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Ausgabe:

1969

Spalte:

424-426

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Beuken, Wim

Titel/Untertitel:

Haggai-Sacharja 1-8 1969

Rezensent:

Westermann, Claus

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 6

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Sichern nach Bethel zusammenhing, ungefähr zwischen 1125 und
1100 v. Ch. Verfasser schließt sich eng an die Forschungsergebnisse
von H.-J. Kraus an. - Alexander Guttmann hat sich dem
sehr wichtigen Thema „The End of the Jewish Sacriricial Cult"
(S. 137-148) zugewendet. Er geht davon aus, daß die öffentlichen
Opfer nicht unbedingt mit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels
im Jahr 70 n. Chr. aufhören mußten. Sie konnten am wiederhergerichteten
Opferaltar vollzogen werden. Wenn sie dennoch
nicht fortgesetzt wurden, müssen besondere Gründe maßgebend
gewesen sein. Guttmann sieht sie einmal gegeben in der negativen
Haltung des Jochanan ben Zakkai gegenüber der Priesterschaft
und dem Tempel überhaupt, sowie jener nie die Hoffnung
auf eine baldige Wiederherstellung des Tempels ausgesprochen
hat. Auch das Fehlen des Hochpriesters bedingte nach 70 n. Chr.
den Verzicht auf diejenigen Opferhandlungen, zu denen jener
unbedingt erforderlich war. Die Römer selbst haben keinen
neuen Hochpriester eingesetzt, da dieser Jerusalem wieder zu
einem nationalen Unruheherd gemacht haben würde. Inwieweit
Opfer in den Ruinen des Tempels zwischen 70 und 135 n. Chr.
stattfanden oder an anderen Orten des Landes, bleibt eine offene
Frage. Mit Recht sagt der Verfasser, daß mit der Zerstörung des
Tempels eine Art Götterdämmerung eingeleitet war, da einige
(jüdische) Sekten, und vor allem die werdende christliche Kirche,
ohne Opferkult bestanden. Die sehr anregend geschriebene Untersuchung
eröffnet neue Forschungsmöglichkeiten.

Der Beitrag von Leonhard S. Kravitz handelt über das Thema
„Maimonides and Job.: An Inquiry as to the Method of the Mo-
reh" (S. 149-158). Nach einer Übersicht über die wissenschaftliche
Kontroverse hinsichtlich der Schrift des Maimonides „Der Führer
der Verwirrten" versucht der Autor, an Hand des Buches Hiob
einen Zugang zur Methode des Maimonides zu gewinnen und erweist
die Lehre des Maimonides von der „providence" als hetero-
dox, indem jene die verstandesgemäße Vollkommenheit zur Voraussetzung
dieser macht, jene Vollkommenheit aber von Maimonides
als das Ergebnis einer verstandesmäßigen Übung betrachtet
wird, die wiederum nur von einer Gruppe Auserwählter geleistet
werden konnte. Das erzielte Ergebnis am Hiobbuch muß
nun an anderen Lehrstücken des Maimonides bewährt werden. -
Eine weitere Maimonides -Arbeit wird in diesem Band ebenfalls
sehr begrüßt werden. Es handelt sich um den sechsten Teil der
großen Arbeit von Alvin J. Reines über „Abrabanel on Prophecy
in the Moreh Nebuhkhim" (S. 159-211). Es wird der Kommentar
zu Kap. 45 behandelt. Hier werden wiederum die verschiedenen
Grade der Prophetie abgehandelt, nach der Erklärung Abrabanels
aber in wesentlich genauerer Weise, indem zwischen Traum und
Vision unterschieden wird und die verschiedenen Grade in aufsteigender
Linie dargestellt werden. - Frank Talmage behandelt
das Thema „R. David Kimhi as Polemicist" (S. 213-235). Er gibt
eine gute quellenmäßige Übersicht über die wesentlichen Gegner
Kimhis, über den sich auch Michael Servetus geäußert hat. Dann
weist der Autor darauf hin, daß Kimhi seine polemischen Bemerkungen
gegen Christus und das Christentum hauptsächlich
seinen Kommentaren anvertraut hat, und diese Stellen werden
S. 214 Anmerkung 5 nebst verschiedenen Textausgaben aufgeführt.
Ehrlich wird zugestanden, daß das polemische Material Kimhis
aus den Schriften seines Vaters Joseph Kimhi stamme sowie aus
den seines älteren Zeitgenossen Jakob ben Reuben. Nach diesen
Feststellungen werden die fünf Argumente Kimhis dargestellt, mit
denen er die christologische Interpretation alttestamentlicher Stellen
zurückwies, nämlich 1) Der Kontext versagt die christologische
Interpretation, 2) der Bibeltext ist von den Christen verändert
worden, 3) die christologische Interpretation führt in logische
Schwierigkeiten, 4) die allegorische Interpretation ist in dem besonderen
Fall unhaltbar, und als letztes Argument gilt 5), daß
die vorgetragene (christliche) Auslegung unvernünftig ist. Dafür
gibt der Autor Einzelbeispiele aus Kimhis Schriften an. Theologisch
ergiebiger sind die beiden folgenden Abschnitte, in denen
unter den Themen „Verus Israel" und „The Nature of Israel's
Election" Kimhis Anschauung von dem wahren Israel mit interessanten
Einzelexegesen und starker Betonung des nationalistischen
Zuges im Denken Kimhis dargelegt wird. Kurze Bemerkungen
über die Auswirkung auf andere Werke jüdischer Polemik
beschließen die Untersuchung.

Guido Kisch veröffentlicht einen wenig umfangreichen Briefwechsel
zwischen Leopold Zunz und Meir Wiener, zehn Briefe

von Zunz und zehn Briefe von Wiener (S. 237-258). Der Inhalt
ist nicht sehr belangvoll, man spürt deutlich den Abstand, den
Zunz Wiener gegenüber einhält, so daß in menschlich-biographischer
Beziehung die Ausbeute größer als in wissenschaftlicher
Beziehung ist. Kulturgeschichtlich auch für die Verhältnisse des
damaligen deutschen Judentums wichtig ist die Klage von Zunz,
daß es in Berlin keine jüdischen Bücher gäbe (Brief 13 „jüdische
Antiquare gibts nicht") und auch die etwa zweiundzwanzig erscheinenden
Zeitschriften ihm nicht zugänglich seien (Brief 9).
Im gleichen Brief äußert sich Zunz skeptisch über die Aufnahme

der „Synagogalen Poesie".....die Ruhe zum Ausarbeiten meines

Buches, das wahrscheinlich noch weniger Leser haben wird als
die Ritus. Doch dies hat auf mich, der ich für mich nichts mehr
verlange, keinen Einfluß". Die Publikation der Briefe ist als Beitrag
zu einer geplanten umfassenden Zunz-Biographic gedacht. -
Der Beitrag von Martin A. Cohen über „Don Gregorio Lopez:
Friend of the Secret Jew. A Contribution to the Study of Reli-
gious Life in Early Colonial Mexico" (S. 259-284) führt in ein
Spezialgebiet der Kolonialgeschichte ein. Nach kurzer biographischer
Einführung mit wertvollen bibliographischen Angaben sehr
entlegener Literatur skizziert der Autor die Theologie des Lopez
an Hand von dessen Auslegung der Offenbarung des Johannes,
wobei der eigenartigen Satanslehre besondere Aufmerksamkeit
gewidmet wird. Lopez ist kein gewaltsam zum Christentum bekehrter
Jude gewesen. Die Untersuchung vor dem Inquisitionsgericht
betraf seinen christlichen Wandel. Cohen sieht in Lopez
einen katholischen Mystiker (S. 274-278), der sich für die Eben
bürtigkeft der zwangsweise Bekehrten innerhalb der christlichen
Gemeinden einsetzt. Die Möglichkeit, daß Lopez mit dem Prinzen
Don Carlos identisch sein könne, schließt der Verfasser keineswegs
aus. -

Norman M. Bronznick schreibt über das Problem „Qabbalah
as a Metonym for the Prophets and Hagiographa" (S. 285-295).
Er deutet den Begriff Qabbalah im Sinn von Gehorsam, wie in
den Targumim das Verb mit Negation das Nichtgehorchen bezeichnet
. Qabbalah faßt nach ihm in einem Wort zusammen
die Eigenart der bindenden Macht der Propheten kraft ihrer
prophetischen Autorität. Das gilt auch für die Kcthubhim. Für
die Rabbinen gründete deren Autorität ebenfalls auf Deut. 18,15ff.

Ein im modernen Iwrith geschriebener Beitrag von Esra Fleischer
aus Jerusalem behandelt das Thema: „lsbjwn 'hs'lw;
h'tjqwt' wlb'jt zhwt mhbrn ".

Leipzig Hans B a r d t k e

B e u k e n , W. A. M., Dr., S. J.: Haggai-Sacharja 1-8. Studien zur
Uberlieferungsgeschichte der frühnachexilischen Prophetie. Assen
: Corcum 1967. XVII, 350 S. gr. 8° = Studia Semitica Neer-
landica,10. Lw. hfl. 26,90.

Die Untersuchung verläuft in zwei Teilen: sie hat im ersten
die endgültige Gestalt der Bücher Haggai (S. 27-83) und Sacharja
1-8 (S. 84-183), im zweiten die Prophetien Haggais (S. 184-229)
und Sacharjas (S. 230-330) in ihrer vorchronistischen Gestalt zum
Thema. Das wichtigste Ergebnis ist der Nachweis, „daß die Prophetien
Haggais und Sacharjas in einem stark chronistisch orientierten
Milieu überliefert wurden und dort ihre endgültige Gestalt
erhielten" (331). Die These ist nicht ganz neu; von redaktioneller
Fassung der Sprüche beider Propheten sprachen schon
viele Ausleger und P. R. Ackroyd wies (in einer Aufsatzreihe im
JJS) darauf hin, daß der Redaktor in seinem Interesse für den
Aufbau des Tempels mit dem Chronisten verwandt sei (14f). Die
besondere Leistung der vorliegenden Arbeit liegt in der form-
und überlieferungsgeschichtlichen Unterbauung der These, die
gründlich und überzeugend durchgeführt ist. Es gelingt dadurch
ein klares Herausarbeiten der Arbeitsweise, der theologischen
Linien und der Bauelemente des Tradentenkreises, in dem die
Sprüche der Propheten Hag und Sach ihre endgültige Gestalt erhielten
. Der Vf. untersucht mit äußerster Sorgfalt die Formelemente
, die Geschichte, Verbreitung und Bedeutung der in dieser
Uberlieferungsarbeit verwendeten Vokabeln, Formeln, Wortverbindungen
und Vorstellungen. Hierauf liegt das Hauptgewicht
der Untersuchung.

Sehr gut ist die kurze Einführung in die überlieferungsgeschichtliche
Forschungsweise (3-9) und die Skizze eines Referates der
bisherigen Forschung an den Propheten Hag und Sach, in der die