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Ausgabe:

1969

Spalte:

229-231

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Craghan, John F.

Titel/Untertitel:

Mary 1969

Rezensent:

Beintker, Horst

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229

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 3

230

Konzilstheologen Domingo de Soto, die hier minutiös herausgearbeitet
wird. Man vermifjt freilich in dieser Arbeit mitunter die
nötige kritische Distanz zu ihrem Gegenstand. H. Küng oder O. H.
Pesch hätten vermutlich dasselbe Thema ungleich kritischer erörtert
. Aus evangelischer Sicht wäre zu Sotos Rechtfertigungslehre,
wie sie Becker darstellt, vor allem folgendes anzumerken: Von
ökumenischem Gewicht ist Sotos tragender Gedanke der amicitia
Dei und somit sein wesenhaft personales Gnadenverständnis. Von
daher wäre zu fragen, ob nicht auch das tridentinische Rechtfertigungsdekret
, in das ia die Vorstellung von der Gottesfreundschaft
einging und das wohl mit Absicht die traditionellen Sachkategorien
..gratia creata", „qualitas", „habitus" zur Umschreibung der Rechtfertigungsgnade
vermeidet, die Gnade weit personaler begreift,
als man es in der evangelischen Kontroverstheologie gewöhnlich
annimmt. Can. 11 von Trid. VI leugnet ia nicht, dafi die Gnade
„favor" ist, sondern dafi sie es n u r ist (Denz. 821). Die Tatsache,
dafi in der Rechtfertiaung der Mensch „ex inimico amicus" wird,
ist in Trid. VI keineswegs eine Randäufierung, sondern sie steht
in der (2.) Definition der Rechtfertiguna am Anfang von Cap. 7,
die Antwort gibt auf die Überschrift dieses Kapitels „Quid sit
iustificatio impii. . ." (Denz. 799). Kritische Bedenken wären gegen
Sotos Formalprinzip ..Natura et gratia" anzumelden, das ia bei
ihm den Sinn hat: „Et natura, et gratia" Es ist zu bezweifeln, ob
Soto mit seinem Buch ..De Natura et Gratia" der Kontrovers-
theoloqie die „notwondiae positive Wendung" gab. wie Borker
behauptet. Das Schema ..Natura et gratia" führte eher zu einer
pelagianisierenden Ausleerung der trideutinischen Rechtfertigungslehre
, wie der Molinismus und Antiiansenismus des nachtriden-
Hnischen Katholizismus zeigt. Es interpretiert Trid. VI einsoitia.
nicht allseitig. Mit dem Arausicanum (Can 21, Denz. 194) sind im
Can. 1 von Trid VI fDenz S11V wo die Rechtfertigung aus Gnaden
der Rechtfertiaung kraft der Natur gegenübergestellt wird natura
" und »gratis* soerar Gecrensatzbeoriffe. Die Nichtgererhtfer-
tigten sind nach Trid. VT natura filii irae" „immundi" (Den?
793) , iniusti" (Den*. 795). nach Trid V .seeundum corpus et ani-
mam" gänzlich f.totumgue Adam") von der Sünde korrumpiert
(Denz. 788 von Denz. 174 her), der „mors animae" verfallen (Denz
7891. und nicht nur. wie bei Soto auf den Stand der „natura nura"
zurückgefallen. Der Nichtoerecbtfertigte hat nach den Tridentinum
nicht nur sein snnra- und praeternaturales Gnadengepäck verloren
, sondern er hat sich seihst verloren. Seine Natur hat nicht
nur ein Gnadenkleid verloren um seihst unversehrt zu Weihen,
sie ist seihst total verderbt. Auch die Konkupiszenz gilt im Tridentinum
nicht als etwas Natürliches wie hei Soto (..ex nerrafo
est" Pen/ 792). Pas tridentinische Verständnis der Rechtfetfl-
gungsgnade als . ratlSS formalis " (Denz. 799) und des Men
sehen als causa materialis. das ia auch Soto kennt (308) schließt
vom aristotelisch-scholastischen Hvlomorphismus her iedon Svn-
ergismus aus Sosehr man auch Stellen in Trid. VI findet die ein«
semipelaaianische Ausleauna begünstigen so würde man °s doch
HU Ganzen adäauater mit der Formel Sola gratia non sine natura
" als mit der Formel „natura et gratia" erfassen. Auf keinen
Fall wird man mit Snto darin den Grundunterschied zwischen den
Konfessionen sehen können dafi die Reformation die Rechtfertigung
in der Reihenfolge: fides, gratia spes. Caritas, der Katholizismus
in der Reihenfolge- fides spes Caritas, gratia denkt. In den
'"therischen wie römisch-katholischen Svmholen wird nur die
Reihenfolge ■ qratia fides spes, Caritas bezeugt.

Mufihncti/Ufr. Horst Gcon PShlminn

Cfaflhan. Win F. G SS R . M R E.. A.B. ■ Mary. The Viraina!
Wife and the Marriod Virgin. The Prohlornatic of Marv's Vow
of Virginify. A Dissertation Submitterl to the Theologv FsctlltV
of the Universitv of Munich. in Partial Fulfilment of the Re-
guirements for the Degree of Doctor of Theologv. Rom 1967
XXIV, 274 S. gr. 8°.

In der katholischen Dogmatik und Theologie zeigen sich Fragen
der Mariologie, die keinesfalls einmütig beantwortet werden und
hinter denen tiefgehende Unterschiede stehen. Ein gutes Beispiel
fi'r diesen Sachverhalt ist die von Prof. M. Schmaus und Prof H.
Fries der katholischen Theologischen Falkultät in München im
Dezember 1964 gegenüber approbierte Dissertation eines amerikanischen
Ordenstheologen, die zurückgeht auf eine frühere

Arbeit* desselben Verfassers zur Erlangung des Grades Master
of Religious Education (M.R.E.). Die Thesen der damaligen Arbeit
werden ietzt erschöpfend begründet, das historische Material, die
exegetische und speziell die theologische Darlegung des Problems
ist wesentlich erweitert worden. „Für viele verlangt ein richtiges
Verständnis von Marias Jungfräulichkeit ein Gelübde irgendwelcher
Art vor ihrer Verlobung mit Joseph. Geaenstand dieser Dissertation
ist es zu zeigen, dafi Maria, die immerwährende Tunq-
frau, vor der Verkündioung kein solches Gelübde ableote, sondern
eine ganz normale Ehe einzugehen beabsichtigte" (1).

Damit ist das Ziel des Vf.s ausgesprochen. Er will den anthropologischen
, christologischen und ekklesiologischen Asnekt der
Marfologie an der Gelübdefrage neu profilieren. Denn der Nachweis
, dafi Maria kein Gelübde ewiger Keuschheit aboelcqt hatte,
ehe ihr der Engel die Geburt des Herrn, des Christus als ihres
leiblichen Kindes verkündigte, dafi im Gegenteil ihre Verlobung
mit Joseph auf eine normale Ehe zielte, läfit ihn die Verdienst-
lichkeit ieder Gelübde abschwächen. Das ermöglicht die Betonuno;
der Gnade und des Handelns Gottes am Menschen Maria, die freilich
the Mother of God ist.

Die historisch und sachlich ungezwungenere Auffassung kommt
in gröfierem Ausmafie erst in unserm Jahrhundert auf und ist auch
ietzt noch, nicht ohne Gegnerschaft. Frühere Tahrhunderte standen
vorwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, im Banne der Gelübde-
Konzeption, d. h., man nahm an. Maria habe sich bereits im Tfindos-
oder Jugendalter Gott als reine Jungfrau angelobt. Es ist dies
hauptsächlich eine Frage der Interpretation von T.uk. 1 34. Bei ihr
geht es nicht darum, ob Maria ihr Leben hindurch Tunnfrau hlioh
Das ist ein Dogma, und darüber gibt es im katholischen Raum
keine Diskussion. Ks geht nur darum, wann Maria den F.nr<vh.1nri
zur Jungfräulichkeit gefaßt hat. Eine oanze Reihe führender Theo
logen sind gegen ein ursprüngliches Gelübde mit ZurürkhaHuno
auch. K. Rahner und E. Schilleboeckx Andererseits oibt eq harte
Kritik an der neuen Auffassung. Sie enthält die Vorwürfe: F*. z"iqen
sieb Uberschätzung der Ehe auf Kosten der asketischen Tnnend"n
und Einfluß des Protestantismus. Daaegen versteht sich die neue
Auffassung als Wiederherstellung biblischer Verkündianm. als
Entfernung von Stuck, der in frommer Absicht, aber oesrhmnH'iior
auf ein Meisterstück geklebt wurde. Der ..Flittermantel" wird
ausgezogen „und enthüllt wird in all seiner Schönheit der Mantel
mit dem Gott Maria bedeckte" (10f).

Die Arbeit ist gedacht als Verbinduna von Exenese. Historie und
Theologie, welches letztere die Svstematik mit Doqmafik und
Fundamentaltheologic meint Am intensivsten wendet Vf sieh der
Geschichte zu, die rein räumlich überwieat und such in den exegetischen
und theologischen Teilen dominiert. Tm exegetisehen Teil
sind nicht nur Katholiken, sondern auch viele Protestanten "t
Wort gekommen, wogegen im historischen Teil fast nur Katholiken
reden, andere (Luther, Calvin. Zwingiii werden nur qestreift
Die Quellen sind anscheinend gründlich aufqearbeifet Zitate werden
im Text immer übersetzt, erscheinen aber noch einmal im
Wortlaut des Originals in einer Anmerkung r>adnrch ist der
Apparat ziemlich angeschwollen und verstärkt den Charakter des
Buches als Nachschlagewerk. Ein Verfasserreaister erleiehtert das
Auffinden.

Mir erscheint es fraglich, ob der Zielstellung, weniger bei d~r
Sammelarbeit als beim Konzipieren, methodisch richtig entsor->-
chen wurde. Sowohl in der Exegese als auch vor allem im historischen
Teil wiederholen sich die Gesichtsnunkte. r>as Ii eot an der
dogmatischen Lehrentwicklung Fs wäre aber zu erwägen c/ewesen
ob Vf. nicht, statt den Leser auf weife Strerken fast ertrinken r\
lassen in der ermüdenden Aufzählung oleirher oder ähnlicher
Aroumente bekannter und verqessener ..Autoritäten", etwa in Tabellenform
iust dieselben Dinge übersichtlicher und auch einprägsamer
hätte darstellen können nenn wer weifi bei Tevtanein-
anderreihungen noch genau wenn er zehn Seiten weiterqclesen
hat. ob der Hl Thomas für ein fnturistisehes Präsens oder für
ein Perfektives bei der Interpretation von T.uk 1 34 war ob Bernhard
v. Clairvau^ vorgeschlagen hatte den Grund für Marias Fhe
darin zu sehen, dafi der Teufel oetäuscht oder dafi d*s Gesetz
erfüllt würde!? - nie Arbeit ist fleifiia und aewissenhaft weithin
Referat Vf. stellt klar dar aber er kommt nicht genug heran an die

') „epei andra ou ginosko' (Lk 1:34) and Our Lady's Vow of Virginity", Esopus
New York, 1961, no. 2 of MRE theses, 124 p.