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Ausgabe:

1969

Spalte:

347-348

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

1. Teil 1969

Rezensent:

Stange, Erich

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Seite 1

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347 Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 5

mißbraucht und entstellt, aber doch auch durch Gottes Wunder
immer wieder neu Ereignis geworden ist. 2. «Das Evangelium
der Freiheit" (59-81) beginnt mit dem Enthusiasmus des Stepha-
nuskreises; dieser wagt den Schritt in die Völkermission, prägt
die neue Christologie der Hymnen auf den Kosmokrator und findet
schriftliche Gestalt im Markus-Evangelium. Gegenwartsreflex:
Kirche ohne Enthusiasmus verkümmert. Und: Schon in Jerusalem
führt das Ja zur Freiheit Jesu zu kirchlichen Differenzen, die sogar
die Solidarität im Leiden aufheben. 3. »Für und wider eine Theologie
der Auferstehung" (82-113) tritt Paulus in den korinthischen
Kämpfen an. Die falsche Theologie der Auferstehung in Korinth
gibt heute sehr zu denken. Sie will Auferstehung ohne den Auferstandenen
, der nämlich der zum Herrn erhobene Gekreuzigte
ist. Aber nur den kann der Herr von den Mächten befreien, dem
er sie in seinem eigenen Herzen stürzen, dem er den eigenen
Alten Adam töten darf. Hier auf Erden bricht Auferstehung geschichtlich
an, indem der Geist Gottes uns in Erprobung, Verantwortung
, neuen Gehorsam stellt. 4. „Verkirchlichte Freiheit" (114
bis 131) findet K. in den deuteroapostolischen Briefen; um Festigung
und Ordnung der Kirche mußte damals gerungen werden,
aber aus Notlösungen werden Unabänderlichkeiten, die neue Notwendigkeiten
verdecken. Heute ist es notwendig, daß die Kirche
wieder die .Schar der Freien" (130; Schlatter) wird. 5. «Die da
hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit" (132-150) sind die
Gläubigen, für welche die Johannesapokalypse spricht. Diese wird
erregend aktuell. Ihr Thema: »Wem gehört die Erde?" (138)
»Mythologie dient dazu, Heil und Unheil in ihren weltweiten
Horizonten herauszustellen" (145). „Das Thema der Offenbarung
ist das des Römerbriefes, wonach Gottes Gerechtigkeit und der
Menschen Heil zusammenfallen" (146f.). Während aber im Römerbrief
die präsentische Eschatologie den Vorrang habe, gehören
wir heute an den Ort der Offenbarung und der 4. Seligpreisung
(148). Und uns trifft auch die Umkehrpredigt von Offenb. 1-3 an
die Adresse einer sicher gewordenen Kirche. 6. »Freiheit unter dem
Wort" (151-163) zeigt zum Schluß das Johannes-Evangelium. Hier
macht der Geist Gottes Mut zur Neuprägung und zu einer unerhörten
Konzentration auf Jesus allein. Wer wahrhaft auf Jesus
hört, ihn liebt, ist in der Wahrheit. Sollte die Kirche nicht froh
sein, wenn heute traditionsferne Menschen neu auf Jesus hören,
wie partiell auch immer? (160).

Die dritte Auflage folgte nach fünf Monaten. Sie ist einschneidend
verändert. Die persönlich gefaßten Polemiken und Situationsanalysen
sind gestrichen. Damit fiel manch wertvolles Selbstzeugnis
und manche Zeitschilderung aus erster Hand fort, so daß
schon von daher die 1. Auflage ihren bleibenden Wert hat. Vor-
und Nachwort sind ganz kurz und neu gefaßt, eine große Anzahl
von Einschüben (zwischen wenigen Zeilen und zwei Seiten) sind
in den Text eingefügt, ein ganzes Kapitel („Der weite Weg" 135
bis 173), das Hebräerbrief und Lukasschriften auswertet, ist dazugekommen
. So ist die Arbeit sehr bereichert. Wenn die Diskussion
sich jetzt stärker auf allgemeine Anliegen verlagert, so bleibt
doch das Engagement des Verf. unverändert stark, etwa wenn
gegen bürgerliche Auferstehungsideologie (99f.), Sakramentalismus
(84f.), veraltetes Repräsentieren (125-127) polemisiert, zu
mutiger Neuordnung des Pfarrerdienstes aufgerufen (69f.) und
fromme Unmenschlichkeit angeprangert wird (32f. u. ö.). Wichtig
ist der ein Gespräch suchende Einschub S. 202f. K. hat so an vielen
Stellen ihn bewegende Themen angeschlagen. Das gilt besonders
von dem neuen Kapitel 5. Hier führt er Kernfragen der Diskussion
bedeutsam weiter, etwa Evangelium und Humanismus (sorgfältige
Abgrenzung gegen H. Braun), Opfertod, existentiale Interpretation
, Kanon und Sachkritik. Sodann werden in Hebr und
Lukasschriften zwei große Zeugnisse des NT als Ursprünge folgenschwerer
Verirrungen des Christentums hingestellt, in einer
dem Rez. exegetisch und theologisch fragwürdig erscheinenden
Weise. Überhaupt sind viele Einzelthesen bei K. in Frage zu stellen
. Aber auch das ist ein Gewinn, wenn dadurch das Gespräch
gefördert wird.

Leipzig Harald Hegermann

Geistliche Schriftlesung. Erläuterungen zum Neuen
Testament für die Geistliche Lesimg, in Zusammenarbeit mit
K. H. Schelkle u. H. Schürmann hrsg. v. W. T r i 11 i n g. Leipzig s
St. Benno-Verlag 8°.

348

Bd. 2,1: Schnackenburg, R.: Das Evangelium nach Markus
, I. [1967]. 228 S.

Bd. 18: Schierse, F. J.: Der Brief an die Hebräer. [1967],
155 S.

Die »Geistliche Schriftlesung" bringt herausgegeben von Wolf-
gang Trilling in Zusammenarbeit mit Karl Hermann Schelkle und
Heinz Schürmann nun bereits das Markus-Evangelium 1. Teil, erläutert
von Rudolf Schnackenburg und den Brief an die Hebräer
im 18. Band, ebenfalls herausgegeben von Wolfgang Trilling in
Zusammenarbeit mit Karl Hermann Schelkle und Heinz Schürmann
, erläutert von Franz Joseph Schierse. Dankenswerterweise
wird diesmal eine Beilage „Unterweisung für Christliche Schriftlesung
" beigelegt. Auch am Ende des Buches sind jeweils jetzt
laufende Anmerkungen vorgesehen. Dadurch gewinnt die „Geistliche
Schriftlesung" in steigendem Maße an Bedeutung. Das gilt
auch für Band 2/1 mit seiner Einführung „Glaubensbuch der
Urkirche".

Kassel Erich Stange

D u p o n t, Jacques: La parabole de la semence qui pousse toute
seule (Marc 4, 26-29) (Rech SR 56, 1968 S. 367-392).

Flamm er, Barnabas: Die Syrophoenizierin (ThQ 148 1968
S. 463-478).

Grabner-Haider, Anton: Auferstehung und Verherrlichung.

Biblische Beobachtungen (Concilium 5, 1969 S. 29-35).
Lamarche, Paul, Le Possede de Gerasa (Mt 8,28-34; Mc 5,1-20;

Lc 8,26-39) (Nouvelle Revue Theologique 100, 1968 S. 581-597).
Schilson, Arno: „Die Wahrheit wird euch frei machen!"

(Jo 8,32) (ThGl 59, 1969 S. 29-56).

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Grillmeier, Aloys, S. J.: Christ in Christian Tradition.

From the Apostolic Age to Chalcedon (451). Transl. by J. S.
Bowden. London: Mowbray & Co. [1965]. XXIII, 528 S. gr.
8°. Lw. 75 s.

Das Buch ist eine gründliche Überarbeitung des Beitrags, den
G. 1951 für das große Chalcedon-Werk verfaßt hat, das von der
Frankfurter Hochschule St. Georgen herausgebracht wurde1. Damals
lautete das Thema: „Die theologische und sprachliche Vorbereitung
der christologischen Formel von Chalkedon". Die neue
Bearbeitung verfolgt das gleiche Thema; wir erhalten nicht eine
Darstellung, die alle Seiten des Christusglaubens der ersten fünf
Jahrhunderte erwägt, sondern es wird vornehmlich die gedankliche
und formale Ausprägung betrachtet, obwohl zumal bei der
Behandlung des zweiten Jahrhunderts auch die mehr volkstümliche
Deutung Christi einbezogen ist. In drei Hauptteilen wird
der Stoff dargeboten: The Birth of Christianity, The first theo-
logical Interpretations of the Person of Christ: From Origen to
Ephesus (431), Kerygma-Theology-Dogma: Ephesus and Chalcedon
(431-451).

Was zur ersten Fassung gesagt wurde, gilt auch von der erweiterten
und tiefer eindringenden neuen Bearbeitung2: Verf.
verfügt über eine ausgebreitete und selbständige Gelehrsamkeit;
sein Buch ist aus den Quellen gearbeitet und verrät überall die
Kenntnis der neueren Literatur, die reichlich angeführt wird; wir
haben somit ein nützliches und gediegenes Werk erhalten, das zu
belehren und anzuregen vermag.

Man kann zu einer Anzahl von Sätzen Ergänzungen und Korrekturen
anbringen. Das zweite Jahrhundert wird zu sehr im
Licht von Danielous Werk über das Judenchristentum gesehen,
wenn immer wieder „judenchristliche" Gedanken gefunden werden
, wo von solchen keine Rede sein kann. Die Überlegungen,
ob für Arius das trinitarische oder das christologische Problem
der Ausgangspunkt seiner Deduktionen ist (S. 189ff.), sind wenig
ergiebig, weil für Arius beide Probleme offenbar miteinander
verschränkt sind. Die theologischen Aussagen von Athanasius.
Cyrill von Alexandrien, Leo dem Großen werden tiefer interpretiert
, als sie es verdienen, zu schweigen von der Hochschätzung,
die der Formel von Chalcedon entgegengebracht wird; in ihr sieht

') Das Konzil von Chalkedon I, Würzburg 1951, S. 5-202.
a) H. v. Campenhausen, in dieser Zeitschr. 78, 1953, Sp. 89-92.