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Ausgabe:

1969

Spalte:

27-28

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lipiński, Edward

Titel/Untertitel:

Le poème royal du psaume LXXXIX 1 - 5.20 - 38 1969

Rezensent:

Reventlow, Henning

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 1

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Bedeutung der Fruchtbarkeitsriten für das Kultleben im alten Kanaan
nicht überbetont werden darf. Die letzte Autorität kommt im
ugaritischen Pantheon nicht Baal, sondern El zu, der als Garant
der politischen Existenz und der sozialen Struktur Ugarits auch
praktisch eine besonders wichtige Funktion ausübt. - Das Verhältnis
von Tradition und Neuansatz in der Theologie des Propheten
Arnos erörtert A. S. Kapelrud („New Ideas in Arnos", S. 193
bis 206), wobei besonders parallele Äußerungen in den Psalmen herangezogen
werden. - A. Malamat interpretiert die Texte 23,112
und 114 aus .Archives Royales de Mari XIII, 1964', die es nunmehr
gestatten, das Auftreten von Propheten in Mari genauer zu erfassen
und Parallelen zu den hebräischen Propheten zu ziehen („Prophe
tic Revelations in New Documents from Mari and the Bible",
S. 207-227). - R. Meyer bringt wichtige Indizien bei für den Ein-
ilufj der sadokidischen Priesterschaft und ihrer Traditionen auf die
Gestalt des ,MWRH SDQ' in Qumrän („Melchisedek von Jerusalem
und Moresedeq von Qumran", S. 228-239). - Einige charakteristische
Züge der Verkündigung Jesajas („The concept of sickness,-
pride and rebellion"), die auch bei Deutero- und Tritojesaja wiederkehren
, arbeitet B. D. Napier heraus („Isaiah and the Isaian", S. 240
bis 251). - K -D. Schunck zeigt, daß die Liste der sog.,kleinen' Richter
in Jud. 10,1-5 und 12,8-15 nur Teil einer größeren Liste ist, die
außerdem noch die Namen von Josua, Othniel, Simson und Samuel
- also insgesamt zwölf Richter - enthalten hat, wobei Othniel und
Simson nur „Füllfiguren" (S. 257) sind. Für die Berufung zum Richteramt
befähigt u. a. die erfolgreiche Tätigkeit als charismatischer
Anführer („Die Richter Israels und ihr Amt", S. 252-262). - Im Anschluß
an H. J. Kraus versucht J. A. Soggin in Jos. 3-5 Reste der
Liturgie eines alten in Gilgal gefeierten Meerwunderfestes aufzudecken
(„Gilgal, Passah und Landnahme", S. 263-277). - A. Szöreny;
(„Das Buch Daniel, ein kanonisierter Pescher?", S. 278-294) trägt
die Auffassung vor, daß es sich beim Danielbuch um alte Erzäli-
lungsstoffe handelt, die in makkabäischer Zeit durch einen „visionär
begabten Exegeten" (S. 285) aktualisiert worden sind. - Belege
für die sprachliche und theologische Verwandtschaft von Deu-
terojesaja und Hiob („l'homme de douleur" in Hiob 3; 19 u. ö.) gibt
S. Temen („Quelques remarques sur les affinites de Job avec le
Deutero-Esaie", S. 295-310). - Der letzte Beitrag von F. Zimmermann
behandelt „Folk Etymology of Biblical Names" (S. 311-326),
wobei der Verf. u. a. auf Gideon, Eva, Noah, Moab, Amnion und
Jakob näher eingeht.

Berlin Karl Heinz Bernhardt

L i p i n s k i, E.: Le poeme Royal du Psaume LXXXIX 1-5, 20-38.

Paris. Gabalda 1967. 109 S. gr. 8° = Cahiers de la Revue Biblique,
6. Kart. ffr. 37,-.

Der Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist das in der Höhle 4
von Qumran gefundene Fragment von Ps89, das den Text dieses
Psalms in einer charakteristisch vom textus reeeptus abweichenden,
archaischen Form zeigt'. Der Verf. greift entsprechend den in dem
Fragment erhaltenen Versteilen (V. 20-23.26-28.31) aus dem Psalm
den Passus V.(1)2-5.20-38 heraus, in dem er ein ursprünglich unabhängiges
, zur altisraelitischen Königsideologie gehöriges Dichtwerk
(poeme royal) erkennt (9). Er untersucht zuerst die Überschrift
V. 1 (Kap. 1,11-19), anschließend (Kap. 11,21-81) bespricht
eine ausführliche Vers für Vers-, Wort für Wort-Exegese den übrigen
Zusammenhang, wobei der Vergleich zwischen den beiden
Textformen 4QPs89 und M die Grundlage bildet. Zur Erklärung
fast aller einzelnen Ausdrücke wird ein die gesamte altorientalische
Literatur umspannender ausgebreiteter Apparat herangezogen. Der
Autor dieses Gedichts ist nach V. 1 Eitan der Ezrahite. Diesen Namen
erklärt der Verf. als Zusammensetzung aus dem theophoren
Bestandteil Aja und dem Element tan(u), während „Ezrahite" nach
l.Chron2,6 als Patronym zu verstehen sei. Nach dieser Notiz sei
Eitan Angehöriger der Sippe Zerah, was wiederum über Gen 38,30;
36,13.17.33 zusammen mit Gen 36,24 (Aja) edomitische Herkunft
erschließen läßt.

') J. T. Miliki Fragment d une source du psautier (4Q Ps 89) et fragments des
Jubiiis du Document de Damas, d un phylactere dans la grotte 4 de Qumrän. RB 73.
1966. S. 94-106. Taf. MII. - Der Verf. entwickelt vielfach von Mllik angedeutete
Gedankengänge und Beobachtungen.

Das poetische Stück, dessen ursprünglicher Text vorwiegend in
der Fassung von 4QPs89 gefunden wird - das gilt auch für die abweichende
Versfolge, nach der V. 26 zwischen V. 22 und 23, V. 29f.
hinter V. 36a zu stehen kommen (52f.; 69) -, gliedert sich nach L.
in einen Auftakt (V. 2) und sieben gleichgebaute Strophen (V. 3-5;
20b-22; 26.23.24; 25.27.28; 31-33; 34-36a.29; 30.37.38), die fast
durchweg aus je drei Doppeldreiern bestehen, während die Präam
bei einen Doppelvierer aufweist (vgl. die Gesamtübersetzung 79f.;
der emendierte hebr. Text jeweils vor den einzelnen Abschnitten).

Die Qumran-Fassung von Ps 89 zeigt nicht nur, daß die Konjunktion
wä und andere Partikeln, wie iKund oi, jüngerer Zuwachs
sind (80f.), sondern weist auch eine eigentümliche Orthographie
auf, die bei der Einzelerklärung passim und dann am
Schluß zusammenfassend besprochen wird (Kap. IV, 87-90). Hauptmerkmal
ist hier die Verwendung der matres lectionis finales, die
beim Suffix der 3.pers.masc.sg. an gewissen Präpositionen und
Nomina im Singular ganz fehlen, beim Suffix der l.pers.sg. nur un-
i egelmäßig stehen, während sie für das -ü des Suffixes der 3,pers.
sg.-hü, das jod im stat. cstr.pl. und bei der 1. und 2.pers.sg.perf.
sowie beim femininen Schluß -ä ebenfalls vermißt werden. Die Negation
wurde bloß > geschrieben. Diese graphischen Eigenheiten
werden als archaisch und als Zeichen für eine Herkunft des Dicht
werks aus dem Ende des 10. vorchr. Jh. gedeutet. Die oft behauptet'1
jüngere Datierung wird entschieden abgelehnt.

Hinsichtlich der literarischen Gattung der Dichtung (Kap. III.
83-86) wird festgestellt, daß es sich um eine vom Jerusalemer Hof
in Auftrag gegebene Propagandaschrift zur Verbreitung der davidi
sehen Ideologie handele (auch hierfür werden eine Reihe altorientalischer
Parallelen angeführt). Ein kultischer Ursprung wird nach
drücklich verworfen. Dieser Eindruck sei nur durch V. 20a entstanden
, eine bei dem Einschub von V. 6-19 eingefügte Überleitungsformel
(vgl. 34f.). Als Anlaß wird die Staatskrise um Rehabeam vor
und bei den Ereignissen von 1. Kön. 12 vermutet (86).

Eine Schlußbemerkung (91) faßt die Ergebnisse zusammen. Es folgen
Indices von Bibelstellen, Eigennamen, Autoren. Vermißt wird
ein Abkürzungsverzeichnis.

Die mit großer Akribie durchgeführte ausführliche Einzelexegesc
der betr. Abschnitte von Ps 89 wird man als einen wertvollen Koni
mentar schätzen. Nicht so eindeutig ist, ob man den Gesamturtcilen
folgen kann. Schon: konnte ein Schreiber von Qumran die Ortho
graphie gebrauchen, die spätestens im 10. Jh., im 8. schon nicht
mehr möglich war?" Die orthographiegeschichtlichen Beobachlun
gen sind interessant, aber die Überlieferungsprobleme scheinen
liier noch keineswegs genügend erhellt zu sein. Wichtiger noch:
wird die Verhaftung im Kult nicht mit unzureichenden Argumenten
geleugnet? Sie beruht ja nicht nur auf V. 20a, sondern auf auch
sonst erkennbaren Zusammenhängen von „Königsideologie" und
Kult3. Man könnte L. auch erwidern, daß eine solche „Propaganda"
gar nicht wirksam gewesen wäre, wenn sie sich nicht auf eine
kultische Legitimation hätte berufen können. Tatsächlich tritt ja
auch Jahwe in der Dichtung als Sprecher auf. Eine solche Entgegensetzung
von Kultus und Politik ist moderne Denkweise und nicht
sachgemäß. Außerdem wäre zu fragen, wie es denn zum Einschub
von V. 6-19 gekommen ist? Sinnvoll wird dieser von einem gemeinsamen
Sitz im Kult her. Ja, sogar die spätere Hinzufügung der
Klage V. 39ff. ist ein Zeichen des Weiterlebens des Psalms im Kult
einer späteren Zeit; die zweckentfremdete Verwendung eines ehemals
rein politischen Dokuments ist sehr unwahrscheinlich.

Wie öfters, wirkt auch hier die politisch-historische Deutung unsachgemäß
.

Bochum Henning Graf R e v e n t 1 o w

-') Vgl. jedoch Milik. a.a.O. S. 103.

') Vgl u. a. H. J. Kraus. Psalmen (BK XV). Exkurs 6 zu Ps 133.

Wanke, Gunther; Die Zionstheologie der Korachiten in ihrem traditionsgeschichtlichen
Zusammenhang. Berlin: Töpelmann 1966.
VII, 120 S. gr. 8° = Beihefte zur Zeitschrift für d. alttestament
liehe Wissenschaft, hrsg. v. G. Fohrer, 97. Lw. DM 28,-.
Überschaut man die in den letzten Jahren in dichter Folge erschienenen
Beihefte zur ZAW, so stellt man dankbar fest, wie sehr
es sich der verdienstvolle Herausgeber, G. Fohrer, angelegen sein
ließ, gerade auch die Arbeiten von Nachwuchskräften bzw. Erst-