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Ausgabe:

1969

Spalte:

574-575

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Daalen, Aleida G. van

Titel/Untertitel:

Simson 1969

Rezensent:

Maass, Fritz

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 8

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Spuren in den Psalmen 78, 89, 132 und 122. Ein drittes erforscht
„Das priesterlichc König-Tempel-Bekenntnis": Ezechiel, Aggäus
(Siel) und Zacharias (Sic!), priesterliche Aspekte des Bekenntnisses
beim Chronisten. Ein letztes Kapitel setzt sich mit dem Chronisten
auseinander: die chron. Fassung der Nathansweissagung, David als
Gründer des Tempels, der König als Erbauer und Herr des Tempels
. Ein Nachwort hebt sowohl die Beziehungen als auch die
Dialektik dieser vier Bekenntnisarten hervor.

Durch die im Davidbund mittels der Nathansweissagung stattfindenden
Synthese zweier der ursprünglichen israelitischen Tradition
fremden Begriffe, wie König und Tempel, was nur außerhalb, ja vielleicht
sogar gegen die Überlieferung geschehen konnte, erhielten Juda
und besonders das nichtisraclitische Jerusalem einen eigenen ideologi-
sdicii Raum, der sich besonders von Israel (dem Norden) abhob. Die alte
Sinaitradition kam dabei kaum zur Geltung und wurde durch die vom
Davidbund ersetzt. Die Belege für die Existenz eines mit diesem Prozeß
zusammenhängenden Königlichen Zionsfestes (wie es von H. J. Kraus
herausgearbeitet wurde), erscheinen dem Verfasser allerdings ungenügend
. Im deutcronomistischen Gcsdiichtswerk sehen wir den Versuch,
diese ursprünglich nichtisraclitischen Größen durch Gedanken, wie Gesetz,
Bund und Kultzentralisation, in das altüberlieferte Gedankengut einzufügen
, wodurch sie von einem anfänglich möglichen „Triumphalismus"
befreit und als „Organe eines freien und charismatischen Verhältnisses
zwischen Gott und Mensch betrachtet" werden konnten. Die Frage nach
dem Alter der hier angeführten und der mälak-Jahwae-Psalmen beantwortet
der Verfasser in dem Sinne, daß die ersteren als dtr.-beeinflußt,
die letzteren sozusagen als eine „Kompensation" oder besser „Sublimie-
rung" des König-Tcmpel-Verhältnisses nach dem völligen Untergang
des Königtums zu werten seien. Im priesterlichen Bekenntnis tritt die
Gestalt des Königs zurück: sein Titel wird durdi den des alten Stammesamtes
K'StD ersetzt, während nur Jahwe als ~$?Q bezeichnet wird.
Dem Priester gehört nun die Vorrangstellung, doch dem davidischen
Fürsten (gedacht ist, wenigstens bei Haggai und Sacharja, an den nre
Zerubabcl) wird im Tempel ein Ort eingeräumt. Im Chronisten finden
wir 1. Chr. 29 eine Skizzierung der Grundgedanken dieses Übcrliefe-
rungskomplexes über unseren Gegenstand: König und Tempel ersdicinen
einerseits in einer eschatologischen Perspektive, andererseits wird die
Person Davids archaisch nach dem Bilde Moses gezeichnet und der Davidbund
über den Sinaibund hinaus mit dem der Patriarchenzeit verbunden.
Im Nachwort werden u.a. die Linien zum Neuen Testament gezogen:
darin treten in der Person Christi, der zugleich König und Tempel ist, die
versdiiedenen Linien wieder zutage, indem sich in ihm das alttestament-
lichc König-Tcmpel-Verhältnis erfüllt.

Es ist dem Verfasser gelungen, im großen und ganzen eine
überzeugende Darstellung seines Gegenstandes zu bieten. Zwar
wird die 1963/66 erschienene Literatur eher in den Fußnoten angezeigt
, als richtig bearbeitet, doch der Rezensent hält dies in
solchen Fällen beinahe für unvermeidlich. In seiner Behandlung
des Königlichen Zionsfestes (vom z.T. ähnlich gestalteten Bundesfeste
A. Weisers ist nicht die Rede, man versteht nicht weshalb)
und in der der angeblich dtr. beeinflußten Psalmen und in der der
mälak-Jahwae-Lieder hätte der Verfasser, wenn überhaupt, sich
eingehender mit dem Gegenstand befassen sollen. Für das Königliche
Zionsfest trifft es nämlich gewiß zu, daß die von H. J. Kraus
benützten Texte nicht genügen, um die Existenz eines solchen
Festes eindeutig zu beweisen; doch hätte der Verfasser sich
fragen sollen, wie sich dann die Ps. 24 und 47, die eindeutig von
einer Prozession (mit der Lade? es wird nicht gesagt) reden, erklären
lassen. Allerdings gibt der Rezensent zu, daß, wie der Verfasser
(vgl. S. 71) sagt, wir vom vorexilischen Kult „wenig und
wenig Genaues" wissen. Ähnlich mit der Datierung: wenn man
schon auf dieses alles andere als einfache Problem eingehen will,
dann muß auch zugegeben werden, daß die mälak-Jahwae-Psalmen
eine Reihe von archaischen Zügen aufweisen, die zwar der These
einer späteren Überarbeitung nicht widersprechen, eine allgemeine
Spätdaticrung jedoch wenigstens problematisch machen: man
denke nur an den im Hebräischen äußerst selten bezeugten Gebrauch
der Wurzel spt im Sinn von „Herrschen", Ps. 94, 2; 96, 13
und 98, 9 und ferner an die Tatsache, daß auch im Alten Testament
und zwar schon in vorköniglicher Zeit, Jahwe mit dem Königstitel
angeredet oder bezeichnet wird: Ex. 15, 8; Num. 23, 21 und
Dt. 33, 5. Es handelt sich hier allerdings um Kritik an Einzelheiten
, die die Gültigkeit des Werkes an sich nicht beeinträchtigen.
Dem Verfasser kann man nur noch für seine Arbeit gratulieren,
in der Gewißheit, daß, wie mancher Dissertation, ihr noch viele,
gleichwertige Arbeiten folgen werden.

Rom J. Alberto S o g g i n

D a a 1 e n, Aleida G. van, Dr.: Simson. Een onderzoek naar de plaats,
de opbouw en de funktie van het Simsonverhaal in het kader van de
Oudtestamentische geschiedschrijving. Assen: van Gorcum&Co. 1966.
VI, 13 5 S. gr. 8° — Studia Semitica Neerlandica, red. M.A.Beek,
J. H. Hospers, Th. C. Vriezen en R. Frankena, 8. Lw. hfl. 12.50.

Die Veröffentlichung dieser Arbeit ist zu begrüßen, weil sie
allgemein praktizierte Methoden und erreichte Ergebnisse neu zu
überdenken nötigt, natürlich nur diejenigen, die die eigene Position
noch nicht für unantastbar halten.

Die Verfasserin erklärt die Simsonerzählungen in Richter
13—16 als Teil eines „heilsgeschichtlichen" Werkes, das in der
Zeit des babylonischen Exils in jahrzehntelanger Arbeit durch ein
Team von Schriftstellern geschaffen wurde und den gesamten
Komplex Genesis bis 2. Könige umfaßt. Zwar müssen die Verfasser
aus „annalen en verhalen" geschöpft haben, aber für die
Tendenz und das Kerygma des Gesamtwerkes hat das Verwertete
keinerlei Bedeutung. Mit Entschiedenheit wird bestritten, daß
noch ältere Traditionen oder Quellen erkennbar seien; nur von
„motieven en gegevens" dürfe gesprochen werden, aber sie
wurden so radikal und frei bearbeitet, daß nur restlos gleichgeschaltete
Bestandteile des Gesamtwerks übriggeblieben sind. Jeder
literarkritische, form- und traditionsgeschichtliche Sondierungsversuch
ist zum Scheitern verurteilt.

Das Buch hat drei Kapitel, die die Geschichte der Forschung,
verbunden mit einer Kritik und Abweisung der bisher eingeschlagenen
Wege (9 S.), den Text (29 S.) und den Aufbau sowie
den Platz und die Funktion der Simsonerzählungen im Gesamtwerk
(81 S.) behandeln.

Der kurze kritische Überblick über die bisherige Simson-
Interpretation ist unbefriedigend. Rabbinische und altkirchliche
allegorische Exegese finden dabei ebenso aufmerksame Berücksichtigung
wie die moderne Simson-Forschung. Man ist überrascht,
H. W. Hertzbergs ATD-Kommentar in den Zusammenhang der
allegorischen Auslegung gestellt zu finden: „Nog in onze tijd
worden lijnen getrokken van Simson naar Jezus" (4). Hertzberg
setzt sich von den allegorisierenden Versuchen doch recht deutlich
ab: „Wichtiger aber als solche oft spielerisch anmutenden Einzelbeziehungen
ist die Einordnung der Simsongestalt in den Gesamtduktus
der Heilsführung" (235). Ist es schon ein schweres Unterfangen
, auf gut drei Seiten eine Übersicht über die Simsonfor-
schung von Wellhausen bis zur Gegenwart zu geben, so kann die
summarische Ablehnung in zehn Zeilen noch weniger überzeugen,
wenngleich die Kritik am (literatur-) geschichtlichen Ansatz und
der Hinweis auf die Verschiedenheit und Widersprüchlichkeit
der Ergebnisse Anlaß zu grundsätzlicher Besinnung sein sollte.

Das 2. Kap. enthält eine Übersetzung von Richter 13—16 mit
Anmerkungen zum Text. Die Masora wird durchgehends verteidigt
. Selbst so gut begründete und von fast allen Kommentatoren
vorgenommene Korrekturen wie die in 13, 19; 14, 3.10.15; 15, 6;
16, 2.9.19 werden abgelehnt. Die Verteidigung der masoretischen
Lesart ist bei 14,3 ('0») und 14,15 (»»*3ffln) besonders gewunden
. Bei den Begründungen werden die Textzeugen, Grammatiken
und Kommentare umsichtig angezogen, doch glaubt man,
immer die Absicht zu merken.

In Kap. 3 sucht die Verf. Richter 13—16 als literarische Einheit
mit genau durchdachter, planmäßiger Komposition zu erweisen
. Im Mittelpunkt steht Simson, der Befreier Israels vom
philistäischen Joch, dessen Befreiungswerk aber nur teilweise ge-