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Ausgabe:

1969

Spalte:

475-478

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Takamori, Akira

Titel/Untertitel:

Typologische Auslegung des Alten Testaments? 1969

Rezensent:

Takamori, Akira

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Theologische Literaturzc^ung 94. Jahrgang 1969 Nr. 6

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tischen Apparat (= unabgeschlossenes Ms. von 392 S.) nichts vermerkt
ist, beruhen auf mindestens 2 Nachschriften. Die Frage,
welche Nachschrift die .beste" sei, ist von Wort zu Wort, von Satz
zu Satz geprüft und von Fall zu Fall speziell entschieden. Das Verfahren
, nur A in den Haupttext aufzunehmen (B bricht mit dem
"1. März ab), wäre besonders umständlich gewesen, wo B und
(oder) C Einfügungen zu A bieten, sonst aber mit A übereinstimmen
(noch umfangreicherer Apparat). Namentlich A und B,
gründliche Arbeiten zweier unabhängig voneinander mitschreibender
begabter Studenten (ein späterer Philosophieprofessor bzw.
Lic), stimmen weithin wortwörtlich überein, so daß es sich erübrigte
, diese vollständig nebeneinanderzustellen. Der Text der einzelnen
Nachschriften läßt sich an Hand des Apparates unschwer
verfolgen, soweit ein Zeuge, wenn er die beiden anderen gegen
sich hat und auch sonst verdächtig ist, nicht übergangen wurde. Die
einzelnen Stunden heben sich bei den Nachschreibern im Schriftbild
voneinander ab. Die Stundenzählung wurde Schleiermachers
unveröffentlichten Tagebüchern entnommen. Da Schleiermacher
frei sprach und zu wichtigen Ausführungen nichts notierte, beschränkte
sich Hrsg. nicht auf die Mitteilung der knappen von
der Hand Schleiermachers stammenden Paragraphen. Diese bilden
ein dürres Gerüst auch für die Vorlesung von 1826/27 und erscheinen
, wie die Hinweise auf die Kurze Darstell, des theol. Stud.
auf dem Rande des Textes. Hrsg. legte nicht die unausgereiftere
und weniger fertige Version von 1822/23 zugrunde. Diese ist (ganz
oder teilweise) bereits mindestens sechsmal nachgedruckt und hält
sich nicht überall an die gleichzeitig entstandenen Schleiermacher-
Originale. Zudem sind aus dem WS 1822/23 nicht alle Nachschriften
greifbar, die Jonas zur Verfügung standen. Jonas hat die Vorlesung
von 1826/27 als mehr oder weniger wahrscheinlichen Einheitstext
sehr frei und nur in Bruchstücken veröffentlicht. Hrsg.
suchte hingegen möglichst wenig in den Text einzugreifen (Straffung
durch ein Inhaltsverzeichnis von 22 S.) j geringfügige auf den
Hrsg. zurückgehende Änderungen stehen in eckigen Klammern.
Bd. 2 soll den textkritischen und den wissenschaftlichen Apparat
sowie die vollständigen Schleiermacher-Originale enthalten, Bd. 3
die Varianten aus den bereits größtenteils maschinenschriftlich
übertragenen Vorlesungen anderer Jahre. Ein Ineinanderarbeiten
von Texten aus verschiedenen Jahrgängen lehnte schon D. _r.
Strauß ab. Gerade die Veränderungen im Gang des Schleiermacher
sehen Denkens sind fruchtbar.

T a k a m o r i, Akira: Typologische Auslegung des Alten Testaments
? Eine wortgeschichtliche Untersuchung. Diss. Zürich 1966.
173 S.

Die Arbeit bemüht sich um das Verständnis der typologischen
Auslegung des Alten Testaments. Im ersten Teil beschäftigt der
Verfasser sich deshalb mit der Wortgeschichte von tutioq (Typos),
typus bzw. figura und Typologie, die für das Verständnis typo-
logischer Auslegung von grundlegender Bedeutung ist.

Das Ergebnis der Untersuchung über die Verwendung von Typos
läßt sich folgendermaßen zusammenfassen: 1) Im Griechentum
wird das Wort Typos hauptsächlich im Sinne von Ur- oder Vorbild
und Abbild gebraucht. 2) Im Alten Testament findet man der
Sache nach etwas, was der später sogenannten typologischen
Betrachtungsweise entspricht, und zwar in der Bedeutung eines
geschichtlich geprägten Nacheinanders von Vorläufigem und Endgültigem
. Im Spätjudentum dagegen rückt die typologische Betrachtungsweise
in den Hintergrund, wie es bei Philo beispielhaft
deutlich wird. 3) Im Neuen Testament kommt auch die typologische
Betrachtungsweise gelegentlich vor; sie erscheint in mannigfacher
Gestalt und ohne bestimmten Terminus. Die neutestamentlichen
Stellen, wo Typos auftaucht, lassen sich aber meistens vom allgemein
griechischen oder spätjüdischen Gebrauch des Wortes her
verstehen. Nur in Rom. 5 (und 1. Kor. 10) hat Paulus Typos im
Sinne der Vorausdarstellung neutestamentlich-eschatologischen Geschehens
gebraucht. In dieser Hinsicht wird Typos bei Paulus zum
ersten Male ein hermeneutischer Terminus. Paulus hat aber an
anderen Stellen Typos völlig im gewöhnlichen Sinn angewendet.
Und im Neuen Testament ist der Typos-Begriff keineswegs zu
einer systematisierenden Methode für die Auffassung des Verhältnisses
der beiden Testamente entwickelt. 4) Im Barnabasbrief,
bei Hermans und bei Justin entdeckt man, daß Typos in dem durch
Paulus in Rom 5 inaugurierten Sinn in der Alten Kirche stärker
in Anspruch genommen wird. Es fällt auf, daß Typos dabei ein

Terminus technicus für die Auslegung geworden ist und bemerkenswert
häufig in einem engen Zusammenhang mit der Allegorie

steht.

Für die weitere Wortgeschichte ist die Übersetzung ins Lateinische
bedeutsam, wobei Typos mit figura übersetzt wird, außerdem
auch als Fremdwort typus in den lateinischen Wortschatz
übernommen wird. Dieses bleibt aber im ganzen Gebrauch des
Wortes ein unlebendiges Zeichen und steht damit hinter dem
genuin lateinischen Wort figura zurück. Figura ist dagegen im
lateinischen als wissenschaftlicher Terminus besonders in der
Rhetorik sehr gebräuchlich. Durch Tertullian ist dieser Terminus
als Ubersetzungswort von Typos in die lateinisch-christliche Literatur
hineingekommen. Im Mittelalter wird der figura-Begriff nicht
nur im theologischen Gebiet, sondern auch im Bereich der Kunst
und Literatur in einem umfassenden Sinne gebraucht. Dabei wird
aber deutlich, daß in der Alten Kirche sowie im Mittelalter zwischen
typologischer und allegorischer Interpretation überhaupt
nicht scharf unterschieden wird. Diese allegorisierende Figural-
deutung dauerte durch das ganze Mittelalter hindurch. - Die Reformatoren
, besonders Luther, üben im Zuge ihres hermeneutisehen
Neuansatzes Kritik an der allegorisch-figürlichen Interpretation.
Luther betont von seinem christologischen Denken her am figura-
Begriff das Vorübergehende und Temporäre. Figura und ihre Erfüllung
werden einander antithetisch zugeordnet. Figura findet
lediglich im genauen wörtlichen Betrachten grammatisch-rhetorischer
Redefiguren ihre Anwendung. Damit hat Luther für den
theologisch sachgemäßeren Gebrauch des figura-Begriffes einen
entscheidenden Beitrag geleistet. - In der Prostestantischen Orthodoxie
tritt der figura-Begriff wegen der reformatorischen Kritik
zurück und taucht das Wort typus wieder häufig auf. Gerhard und
Glassius bemühen sich nun, zwischen typus und allegoria scharf
zu unterscheiden. Bei dieser Auffassung des typus tritt aber die
antithetische Unterscheidung von typus und seiner Erfüllung zurück
, was bei Luther deutlich auftaucht.

Die Theologen der Aufklärungszeit, besonders Semler, kritisierten
scharf den typus-Begriff der protestantischen Orthodoxie.
Damit tritt das Interesse an der typologischen Auslegung in gro
ßem Maße zurück. Im 19. Jahrhundert scheint das Interesse an
der typologischen Interpretation wieder aufzuwachen. Als namhafte
Vertreter hierfür finden sich v. Hofmann und Fairbairn.
Trotzdem ist die theologische Situation damals aufs ganze gesehen
die, daß die meisten Theologen den typus-Begriff vermeiden
oder ihm widersprechen. - Das Wort Typus sowie die Vokabel-Typologie
wird der Aufklärung als Terminus in verschiedenen wissenschaftlichen
Disziplinen gebraucht. Das Vorkommen der Vokabel
Typologie steht im engsten Zusammenhang mit der Bedeutungsveränderung
von Typus im Sinne von Vorbild für zukünftige Dinge
zu Typus im Sinne von morphologischer Grundform von Dingen.
Diese Bedeutungswandlung ist zuerst im 18. Jahrhundert durch
die Naturwissenschaft bzw. Zoologie, dann im 19. und 2D. Jahrhundert
durch die Geistes- und Sozialwissenschaft verursacht worden
. Die Veränderung dieser Verstehenssituation im Blick auf
den Typus-Begriff ist für das Verständnis der typologischen Auslegung
sehr wichtig, (cf. A. Takamori, Das Vorkommen der Termini
Typus und Typologie seit der Aufklärung. Schw. ThU 37
[1967], H. 3, S. 30-41).

Im zweiten Teil der Arbeit wird die gegenwärtige Diskussion um
die typologische Auslegung dargestellt. Zuerst werden die Positionen
heutiger Vertreter der typologischen Auslegung - G. von
Rad, H. W. Wolff und W. Zimmerli - zusammengefaßt. Dann kommen
die dagegen angemeldeten verschiedenen Einwände, z. B. die
von Fr. Baumgärtel, W. Eichrodt, F. Hesse und R. Bultmann, ausführlich
in Betracht. Diese Einwände lassen sich hier in folgende
drei Punkte zusammenfassen: 1) Fragen zum Verhältnis historischkritischer
Exegese und typologischer Auslegung, 2) Bedenken
gegenüber jenem Verständnis alttestamentlicher Theologie, welches
von einer typologischen Betrachtungsweise des Alten Testaments
vorausgesetzt wird, und 3) Vorbehalte gegenüber der von
typologischem Denken geprägten Verhältnisbestimmung von Altem
und Neuem Testament.

Im Schlußabschnitt wird der Überblick zum Problem der typologischen
Auslegung überhaupt zur Debatte gestellt. Die kritische
Besinnung über die gegenwärtigen Bemühungen um die Typologie
können in wortgeschichtlicher Hinsicht besonders an folgenden
Punkten deutlich werden, a) Man begegnet oft der in der
Theologiegeschichte implizit mit der Typologie gemeinten Sache.