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Ausgabe:

1969

Spalte:

35-36

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Klijn, Albertus Frederik Johannes

Titel/Untertitel:

An introduction to the New Testament 1969

Rezensent:

Gräßer, Erich

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. !

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und die Erkenntnis der Disparatheit der Christustitel hätte dann
auch die Beantwortung der präzis zu stellenden Fragen, welche
christologischen Prädikate die vormarkinische Wunderüberlieferung
inhaltlich bestimmt haben und worin für den Redaktor Mar
kus das Spezifische des Wunderwirkens Jesu liegt, nicht erübrigt.

Jedoch sollen diese kritischen Bemerkungen die Anerkennung
der vorgelegten Leistung nicht ausschließen. Daß Verf. das exegetische
Instrumentarium souverän handhabt und die Sekundärliteratur
umfassend heranzieht und mit Verständnis beurteilt, bedarf
ebensosehr der anerkennenden Erwähnung wie die Tatsache, daß
seine Aufgabenstellung in eine Lücke der Forschung gestofjen ist.
Deshalb gebührt ihm Dank, auch wenn die Ergebnisse seiner Arbeit
, zweifellos auch durch die Schwierigkeit des Gegenstandes
bedingt, aufs Ganze gesehen nicht befriedigen können.

Göttingen Georg Strecker

Den Abschluß des Buches bilden je ein Abschnitt über den Kanon
und den Text des NT sowie einige sehr wichtige Appendices: Die
Papias-Notiz zu Mk und Mt (Text, Übers, u. Komm.); eine chronologische
Tabelle über das Leben des Paulus; die Inschrift von
Delphi mit dem Namen des Gallio (Text u. Übers.); einen synoptischen
Vergleich zwischen Kol und Eph; den Kanon Muratori (Text
u. Übers.); eine Tafel, die alle Fakten - die ntl. Schriften betreffend
(Verfasser, Empfänger, Veranlassung, Zweck, Zeit etc.) - übersichtlich
zusammenstellt; eine Bibliographie der ntl. Standardwerke und
schließlich ein Bibelstcllcnregister.

Alles in allem also ein willkommenes Arbeitsbuch, von dem Paul
S. Mincar im Vorwort mit Recht sagt: It Covers what he (sc. Prot.
Klijn) considers to be the basic data needed by every Student of
the New Testament, presonted in brief compass and in lucid style
(S. Xlf.).

Bochum Erich G r ä fj c r

K 1 i j n , A. F. J.: An Introduction to the New Testament, transl. by
M. van der Vathorst-Smit. Leidem Brill 1967. XIV, 237 S. gr. 8°.
Lw. hfl. 24,-.

Das Buch ist eine Übersetzung aus dem Holländischen, von der
man ohne alle Einschränkung sagen kann, daß sie lohnend war.
Denn Klijns vorsichtig abwägende und zurückhaltend kritische Betrachtungsweise
vermehrt die Disziplin der Einleitung in das NT
um ein Standardwerk, das breitere Beachtung verdient. Hier wird
zwar nicht die ganze Diskussionsbreitc des Faches vorgeführt, wie
in Kümmels klassischer Darstellung. Aber es wird ein zuverlässiger
Leitfaden durch die wichtigsten Probleme dargeboten, bei dem
der Wert der Information kaum durch die Knappheit der Darstel
lung gemindert wird. Ein einleitender Abschnitt gibt einen kurzen
Überblick über die namhaftesten Lehrbücher der Disziplin, aber auch
Rechenschaft über die eigene Methode. Ähnlich wie W. Marxsen
behandelt Klijn jede einzelne ntl. Schrift mit Rücksicht auf die
theologischen Gesichtspunkte und den Standort ihres Autors in der
Urkirche - ein Verfahren, dem man nur zustimmen kann. Die Disposition
ist durch das NT vorgegeben: Synoptiker - Johannes -
Acta - Briefcorpus in der Reihenfolge unseres gebräuchlichen Kanons
. Im Synoptikerteil kommt die redaktionsgeschichtlichc
Betrachtungsweise besonders wirksam zur Geltung. Bei allen wesentlichen
Fragen weichen die Ergebnisse Klijns nicht vom gemäßigt
-kritischen Konsenus ab. Allenfalls kann man fragen, ob der
Historiker Lukas gegen den Evangelisten Lukas in der Weise ausgespielt
werden darf, daß man ihm eine geringere Aktualisierung
der Botschaft als Matthäus anlasten kann (S. 37). Und kann man
wirklich sagen, daß jeder Evangelist auf seine Weise das Problem
des historischen Jesus zu lösen versuchte? The past had to bc made
relevant to the present (S. 41) war zweifellos ihr Programm, ist
aber doch nicht identisch mit unserer Frage nach dem historischen
Jesus.

Im Johannesteil werden die kritischen Fragen - Umstellung
, Redaktor, Verfasser (für Evangelium, Briefe und Offenbarung
wahrscheinlich der Zebedaide Johannes!) - sehr zurückhaltend beantwortet
. Dennoch: die Kenntnis eines synoptischen Evangeliums
wird bestritten. Vielmehr stellt sich im Joh.-Ev. eine christliche Gemeinschaft
der Welt selbst dar, indem sie ähnliche Traditionen, wie
die Synoptiker sie besaßen, theologisch bearbeitet (S. 59).

Hinsichtlich der Apostelgeschichte stimmt Klijn in der
Beurteilung der Reden mit M. Dibelius übercin. Die Wir-Stücke
sowie große Partien der 2. Hälfte der Acta hat Lukas, der Reisebegleiter
des Paulus, als Erfahrungsberichte festgehalten (S. 64f.)

Der Paulusteil wird eingeleitet mit je einem Kapitel über
die Zahl der Paulusbriefe, ihre Art, die Chronologie des Lebens
Pauli und die Bedeutung der Paulusbricfe in der Urkirche. Danach
folgt eine sehr übersichtlich gegliederte und durch Tabellen veranschaulichte
Darstellung jedes einzelnen Briefes bis hin zur Joh -
Offenbarung. Die Fülle der angesprochenen Probleme kann hier
nicht diskutiert werden. Hervorgehoben sei nur, daß die Teilungshypothesen
für die Paulusbriefe (abgesehen von dem „Vorbri'ef"
2. Kor. 6,14-7,1 und dem „Zwischenbrief" 2. Kor. 10-13) durchweg
abgelehnt und Ephcser, Kolosser und 2. Thessalonicher für echt
ausgegeben werden. Der Galaterbricf ist vielleicht der älteste Paulusbrief
(S. 95). Der Jakobusbrief hat den Herrenbruder zum Verfasser
, der 1. Petrusbrief den Apostel Petrus.

Kiefer, Odo: Die Hirtenrede. Analyse und Deutung von Joh.
10,1-18. Stuttgart: Verlag Rath. Bibclwerk [1967]. 92S. 8° =
Stuttgarter Bibelstudicn, hrsg. v. H. Haag, N. Lohfink u. W.
Pesch, 23. Kart. DM 5,80.

Simonis, A. J.: Die Hirtenrede im Johannes-Evangelium. Versuch
eine Analyse von Johannes 10, 1-18 nach Entstehung, Hintergrund
und Inhalt. Rom: Päpstliches Bibelinstitut 1967. XIX,
344 S„ 1 Falttabellc, gr. 8° = Analecta Biblica, 29. Lire 5.000 -
($ 8.50).

Von katholischer Seite sind fast gleichzeitig und unabhängig voneinander
zwei Arbeiten über Joh 10,1-18 vorgelegt worden. Die
eine, von O. Kiefer, ist eine Würzburger Lizentiatsarbeit, die bei
Schnackenburg angefertigt worden ist, die andere, von A. J. Simonis
, ist am Päpstlichen Bibelinstitut unter der Leitung von de la
Potterie geschrieben worden.

Die Arbeit von Kiefer ist von relativ geringem Umfang und verfolgt
, entsprechend ihrer begrenzten Bestimmung, nur ein begrenztes
Ziel. „Sie möchte durch eingehende Analyse des vorliegenden Textes
die Struktur und einheitliche Konzeption der Hirtenrede . . aufzeigen
" (S. 9). Der Verf. verzichtet ausdrücklich auf die Behandlung
der Fragen um die Abgrenzung der Perikopc, ihre Verklammerung
im Kontext und ihren religionsgcschichtlichcn Hintergrund. Man
darf solche Begrenzung nicht von vornherein für methodisch unerlaubt
erklären. Nur bleibt dadurch das Ergebnis der Kritik sehr
stark geöffnet. Denn selbst wenn man dem Verf. beipflichtet, daß
Joh 10,1-18 durchaus als geordnete Einheit begriffen werden
kann, so wird aus der Möglichkeit dessen doch erst dann eine
Wahrscheinlichkeit, wenn entweder zugleich gezeigt wird, daß das
ganze Joh.-Ev. in dieser Weise verstanden werden kann, oder
aber, daß die anderen Interpretationsentwürfe der Perikopc (mit
denen sich K. freilich in einem eigenen Abschnitt, S. 27-36, auseinandersetzt
) in sich selbst unzureichend sind. Indessen bedarf es
zur Erfüllung der erstgenannten Forderung solcher Einzelanalysen,
wie Kiefer sie vorlegt, und der Wert der Untersuchung besteht eben
darin, daß sie für einen schwierigen und umstrittenen Textabschnitt
die Möglichkeit eines einheitlichen Verständnisses aufgezeigt hat.
Nach K. ist 10,1-5 eine in sich geschlossene „Rätsclrede", die weder
echtes Gleichnis noch Allegorie ist, sondern - ebenso wie ihre folgende
Entfaltung und Weiterführung in den Vv 7-18 (unterteilt in
die Türwortc Vv 7-9 und die Worte vom Guten Hirten Vv 11-16;
V 10 bildet den Höhepunkt der Rede und faßt ihre Gedankenbewegung
zusammen, die Vv 17f. sind ddr Schlußpunkt und Ausklang) -
„eine lehrhafte Darstellung des Verhältnisses von Christus zu den
Seinen in einem vom AT her vorgeformten und geprägten Bild"
(S. 37). - Inhaltlich ist die Rede zugleich christologisch und ck-
klesiologisch zu verstehen. Sic begründet und entfaltet das Thema:
c i n Hirt und eine Herde.

Das Buch von Simonis ist von erheblichem Urnfang und behandelt
alle die Fragen mit, die Kiefer ausgeklammert hat. Leider kann
man nicht sagen, daß das in überzeugender Weise geschehen sc'.
Um die Einheitlichkeit des ganzen Kap. 10 und seine Zusammengehörigkeit
mit Kap. 9 zu erweisen, analysiert S. den ganzen
Komplex 9,34-10,42 zunächst formal mit Hilfe einer Wortstatistik
und einer formal-literarischen Gliederung nach Stichen und Strophen
(auf Falttafeln am Schluß des Bandes ist der Text gemäß dieser
Analyse abgedruckt), womit man nach meinem Eindruck alles