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Ausgabe:

1969

Spalte:

259-260

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Fitzmyer, Joseph A.

Titel/Untertitel:

The Aramaic Inscriptions of Sefîre 1969

Rezensent:

Zobel, Hans-Jürgen

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F i t z m y e r , Joseph A., S. J.: The Aramaic Inscriptions of Sefire.

Rom: Pontifical Biblical Institute 1967. XIII, 207 S., 18 Taf.

gr. 8" = Biblica et Orientalia, 19. Lire 3000 ($ 5,-.).

Die Bereicherung, die unser Verständnis des Alten Testaments in
den letzten Jahrzehnten durch außeralttestamentliche literarische
Quellen erfahren hat, ist ganz erstaunlich. Die Namen der antiken
Städte von Ugarit an der nordsyrischen Küste und von Mari am
mittleren Euphral mögen hier stellvertretend für die vielen anderen
Orte stehen, denen wir bedeutende Textfundc verdanken, die
mancherlei Licht auf die Geschichte und Religion Israels geworfen
haben. Zu ihnen wird man auch die seit 1930 in dem etwa 25 km
südöstlich von Aleppo gelegenen Örtchen Sfire gefundenen drei
aramäischen Stelen-Inschriften mit Texten von Staatsverträgen des
Königs Barga'ja von Katak mit dem König Mati'el, dem Sohn des
'Atarsamak von Arpad rechnen dürfen, weil sie die verwickelten
politischen Beziehungen in Nordsyrien um die Mitte des 8. Jh. v.
Chr. zu erhellen, darüber hinaus aber die spärlichen alttestament-
lichen Nachrichten über die außenpolitischen Aktionen Jerobeams II.
von Israel und Usias von Juda zu ergänzen und sogar das Auftreten
des Propheten Arnos, seine Warnung vor der unbegründeten
Sicherheit seines Volkes und seine Ankündigung des Kommens
der Assyrer (6,13-14), bis zu einem gewissen Grad zu veranschaulichen
vermögen.

Sieht man indes in die einschlägigen Werke über die Geschichte
Israels oder die Theologie des Alten Testaments, so findet man
weithin nicht einmal eine anmerkende Erwähnung dieser Inschriften
. Das hat gewiß seinen Grund in dem noch provisorischen Stand
ihrer Erforschung, der solche Aussagen derzeit nicht gestattet. Um
so mehr ist es zu begrüßen, daß F. sich der Mühe unterzogen hat,
unter Zugrundelegung seiner beiden einschlägigen Aufsätze aus
den Jahren 1958 und 1961 eine kommentierte Textausgabe der
Sfire-Inschriftcn zu erarbeiten, die allen Anforderungen genügt
und in Zukunft von jedem, der sich mit den Vertragstexten von
Sfire beschäftigt, zu Rate gezogen werden wird. Ein kurzer Überblick
über den Inhalt des Buches mag das veranschaulichen. Auf
das Vorwort (S. IX-X) und das Abküivungsverzeichnis (S. XI-XIII)
sowie die Einleitung (S. 1-4) und die Bibliographie (S. 5-8) folgt
mit der Transkription, Übersetzung und Kommentierung der drei
Stelen-Texte der eigentliche Hauptteil des Buches (S. 9-120), dem
sich zwei Abschnitte über das Verhältnis der Sfire-Inschriften zu
hethitischen und assyrischen Verträgen (S. 121-125) und über das
Land Katak (S. 127-135) sowie ein zu bescheiden als „Appendix"
bezeichneter gehaltvoller AbriA der Grammatik der Inschriften
(S. 137-181) anschließt. Ein Glossar, die Zusammenstellung der
Eigennamen und verschiedene Indices sowie 18 vorzügliche Tafeln
runden den werlvollen Rand ab, der W. F. Albright, dem akademischen
Lehrer F.s, gewidmet ist und beiden, Lehrer wie Schüler,
alle Ehre macht.

Wie anregend die Lektüre des Werkes ist, sei den Lesern dieser
Zeitschrift an einigen Beispielen gezeigt. Neben der bisher ältesten
Bezeugung der Wendung br 'ns „ein Mensch" in Sf 111,16 (vgl.
Dan 7,13) ist die Erwähnung von ngdy „meine Offiziere, Befehlshaber
" zwischen den Prinzen (bny) und königlichen Beamten
(pqdy) in Sf 111,10 für das Verständnis des auf Saul (ISam9,16;
10,1) und auf David (I Sam 13,14; 25,30 u. ö.) angewendeten Titels
eines Nagid nicht ohne Belang. Und wie das Zerschneiden eines
Kalbes als Ritus des Vertragsschlusses an Gen 15,9-18 und
Jer 34,18-19 erinnert, so läßt die im gleichen Zusammenhang Sf I A,
39-40 vorkommende Warnung, im Falle des Vertragsbruches werde
es dem König Mati'el und seinen Großen ebenso wie diesem Kalbe,
das zerteilt wurde, ergehen, an die durch das Herumsenden von
zerstückelten Rindern unterstrichene Mahnung Sauls denken, daß
mit den Rindern dessen, der nicht seinem Aufgebot folge, ebenso
verfahren werde (I Sam 11,7; vgl. auch Jdc 19,29f.).

Auch wenn man dem Verf. angesichts der zweiseitige Verpflichtungen
enthaltenden Stellen Sf I B, 24f.28ff.; II B, 5ff.7ff.; III, 4ff.
in seiner übrigens mit aller Vorsicht vertretenen These, die Sfire-
Inschriften seien den einseitigen sog. Suzeränitäts- oder Vasallenverträgen
hethitischer und assyrischer Provenienz an die Seite zu
stellen, nicht so ohne weiteres folgen kann und eher an zweiseitige
Verträge zwischen zwei ungleich starken Partnern denken
möchte, so bleibt doch dadurch sein Verdienst, die weitere Erforschung
sowie die historische Auswertung der Sfire-Inschriften auf
eine sichere Grundlage gestellt zu haben, ungeschmälert. Was das

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letztere angeht, so scheint dem Rez. die bereits von H. Donner in
Donner-Röllig, KAI II, 1964, S. 250, geforderte gründliche historisch
-topographische Untersuchung der in Frage kommenden Gebiete
eine notwendige Voraussetzung dafür zu sein, wie denn die
Diskussion um die Lokalisierung von Stadt und Land Katak durch
F.s auf Äußerungen Albrights zurückgehenden Vorschlag, man
solle an das Gebiet von Gurgum und die dort liegende Stadt Katuk
denken, in die zutreffende Richtung gelenkt worden ist, scheint mir
doch der Passus Sf I B, 9-10 auf eine Lage Kataks nördlich oder
nordöstlich von Arpad hinzudeuten.

Halle'Saatc H.-J. Zobel

C r o s s , Frank Moore: Die antike Bibliothek von Qumran und
die moderne biblische Wissenschaft. Ein zusammenfassender
Überblick über die Handschriften vom Toten Meer und ihre
einstigen Besitzer, übers, v. K. Bannach u. C. Burchard.
Ncukirchcn-Vluyn : Ncukirchener Verlag des Erziehungsvercins
1967. 232 S. 8° = Neukirchcncr Studienbücher. Ergänzungsbände
zu d. biblischen Studien, 5. Kart. DM 15,40.

Das vorliegende Buch wurde bereits in seiner amerikanischen
Originalausgabe in Heft 11, 1964 der ThLZ gewürdigt. Nun ist
auch eine deutsche Übersetzung erfolgt. Für diese hat der Verf.
das Buch gründlich durchgesehen und durch einen Anhang ergänzt,
der über die seit 1960 gemachten Funde und Ausgrabungen, ferner
die seitherigen Veröffentlichungen und Bearbeitungen der
Qumrantexte Auskunft erteilt.

Wie wir bereits anläßlich des Erscheinens des englisch geschriebenen
Buches feststellten, gehört dieses Werk von Cross zu den
besten zusammenfassenden Darstellungen der Qumranprobleme;
der Verf. orientiert zuverlässig und bietet eine Fülle wissenschaftlicher
Literatur. So ist es sehr zu begrüßen, daß gerade die
ses Buch über Qumran nun auch in deutscher Sprache erscheinen
konnte.

Basel Ernst Ludwig Ehrlich

P löger, Josef G., Dr.; Literarkritische, formgeschichtliche und
stilkritische Untersuchungen zum Deuteronomium. Bonn: Han
stein 1967. XXVII, 225 S. gr. 8° = Bonner biblische Beiträge,
hrsg. v. G. J. Botterweck, K. Th. Schäfer, 26. DM48,-.
Das Interesse am Deuteronomium, dessen Aufbau und Herkunft
der Auslegung noch immer die größten Rätsel aufgibt, ist in den
letzten Jahren erheblich gestiegen. Die vorliegende Arbeit von
J. Plögcr, Inaugural-Dissertation an der Kath.-Theol. Fakultät der
Universität Bonn, stellt unter den zahlreicher werdenden neuesten
Arbeiten über dieses biblische Buch einen verdienstvollen Beitrag
dar, an dem besonders die exegetische Sorgfalt in der Einzelexegese
zu rühmen ist.

Der allgemein gehaltene Titel, der lediglich die Methodik der
exegetischen Partien der Arbeit angibt, vereinigt drei völlig verschiedene
Hauptteile. Untersucht wird auch nicht das gesamte
Deuteronomium, sondern nur zwei, allerdings wichtige Teilabschnitte
: I. Die sog. erste Einleitung Dt 1,6-3,29 (S. 1-59), III. Das
Segen- und Fluchkapitel Dt 28 (S. 130-217). Der auf diese Weise
schon lose Zusammenhang wird durch den II. Teil vollends unterbrochen
, in dem eine ausführliche terminologische Untersuchung
der Begriffe für „Land" (vir. und mm) im Deuteronomium geboten
wird (S. 60-129) - was man unter dem Titel des Buches kaum
vermuten würde. Am Schluß steht ein kurzer Anhang: „In jener
Zeit" - ein Formkriterium? (S. 218-225), negativen Inhalts, denn
es ergibt sich, daß dieser Ausdruck nicht sicher als abgrenzendes
Merkmal im Text bestimmbar ist.

Ausgangspunkt für die Analyse von Dt 1,6-3,29 ist für P. einerseits
die These M. Noths, daß dieses Stück den „Eingang des deu-
teronomistischen Geschichtswerkes" darstellt', andererseits die oft
geübte kritische Scheidung zwischen pluralischcn und singularischen
Stücken. Während der Endbearbeiter für ihn mit dem Deu-
teronomisten (Dtr) identisch ist, lassen sich eine ganze Reihe diesem
vorgegebener älterer Textbestandteile unterscheiden. Die
Grundlage des Abschnittes bildet ein (aus den Wir-Stücken rckon-
struierbarer) ursprünglich profaner Weg-Kampf-Bericht (1.6-8.19;
2,1.9.13b-15.30.32-36; 3,1-3,8.29), zusammengesetzt aus einem Iti-
nerar und einem Kampfbericht-Schema. Dieser wurde durch den

') Obcrlieferungsgeschichtliche Studien I. -1957. S. 14.

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 4