Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1969

Spalte:

429-430

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Chevallier, Max-Alain

Titel/Untertitel:

Esprit de Dieu, paroles d'hommes 1969

Rezensent:

Delling, Gerhard

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

429

ferneren Nachbarn herauszuarbeiten, muß notwendig summarisch
bleiben und kann auch nur bekannte Forschungsergebnisse zusammenstellen
, wie der Vf. selbst sagt („All dieses möchten wir nun
kurz nach dem neueren Stande der Wissenschaft untersuchen", 116).
Hier geht es nacheinander um das Königtum in Syrien-Palästina, in
Ägypten und bei den Hethitern, um die „primitive Demokratie"
im prähistorischen Mesopotamien und schließlich um die alte halbnomadische
und nomadische Gesellschaft. Zu den meisten dieser
Institutionen findet sich im Königtum Israels keine nähere Beziehung
: Von der feudalistischen Struktur des kanaanäischen Stadtkönigtums
ist die israelitische Monarchie grundsätzlich, auch
durch ihre charismatischen und demokratischen Züge unterschieden
. Erst recht hat sie keine Gemeinsamkeit mit dem Gottkönigtum
Ägyptens. Die „primitive Demokratie" Mesopotamiens kommt
als Parallele wegen der großen zeitlichen und räumlichen Entfernung
und auch der Unsicherheit der spärlichen Quellen nicht in
Betracht. Am wahrscheinlichsten erscheint dem Vf. die Vermutung,
dalj die halbnomadische Vergangenheit Israels der entscheidende
Ursprung seiner demokratischen Institutionen ist. Unbewiesen erscheint
dann aber wieder die weitere Folgerung, daß „das charismatische
Element das unterscheidende Merkmal zwischen Israel
und allen andern Völkern" gewesen sei (161), denn gerade hierzu
sind die Ursprünge nicht eingehend untersucht worden. An solchen
Stellen wird deutlich, daß die Arbeit manchmal etwas zu schnell
und flüchtig fertiggestellt worden ist. Das zeigt sich auch an klei
neren Widersprüchen wie der Behauptung auf S. 66, daß Esba'al
der letzte überlebende Sohn Sauls gewesen sei, nach S. 67 jedoch
der Zweitälteste, vgl. S. 72 (Meriba'al). Manchmal sind auch Sätze
unverständlich wie der erste Satz auf S. 41, Abschn. a oder der
letzte Satz des 1. Abschn. auf S. 57.

Im Grunde gilt dasselbe auch zu den am Ende des Bandes stehenden
RegisLcrn (löirf.). Man hätte gewünscht, daß die Register
sämtliche behandelten Tcxtstcllen (auch die in den Überschriften
erwähnten) und sämtliche Verfassernamen (nicht nur die ausführlich
behandelten) erfaßt hätten. Lieber noch hätte man, zumal in
einer Dissertation, für die reichlich herangezogene Literatur ein
regelrechtes Literaturverzeichnis erhofft. Und kann man vom Leser
die Kenntnis sämtlicher Abkürzungen erwarten?

Im ganzen eine anregende Arbeit, die zum weiteren Überdenken
der angesprochenen Fragen reizt.

Bodlum Henning Graf R c v e n t 1 o w

NEUES TESTAMENT

C h e v a 11 i e r, Max-Alain, Prof. i Esprit de Dieu, paroles d'hom-
mes. Lc röle de l'esprit dans les ministeres de la parole selon
l'apötre Paul. Neuchatel: Editions Delachaux et Niestie [1966J.
251 S. 8° = Bibliotheque Theologique, publiee sous la dir. de
J.-J. von Allmen.

Das Thema Gottesgeist und Menschenwort wird hier speziell im
Blick auf den Apostolat und die anderen Wortdienste nach den
Paulusbriefen behandelt, im Rahmen mannigfacher Beziehungen
zu Paulinischen Aussagenbereichen sonst und in sorgfältigen Einzeluntersuchungen
. Der Vorbereitung des Ganzen dient Teil I (19
bis 64; hier führt Ch. verschiedene Verwendungsweisen der Wort
gruppc oUio&ou- bei Paulus vor. Vor allem unterscheidet er eine
Anwendung auf den Apostel von einer Beziehung auf andere als
Bauende. Beide haben verschiedenen Inhalt. In jener wirkt alt-
testamentlicher, insbesondere Jcrcmianischer Sprachgebrauch nach,
in dieser macht sich dagegen die Redeweise hellenistischer Parä
nese geltend, die Paulus von den Korinthern übernimmt und umprägt
. Durch Paulus erfüllt Gott die Prophetie des Jeremia vom
Bauen und Pflanzen (z.B. Jer. 24,6), s. 1. Kor 3,6-9. Paulus erscheint
hier als das einmalige Werkzeug dieses eschatologischen
Bauens (47). In Teil II (65-135) wird er, zunächst von 2. Kor. 3 her,
als der Mittler des neuen Bundes - im Gegenüber zu Mose - herausgestellt
. Den Mittlerbcgriff nimmt Ch. des öfteren wieder auf, um
die Besonderheit des Paulinischen Heidenapostolats herauszuheben
. Paulus ist der Mittler durch seinen einmaligen Verkündi-
gungstiuftrag (104), als der neue Mose, der den Kyrios von Angesicht
zu Angesicht gesehen hat (83). Paulus beruft sich, so betont
Ch. (125), für sein Kerygma auf diese Augenzeugenschaft, nicht
auf eine Kundmachung des Geistes. Durch diesen empfängt der

430

Apostel dann erst die ergänzende Offenbarung von Gott, die
„Weisheit" (die nach Ch. hier vom Kerygma abzusetzen ist), 1. Kor.
2,10-16. Der Apostolat des Paulus ist weder ein charismatischer
noch ein institutioneller, er geht vielmehr auf die unmittelbare
Autorität des Kyrios zurück.

Das Wir von 1. Kor2,10ff bezieht Ch. nur auf den bzw. die
Apostel, ohne damit zu bestreiten, daß auch andere ähnliche
Offenbarungen der Weisheit Gottes empfangen können. Der Geist
macht das Wort des Apostels in den Hörenden wirksam, 1. Kor
2,1-5, er fügt aber dabei sein Zeugnis dem des Apostels hinzu.

In Teil III wird zunächst - m. E. mit guten Gründen - gezeigt,
daß yptpionu. bei Paulus immer die Gabe Gottes bezeichnet, auch
in 1. Kor 12 und Rom 12 (139-171), an diesen Stellen speziell die
Gnadengabe zum Nutzen der Gemeinde (155; Ch. spricht von „Ta
lenten", 158). ^apionocws ist nicht Wechselbegriff zu nveuucrcuHa,
auch wenn die Gnadengaben, von denen in 1. Kor 12 die Rede ist,
wie alle Gaben Gottes für das Leben der Gemeinde tatsächlich
durch den Geist gegeben werden, der im Volk der Endzeit am
Werk ist. Danach arbeitet Ch. die gemeinsamen und kürzer die
besonderen Züge von Glossolalie und Prophetie heraus (171-200).
Die letzte ist mannigfach bezogen, so daß eine Bestimmung vom
Inhalt her nicht möglich erscheint; sie erhellt Glauben und Verhalten
des eschatologischen Volkes (219). Gegenüber der ungesunden
Einschätzung der in Korinth bevorzugten Gaben macht Paulus
die Verantwortlichkeit des Inspirierten deutlich (181). Man wird
des Pneumas nicht in den Geistäußerungen habhaft, Gott bzw. der
Geist bleiben die Gebenden. Relativ kurz kommt Ch. dann noch
auf die Lehrfunktionen in der Gemeinde zu sprechen (201-208).
Sie sind nicht in den Rahmen eines besonderen Amtes (charge) zu
spannen. In den Schlußbemerkungen zu Teil III (208-213) betont
Ch., daß die Konturen der Wortdienste überhaupt unbestimmt
sind. Gegeben sind Funktionen in der Gemeinde, die Gott jeweils
durch Menschen in verschiedenem Rahmen ausüben läßt.

In den conclusions generales (215-223) faßt Ch. zunächst die
oben skizzierten Aussagen über den Apostolat des Paulus pointiert
zusammen, zeigt aber dann auch, daß die Mitarbeiter des Apostels
und andere an dem kerygmatischen Dienst des Paulus teilhaben
bzw. ihn fortsetzen. Hier bleibt (wie vorher) offen, wie sich der
besondere apostolische Auftrag des Paulus zu dem anderer Apostel
verhält. Wir stellen diese Frage nur, weil Ch. die Einmaligkeit
des Paulinischen Apostolats in der angedeuteten Akzentuierung
betont. Seine Einmaligkeit hinsichtlich des Heidenapostolats und
seine ausschließliche Begründung von dem Sehen des Auferstandenen
her stehen gewiß außer Frage. - Abschließend stellt Ch.
heraus, daß für Paulus der Geist Gottes objektiv existiert, außerhalb
des Menschen, und in dessen Innerstem wirkt, aber ohne
irgendeine Vermischung (confusion; 222).

Außer den angedeuteten ergeben sich manche anderen Fragen
zu darstellenden Sätzen und Einzelinterpretationen. Hier ist noch
der Dank dafür auszusprechen, daß Ch. ein wichtiges Kapitel des
Paulinischen Verständnisses des heiligen Geistes so sachkundig
behandelt hat, in einer geschlossenen, exegetisch fundierten und
übrigens auch in eingehender Auseinandersetzung mit der Literatur
gegebenen Darstellung, die weilerführt durch neue Fragen und
Antworten und zu neuen Fragen anregt. Man wünschte, daß
weitere Bereiche der Paulinischen bzw. überhaupt der neutesta-
mentlichen Pneumatologie, wie der mit den Stichworten Verkündigung
- Geist - Glaube1 angedeutete, entsprechend abgehandelt
würden.

Halle/Saale Gerhard Delling

') Vgl. zu neueren Werken über andere .pneumatologische' Themen Thl.Z 90
(1965) 43-46; 91 (1966) 277f.

Menard, Jacques-E. i L'Evangile selon Philippe. Introduction,
texte, traduetion, commentaire. These pour le Doctorat en Theologie
presentee et soutenue. Strasbourg: Universite de Strasbourg
, Faculte de Theologie Catholique 1967. VIII, 315 S. gr. 8°.
M. legt hier das Ergebnis seiner mehr als fünfjährigen, offensichtlich
fleißigen Arbeit am Phil.-Ev. vor. Und es gelingt ihm auch
in diesem Werk, an manchen Stellen die Forschung etwas voranzubringen
. Probleme gibt es hier ja noch genug; zu manchen Aussagen
dieser gnostischen Schrift fehlt nach meinem Eindruck immer
noch der richtige Schlüssel. Z. B. bietet M.s Übersetzung von 103,21f.
und 104,19f. gute Alternativen; 122,33 wird überzeugend ergänzt;

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 6