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Ausgabe:

1969

Spalte:

284-286

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Meinhold, Peter

Titel/Untertitel:

Luther heute 1969

Rezensent:

Junghans, Helmar

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matischen Werke Gilberts zu loben sind, an Tiefe, Präzision und
theologischer Einordnung erreichen sie nicht die Analysen, die
Häring in seinen Aufsätzen gibt. Diese behalten ihren Wert und
werden auch nach diesem Buche immer wieder beachtet werden
müssen.

Das Gesamturteil E.s über Gilbert lautet sehr positiv: „Theologien
eminent, Gilbert fut d'une Orthodoxie qui ne souffre aucun
doute" (459).

Erfurt Erich K 1 e i n € i d a m

Bauer, Johannes Joseph: Die Abtwahl in Katalonien und Aragon
zur Zeit des Avignonenser Papsttums (RQ62, 1967 S. 143-213).

J a v e 1 e t, Robert: Image et Ressemblance au douzieme siecle de
saint Anselme ä Alain de Lille. These pour le Doctorat de Theologie
. I; Texte. XXIII, 467 S. II: Notes. XL, 383 S. Paris: Letouzey
& Ane 1967. gr. 8° = Universite de Strasbourg. Faculte de
Theologie Catholique. Cpl. ffr. 120,-.

Montagnes, B.: L'axiome de continuite chez saint Thomas
(RSPhTh 52, 1968 S. 201-221).

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

Schäfer, W.: Eberhard von Holle. Bischof und Reformator.

Aus den Quellen dargestellt. Verden: Gesellschaft f. Nieder-
sächs. Kirchengeschichte 1967. 192 S. 8° = Beiheft zum 65. Band
d. Jahrbuches f. Niedersächs. Kirchengeschichte 1967.
Das Buch behandelt eine interessante Persönlichkeit aus der
2. Generation der Reformationszeit. Dem 1. Kapitel „Eberhard und
seine Sippe" (S. 5-24) folgt ein Lebensbild des jungen Eberhard
von Holle unter der Überschrift „Zwischen Interim und Frieden"
(S. 25-32). Als Schüler der Klosterschule St. Michael in Lüneburg
hat er die Kämpfe um das Augsburger Interim miterlebt; 1550
bis 54 studierte er Theologie in Wittenberg und trat danach in das
Klosters gewählt, nahm Eberhard für die Klosterpfarreien das
der von Herzen bejahten Wittenberger Lehre" und mit dem „Willen
zur klosterbedingten Ehelosigkeit" (S. 30). 1555 zum Abt des
Klosters gewählt nahm Eberhard für die Klosterpfarreien das
Besetzungs- und Visitationsrecht in Anspruch (S. 37) und geriet
in Streit mit einer Gemeinde, die das Recht der Pfarrerwahl unter
Berufung auf Luther für sich forderte (S. 40). Theologisch war E.
trotz Unterstützung für den streitbaren Matthias Flacius zurückhaltend
„wohl infolge seiner Stellung als konfirmierter benedik-
tinischer Abt eines kaiserlich privilegierten Stiftes", so daß „keine
theologischen Memoranden von seiner Hand sich bisher nachweisen
lassen" (S. 43). 1561 wurde ihm das Bistum Lübeck angetragen;
er übernahm dieses Amt und erreichte die Konfirmation durch
den Papst. „Decreto nostro et sedis apostolicae beneplacito sub-
misisti" hiefj es im Schreiben aus Rom.- entschuldigend setzt S.
hinzu, Eberhard werde bei dieser Briefstelle „geknurrt haben"
(S. 53). Begreiflicherweise stand ein vom Papst bestätigter lutherischer
Bischof im Zwielicht, „welches das Domkapitel ebenso irritierte
, wie es den Kritikern im evangelischen Lager bedenklich
erscheinen mußte" (S. 55). Zur Erklärung sagt S.: Eberhard erstrebte
den „Weg der Gerechtigkeit, der in dem bischöflichen
Versuch bestand, wenigstens eine Restituierung des kirchlichen
Vermögens auf Grund des geltenden Rechts zu erreichen und da
mit dem Willkür- und Raubverfahren der vorangegangenen Un-
ruhezeit ein Ende zu bereiten. Diesen Weg hat er zunächst cinge
schlagen und damit so etwas wie eine „.ausbalancierte Reformation
' erstrebt". .. (S. 56). 1564 wurde E. zum Coadjutor und
künftigen Successor für Verden postuliert; er verpflichtete sich
„keine gefährliche Neuerung oder Änderung in der Religion in ob-
gedachtem Stifte Verden vornehmen oder anstiften" zu wollen
(S. 61). Freilich waren die communio sub utraque, die Priesterehe
und der articulus justificationis im Stifte Verden schon in rechtem
Gebrauch (S. 62). Eberhards Bitte um Konfirmation in Rom blieb
dieses Mal erfolglos, da die Situation 1566 sich gegenüber der
von 1561 durch den Abschluß des Tridentinums erheblich verschärft
hatte. Im Kapitel 5 „Reformation und Kirchenordnung"
(S. 69-97) wird Eberhards Wirken als Abt des Klosters Lüneburg,
Bischof von Lübeck und Bischofsvcrwalter von Verden mit ausführlichen
Quellenbclegen dargestellt. „Nicht mehr die Ausbalancierung
der Reformation, sondern ihre Stabilisierung ist jetzt sein

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Ziel" (S. 72). E. setzte lutherische Prediger ein, ließ aber „gute
alte liturgische Ordnungen der Dom- und Kollcgiatkirche weiter
bestehen" (S. 76). 1577 unterschrieb er mit seinen Pastoren die
Konkordienformcl (S. 94). In seinen Bemühungen um das Schulwesen
knüpfte er an vorhandene Traditionen an und zeigt wieder
eine gewisse konservative Neigung (S. 96). Kapitel 6 „Licht
und Schatten in Eberhards Leben" (S. 98-118) rundet das Bild.
Katholischerseits „gab man nicht Ruhe, um den lutherischen Benediktiner
und überzeugt evangelischen Bischof entweder als konfirmierten
Bischof unter das nun seit dem Tridcntinum gültige
römische Gesetz zu bringen oder ihn zur Resignation zu veranlassen
" (S. 109). E. hielt seine Stellung bis zu seinem Tode 1586.
Für die weitere Geschichte des Protestantismus bedeutet sein Versuch
nur eine Episode. „Schließlich beendete die Schwedische
Krone dann für Eberhard von Holles beide Stifte das. was noch
alten Herkommens und Rechtes war, um der evangelischen Ord
nung des bürgerlichen und kirchlichen Lebens die künftige bleibende
Gestalt zu geben" (S. 118). Das Schlußkapitel „Epitaph und
Symbolum" (S. 119-131) bringt nochmals eine Fülle von Quellenauszügen
; es zeigt, wie auch die folgenden Anmerkungen, Quellen
. Literatur, Familientafel und Register (S. 132-92) eindrücklich,
mit welcher Sorgfalt und Hingabe sich der Autor um seinen
Helden bemüht hat. Obwohl die Arbeit sich auf den niednrsäch-
sischen Raum beschränkt, regt sie doch zu Vergleichen an: Zweimal
haben Kölner Erzbischöfe ihr Land der Reformation öffnen
wollen; Bischof Magnus von Schwerin bekannte sich 1538 offen
zum Luthertum und nutzte auf Anraten Luthers und Melm-
chthons seine bischöfliche Stellung zur Beförderung der Reformation
; Nikolaus von Amsdorf wurde unter ganz anderen Voraussetzungen
1542 lutherischer Bischnf in Naumburg - ein Vorgang
, der Eberhard von Holle vor der Übernahme des Bischof-
amtfs in Lübeck 1561 beeindruckt hat (S. 46). Das Buch bringt
zahlreiche Einzelheiten für den Spezialisten zumal der nieder
sächsischen Kirchengeschichte; es wird aber sicher auch breitere
Kreise ansprechen.

Rostock Gert Hacndler

M e i n h o 1 d , Peter: Luther heute. Wirken und Theologie Martin
Luthers, des Reformators der Kirche, in ihrer Bedeutunq für die
Gegenwarf Berlin-Hamburg: Luth V^rlagshatts 1967. 722 S.
gr. 8°. Kart. DM 16,-.

Dieses Buch gehört zu den Veröffentlichungen, durch die das
Lutherische Verlagshaus zur Gestaltung der Feiern anläßlich der
■150. Wiederkehr des Reformationsbeginns beigetragen hat. Es ist
eine Tubiläumsschrift. in der es um die Frage geht, was uns Luther
beute noch bedeuten kann. Der Titel könnte vielleicht die Vorstellung
wecken der Stand der Lutherforschung oder Luthers tatsächliche
Auswirkung auf Hie Theologie der Gegenwart sei zum
Gegenstand der Arbeit erhoben worden. Dem ist aber nicht so,
wie aus dem Untertitel zu ersehen ist. In zwölf Kaniteln (9-168^
wird zunächst eine Biographie Luthers geboten, in die drei Kapitel
eingeschoben sind, die sich speziell mit Luthers Theologie befassen
. Das 13. Kapitel (169-182) charakterisiert kurz die wichtigsten
katholischen Arbeiten zu Luther seit Herte und Lortz. wobei sogar
noch die eben erst erschienene umfangreiche Untersuchung der
Rechtfertigungslehre bei Luther und Thomas von Aguin von Otto
H. Pesch mit eingeschlossen ist. Den Schluß bildet das kurze
Kanitel (183-187) „Luthers ökumenische Bedeutung".

Die biographischen Kapitel beschränken sich nicht eng auf
Luthers Leben, sonderen führen die wichtigsten Ereignisse der
Reformationsgeschichte mit vor Augen besonders die Kaiserwahl
Karls V . seine politischen Schwierigketten und das Verhalten der
evangelischen Fürsten. Der erste große Abschnitt der Reformationsgeschichte
- vom Thesenanschlag bis zum Wormser Reichstag
1521 - wird mit den Augen der deutschen Humanisten gesehen
, die auf eine deutsche Nation unter der Führung eines deutschen
Kaisers gehofft hatten, die sich von der Bevormundung und
Ausbeutung Roms befreite. Ihre Hoffnung hätte sich erfüllt, wenn
der Kaiser an die Spitze der Reformation getreten wäre und einen
deutschen Nationalstaat und eine deutsche Nationalkirche gebildet
hätte. Da dies nicht geschah, hat der Verf. das sechste Kapitel mit
„Der große Rückschlag: Der Reichstag von Worms 1/521" überschrieben
.

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 4