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1969

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Systematische Theologie: Allgemeines

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 7

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ser Satz gelte, so meinen sie, auch heute noch; die Wunderfrage
sei nicht erledigt.

Der geschichtliche Teil (S. 13-174) umfaßt elf Kapitel, wobei man
die im Untertitel annoncierte Epoche der „Neuzeit" nicht allzu wörtlich
nehmen darf. Es beginnt mit einer Darlegung über den „biblischen
Begriff" des Wunders, den man eigentlich als Abschluß, nicht
hier erwartet hätte. Tatsächlich wird aber auch gar nicht der biblische
Wunderbegriff vorgestellt, sondern etwas oberflächlich von
Kirchenvätern, einem Theologielexikon von 1786 und über Bruce
Marshalls Pater Malachias geredet. Warum wurde hier nicht über
Tertullian oder Origenes gehandelt? Nach diesem nicht eben verheißungsvollen
Auftakt arbeitet dann aber der folgende Abschnitt
den formalen Aspekt des Wunderproblems bei Augustin sehr schön
heraus: Wunder geschehen „nicht gegen die Natur, sondern gegen
die uns bekannte Natur" (De civ. XXI); Gottes Handeln und das
Natürliche können sich nicht widersprechen. Dennoch hätte nicht
der Anschein erweckt werden dürfen, als sei der Augustinische Begriff
der „physis" identisch mit dem modernen Verständnis des Physikalischen
; man kann den einflußreichen Kirchenvater kaum so
einfach zum Ahnherrn des Supranaturalismus abstempeln. Mit dem
dritten Abschnitt wendet sich die Darstellung dann den „natürlichen"
Erklärungen zu: Spinozas am mathematisch-naturwissenschaftlichen
Wahrheitsbegriff orientiertes, Reimarus' von der Idee einer Vernunftreligion
her konzipiertes und Bahrdts rationalistisches Wunderverständnis
kommen zur Sprache. Ebenso wie diese ist auch der
„mythische Standpunkt" von Strauß im sechsten Kapitel konzentriert
und verständlich erhellt. Nach einem schematischen Rückblick
widmet sich der nächste Abschnitt Feuerbach, wobei uns besonders
erwähnenswert erscheint, daß die Darstellung nicht jene allgemeine,
billige Verketzerung des Linkshegelianers kolportiert, sondern den
psychologischen Hintergründen seiner Religions- und Wunderkritik
nachgeht; leider bleibt es bei Andeutungen. Für die religionsgeschichtliche
Betrachtung der Wunder steht danach Gunkel, für die
formgeschichtliche stehen Dibelius und Bultmann als Beispiele; ein
Abschnitt über die existentiale Interpretation Bultmanns schließt sich
an. Den Abschluß bildet die eschatologisch-antizipatorische Richtung
, für die erstaunlicherweise auf Bloch verwiesen wird; „was
der Christ dazu sagt?" (S. 174), wäre doch wohl bei Pannenberg
oder Moltmann nachzulesen.

Der zweite Teil (S. 177-297) hat dann „Perspektiven der Gegenwart
" im Blick, ist also mehr systematisch angelegt. Zuerst erfolgt
eine Erörterung aus modern-naturwissenschaftlicher Sicht (Quantenmechanik
, Unschärferelation); der physikalische Scharfsinn führt
am Ende aber - nach Meinung der Verfasser - zu einer Wiederkehr
des Supranaturalismus; ist da aber Rohrbach wirklich der einschlägige
Zeuge, oder ist am Ende die ganze Fragestellung falsch
angelegt? Dasselbe läßt sich in den beiden folgenden Abschnitten
über Notwendigkeit und Berechtigung der Wunderkritik vom theologischen
Denken her anfragen: Ist angesichts der Wunder wirklich
nur die historisch-kritische Fragestellung sachgemäß oder hält gerade
sie selbst in der Negation noch an einem historischen Vorverständnis
fest, von dem sie nicht loskommt? Solange dieser Denkraum
nicht überschritten wird, helfen auch die von Marxsen (in der
fünften Überlegung) akzeptierten „Fortschritte in der historischen
Reflexion" nicht viel weiter. Ist es also wirklich der „Sinn der Wunder
Jesu exegetisch betrachtet", daß sie den Glauben nicht auf Innerlichkeit
zu begrenzen, sondern die äußerliche Wirklichkeit zu
implizieren heißen (S. 280)? So wird im abschließenden Kapitel das
ganze Dilemma des Streits um die Wunder - aber auch e silentio
ein Hoffnungsschimmer - offenbar: Solange Geschehensein und/
oder Be-Deutung die für die Betrachtung relevanten Pole bilden,
werden wir den Wunderberichten nicht gerecht; da bleibt das Denken
notwendig im Horizont des Logos. Erst wenn wir die theologische
Kategorie des Mythos zurückgewinnen, in der Geschehen
und Bedeutung eins sind, und diese dem Logos komplementär zustellen
, können in der Wunderfrage neue Ufer des Verstehens erreicht
werden. Dazu wird es freilich notwendig sein, die theologische
Hermeneutik durch tiefenpsychologische Erkenntnisse zu erweitern
.

In der theologischen Diskussion führt dieses Buch also nicht weiter
; für die religionsunterrichtliche Arbeit dagegen bildet es einen
trotz mancher Eklektik und Verkürzung brauchbaren Leitfaden.

Saarbrücken Gert Hummel

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