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Ausgabe:

1969

Spalte:

370-371

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Diskussion um Kreuz und Auferstehung 1969

Rezensent:

Schultze, Harald

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369

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 5

370

Antworten zur sogenannten synthetischen Evolutionstheorie auf- heit bei der Synthese nicht verbergen. Ist wirklich das „monizuarbeiten
und weiterzuführen. (Dabei wird vom Entwurf Teil- stische" Denken so untheologisch, wie Bröker vorgibt? Wenn es
hard de Chardins bewuftt abgesehen.) In einem ersten Teil wird wirklich Gottes Gottsein ist, das sich in schöpferischer Liebe cvo-
der Sinn- und der Evolutions-Begriff diskutiert und jener definiert lutiv-sinnhaft äufiert (der Verfasser spricht bezeichnenderweise
<ils „eine anthropozentrische, personale, freiheitliche Beziehung, stets von der Schöpfertätigkeit!), mufs dann nicht der Wahrheit
deren erfragende Ursprungselemente angesichts von Kontingenz einer Werdewelt theologisch die Wahrheit zur Seite gestellt wer-
Betroffensein und Staunen sind" (S. 23), dieser als ein „dyna- den, dafj Gottes Sein selbst im Werden ist? Manchmal hat man
misches Verändern in der Zeit" (S. 40), als unumkehrbar-verlau- zwischen den Zeilen den Eindruck, als wollten Brökers Darlegun-
fendes, aber nicht notwendig geradliniges Werdephänomen des gen selber zu dieser Konsequenz drängen. Es mag sein, dafi ihn
Lebens, des Kosmos und der Geschichte. Indem beide Begriffe der Dissertationscharakter seiner Schrift davor zurückhält. Den-
aufeinander bezogen sind, geht es in Brökers Untersuchung also noch: hier ist für die theologische Diskussion des Evolutionspro-
um eine „Sinnerhellung des Gesamtgeschehens von Welt als einer blems eine Basis gelegt, an der das weitere Nachdenken nicht
sich entwickelnden" (S. 47). vorbeisehen kann.

Dazu werden nun zuerst Antworten der biologischen, kosmolo- Saarbrücken Gert Hummel
gischen und historischen Evolutionsforschung auf die Sinnfraoe
erörtert. Der Verfasser weist auf, daft alle diese Forschungsrich-
tungen primär ateleologisch vom evolutiven Sinn reden, das heifit
Gestalt oder Ordnung des werdend Gewordenen als solche - statisch
oder dvnamisch - für sinnhaft erklären. Dennoch taucht Heberef. Gerhards Der Ursprung des Menschen Unser oegen-
auch in dieser, positiven Wissenschaften die theologische Sinnfrage Z***"™***™*™* stun«art: F,scher 19fiR W 43 s- ™

der Evolution da und dort auf. wird jedoch, wo immer sie nicht 21 aft' H „ , ™ • . f-„ „„ „„ j„ __„j,,u „ .

. ' , j OVerniffe, Paul: Manipulationen an der menschlichen Keimes-

agnostizistisch-abschlagig beschieden wird, gewöhnlich mit dem entwicklung (StZ183. 94 Tg. 19«a S. 32-44).

Hinweis auf die Sinnhaftigkeit des Werdens als Werden beant- _ Rewuftte steuerting der menschlichen Evolution (StZ182. 93. To.

wortet. Diese Antwort darf nicht von vornherein als ungenügend ip«S r 11S-128).

denunziert werden; sie entspricht dem methodologischen Ansatz Ruf f. Wilfried: Das sterben des Menschen und die Feststellung

der messenden und registrierenden Wissenschaften. Aber zugleich seines Todes (StZ 182, 93 Tg. 1968 S. 251-261V
erhellt aus ihr, dafi eine endgültig-teleologische Antwort auf die
Sinnfrage dem Menschen ohne Verwiesensein auf ein „Glaubens-
svstem" nicht möglich ist (S. 56). Nur hier gibt es freiheitlich-per-

PRAKTISCHE THEOLOGIE

sonale. absolute Beziehung. Die gläubige Annahme einer Sinnhaf- Klappert, Bertold THrsgl: Diskussion um Kreuz und Aufer-
tgkeit der Evolution kann dabei taut Verfasser mon,st,sch-spe- ?m wärtigen Auseinandersetzung in Theologie

kulahver Natur sein und stellt damit eine scheintheologische Tnter- . ' • , - i„^„oc.„u„~ * n nr •. i a .. X

. , .. , . „. -. , „, j und Gemeinde. 2., durchgesehene Aufl. Wuppertal: Aussaat Ve>-

nretation des Sichselbstvermogens oder des Werdens als Werden r-mc-n •rrnc oo ™/,icon r tmwtiooo

A__ . . . .. . ,. .. . . . . . . ., lag [19671. 319 S. 8U. Kart. DM16.80: Lw. DM19.80.

dar. oder rnnziniell-dualistisch und damit genum christlich-theologisch
(Vgl. S. 70ff.) Klappert legt mit diesem Band ein Arbeitsbuch vor. das eine

r>„_ *a._s i • t. « ! .. j. , . _. - , Orientierungshilfe in der gegenwärtigen Kontroverse der wissen-

Der christlich-theologischen Antwort wendet sich Broker im fol- . , _ ......

r,„v,^„„ h,j,.'„ t. ■ • j . ,j. j_t j. „ schaftlichen Theologie und der Gemeinden über das Verständnis

genden Abschnitt zu. Dabei wird vorausgeschickt, dah die theo- , , . . , ... .........

logische Sinnfrage die anderen Wissenschaften nicht (lücWül- yon Kreuz und Auferstehung bieten w,1. Te Intern» die Debatte gebend
) ergänzt, sondern Wesentliches der Evolution zur Sprache «J* ie scharfer die Fronten markiert werden, desto drinq
bringt. So gilt umgekehrt, dafi die Theologie selber durch die Re- 1,cher mufi ff Wunsch auf bdtai taten sem sich sachlich infor-
alität der Evolution in Frage gestellt ist. Der traditionelle Schön- m,ere" m komen- Wapperts Vorhaben ist darum verdienstvoll,
fungsalaube mufi also integrieren, dafi Gott die Schöpfung als Er re*net mit einem breiteren Leserkreis von Pfarrern. Rdioions-
Evohnion will: Evolution gehört zur ursprünglichen Ausstattung ^hrem. Katecheten und interessierten Mitarbeitern in den Ge-
der Wirklichkeit durch Gott als F.rmöglichung ihres geschieht- meinden. Es geht ihm aber nicht um billiae Popularität - viel-
lichen Seins und ihrer endlichen heilshaften Begegnung mit Gott. mehr bietet er Material für gründliche, ia anspruchsvolle Studien
Von diesem Grundsatz her kann und mufi auch der unbestreitbar arbeit. Das ist gut so. Mit bescheideneren Anforderungen wäre
Zusammenhang von Evolution und Übel. Tod und Sünde geklärt "udl den Gemeinden nicht gedient. Dem entspricht die Anlage les
werden (vol. S 86-1081. Von hW aus wird aber auch die Inhalt- Bandes: nach einer umfassenden Einleitung des Herausgebers
liehe Aussage über den Sinn von Evolution möglich: er besteht im «. 10-52) werden Texte und Textauszüge abgedruckt, denen Ktan-
.Weilen in der Gemeinschaft mit Gott" (<* 137V Als Sinn ist wrt ieweils eine z.T. kritische Einführung vorausschickt. Wo in
dieses Weilen nicht nur und einfach das Ziel von Evolution, ie- ««m Texten Kürzungen vorgenommen wurden, sind sie von den
doch auch dieses. Tn diesem Sinnziel gehört die Welt zum Men- Autoren gebilligt worden.

sehen. Aber es ist deutlich: Evolution besitzt und erreicht di«*ses Die Auswahl setzt ein mit der Enhnvthologisierunasdebatte im

Sinnziol nicht aus sich • es ist unoeschuldetes. übernatürlich" her- Anschluß an Bultmanns Programm-Aufsatz von 1940 Auf die

beigeführtes Geschenk Hottos Damit verschärft siifi noch einmal grundsätzlichen Aussagen Bultmanns folgen die Thesen Scbnie-

das Problem der Evolution nenn wenn ihr das theologische Sinn- "'inds Kümmels Beitrag (1947) sowie Barths Replik fin KD TTTWV

*ie1 nicht immanent ist weshalb ist- dann überhaupt Evolution? Den Hauptteil des Bandes machen die svsfem atiseben RPirr:;op

Bröker antwortet In einer eigenen Sfhluftsvnthese 'S. 149ff): Fvo- aus- neben breiteren Auszügen aus Karl Barths Kirchlicher Dog-

'ution ist als Abbild der Schöofortstigkoit Gottes tu deuten. Thre matik TV/1 stehen Texte von O.Weber und W. Kreck sowie aus

Bedeutsamkeit für das genannte Sinnriel ist einerseits abhän- Pannenbergs Christologie. A"s dpr Theologie für Nichtrhecilogen"

oig von dessen Tnhalt. andererseits von dem MoHv dem Warum wurden die Beiträge von G. Bornkamm fKreuz) und H. Zahrnh

des sinnhaften Handelns Gottes. Fvolution entspricht dem die (Auferstehung) übernommen. W. Künneth hat in einem Öriginal-

Soböpfung liebenden Rott, sie ist . Pai-tnet-schaft* der RfhÄnftmO. betrag. „Die Offenbarung Gottes in Kreuz und Auferstehung",

ist Zeichen der aortlichen Hebe- sie ist wie vor allem von der seine Stellungnahme in der gegenwärtigen Diskussion zusammen-

Christologie her offpnbar wird. Ausdruck der kreatürlichen F.igen- oefafif. und .T. Moltmann steuerte eine ebenfalls bisher nngedrncVio

Verfügung... als abbüdliche Sinnteilhabe an der innertrinitari- Predigtbesinnung über l.Petr. 1.3 bei. Von besonderem Gewicht

sehen Dvnamik" (S. 177fV ist ein Abschnitt aus der noch ungedruckten Christologie-Vorle-

Man wird in der gegemvärtigen theologischen Literatur nicht suno. die Hans-Toachim fwand 1058(59 in Bonn gehalten hat: Tod

leicht eine ähnlich fundierte und konzentrierte Abhandlung zum und Auferstehung Christi werden von dem Gerichtsurteil Cottes

Problem der Fvolution finden. Frfrenlich sind vor allen Dingen über die Cottcsfcindscbaft des Menschen her interpretiert- von

Kenntnis md Offenheit im Gespräch mit den Naturwissenschaf- da aus wird die (Iberwtadtmo der alten Welt in Gottes Sieg üb

er

ten. Das ist leider in der Theologie - besonders in der pro- Sünde und Tod deutlich gemacht Twand bringt hier Kategorien re-

festanticchen - noch keine Selbstverständlichkeit. Fragwürdig (im formatorischer Theoloo'e in ne,,er Intensität zur nelhmn

echten Wortsinnel bleibt uns aber der prinzipiell-dualistische theo- Klapperts Diskussionsband enthält drei wichtige exegetisch«

logische Ansatz. Er kann im Endeffekt eine gewisse Verkrampft- Beiträge: dankenswerterweise ist die Akademieabhandhing v,