apokalyps. Kampen: Kok 1968.

69 S. 8".

Walker, William O.: Postcrucifixion appearances and Christian
origins (JBL LXXXVIII, 1969 S. 157-165).

KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES
UND TERRITORIALKIRCHENGESCHICHTE

Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen Gesellschaft. VIII. 1959.

Begr. v. W. Sas-Zaloziecky. Im Auftrage des Vorstandes redigiert
v. Herbert Hunger. Graz-Köln: Böhlau 1959. VII 155 S.,
4 Taf. gr. 8".

Objektive, von der Redaktion unabhängige und vom Rezensenten
nur zum Teil zu vertretende Umstände brachten es mit
sich, daß die Besprechung des Organs der österreichischen Byzanz-
forschung, das sich im internationalen Ensemble byzantinistischer
Zeitschriften schon seit langem seinen festen Platz gesichert hat,
mit unangemessener Verspätung fortgesetzt wird. Der hier be-
kanntzumachendc Band bringt wie sein Vorgänger unter bewährter
Leitung bei unverändert guter Ausstattung in abgewogenen
Relationen Beiträge aus den verschiedenen Teilbereichen
der Byzanzforschung. Ihre Hauptergebnisse sollen im Folgenden
kurz skizziert werden.

Daß der Band mit der Vorlage durch Hans Gerstinger
ncuerschlossencr Papyrusurkunden aus der Sammlung Erzherzog
Rainer in der Österreichischen Nationalbibliothek eingeleitet
wird, ist schon beinahe zu einer festen Tradition der Zeitschrift
geworden1. Es handelt sich bei zehn der diesmal dargebotenen
Texte um Arbeits-, Pachtverträge und ähnliche Dokumente aus
der Rcgicrungszeit Tibcrios' 1., von denen einer — Pap. Graec.
Vindob. 1503 5 B — auf dem Verso ein, nach der Schriftform zu
schließen, dem 7./8. Jahrhundert zugehöriges Konzept für eine
Äußerung literarischen Charakters enthält; gelegentliche christliche
Vokabeln und Floskeln in dem als Ganzes nicht erfaßbaren
Zusammenhang deuten auf eine Homilie, einen hagiographischen
oder vielleicht auch nur allgemeinhistorischen Text. Im übrigen
folgt Gerstingcrs Edition den bewährten Gcstaltungsprinzipien,
gibt also nicht nur den griechischen Wortlaut und die notwendigen
interpretatorischen Bemerkungen, sondern, wo immer möglich,
auch die deutsche Übersetzung; voll nutzbar zu machen sind die
Texte freilich nur im größeren Zusammenhang des für jene Epoche
verfügbaren Urkundcnmatcrials.

In den byzantinischen Orient führt S. 17 ff. der Aufsatz des
Zisterziensers Severin Grill über Jakob von Sarug (451—521),
den berühmten Lehrer und Schriftsteller der syrischen Kirche,
dessen Katholizität ohne sonderlich tiefgründige Beweisführung
auf ein neues Mal gerettet werden soll'. Den größeren Teil des
Beitrags nimmt die Übersetzung von Jakobs metrischer Homilie
auf die Hochzeit zu Kana ein, die einen gewissen Eindruck von der
durch jenen Autor geprägten Memrc-Dichtung vermittelt, einer
religiösen Hymnenform, die sich ausschließlich des distichisch verwendeten
zwölfsilbigen Langverses bedient'.

') Vgl. Theologische Litcraturzeitung 89, 1964, 605 mit Anm. 2.

') Über ältere Versuche dieser Art informiert E. Nestle in der Renl-
encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 3. Aufl. von
Albert Hauck, 8, Leipzig 1900, 560.

3) Dazu Gerhard Steiner, Lexikon der Weltliteratur, 2. Aufl. Leipzig
1965, 370.

Über die koptische LInziale (onciale copte) bzw., wie sie der
Verfasser korrekter bezeichnen möchte, die griechische Unziale
von koptischem Typus (onciale grec de typ copte) handelt Jean
I r i g o i n S. 29 ff. Diese spezifisch ägyptische Schriftform ist zum
ersten Male 1884 von dem russischen Philologen V. Jernstedt
nachgewiesen worden, dessen Ansichten sich durchzusetzen vermochten
und inzwischen durch paläographische wie papyrologische
Untersuchungen vertieft wurden. Irigoin setzt es sich zum Ziele,
aus allen diesen Detailarbeiten das Fazit zu ziehen. Als Fundament
dafür bietet er in erreichbarer Vollständigkeit das einschlägige
Material, insgesamt 60 Testimonia, nach folgenden Gruppen geordnet
: 1) Dokumente (nämlich zwei in ihrer Datierung schwankende
Osterbriefe des alexandrinischen Patriarchats an die ägyptischen
Gemeinden), 2) biblische Texte, 3) patristische Texte,
4) liturgische Texte, 5) Texte aus profanem Schrifttum. Die Frage,
ob es sich bei der griechischen Unziale von koptischem Typus
originär um eine Kanzlei- oder eine Buchschrift gehandelt habe,
beantwortet der Verfasser in letzterem Sinne. Der neuentwickelte
Schrifttypus wurde von der Patriarchatskanzlei in Alexandria
übernommen und diente zugleich den Kopten für die Gestaltung
ihrer nationalen Schrift; aber auch außerhalb seines Ursprungslandes
fand er in mancherlei Variationen Verbreitung.

Seine Untersuchungen zur Topographie Konstantinopels, über
die wir bereits bei früheren Gelegenheiten zu berichten hatten4,
setzt Rodolphe G u i 11 a n d auch in diesem Bande fort. Wiederum
im wesentlichen auf die Schriftquellen sich gründend — archäologische
Zeugnisse werden nur über die Sekundärliteratur verwertet
—, behandelt der Nestor der französischen Byzantinistik
die drei in der Descriptio antiqua (aus der Zeit des Arkadius; 396
bis 408) genannten Fora, die mit dem Namen Theodosius' 1. verbunden
sind, sowie — in einem selbständigen Teil seiner Abhandlung
— das Stadtquartier Exokionion. In überarbeiteter Form wird
die gelehrte Studie in den Sammelband eingehen, der im Rahmen
der Reihe „Berliner byzantinistischc Arbeiten" Guillands Abhandlungen
zur Geschichte der Hauptstadt des Ostreiches unter
dem Titel „ Ktudes des topographie de Constantinople byzantine"
zusammenfassen soll, und in diesem weiten Zusammenhang nodi
stärker zur Wirkung kommen.

Emanuel K r i a r a s, Neogräzist der Universität Thessaloniki
und im internationalen Maßstab einer der bedeutendsten Vertreter
seines Faches5, 1968 von der griechischen Militärjunta gemaß-
regelt, war im Frühjahr 1959 von der LIniversität Wien eingeladen,
über die Charakteristika der spätmittelalterlichen griechischen
Literatur zu sprechen; seine Ausführungen erscheinen S. 69 ff. in
erweiterter Form im Druck. Geblieben ist trotz des hinzugefügten
bibliographischen Apparats der allgemeinverständliche Charakter
der Darstellung, die jedem anzuempfehlen ist, der eine Einführung
in die Probleme sucht, die mit der Kontinuität byzantinischen
Denkens und byzantinischer Formen einerseits und andererseits
mit dem Entstehen einer modernen griechischen Nationalliteratur
verbunden sind. Das wichtige Thema wurde unter dem besonderen
Aspekt der Herausbildung der neugriechischen Literatursprache
auf dem 1 ?. Internationalen Byzantinistenkongrcß in Oxford 1966
wiederaufgegriffen — mit Kriaras als Rapporteur und Supplemen-
tary Papcrs von J. Irmscher und Andre Mirambel"; die abschätzigen
Erörterungen F. Dölgers, Byzantinische Zeitschrift 53, 1960,
432 f., spiegeln daher offenkundig nicht die allgemeine Auffassung
wider.

Ebenjcne Periode des Übergangs, in der das durch Tradition
geprägte byzantinische Schrifttum durch neue, volkstümliche
Elemente bereichert wurde, aus denen schließlich die moderne
griechische Literatur erwuchs, illustriert der folgende Beitrag an
einem zwar nicht zentralen, aber doch immerhin bemerkenswerten
Beispiel: S. 87 ff. gibt Ernst v. Nischer-Falkenhof eine
Nachdichtung des anonymen Ritterromans — der Übersetzer
spricht gar von einem Minnesang — über Bclthandros und Chry-
santza, einem Werke des 13. oder — wahrscheinlicher — 14. Jah'-

*) Theologische Literaturzeitung 87, 1962, 119 und 89, 1964, 607.

r') Biographisches in: 'E U t) v i « ö V Who's who, 2. Aufl.
Athen 1965, 290.

°) J. M. Hussey, D. Obolensky, S. Runciman, Proccedings of the
XIIIlh International Congress of Byzantine Studies, Oxford 1967, 281 ff.