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1969

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

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Neuerscheinungen

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sprechend: Beglückung - Gottfeme - unio. Das Buch endet mit
der wortgeschichtlichen Auswertung, die den hoch interessanten
Ertrag der Untersuchung zusammenfaßt; man findet dort kurz
wiederholt alle Wortformen von leit und liden in der Vielfalt der
Bedeutungen, ebenso das Wortfeld bei Tauler, das mit dem bei
Eckhart verglichen wird. Neuprägungen und Umprägungen nebst
einigen stilistischen Bemerkungen runden das Bild von Taulers
Sprache ab, ihre Nachwirkung skizziert ein abschließender Paragraph
, der bis zu Kierkegaard führt. Das Buch bereichert unsere
Kenntnis der Mystik Taulers.

Rostock Peter Heidtich

G a n o c z y, Alexandre: Jean Major, exegete gallican (RechSR 56,
1968 S. 457-495).

Grosse, Siegfried: Zur Ständekritik in den geistlichen Spielen
des späten Mittelalters (Deutsche Philologie 86, 1967 Sonderheft
S. 63-79).

Schmitz-Valckenberg, Georg: Verzeichnis der Handschriften
-Mikrofilme des Grabmann-Institutes der Universität
München. München-Paderborn-Wien: Schöningh 1968. 23 S.
gr. 8° = Münchener Universitätsschriften. Theologische Fakultät
. Veröffentlichungen des Grabmann-Institutes zur Erforschung
der mittelalterlichen Theologie und Philosophie, hrsg. v. M.
Schmaus, W. Dettloff, R. Heinzmann, N. F. 7. Kart. DM 2.80.

Welte, Bernhard: Bemerkungen zum Gottesbegriff des Thomas
von Aquin (ThGl 58, 1968 S. 409-416).

W o r e k , Jozef: El amor de Dios en la actividad moral cristiana
segün Gregorio de Rimini, O. S. A. (1358) y sus vicisitudes en
epocas posteriores (Rivista Agustiniana de Espiritualidad 8, 1967
S. 339-362).

KIRCHENGESCHICHTE: REEOKMATIONSZEIT

D ü f e 1, Hans: Luthers Stellung zur Marienverehrung. Göttingen:
Vandenhoeck & Ruprecht (1968). 288 S., 4 Taf. gr. 8° = Kirche
und Konfession. Veröffentlichungen d. Konfessionskundl. Instituts
d. Evang. Bundes, hrsg. v. H. Bornkamm, J. Lell, W. v.
Loewenich, M. Schmidt, R. Stupperich, W. Sucker, 13. Kart.
DM 38,-.

Bis 1960 fehlte die quellenmäßig theologisch befriedigende
Darstellung des Reformators zur Marienverehrung trotz der verdienstvollen
kleinen Arbeiten von W. Delius (ThLZ 1954) und H. D.
Preuß. Diese Lücke füllt Düfel mit seiner Erlanger Dissertation
(1960), die auch bei ihrer Erscheinung im Druck acht Jahre später
viele neue wissenschaftliche Äußerungen zum Thema zu berücksichtigen
hatte. (B. Gherardini, La Madonna in Lutero, Rom 1967,
erschien erst während der Drucklegung.)

Man beruft sich heute auf Luther, um eine positive evangelische
Stellungnahme zur römischen Mariologie vorzubereiten. Jedoch
führt nach Düfel auch die mariologische Haltung Luthers „an das
Zentrum der reformatorischen Theologie". Man müsse dem kath.
Theologen M. Schmaus zustimmen, dem „die Mariologie der Schnittpunkt
ist, wo die ekklesiologischen, christologischen und anthropologischen
Problemlinien zusammenlaufen. In der Mariologie manifestiert
sich ganz wesentlich die Problematik unserer Trennung".
Düfel kann als Ausgangspunkt die völlige Verschiedenheit der Beurteilung
der mariologischen Haltung Luthers - auch in evangelischen
Kreisen - nehmen. Vielfach seien Lutherzitate dort und
bei Katholiken bloß Stütze einer eigenen Mariologie, und mit deshalb
sei man versucht, „eine .Geschichte der Beurteilung der
mariologischen Haltung Luthers in der evang. und kath. Theologie
' zu schreiben" (15). Ein kurzer Aufriß der Entwicklungslinien
in der seit 1522 bis heute anhaltenden Auseinandersetzung über
Luthers Stellung zur Marienverehrung, ein Blick auf die „gegenwärtige
römisch-katholische Mariologie und die evangelische
Theologie" sowie „Bemerkungen zum Aufbau" der Arbeit sind
Inhalt des ersten Kapitels.

Im zweiten Kapitel, dem umfangreichsten (33-253), wird „Luthers
Stellung zur Marienverehrung in ihrer geschichtlichen Entwicklung
" dargestellt. Die sorgsame und klare Zusammenstellung
mariologischer Äußerungen in chronologischer Reihenfolge gibt
insbesondere Einblick in die exegetische Begründung Luthers für

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seine Ansicht über Maria. Damit wird die mariologische Haltung
Luthers sehr wenige Ausdeutungen zulassen. Es hebt sich die Zeit
vor dem Anbahnen reformatorischer, biblisch gegründeter Erkenntnis
, die Düfel bereits in den Dictata super Psalterium 1513/15 rindet
, scharf ab von der ersten Zusammenfassung seiner Mariologie
in der Auslegung des Magnificat 1520/21 und noch mehr ab in
seinen Äußerungen nach 1524. Luthers Haltung zur coneeptio Immaculata
z. B. läßt eine Entwicklung erkennen. „Sie führt von
kritikloser Erwähnung ... 1513/15 und der herkömmlichen Deutung
des Namens Maria als ,stilla maris' (1516) zu einer Kritik
an der hohen Bedeutung, die man dem Fest der coneeptio Mariae
zulegte (um 1516/17). Aus derselben Zeit stammt die Äußerung,
daß an der unbefleckten Empfängnis Marias nicht viel liege, wobei
Luther aber an der Sündlosigkeit Marias festhält. 1521/22 wird
die bisher von Luther gebrauchte Deutung des Namens Maria als
stilla maris, die ja mit der unbeflekten Empfängnis in Verbindung
steht, vom Reformator aufgegeben. 1524 wird Maria in Luthers
Auslegung der Perikope vom 12jährigen Jesus im Tempel wegen
des Verlustes des Gottessohnes - und damit der Gnade - als
Sünderin bezeichnet." Sündlosigkeit könne ihr nur neben Sündhaftigkeit
und nur „im Sinne der imputativen Gerechtigkeit" wie
allen Glaubenden zuerkannt werden. „In Stellungnahmen der
Jahre 1538-43 wird Luthers Haltung zur Frage nach der Empfängnis
Marias durch den Gedanken der zweiten sanetificatio bei der
Verkündigung der Geburt Jesu bestimmt. Diese Äußerungen sind
nur von Luthers Christologie her zu verstehen und lassen kein
spezielles mariologisches Interesse erkennen" (171).

Mit einem Rückblick auf die „Stadien der mariologischen Entwicklung
" schließt Düfel den, bis auf die Schilderung von „Luthers
Stellung zum Marienlied und Marienbild" (227-246), chronologisch
vorgehenden Teil der Arbeit ab. Die Entwicklung der Haltung
Luthers setzt Düfel dabei (gegen Brandenburg, Wiedemann, Krebs,
Ebneter und Pauleser wie gegen Asmussen und Heiler) „mit seiner
allgemeinen theologischen Entwicklung zum Reformator" in
direkte Beziehung. - Mir ist etwas fraglich, ob die Quellen, insbesondere
die Predigten der 20er und 30er Jahre, wirklich eindeutig
Düfels These bestätigen, es gebe „keinen reformatorischen
Luther, der noch an der römisch-katholischen Marienverehrung
festhält" (253). Eine gradlinige Entwicklung Luthers in dieser
Sache bestreitet etwa O'Meara O. P. in „Mary in Protestant and
Catholic Theology", New York 19Ö6 (vgl. ThLZ 91, 1968, Sp. 597),
den Düfel nicht berücksichtigt und der die Jahre 1522-1532 bei
Luther die Periode der drastischen Wandlungen und widersprüchlichen
Äußerungen nennt.

Das dritte Kapitel legt „die Gedanken vom ,sola scriptura', ,sola
gratia', ,sola fide' und vom .servum arbitrium'" als reformatorische
bzw. „evangelische Grundwahrheiten" in Luthers mariologischer
Haltung „zusammenfassend" dar (254-269). - Man muß natürlich
fragen, ob das „biblische Marienbild gegen die Marienlegende"
Luthers sola-scriptura-Prinzip, das nicht biblizistisch ist, entspricht.
So fragt Düfel nicht, wie er auch über der darstellenden und die
Mißdeutungen von Luthers Äußerungen berichtigenden Arbeit
nicht zu einer theologischen Bewältigung der heutigen Mariologie
vordringt. Auch das als viertes Kapitel angefügte „Schlußwort"
(270-279) kann nicht als letztes Wort zur Sache genommen werden.
Von Luthers zeitüberdauerndem Ansatz her ist nicht nur das „Nein"
unter Herausstellung des sola fide zu sprechen. Gewiß gibt es von
Luthers Theologie zur mittelalterlichen Marienverehrung für uns
keine Brücke mehr, aber die historische Untersuchung der Stellung
Luthers zu ihr, die wir dankbar aufnehmen, hätte 1968 auch
führen sollen zu einem tieferreichendem Dialog mit katholischen
Anliegen, wie sie sich auch in der Mariologie ankündigen müssen,
wenn der moderne Katholizismus als Gesamterscheinung betrachtet
wird.

Jena Horst B e i n t k e r

F r a e n k e 1, Peter, u. Martin Greschat : Zwanzig Jahre Me-
lanchthonstudium. Sechs Literaturberichte (1945-1965). Geneve:
Droz 1967. XII, 214 S. gr. 8° = Travaux d'Humanisme et Renaissance
, 93.

Diese Zeilen sind eine Rezension über eine Rezension. Was
Fraenkel und Greschat anbieten, hat den Wert einer großangelegten
Übersicht über die Arbeit an dem Praeceptor Germaniae

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 3