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1969

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Theologisch« Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 4

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mann, auf die präsentische Dimension im Evolutionsgedanken von
Teilhard hinweist.

Eine ganze Anzahl von Aufsätzen ist dem Gespräch mit der re-
formatorischen Theologie gewidmet. Die gegenwärtige Diskussion
wird von Heinrich Fries mit einigen kritischen Bemerkungen zur
»Theologie der Hoffnung' als einer neuen Möglichkeit in der .Theologie
post Bultmann' eingeleitet. Was Fries unter sehr weitgehender
Zustimmung und Anerkennung ergänzen oder auch stärker
hervorheben möchte, ist das faktische und präsentische ,Schon-
Jetzt', das sich nicht erst in der sozialen Konkretion manifestiert,
sondern ihr zugrundeliegt. Es ist bezeichnend, wie, von anderer
Richtung herkommend, die Erwägungen von W. Joest zu der Frage
„In welchem Sinn wollen theologische Aussagen wahr sein?" mit
den Bedenken von Fries zusammentreffen. Dasselbe Problem,
wiederum unter anderem Aspekt wird berührt in dem Aufsatz von
L. Scheffczyk über „Die Grenzen der wissenschaftlichen Theologie
", wo er auf die Gefahr in der neueren evangelischen Theologie
hinweist, daß die theologischen Aussagen entweder transzen-
dentalistisch oder personal-subjektivistisch aufgelöst werden. Es
wäre sicher lohnend, wenn an dieser Stelle das interkonfessionelle
Gespräch weitergeführt werden könnte.

Sehr zahlreich sind die Untersuchungen, die sich von der Gegenwart
wie auch von der mittelalterlichen Theologie her mit der
Reformation und den Reformatoren, bes. mit Luther beschäftigen.
Albert Brandenburg bietet einen bewufjt typisierten Überblick
über die „Evangelische Lutherdeutung in der Gegenwart unter katholischem
Aspekt". Nach seinem Urteil zeigt sich neben den vielfach
historisierenden Tendenzen in der lutherischen Lutherdeutung
die dynamische Präsenz Luthers heute in den Bemühungen
des Vaticanum II, wo gerade „Luthers Hauptanliegen Gegenstand
dieses Konzils gewesen sind" (1215). Ja vielmehr: „Lutherische
Impulse sind heute eher im katholischen Bereich wirksam, als daß
sie eine eigene evangelische kirchliche Gestaltung verursachen"
(1240). Dafj, wie Harry J. McSorley mit Heiko Oberman und gegen
H. Denifle feststellt, Gabriel Biel in seiner Rechtfertigungslehre
Scmipelagianer und mithin nicht recht katholisch war, ist heute
kaum noch überraschend. Beachtlich aber ist der Schlu5: "... it
follows that Martin Luther was, in his fundamental concern, play-
ing the role of a defender of the Catholic faith against a ,Catho-
licism' that was not fully Catholic" (1210). Die Katholizität oder
wenigstens Kirchlichkeit Luthers wird auch von J. Lortz in einer
Studie „Zum Kirchendenken des jungen Luther" unterstrichen.

In einem beim Neuen Testament ansetzenden theologiegeschichtlichen
Längsschnitt wird der ganze Komplex der Auseinandersetzung
um den Verdienstgedanken von Otto H. Pesch in neuen
Perspektiven aufgegriffen. Das Ergebnis dieser tiefschürfenden Analyse
führt zu der Feststellung, daß die Verdienstlehre in keiner
ihrer Gestalten „Thema der Verkündigung oder der moralisch-
aszetischen Paränese werden" darf und daß „der interkonfessionelle
Streit um das meritum eingestellt werden darf und sollte".
Über seine früheren Veröffentlichungen zu diesem Problemkreis
hinaus erscheint nun der Verdienstgedanke als „ein unglückliches
Analogat als auch ein entbehrliches Theologumenon", das besser
durch die Stichworte „Hoffnung" und „Dankbarkeit" zu ersetzen
wäre.

Eine implizite Antwort oder auch eine Konvergenz in der theologischen
Problematik auf Seiten der evangelischen Theologie ist
auch in diesem Fall in der ,dogmatischen Paraphrase' von Peter
B r u n n e r zum Thema „Gesetz und Evangelium" zu erkennen.

Auf eine ganze Gruppe von Handschriftenuntersuchungen, die
z. T. aus dem Umkreis des Grabmann-Instituts hervorgegangen
sind, kann hier nur summarisch hingewiesen werden. Erwähnt
sei aber wenigstens die Arbeit von Walter D ü r i g, in der eine
deutsche Vorlage für das .Sintflutgebet' in Luthers Taufbüchlein
aus einer Breslauer Handschrift nachgewiesen wird. Von Joh.
B e u m e r wird eine deutsche Mefjerklärung von Georg Witzel
ediert. Vor allem aber sei noch hingewiesen auf das von G.
Schmitz-Valckenberg zusammengestellte Verzeichnis der
Handschriften-Mikrofilme des Grabmann-Instituts (1909fr).

Unter den Konzilsthemcn steht verständlicherweise die ekkle-
siologische Problematik im Vordergrund. K. Mörsdorf und H.
Bacht setzen sich mit der ungeklärt gebliebenen Zuordnung von
episkopaler Kollegialität und päpstlichem Primat auseinander,
W. Gruber mit dem Gemeinschaftsgedanken in ,Lumen Gentium'

und Otfried Müller mit der Frage nach den Grenzen der Kirche.
Alfons Auer unternimmt im Anschluß an die Enzyklika ,Ecclesiam
Suam' den notwendigen Versuch, den „Dialog der Kirche mit der
Welt" theologisch zu begründen. In ähnlicher Weise zieht Joachim
Giers die theologischen Konsequenzen aus den neueren Verlautbarungen
zur katholischen Soziallehre, und zwar gerade aus der
vielfach kritisierten christologisch-ekklesiologischen Begründung.
Von sehr praktischer Bedeutung ist schließlich noch die sorgfältige
kirchenrechtliche Analyse zu den Grundlagen der katholischen
Mischehenregelung von Audomar Scheuermann.

Die zwangsläufig kurzen Hinweise mögen immerhin gezeigt
haben, dafj diese Festschrift ihr Gewicht nicht nur im äußeren
Umfang hat. Sie ist eine wahre Fundgrube von Material und Anregungen
, und man wird sicher immer wieder auf sie zurückgreifen.

Muri b. Bern Reinhard S 1 e n c z k a

B r o x, Norbert: Der Glaube als Weg. Nach biblischen und altchristlichen
Texten. München-Salzburg: Anton Pustet (1968).
165 S. 8U = Bücherei der Salzburger Hochschulwochen, hrsg. von
T. Michels und E. Lampey. Kart. DM10,80; Lw. DM13,80.

Gerhardsson, Birger: Utlämnad och övergiven (SEA 32, 1967
S. 92-120).

Haldar, Alfred: Till frägan om uppständelsetrons Ursprung
(SEA 32, 1967 S. 36-54).

Jentsch, Werner: Zwischenbemerkung. Neuralgische Punkte
zwischen Universitätstheologie und Gemeindefrömmigkeit. Neukirchen
: Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins (1968).
119 S. kl. 8°. Kart. DM4,85.

K o o i m a n , W. J.: In memoriam Prof. dr. C. Riemers (NedThT 22,
1968 S. 283).

Y o u t i e , Herbert C.: Publicans and Sinners (Zeitschrift für Papy-
rologie und Epigraphik 1, 1967 S. 1-20).

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Bleeker, C. J.: Egyptian Festivals. Enactments of Religious
Reneval. Leiden: Brill 1967. VI, 158 S. m. 3 Abb., 1 Falttaf.
gr. 8° = Studies in the History of Religions (Supplements to
Numen) XIII. Lw. hfl. 40,-.

Dieses Buch besteht aus drei Untersuchungen, eingerahmt durch
methodische Überlegungen. Die ersten etwa 50 Seiten handeln
über den .approach to Egyptian religion' im allgemeinen und
über die Bedeutung der altägyptischen Feste. Die religionsgeschichtlichen
Grundlagen, wie sie uns in dieser Einführung vorgelegt
werden, sind nicht ganz klar, und das von der ägyptischen Religion
gezeichnete Bild ist ziemlich einseitig. Doch es wäre mehr
als eine Besprechung notwendig, um darüber so zu referieren, dafj
dem Autor volles Recht geschieht. Da eine Aufzählung von kleinen
kritischen Bemerkungen leicht zu Unbilligkeiten verführt, will ich
mich auf einige Randbemerkungen zu dem zentralen Thema dieses
Buches, das Verhältnis von Ritus und Mythus und die funktionelle
Bedeutung des Ritus, beschränken.

In seiner Besprechung des .mythical-ritual pattern' der englisch
-skandinavischen Schule gibt Prof. Bleeker den Eindruck,
als ob erst vor kurzem die Schwächen dieser Theorie entdeckt
worden seien. Dagegen kann hingewiesen werden auf eine exemplarische
Untersuchung von C. Kluckhohn, Myths and Rituals, a
general theory, Harvard Theol. Rev. 35, 1942, worin der Theorie
der Priorität des Ritus gegenüber dem Mythus aller Grund entzogen
wird. Zwar gibt der Autor dies jetzt zu, doch als liberaler
Theologe, dem der Kult im Wesen fremd ist, und als Vertreter
einer älteren, stark von der liberalen Theologie beeindruckten
Religionswissenschaft kann er das rechte Verhältnis zu diesem
Phänomen nicht finden. Er sieht die große Bedeutung des Ritus
zwar richtig ein, kann sich dies jedoch nur klarmachen durch die
Annahme eines Gegensatzes zwischen Ritus und Mythus, zwischen
Handeln und Sprechen, wie er, zugegebenermaßen in unserem
eigenen Kulturraum sich entwickelt hat. Während er einerseits ganz
richtig konstatiert, wie wichtig der Kult in der altägyptischen Religion
war, meint er anderseits auf Grund hiervon verneinen zu
müssen, daß die Ägypter eine Art Theologie kannten, daß sie
rationell und folgerichtig über ihre Religion nachgedacht hätten,
daß es in Ägypten individuelle Denker gegeben hätte usw. In
dieser Weise verbaut der Autor sich das Verständnis dafür, daß