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Ausgabe:

1969

Spalte:

307-309

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Schilling, Werner

Titel/Untertitel:

Gotteslästerung strafbar? 1969

Rezensent:

Lau, Franz

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307

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 4

30S

Penna, Angelo: „Eucharistie" und Messe (Concilium 4, 1968
S. 749-754).

P e r s s o n, Per Erik: Den systematiska teologien och konfes-

sionerna (NTT 69, 1968 S. 93-106).
Quadt, Anno: Die Taufe als Antwort des Glaubens. Zur neuen

Tauf lehre Karl Barths (ThRv 64, 1968 Sp. 467-476).
Rahner, Karl: Häresien in der Kirche heute? (Theologische

Akademie 5, 1968 S. 60-87).
Rumpf, Louis: Psychologie et theologie (RThPh 101, 1968 S. 187

bis 193).

Scheltens, D.: Het nieuwe theisme van Schubert M. Ogden

(Tijdschrift voor Filosofie 30, 1968 S. 151-158).
Schillebeeckx, E.: De kerk als sacrament van dialoog

(Summary: The Church as essential dialogue with the world)

(Tijdschrift voor Theologie 8, 1968 S. 155-169).
Schütte, Walter: Die Auscheidung der Lehre vom Zorn Gottes

in der Theologie Schleiermachers und Ritschis (NZsTh 10, 1968

S. 387-397).

Semmelroth, Otto: Abla5 - vierhundertfünfzig Jahre nach
der Reformation (Theologische Akademie 5, 1968 S. 9-27).

- Säkularisierung als Frage an die Theologie (StZ 182, 93. Tg., 1968
S. 388-398).

T r i 11 h a a s , Wolfgang: Der Mittelpunkt der Glaubenslehre
Schleiermachers (NZsTh 10, 1968 S. 289-309).

V i 11 e g a s, Beiträn: Fe e historia en la Pastoral de los Obispos
(Teologia y vida 9, 1968 S. 75-87).

W a r n a c h , Viktor: Symbolwirklichkeit der Eucharistie (Concilium
4, 1968 S. 755-765).

Widmer, Gabriel: Intelligibilite et incomprehensibilite de Dieu
(RThPh 101, 1968 S. 145-162).

Wies er, Thomas: Evangelism and the „Death of God" (ER 20,
1968 S. 138-145).

Willems, B. A.: De absoluutheid en uitsluitendheid van het
christendom (Resume: Le caractere absolu et exclusif du chri-
stianisme) (Tijdschrift voor Theologie 8, 1968 S. 125-139).

de Witte, A. J. J.: De taalfunktie in de theologie (Summary:
The function of language in theology) (Tijdschrift voor Theologie
8, 1968 S. 186-208).

ETHIK

Schilling, Werner, Dr. theol. Dr. phil.: Gotteslästerung strafbar
? Religionswissenschaftliche, theologische und juristische Studie
zum Begriff der Gotteslästerung und zur Würdigung von
Religionsschutznormen im Strafgesetz. München: Claudius Verlag
[1966]. 181 S. gr. 8°. Kart. DM 19,80.

Verfasser dieser Arbeit, Lehrbeauftragter für Religions- und Missionswissenschaft
an der Universität Erlangen-Nürnberg, ist als
Religionswissenschafter ausgewiesen durch zwei Arbeiten über
„Religion und Recht" (Stuttgart 1957) und über „Feuerbach und
die Religion" (München 1957); und er hat sich darüber hinaus bekannt
gemacht mit einer Arbeit „Glaube und Illusion. Von gegenwärtiger
Theologie und evangelischer Glaubensbegründung" (München
1960) und einer Studie über den Substanzbegriff in den Abendmahlsartikeln
der lutherischen Bekenntnisschriften „Christus unter
Brot und Wein" (München 1960). Mit vorliegender Arbeit greift er
ein in die bundesdeutsche Diskussion darüber, ob und in welcher
Gestalt in einem neuen Strafgesetzbuch ein Gotteslästerungsparagraph
vorkommen soll. Das Ergebnis, zu dem er kommt, ist ganz
eindeutig: „Es mufj für strikte Beibehaltung des eigentlichen Gotteslästerungsparagraphen
eingetreten werden" (142, Auszeichnung
durch Verfasser selbst). Also nicht nur Schutz der religiösen Gefühle
des Einzelnen oder Schutz der Ehre der Kirche, sondern ausdrückliche
Nennung des Namens Gottes! Aber Schilling sagt das
nun erst ziemlich zu Ende seiner Ausführungen, und er macht
es sich nicht leicht mit der Begründung dieses seines Satzes.

In dem ersten Teil der Arbeit handelt er über das Phänomen
der Gotteslästerung in der Religionsgeschichte, in der Perspektive
des apostolisch-reformatorischen Glaubens und dabei ausdrücklich
auch in der Theologie der Reformatoren. Bei der Untersuchung
der apostolischen und der reformatorischen Theologie kommt deutlich
heraus, da5 dort der Begriff ganz weit gefaßt wird und daß Erscheinungen
als Gotteslästerungen angesprochen werden, deren
strafrechtliche Ahndung heute jedenfalls schlechterdings indiskutabel
wäre. „Dafj das Phänomen der Gotteslästerung in dem ausgewiesenen
weiten Sinn des Neuen Testamentes und der kirchlichen
Bekenntnisse nicht Gegenstand weltlicher Strafbarkeit sein kann.

bedarf nach den bisher gemachten Ausführungen nur der Feststellung
" (52). Der zweite Teil der Arbeit (der erste umfaßt etwa
die Hälfte des ganzen Buches) geht nun auf die einzelnen Tatbestände
der Gotteslästerung vorwiegend in juristischer Sicht ein,
auf Beschimpfung von Religionsgesellschaften und Störung des
Gottesdienstes, auf die Frage vor allem auch, ob Person und Ehre
Gottes als geschütztes Rechtsgut angesprochen werden können, auf
die verschiedenen Theorien wie Gefühlsschutz- und Friedensschutztheorien
. Mit diesem Teil greift Verfasser schon recht kräftig in
die Diskussion ein und lä5t erkenntlich werden, wie schwierig
die Situation ist und wie erheblich die Unterschiede in protestantischer
und katholischer Sicht der Dinge sind. Gerade die Frage
nach Person und Ehre Gottes als geschütztem Rechtsgut wird von
protestantischer und katholischer Seite völlig verschieden beantwortet
. Protestanische Theologen sehr verschiedener Prägung können
die Frage nur verneinend beantworten; der Katholik kommt
sehr schwer davon los, auf strafrechtlichem Schutz von Ehre und
Person Gottes zu bestehen. Daß überhaupt nur sehr grobe Tatbestände
für eine strafrechtliche Ahndung in Frage kommen können
und dafj auf keinen Fall auch nur dem Anschein Vorschub geleistet
werden darf, das Recht der freien Meinungsäußerung solle
irgendwie beschnitten werden, ist obendrein sicher. Ein dritter
Teil der Arbeit handelt von der Gotteslästerungsnorm auf dem
Hintergrund der modernen Problematik von Staat und Gesellschaft
. Sein Ergebnis ist dies, daß die Behandlung des Gotteslästerungstatbestandes
ganz stark abhängig ist von der gesellschaftspolitischen
Situation. Von den Verfassungsgrundsätzen der
Bundesrepublik her kommt Schilling schlie51ich dazu, für einen
neuen Gotteslästerungsparagraphen einzutreten: Ein Staat, dessen
Verfassung in ihrer Präambel gleich mit dem Namen Gottes
beginnt, der im normalen Fall den Eid in religiöser Form abnimmt
und den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in seinen
Schulen hat, kommt gar nicht darum herum, bei der strafrechtlichen
Behandlung der Religionsdelikte auch in aller Form von Gotteslästerung
zu sprechen, so behutsam in einer pluralistischen Gesellschaft
die Dinge immer angefaßt werden müssen.

Das heifjt nun freilich, daß viele der Schlußfolgerungen für eine
andere staatliche Wirklichkeit, also etwa die in der Deutschen
Demokratischen Republik bestehende, inaktuell sind. Trotzdem
gestehe ich gern, daß ich das Buch, das die theologische Dissertation
des Verfassers darstellt, mit großem Gewinn gelesen habe,
obwohl es mich, der ich nicht Bundesbürger bin, auf weite Strek-
ken hin praktisch nichts angeht. Wenn es nur um die Auskünfte
über die verschiedenen Versuche einer Strafreehtsreform und die
verschiedenen Weisen, mit den Religionsdelikten fertig zu werden,
ginge, hätte sich die Lektüre des Buches schon gelohnt.

Etwas bedrückend sind Feststellungen, die Verfasser fast so
nebenbei am Ende des ersten Teiles seiner Arbeit macht. Das IV.
Kapitel ist da überschrieben: Die Bestrafung der Gotteslästerung
in kirchenrechtlicher Hinsicht. Nach bisherigem Kirchenrecht hatten
die evangelischen Landeskirchen keine Möglichkeit, eines ihrer
Glieder auszuschließen, das sich - und sei es in der unflätigsten
Form - gegen sie aussprach; vielmehr waren sie genötigt, sogar
den Gotteslästerer in ihrer Mitte zu dulden. Als die evangelischen
Kirchen sich Lebensordnungen gaben (1955 bzw. 1956), standen
sie vor der Notwendigkeit, Möglichkeiten kirchenzuchtlichen Vorgehens
gegen Gotteslästerer in ihrer Mitte zu schaffen. Sie taten
das in der Form von Feststellungen, dafj ein offener Gotteslästerer
sich selbst von der Kirche geschieden habe. Aber: ganz deutlich
ist in den neuen Lebensordnungen das Phänomen der Gotteslästerung
gar nicht angesprochen. Das ist um so verwunderlicher,
als hier die Dinge viel einfacher liegen. So viele Einzelfragen auf
dem Boden des allgemeinen Strafrechtes bedacht werden müssen,
das für alle Staatsbürger gilt, für Christen und NichtChristen, so
klar und einfach sollten die Dinge doch für eine Religionsgemeinschaft
liegen, die für die Ausschließung des Lästerers aus ihrer
Mitte ganz klare biblische Weisungen hat. Aber auch das läßt sich
nicht verkennen, daß das für die unter staatlichem Schutz stehenden
Religionsgesellschaften bestehende Kirchenrecht eine drückende
Fessel sein kann, die das Leben der Kirche nach ihren eigenen
Grundsätzen sehr erschwert.

Ich hätte an sich noch einige Einzelfragen zu stellen. Strafe als
Abschreckung und Vergeltungsstrafe (vgl. 123) sind m. E. doch recht
verschiedene Dinge. Den Unterschied zwischen Vergeltung und