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Ausgabe:

1969

Spalte:

309-310

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Trillhaas, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Evangelische Predigtlehre 1969

Rezensent:

Uhsadel, Walter

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Seite 1

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309 Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 4 310

Rache möchte man wohl auch noch klären. Daß im historischen zu zeigen, daß der heutige Mensch viel tiefere Möglichkeiten hat,
Teil manches nur gestreift ist, was eine ausführlichere Behandlung das religiöse Erleben vergangener Menschheitsgeschlechter zu ververdiente
, liegt wohl einfach daran, daß die Arbeit nicht nur eine stehen, als er selber ahnt. Dies eben kann die historisch-kritische
historische Untersuchung sein will. Aufs Ganze gesehen sind die Forschung nicht leisten. Sie ist und bleibt notwendig und deshalb
Einzelfragen, die ich noch hätte, nicht sehr erheblich. Von der unaufgebbar, aber Theologie fängt erst da an wo diese Grenze
Feststellung, dafj auch der nicht unmittelbar Beteiligte die Arbeit erkannt wird. Der Historismus jedoch verleugnet sie. Die Rede
mit großem Gewinn lesen kann, soll nichts zurückgenommen von garstigen Graben ist genau so unwahr wie die Parabel von den
werden. drei Ringen, in der nicht etwa ein Christ, ein Jude und ein Moslem
Markkleeberg Leipzig Franz l a u sprechen, sondern dreimal Lessing selbst.

Nun aber enthält jede Predigt unausgesprochen die Aufforde-

_ rung „religiöse loquamur". Versucht die Predigt von historischen

Forschungsergebnissen oder zeitbedingten Urteilen aus den angeb-

Aldunate. Juan Bulnes: Die drei Untertänigkeiten und die ''chen Graben zu überspringen, um gegenwartsgemäß zu sein, so

beständige Erneuerung (Concilium 4, 1968 S. 663-675). verfährt sie histonstisch und verfehlt ihren Auftrag, aus der im

Brück, Ulrich von: Die Kirchen und die menschliche Not (ZdZ 22, Text überlieferten religiösen Substanz die religiöse Verstehens-

1968 S. 426-428). bereitschaft des Hörers zu erreichen.

Castro, Emilio: Evangelism and Social Justice (ER 20, 1968 Es ist mein Eindruck, dafj T. genau diesen Punkt trifft. Nach

S. 146-150). einem feinsinnigen grundlegenden Kapitel (Prinzipielle Homiletik)

Ditmanson, Harold H.: Neue Themen in der christlichen kommt er im 2. Hauptteil auf das genannte Problem unter dem

Sozialethik Luthensche Rundschau 18, 1968 S. 30-50). Thcma dj und Text„ (Materiale Homiletik). Der 3. und 4.

rord, Leighton F. S.: Personal Evangelism Conversion and ........ . . ..*—'... . - . — ......

Social Change (ER 20, 1968 S. 122-130). Hauptteil behandeln die „Predigt als Rede Formale Homiletik)

Geiger, Max, u. Günter Stratenwerth: Ethische Gegen- "nd -Predigt und Gemeinde" (Pastorale Homiletik). Was in diesen

Wartsprobleme in theologischer und juristischer Beurteilung. Ein vier Kapiteln entfaltet wird, ist - bis in manche ganz praktischen

Seminarbericht. Zürich: EVZ-Verlag [1968). 164 S. kl. 8° = polis, Ratschläge hinein - eine Art Fundamentaltheologie, soweit das in

34. Pp. DM 9,60. einem thematisch begrenzten Buche möglich ist. Durch seine Re-

von Hackewitz, Waltraud: Gemeinwesenarbeit als Aufgabe ligionspsychologie (Die innere Welt) und seine Pastoraltheologie

für die Bürgergemeinde und Christengemeinde (Die innere Mis- (Der Djenst der Kirche am Menschen) ist der Verf. dazu wie kaum

sion 58, 1968 S. 314-321). _ ein anderer berufen. Darum dürfte sich sein Buch in der neuen

Keil, Siegfried: Die Christliche Sittenlehre Friedrich Schleier-___. -inj- •„ j„„ „„,„„„„„r^;^uQ„ i.h~*i~~4~4._

-,„^1,__ ,, , . . , ... , ., . ... , Gestalt für viele Prediger in der spannungsreicnen theologischen

macners - Versuch einer sozialethischen Aktualisierung (NZsTh ... ......, .

10, 1968 S 310-342) Zeitlage als eine wertvolle Hilfe erweisen.

Martelet, Gustave: Pour mieux compredre l'encyclique „Hu- Hamburg/Tübingen Walter u h s a d e 1
manae vitae" (Nouvelle Revue Theologique 100, 1968 S. 897

bis 917). „die 1 e s e p r e d i g t". Eine Handreichung. Hrsg. von H.

Schober, Theodor : Diakonische Aufgaben der Kirche zugun- Schnell. Hauptschriftleiter H. B r e i t. 62 Predigten in 10 Lie-

sten der wirtschaftlichen und sozialen Weltentwicklunq - Upp- c ...... t,i___,__ivi_in«-7/fiQ' i„,„,i,.

sala 1968/Sektion III. (Die innere Mission 58. 1968 S. 243-255) "T9 d 1 ? 'SÄLÄ

Schultz, Werner: Das griechische Ethos in Schleiermachers Lieferungen DM 28,-. Buchausgabe VIII. 496 S. 8°. München: Kai-
Reden und Monologen (NZsTh 10/ 1968 S. 261-288). ser 1968-

S trau ss, Hans: Probleme der Geburtenregelung in medizi- Diese neue Predigthilfe liegt jetzt mit 62 Predigten und Text-
nischer, soziologischer und theologisch-ethischer Sicht (Estudos bearbeitungen für das Kirchenjahr 1967/68 abgeschlossen vor. Sie
Teolögicos 7, 1967 S. 186-209). ist vom Präsidenten des Lutherischen Kirchenamtes (West) H.
b?sai55)TU,li°: Eva"9elism a"d Social Service <ER 2a 1968 S- 151 Schnell herausgegeben. Die Hauptschriftleitung liegt in der Hand

V«li nL.u r_i «„ u j j «u! i.«/n i- a von Dr. Herbert Breit, dem Rektor des Prediger- und Studien-

w ol f, Donald: Der heutige Mensch und das . Gluck (Concilium 4, . . „ , " _ , „„.^ • ,

1968 S 675-682) seminars der Vereinigten Evang.-luth. Kirche, unter Mitwirkung

der regionalen Schriftleiter E. Haberer (Nürnberg), P.-G. Hoer-
schelmann (Kiel), P. G. Voigt (Hannover), E. Warmers (Wolfen-

PRAK1 ISCHE THEOLOGIE ^über die Absicht und die Adressaten der „lesepredigt" orien-
Trillhaas, Wolfgang: Evangelische Predigtlehre. 5., neubearb. tiert knapp das Vorwort, ausführlicher H. Breits höchst lesens-
Aufl. München: Kaiser 1964. 203 S. 8°. DM10,-. werter Aufsatz „Die Lesepredigt", Lutherische Monatshefte,
-Es kann also sein, dafj das kritisch-historische Auslegen das 6. Jahrgang (1967), S. 601-605. - Sie ist in erster Linie als Hand-
Verlangen nach vollem Verstehen noch nicht befriedigt und daß reichung für den Dienst der Lektoren bestimmt, der für die geeben
das .praktische' Bedürfnis des Predigers auf ein Ungenügen ordnete Gemeindepredigt in steigendem Maße bedeutsam, ja un-
der historischen Auslegung aufmerksam macht (S. 69)". Dieser Satz entbehrlich geworden ist. Dargeboten wird für jeden Sonn- und
scheint mir der Angelpunkt des Buches zu sein, das erfreulicher- Festtag eine (mit einer Ausnahme durchweg auf dreieinhalb Seiten
^veise in einer Neubearbeitung vorliegt, die aus der 5. Auflage fast begrenzte) Predigt, dazu eine „Auslegung" und eine „Besinnungein
neues Buch macht. Die seit der 3. und 4. Auflage veränderte zu dem Text. Durch diese zweifache Behandlung sollen dem Lektor
theologische Diskussion und Diktion hat eine so tiefgreifende Neu- Wege zu selbständiger Aneignung und Vergegenwärtigung des
bearbeitung erforderlich gemacht. Der Verfasser betont nach- Textes gewiesen werden. - Die ausgeführten Predigten (bzw.
drücklich, dafj seine „Erwägungen über die Kompetenz der hi- Predigtentwurfe) sind zunächst zum Vorlesen im Cemeindegottes-
storisch-kritischen Forschung" sich „höchstens gegen die Maßlosig- dienst gedacht, sie sollen die Mittrager des Dienstes am Wort
keit einzelner Forscher" wenden, keineswegs gegen die historisch- aber auch „ermuntern, durch Anleitung und Beispiele behutsam
kritische Forschung als solche, dafj sie diese vielmehr in ihrer Be- das eigene Vermögen zu üben"; denn „die Einübung in das Prie-
deutung bestätigen. „Sie wenden sich aber gegen den Mißbrauch stertum aller Glaubigen geschieht wohl am besten durch den prak-
"nd gegen das Unverständnis, das der Forschung für die Ver- tischen Vollzug" (Luth. Monatsh. a. a. O. S. 604). Über die Proble-
kündigung eine Kompetenz zuerkennt, welche sie in ihrem eigenen matik und die inneren Schranken des gedruckten Predigtwortes.
Sinne nicht haben kann (S. 70)." Mir scheint, daß das Ungenügen. auch über das „einseitige" Bild, das die gedruckten Predigten von
auf das T. hinweist, damit zusammenhängt, daß die protestantische Geschichte und Gegenwart der wirklichen Predigt geben, ist in
Theologie keine Fundamentalthcologie kennt, die die Anwendung dem genannten Aufsatz von H. Breit Treffliches gesagt, „die lese-
der historisch-kritischen Methoden erst fruchtbar machen könnte. predigt" will durch die hier vorgelegten Predigten bzw. Entwürfe
In einer Fundamentaltheologie würden sich das Verstehen religio- aus der Hand von Gemeindepfarrern dieses Bild verbreitern und
sen Lebens überhaupt und des Ericbens und Denkens des Men- verdeutlichen helfen, will zugleich aber auch den Trägern des
«hen unserer Zeit miteinander verbinden und den „garstigen geordneten Dienstes Anregung zuführen. -Das beinahe über-
Graben" (Lessing) überwinden. Es ist der Historismus, der diesen reiche Angebot von Predigtmeditationen, -hilfen usw. bringt
Graben ständig aufreißt. Die Aufgabe der Theologie jedoch wäre, neben der Förderung, die die Predigtpraxis in den letzten Jahr-