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Ausgabe:

1969

Spalte:

509-512

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Brox, Norbert

Titel/Untertitel:

Offenbarung, Gnosis und gnostischer Mythos bei Irenäus von Lyon 1969

Rezensent:

Beyschlag, Karlmann

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 7

510

Anzinger, U.: Das Kloster der Augustiner-Eremiten in Baden

(Augustiniana 18, 1968 S. 262-332).
B e e n k e n , Udo: Kirchengeschichte im Unterricht - mehr als ein

methodisches Problem (Der Evangelische Erzieher 20, 1968

S. 137-142).

B e 11 c n s o n , Henry: Documents of the Christian Church, select-
ed and edited. 2»'1 Ed. London - Oxford - New York: Oxford
University Press 1967. XVII, 343 S. 8° = Oxford Paperbacks 125.
12 s 6 d.

Chadwick, Owen: Freedom and the Historian. An Inaugural
Lecture. London: Cambridge University Press 1969. II, 42 S. kl. 8°.
5 s.

Fuhrmann, Horst: Der alte und der neue Mirbt (ZKG 79, 1968
S. 198-205).

Horn us, Jean-Michel: Christianisme oriental (RHPhR 47, 1967
S. 362-364).

L i e b i n g , Heinz: Perspektivische Verzeichnungen. Über die Haltbarkeit
der fable convenue in der Kirchengeschichte (ZKG 79,
1968 S. 289-307).

Loofs, Friedrich: Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte.
1. und 2. Teil: Alte Kirche, Mittelalter und Katholizismus bis zur
Gegenwart, hrsg. v. K. Aland. 7., ergänzte Aufl. Tübingen:
Niemcycr 1968. XXXI, 604 S. 8°. Lw. DM 25,-.

Luijk, Bcnigno van: Les Archives de la Congreation de Lom-
bardie et du couvent de S. Maria de Popolo ä Rome (Augustiniana
18, 1968 S. 100-115).

O g g , George: The Quirinus Qucstion To-day (ET 79, 1968 S. 231-
236).

Refoulc, F.: Deux reformes (EThR 43, 1968 S. 77-85).

Reinhard, Wolfgang: Zur Geschichte der Kirchengeschichtsschreibung
(RQ 63, 1968 S. 92-103).

Reynolds, Roger E.: Virgines Subintroductae in Celtic Chri-
stianity (HThR 61, 1968 S. 547-566).

Robinson, D. W. B.: „We are the Circumcision" (Australian
Biblical Review 15, 1967 S. 28 - 35).

Roth, F.: A History of the English Austin Friars (Augustiniana
17, 1967 S. 84-166).

Schweigart, Hans Günther: Die Zeit der Inquisition - das
große Ärgernis (Der Evangelische Erzieher 20, 1968 S. 154-161).

Sprunger, Keith L.: Arnes, Ramus, and the Method of Puritan
Theology (HThR 59, 1966 S. 133-152).

Z u m k e 11 e r , Adolar, O. S. A. (Bearb.): Urkunden und Regesten
zur Geschichte der Augustinerklöstcr Würzburg und Münnerstadt.
Von den Anfängen bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts (Regesta
Herbipolensia V), II. Teilband. Würzburg: Schöningh in Komm.
1967. S. 555-981. gr. 8° = Quellen und Forschungen zur Geschichte
des Bistums und Hochstifts Würzburg, hrsg. v. T. Kramer
, XVIII. DM 45,-.

KIRCH ENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Brox, Norbert: Offenbarung, Gnosis und gnostischer Mythos bei
Irenaus von Lyon. Zur Charakteristik der Systeme. Salzburg-
München: A. Pustet (1966). 232 S. 8° = Salzburger Patristische
Studien des Internationalen Forschungszentrums für Grundfragen
d. Wissenschaften Salzburg, hrsg. v. Th. Michels, I. DM 25,20.
Seit Harnack und De Faye ist nicht selten behauptet worden, daß
die ketzerbestreitenden Kirchenväter die von ihnen bekämpfte
.Pseudonyme Gnosis" nicht nur zum Teil falsch verstanden, sondern
auch absichtlich übertrieben, ja entstellt wiedergegeben hätten. Im
Blick auf Irenaus hat vor allem F. M. Sagnard (La Gnose Valenti-
nienne et le temoignage de St. Irenec, 1947) dieses Urteil zu revidieren
gesucht. Die Nag-Hammadi'texte (vgl. bes. das Apokryphon
Johannis mit Iren. 1,29) haben neues Material zum Vergleich an die
Hand gegeben. Von dieser Basis aus mußte es gerade für einen
katholischen Theologen naheliegen, sich einmal zum Sprecher des
Ircnäus gegen die Gnosis zu machen, um die Überlegenheit des
irenäischen Denkens in einer breit angelegten Quellendarbietung
aufzuweisen. Dabei konnte der Vf. auf Arbeiten, wie die von
A. Bcngsch (Hcilsgeschichte und Hcilswissen, Eine Untersuchung zur
Struktur und Entfaltung des theol. Denkens im Werk ... des Hl.
Irenäus ... 1957) oder A. Benoit (bes.: St. Irenee, Introduction ä
l'ctudc de sa theologie 1960) sei es zustimmend, sei es abgrenzend,
zurückgreifen.

Brox geht von vornherein davon aus, daß Irenäus nicht nur eine
»gute Kenntnis" der gnostischen Systeme sowie der „Vorgeschichte"
der gnostischen Bewegung gehabt habe (S. 26 und 115), sondern
daß er auch als Theologe durchaus imstande war, „sein unüberschaubares
Gegenüber" zu durchschauen (S. 12, vgl. auch S. 40). Damit
ergibt sich freilich schon für die ersten Abschnitte über die
Gnosis selbst (S. 12-68 vgl. S. 114 ff.) die Schwierigkeit, daß dieses
gleichsam apriorische Urteil sowohl von der Einsicht des Vfs. selbst
als auch durch die moderne Gnosisforschung immer wieder bedroht
erscheint:

„Man vermißt bei Irenäus eine eigene Ergründung des Wesens
gnostischer Häresie" heißt es S. 18, ferner S. 32: die „bewußte Tarnung
" der Gnosis wird von Irenäus „kaum in ihrer tatsächlichen
Wurzel erfaßt". Und S. 53 heißt es zur Auseinandersetzung um das
AT sogar: „Die Erwiderungen des Irenäus zeigen die Verständnis-
losigkeit für diese ketzerischen Gedanken bei dem, der innerhalb
der biblisch-christlichen Überlieferung steht." Besonders mißlich ist
aber vor allem der Dissensus, welcher sich in bezug auf die rcli-
gionsgeschichtliche Herkunft der Gnosis zwischen der Ansicht der
Kirchenväter und der modernen Forschung einstellt, wonach die
Gnosis entweder eine christliche Häresie (I Joh 2,19: „sie sind von
uns ausgegangen" Iren. 111,16,5 = Tert, De praescr. 3,13; Brox S.
23 f.) oder aber eine ursprünglich außerchristliche Bewegung war.
Eigentlich die ganzen ersten Abschnitte der Arbeit, soweit sie von
der Gnosis als solcher handeln, versuchen in dieser Frage einen
Ausgleich zu schaffen, der aber schon deshalb nicht überzeugend
gelingen kann, weil der Verf. - jedenfalls auf dem Felde der
Gnosis - keine eigenen Forschungen zugrundelegen kann, sondern
auf die einschlägige Literatur (Heinrici, Liechtenhan, Norden, Jonas
u. a.) angewiesen bleibt.

Zugleich gerät damit das Blickfeld der Arbeit überhaupt in ein
gewisses Schwanken: Auf der einen Seite will der Vf. die Gnosis
ganz aus der Sicht des Irenäus erfassen. Auf der anderen Seite aber
drängt sich doch immer wieder ein Bild der Gnosis dazwischen, wie
es, ganz unabhängig von der Sicht des Irenäus, die moderne kritische
Forschung begründet hat.

Freilich ist die Gnosis als solche nun keineswegs die Hauptsache
der Darstellung, obwohl man den Titel des Werkes so verstehen
könnte, vielmehr geht es dem Vf. - und hier liegt seine eigentliche
Leistung - in erster Linie darum, das antignostische Offenbarungsdenken
des Irenäus in beständiger Konfrontation mit der gnostischen
Herausforderung darzustellen, und zwar so, daß man Brox'
Arbeit mit ihrer umfangreichen Literaturkenntnis und Quellen-
darbictung geradezu als eine Darstellung der theologischen Prinzipienlehre
des Irenäus bezeichnen kann, die mit dem „Streit um
die Schrift" (S. 39 ff.) einsetzt, von dort zu den Problemen von
„Tradition und Sukzession" (S. 105 ff.) fortschreitet und schließlich
in die heilsgeschichtliche Konzeption des Irenäus (S. 169 ff.) ausmündet
.

Bedauerlich ist dabei, daß der Vf. sich im Rahmen seiner Literaturdarbietung
nirgends mit dem 1963 erschienenen Werk von
G. G. Blum, Tradition und Sukzession, Studien zum Normbegriff
des Apostolischen von Paulus bis Irenäus (s. meine Besprechung
ThLZ 92, 1967, Sp. 112 ff.) befaßt, obwohl diese Arbeit, die auf
weite Strecken das gleiche Thema wie Brox behandelt, im Literaturverzeichnis
genannt wird. Der Vergleich beider Arbeiten ist nicht
uninteressant, nicht nur in den Punkten, wo beide Verfasser die
gleiche Ansicht vertreten, sondern z. B. auch im Blick auf die
charakteristisch verschiedene Stellung beider Autoren zur historischkritischen
Theologie. Während nämlich die luth. Arbeit der liberalen
Forschergeneration mit spürbarer Reserve gegenübersteht, beobachtet
man bei dem kath. Pendant eine geradezu erstaunliche
Offenheit für die - damaligen - kritischen Fragen und Autoritäten
(Harnack, Loofs, Kattenbusch u. a.), so daß man sich in der historischen
Untersuchung über die von Irenäus berufenen kleinasiatischen
Autoritäten bei Brox (vgl. bes. S. 144 ff.) geradezu in die
historischen Debatten um die Jahrhundertwende zurückversetzt
fühlt.

Zweifellos sind die Abschnitte über „Schrift" und „Tradition"
(S. 39 ff. und 105 ff.), zumal in ihrer gedanklichen Verknüpfung
durch den Vf., die wichtigsten des ganzen Werkes. Dagegen schütten
die Ausführungen zur Sukzession (S. 133 ff.) und zur „wahren
Gnosis" (Heilsgeschichte usw. S. 169 ff.) zwar ebenfalls ein fast
überreiches Quellenmaterial aus, spielen aber im Gesamtrahmen
nicht die zentrale Rolle wie die beiden erstgenannten Themata.
Dabei geht Brox von einer doppelten Voraussetzung aus, die auf
S. 69 und 70 fast nebeneinander genannt wird, die aber zugleich
das ganze Werk wie ein doppelter „roter Faden" durchzieht: Einmal
: Irenäus muß von vornherein überall als Systematiker gesehen