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Ausgabe:

1969

Spalte:

351-352

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Gregorius Nazianzenus, Gregoriu tu Theologu logoi theologikoi 1969

Rezensent:

Abramowski, Luise

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Ausführende des kirchlichen Wortgeschehens und spricht die Menschen
auf ihrer Wanderschaft durch diese Zeit im von der Kirche
verkündeten Wort an; das Wort der Kirche nimmt daher teil an
der Sendung des in Christus menschgewordenen Wortes Gottes"
(S. 166).

Hilversum L. J. van der Löf

Gregor von Nazianz: Die fünf theologischen Reden. Text und
Ubersetzung mit Einleitung und Kommentar, hrsg. v. J. Bärbel
. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1963]. 301 S. 8° = Testimonia,
Schriften d. altchristl. Zeit, i. Verb. m. Th. Klauser hrsg. v. A.
Stuiber, III. Lw. DM 36,-.

Der hier durch Schuld der Rezensentin so spät angezeigte Band
bringt die erste deutsche Übersetzung der orationes 27-31 des
Theologen. Der griechische Text ist der der Mauriner-Äusgabe
(PG 36), moderne Beiträge zur Textgestalt sind berücksichtigt. Da
die Reden eine Zählung nach Abschnitten aufweisen, sind die Mi-
gneschen Kolumnenzahlen nicht übernommen, was beim häufigen
Zitieren nach diesen Zahlen in der Literatur ein kleiner Nachteil
sein kann. Die Einleitung unterrichtet über das Leben Gregors
(S. 5-21), das Werk im allgemeinen (S. 22-24), Ausgaben, Übersetzungen
, Literatur (S. 24-28), die theologischen Reden im besonderen
(S. 28-36). Den Grundsätzen der Reihe entsprechend begleiten ausführliche
Erklärungen Text und Übersetzung, z. T. sind sie als Exkurse
am Schluß zusammengestellt (S. 279-295). Die Übersetzung
ist eine wirkliche Übertragung, die oft genug eine erklärende
Funktion übernimmt. „Der Kommentar sucht vor allem den theologischen
Gehalt der Reden zu erschließen" (S. 36), das geschieht
unter Heranziehung sämtlicher sonstigen Schriften Gregors. „Die
Ausgabe kann als Einführung in die Theologie Gregors von Nazianz
gute Dienste leisten", sagt der Klappentext ohne Übertreibung
. Mehrfach werden Begriffe und Gedanken durch die altkirchliche
Theologiegeschichte verfolgt, Vergleiche mit den anderen
Kappadoziern werden gezogen, Übereinstimmungen und Unterschiede
zwischen ihnen werden deutlich gemacht.

So gut die Übersetzung als ganze ist, so ließ mich die Lektüre
des Bandes stilistisch doch nicht unangefochten; in Einleitung,
Übersetzung und Anmerkungen tauchen gelegentlich umgangssprachliche
Ausdrücke auf, die zu Gregor besonders schlecht passen
(S. 11. 39. 41. 45.146 Anm. 26), auch „ausgeschämt" (S. 137) und
„Verdemütigung" (S. 160 Anm. 4) störten mich, ebenso das mehrfache
„in etwa".

Zu or. 28,3 (S. 66/67) - Absondern vom Stofflichen, Sammeln
elg £h<xut<5v - vergleicht Bärbel (Anm. 8) Ps.-Dionysius Areopagita,
aber näher liegt doch der Verweis auf Plotin oder einen seiner
Schüler, also auf die gemeinsame Quelle. - Bei aller Distanzierung
von wahrscheinlich neuplatonischen Aussagen in or. 29,2
(vgl. Anm. 9 und 10 zu S. 130/131) klingt die Beschreibung der
uovapxCct als Trinität doch sehr neuplatonisch ; itpöc, tö üv tov i1?
oötoö oövvEuotc (S. 130 Zeile 7). Aus derselben Quelle stammt
sicher auch die hpötti oöoCa oder nuoie auf S. 68. 76 (hier ungenau
als „Erstursache" übersetzt). 88 (neben itpuTr) c.l-rCa). 124 (neben
itpßTov cetTLOv). 126.202. Nur ist die Ttpdro) ouo-Cc bei Gregor die
ganze Trinität, sonst hätte er auch schlecht den Eunomius bekämpfen
können.

In der Christologie ist Gregor ein Beweis dafür, wie unbefangen
man sich 50 Jahre vor dem nestorianischen Streit trotz Diodor
und Apollinarius noch ausdrücken konnte, friedlich stehen Formulierungen
nebeneinander, die später als unvereinbar gelten. Die
einzige Vorsichtsmaßnahme ist die Ablehnung der Lehre von den
„zwei Söhnen" (vgl. S. 290), dieser Chimäre, die ihre Existenz im
wesentlichen darin hatte, daß sie mißliebigen Personen zum Vorwurf
gemacht wurde. Der Herausgeber teilt die Unbefangenheit
Gregors nicht, sondern fühlt sich verpflichtet, ihn gegen eventuelle
Vorwürfe wegen Nestorianismus in Schutz zu nehmen (vgl. S. 170
Anm. 1; S. 187 Anm. 2; S. 208 Anm. 41: S. 289f.), diese Apologetik
erscheint mir überflüssig. Selbstverständlich wurde die dyophy-
sitische Hälfte von Gregors Aussagen in antiochenischen (Theo
doret) und nestorianischen Florilegien eifrig zitiert; aber welche
Verlegenheit die andere Hälfte für die strikten Dyophysiten darstellte
, kann man an nestorianischen Scholien sehen, die versuchen,
peinliche Vokabeln durch umständliche Interpretation erträglich
zu machen, da man ihr Vorhandensein in Gregors Text nun einmal
nicht leugnen konnte (solche Scholien sind in einem vatikanischen

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Florilcg enthalten, das demnächst im Museon im Druck erscheinen
wird, von A. van Roey und mir herausgegeben).

Von Interesse wäre eine gründliche Untersuchung des Verhältnisses
der Christologie des Nestorius zur Theologie Gregors und
der großen Kappadozier überhaupt; A. Grillmeier hat ja bereits
den Weg gebahnt (Scholastik 36, 1961, S. 321-356) und eine erleuchtende
Verbindungslinie gezogen. Sollte z. B. des Nestorius berühmte
Formel: „Ich unterscheide die Naturen, aber ich eine die Anbetung
", sich nicht auf einen solchen Satz aus Gregor von Nazianz
stützen können, wie ihn Bärbel aus or. 20,5 im letzten Exkurs
(S. 294) zitiert: „Wir beten den Vater, den Sohn und den Heiligen
Geist a n , indem wir ihre Besonderheiten unterscheiden
, aber die e i n e Gottheit bekennen"? Die in der patristischen
Literatur wiederholt auftretende Formulierung, daß Christus (seinen
Naturen nach) „doppelt" sei (so Nestorius, Ps.-Philoxenus,
Maximus Confessor, vgl. Rev. d'Hist. Eccl. 60, 1965, S. 863) hat
jedenfalls Gregor, or. 30,8 (Bärbel S. 188 Zeile 1) zur Quelle (die
darüber hinausgehende Parallele zwischen Nestorius und Maximus
Confessor ist damit aber noch nicht erklärt).

Bärbels Ausgabe ist als Grundlage für Seminare sehr zu empfehlen
, überhaupt wünscht man sie sich in der Hand möglichst
vieler Studenten, denn das wörtliche Übersetzen aus dem Griechischen
ist ihnen durch den deutschen Paralleltext keineswegs
abgenommen.

Bonn Luise Abramowski

D ö r r i e s , Hermann, Klostermann, Erich f, u. Matthias
K r o e g e r : Die 50 geistlichen Homilien des Makarios hrsg. u.
erläut. Berlin: de Gruyter 1964. LXVIII, 341 S. gr. 8° = Patristische
Texte u. Studien, hrsg. v. K. Aland u. W. Schneemelcher,
4. Lw. DM72,-.

Die Sammlung der fünfzig Makariushomilien ist zum erstenmal
im Jahre 1559 zu Paris von Johannes Picus herausgegeben worden
. Die Traktate haben seitdem ungezählte Menschen erbaut.
Gottfried Arnold gab 1696 eine deutsche Übersetzung heraus; deren
zweite Ausgabe von 1699 war um die sogenannten Opuscula des
Makarius und um Anmerkungen vermehrt. H. Dörries, der sich
wie wenige um das Werk des Symeon-Makarius verdient gemacht
hat, ist in einer tief eindringenden Abhandlung den Wirkungen der
Makariusschriften auf Arnold nachgegangen: die Begegnung mit
Makarius hat Arnolds Weg die Richtung gewiesen1.

Picus legte seinem Druck den Parisinus gr. 1157 aus dem 13. Jahrhundert
zugrunde. Im wesentlichen beruhen alle späteren Ausgaben
auf der Editio prineeps, trotz mancher Verbesserungen im einzelnen
. Die vorliegende Ausgabe ist mit Hilfe von acht Handschriften
konstituiert, von denen die beiden ältesten auch die
besten sind, K (Chalki, Panagias 75, 11./12. Jh.) und M (Mosquen-
sisl77, 12. Jh.). Die Handschrift G (Lavra H61, 14. Jh.) konnte
erst in letzter Minute durch K. Aland im ganzen Umfang zugäng
lieh gemacht werden, doch ist im textkritischen Apparat durch ein
Zeichen auf sie verwiesen; an einigen wenigen Stellen scheint mit
Hilfe von G der Text verbessert werden zu können2. Der von
Picus benutzte Paris, gr. 1157 konnte beiseite gelassen werden,
da man mit der zweiten Hand seiner Zwillingshandschrift D
(Baroccianus 213, 14./15. Jh.) eine ältere und bessere Überlieferung
erreicht (S. XXI). Die Edition ist offenbar sorgfältig gemacht
und ist übersichtlich gestaltet; der Apparat bleibt in vernünftigen
Grenzen. Das auf S. XLI gezeichnete Stemma ist freilich so hypothetisch
, daß man leicht auf es verzichtet: man muß einen Archetyp
der Homilienüberlieferung erschließen, aber es ist nicht möglich
, die Filiation im einzelnen zu verfolgen. Da die bekannte und
zugängliche Überlieferung zum erstenmal methodisch zugrunde
gelegt worden ist, antiquiert die Ausgabe ihre Vorgänger. Der
Text bietet zwar keine einschneidenden Veränderungen gegenüber
den bisherigen, im wesentlichem auf der Erstausgabe fußenden
Editionen - die Überlieferung der fünfzig Homilien ist im ganzen
recht fest. Doch ist der Text an nicht wenigen Stellen berichtigt
worden, und es sind manche erst durch die Editoren hineingetra-

<) H. Dörries, Geist und Geschichte bei Gottfried Arnold, Göttingen 1963
(Abhandl. d. Akad. d. Wiss. in Göttingen, Phil.-hist. Kl., 3. Folge. Nr. 51).

2) H. Chadwick in seiner gehaltvollen Bcsprechnung der Ausgabe. Zeitschr. f.
Kirchengesch. 79. 1968, S. 93f. - Unerreichbar blieb den Herausgebern ein Athener
Handschrift in privatem Besitz.

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 5