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Ausgabe:

1969

Spalte:

411-412

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Grundwissen zur Theologie 1969

Rezensent:

Tannert, Werner

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411

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 6

412

Begründung der Kindertaufe schwer möglich ist, sondern da5 auch
der in der Tauflehre der Reformatoren nicht übersehene Antwortcharakter
in der von ihnen vertretenen Taufpraxis nur mühsam
erkennbar ist. Daß vollends in der heutigen Situation, in der die
Taufe für viele zu einem bloßen Ritus herabgesunken ist und ihr
Sinn und ihre Tragweite weithin unbegriffen bleiben, unsere Taufpraxis
zutiefst fragwürdig geworden ist, daß ihr Wort- und Antwortcharakter
trotz aller Bemühungen, mit Taufgesprächen und
Taufversprechen dem aufzuhelfen, vielfach vernebelt ist, das ist
jedenfalls der Eindruck vieler, die täglich mit dem Problem zu tun
haben. Ob nicht zum mindesten in einer Zeit, in der wir uns der
Missionssitualion auch bei uns immer mehr nähern, eine gemischte
Praxis, wie sie bereits A. Schlattcr in seiner Dogmatik empfahl, am
Platze wäre, die dazu helfen könnte, sowohl den prävenienten Charakter
der Gnade wie die existentielle Inanspruchnahme der Getauften
deutlicher ins Bewußtsein zu heben? Eine Nötigung christlicher
Eltern zur Säuglingstaufe ihrer Kinder scheint mir auf alle
Fälle ungerechtfertigt.

Was immer zu Barths Tauflehre zu sagen ist - die Diskussion
über ihre exegetische Begründung wie über ihre systematischen
Implikationen hat wohl erst begonnen -, soviel ist gewiß: Sie
fordert durch ihre scharfe Profilierung und ihre Verklammerung
mit einem solchen theologischen Gesamtwerk zu einem gründlichen
erneuten Durchdenken der Lehre von der Taufe heraus,
dem wir uns nicht werden entziehen können. Sie ist bei alledem
von höchster Aktualität, weil sie an einem Punkt angreift, wo
Theologie und Kirche genötigt sind, Stellung zu beziehen und
Farbe zu bekennen.

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

Otto, Gert [Hrsg.]: Grundwissen zur Theologie. Zusammengestellt
unter Mitarb. v. H.-J. Dörger, A. Hauptmann, J. Lott u.
G. Petzke. Hamburg: Furche-Verlag [1968). 285 S., 9 färb. Ktn.
kl. 8°. Lw. DM 14,80.

In diesem Buch wird „der Versuch gemacht, grundlegende
theologische Information zu bieten. Tabellen erschienen dafür als
die übersichtlichste und zugleich knappste Form. In ihnen ist das
Crundwissen zusammengefaßt, das zum Verständnis der Bibel
und der Kirche in der Geschichte notwendig ist" (Vorwort, S. 5).
Das ist ein anspruchsvolles Programm. Im Angesicht der Dis-
paratheit der Forschungsmeinungen innerhalb der gegenwärtigen
ev. Theologie kann die Größe dieser Aufgabe kaum überschätzt
werden. Die Darstellung gliedert sich in 8 Abschnitte: I. Bibelkunde
: II. Die Entstehung des Alten Testaments in der Geschichte
Israels; III. Entstehung und theologische Eigenart der Schriften
des Neuen Testaments; IV. Methoden der Auslegung; V. Die Kirche
in der Geschichte; VI. Graphische Darstellungen; VII. Die Gottesdienstformen
der Kirchen; VIII. Register. Außer VI und VIII ist
jedem Abschnitt eine Vorbemerkung vorangestellt, die besonders
zu beachten ist, weil sie über Absicht und Grenze der Information
des jeweiligen Abschnittes Auskunft gibt. Den Hinweis, daß die
Grenze der Darstellungsform der Tabellen darin liege, „daß die
knappe Formulierung nicht allen Nuancen und Details gerecht
werden kann" (S. 9), nimmt man zur Kenntnis. Aber der Aufbau
des Buches entspricht nun einmal einer lexikalischen Veröffentlichung
. Und bei einer solchen liegt der Informationswert gerade
im Detail. Kritische Rezension muß sich deshalb aufs Detail beziehen
. Leider kann dies nur exemplarisch geschehen. - Um der
Akribie willen vermißt man auf S. 16 die Erwähnung von Gen. 14
und die dazugehörige Bemerkung, daß diese Stelle keiner der
4 Quellen zuzuordnen ist und deshalb eine instruktive Ausnahme
darstellt. - Leider werden archaische Ausdrücke (z. B. S. 34f u. ö.)
übernommen ohne Versuch, sie umzusprechen. - Irreführend ist
die Bemerkung zu Kapiteln des Jesajabuches: „Davon sicher
24-27 und 33-39 unecht". Diese Formulierung provoziert die doch
wohl kaum intendierte Vermutung, es handle sich dabei um unechte
Prophetie. - Man fragt sich, welchen Informationswert folgende
Bemerkung zu Dtjes. hat: „Lieder vom Leiden eines Gottesknechtes
, von vielen als Weissagungen auf Jesus gedeutet; wahrscheinlich
unzutreffend". Diese „Kritik" gehört der Theologiegeschichte
an! Sachlicher wäre hier der Hinweis auf die Tatsache,
daß diese Lieder von der Urgemeinde bzw. einigen Verfassern
der neutestamentlichen Literatur auf Jesus bezogen worden sind.
Das ist jedoch unbestreitbar auch abgesehen von der Diskussion
darüber, ob schon Jesus diese Tradition auf sein Selbstverständnis
bezogen hat oder nicht. - Im letzten Satz der Vorbemerkung zu
Teil III heißt es: „Die neutestamentlichen Schriften sind in den
Tabellen nicht in der biblischen Reihenfolge, sondern nach ihrer
(Vermutlichen) Entstehungszeit angeordnet". Die Klammer um
„vermutlich" sollte wegfallen, da hier tatsächlich bisher nur Vermutungen
mit verschiedenen Begründungen bestehen und eine
opinio communis über Reihenfolge der Entstchungszcitcn in der
Forschung noch aussteht. - Wenn der Philipperbrief aus 3 Briefen
zusammengesetzt sein soll, müßten - analog zu 2. Kor., wie es

dort geschieht - für jeden der 3 Briefe Abfassungszeit und -ort
einzeln angegeben werden (S. 112). - Die Tabellen des V. Teiles
„Die Kirche in der Geschichte" zeichnen sich durchweg durch instruktive
Stichworte und sachgemäße, recht klare Formulierungen
aus. Dabei wird die Einschränkung in der Vorbemerkung als unumgänglich
und sachlich zutreffend gern zugestanden: „Die Auswahl
der Ereignisse, die Gliederung in Epochen und die verschieden
ausführliche Erläuterung ist bei jeder historischen Darstellung
eine Vorentscheidung ..." (S. 188). Weil aber der gesamte Inhalt
des Buches im wesentlichen auf das historisch Erfaßbare in Bibel
und Geschichte der Kirche abzielt und also als historische Darstellung
zu gelten hat, dürfte man von vornherein eine Erklärung
zum Standpunkt der Vorentscheidung der Verfasser erwarten.
Leider vermißt man eine solche prinzipielle Einschränkung im
Vorwort. Dort heißt es vielmehr: „Maßgebend für den Inhalt
waren dabei die neuesten einschlägigen Forschungen" (S. 5). Hier
liegt die Gefahr nahe, daß der Nichttheologe mißversteht, indem
er für feststehende Tatsachen hält, was in Wahrheit als theologisches
Bekenntnis des Herausgebers und seiner Mitarbeiter zu
gelten hat. Für den kritischen Studenten mag dieses Buch der
Aufriß einer interessanten theologischen Position sein, die als
Diskussionsbeitrag der Kommilitonen der Mitarbeitergruppe zu
akzeptieren ist. Der Fachmann freilich hätte sich als Mitarbeitergruppe
für diese Aufgabe jene Spezialisten gewünscht, denen
pädagogische Erfahrung und theologischer Oberblick für die ..Vorentscheidung
" in noch höherem Maße zur Verfügung stehen. Dann
wäre der Informationswert der einzelnen Beiträge nicht so unterschiedlich
ausgefallen.

Dresden Werner T a n n e r t

[Benz, Ernst]: Glaube, Geist, Geschichte. Festschrift für Ernst
Benz zum 60. Geburtstage am 17. November 1967, hrsg. v. G.
Müller u. W. Zeller. Leiden : Brill 1967. XII, 572 S., 1 Porträt
gr. 8°. Lw. hfl. 80,-.

Der umfangreichen und sehr vielseitigen Festschrift sind zwei
Widmungen vorangestellt. Die erste Widmung ist von den beiden
Herausgebern unterzeichnet, die zweite, in englischer Sprache gehaltene
Widmung ist von S. Radhakrishnan verfaßt und unterschrieben
worden. In ihr lautet ein bezeichnender Satz: „You have
been, for years, a liberal and devoted Student of philosophical
pursuits and have popularised respect for all the traditions of the
religious thought including the Christian". Nach diesen Widmungsworten
folgen 47 wissenschaftliche Beiträge (S. 3-541). Am
Schluß der Festschrift steht die Bibliographie von Ernst Benz.
Sie wurde von Erich Geldbach und Ernest L. Lashlee zusammengestellt
und in herkömmlicher Weise nach selbständigen Veröffentlichungen
, nach herausgegebenen, mitherausgegebenen bzw. bearbeiteten
Werken, nach Abhandlungen und Rezensionen gegliedert
. Insgesamt verzeichnet die Bibliographie 472 Nummern, ein
reicher Ertrag einer achtunddreißig Jahre umfassenden literarisch-
wissenschaftlichen Tätigkeit. Die höchste Zahl bilden die 328,
auch Zeitungsaufsätze einschließenden Abhandlungen. Die Anzahl
der von Benz geschriebenen Rezensionen tritt zahlenmäßig mit
77 zurück gegenüber seinem anderen Schrifttum. Die selbständigen
Veröffentlichungen erreichen die stattliche Zahl von 41 bzw.
42, ein Werk ist ins Englische übersetzt worden und kann doppelt