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1969

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 3

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noch rein utopisch ausgerichtet, „their position was instead an
experiential and contextual one", wobei .experience' und ,context'
determiniert sind durch die geschichtlichen jahwistischen Überlieferungen
und die überwältigenden Gotteserfahrungen, die die
Propheten gemacht haben (S. 389). Weder natürliche Klugheit noch
ein festes System von Theologie, Ethik und Moral vermögen die
prophetische Wirksamkeit zu erklären, sondern ihr „strong experience
of God was decisive and from this they faced current
social and political realities". Darin liegt auch die Flexibilität der
Verkündigung begründet. Nicht logische Konsequenz, sondern „sensitive
obedience to the will of God" war ausschlaggebend, wobei
der Gotteswille keineswegs als Abstraktion oder Regierungsprinzip
mißverstanden werden darf denn vielmehr als die Zeit und Geschichte
bewegende Aktion begriffen werden muß (S. 390). Weiterhin
stellt G. fest, dafj die Propheten politische Institutionen mit
Einschluß von ganzen souveränen Staatswesen „merely as Instruments
in the plan of God" betrachteten (ebd.). Es gehört nach G.
zu den größten Leistungen der Propheten, daß sie die Grundlagen
für den Internationalismus durch ihre Gottesanschauung legten,
nach welcher ,.a Single God related to all states and not only
to the peoples in special covenant with him". Zwar wird es nicht
möglich sein, dringend gegenwärtige Probleme (G. nennt z. B. die
Organisation einer internationalen Abrüstungsbehörde oder eines
Gremiums, das internationale Streitfälle entscheidet) von prophetischen
Traditionen her zu lösen. „Nevertheless, there is no other
point in human historv where a group of men so combined hard
knowledge of political life with high vision of man's responsi-
bilities. Their sketch was rough and unfinished, but we do not
seem to have progressed so far in international relations that
their limitations make the prophets incapable of teaching us many
things" (S. 392).

Eine ausgeführte Bibliographie - nach sachlichen Gesichtspunkten
geordnet - schloßt sich an die Atisführungen an (5". 303-418),
Sie greift weit zurück in die Forschungsgeschichte, läßt dabei aber
manche neuere wichtige Arbeit unberücksichtigt. Stichwort-. Bibelstellen
-, Namenregister und Verzeichnis hebräischer, ägyptischer,
akkadischer. persischer Termini beschließen das Buch (S. 419-4481.
Außerdem sind die 70 Kartenskizzen erwähnenswert, die zwischen
1. und 2. sowie das 2. und 3. Kapitel eingefügt worden und dem
Leser als instruktives Anschauungsmaterial sehr willkommen sind,
zumal sie den Vorderen Orient zu verschiedenen historischen
Epochen und Gesamtisrael bzw. Nord- und Südreich unter verschiedenen
Königen zeigen.

Die Monogr.mhie von G. ist sehr anregend, die vorgelegten Thesen
sind der Überlegung wert. In bezug auf die Methode und die
Stoffbehandlung müssen hin und wieder grundsätzliche Bedenken
angemeldet werden. Es läßt sich manchmal nicht der Eindruck verwischen
, als sehe der Verf. in den Quellen das, was er von seinen
zu Beginn geäußerten Vorstellungen und Erwartungen her gern
sehen möchte. Die auf Nutzanwendung ausgerichtete theologische
Forschung ist europäischem theologischem Denken fremd, sollte
deswegen aber nicht von vornherein abgelehnt werden. G. ist
selber zum Schluß erfreulicherweise zurückhaltender, als es zu
Einqang seiner Untersuchungen den Anschein haben konnte. Das
weisen die zuletzt zitierten und referierten Sätze aus.

Greifswald Siegfried Wagner

Callawav. lospnh A.: New evidence on the conquest of 'Ai

I TBL LXXXVTT 1Q68 S. 312-3201.
D a h o o d . Mitchell: Hebrew-Ugaritic Lexicography VI (Bibl 40.

1968 S

Gevirtz, Stanlev- A new look at an old crux: Arnos 5.26 (TBL

LXXXVTT 1968 S. 7«7-276V
Gross. Walter: Takob der Mann des Spgens. Zur Tr»d?H«fn-

ocschichte und Theoloaie der nriesterschriftlichen Takobsüber-

heferungen (Bibl 49 1968 S. 321-3441.
Jacques. Xavier: Les cailles etaint-elles emposionnees? (Science
et esprit 20. 1968 S 247-268).
•To in es. Karen Randolnh: The bronze serpent in the Israelite

cult. (.TBL LXXXVTI, 1968 S 245-2561.
Oliva, Manuel; Tntcrpretaciön teoloaira d"l culto en la neriropa

del Sinai de 1a Historia Sacerdotal (Bibl ^9. 19*8 S. W-l*<i
Rüthy. Albert E: Das leben aus der Zukunft in der Sicht d^s

Alten Testaments (IKZ 58. 1968 S. 133-1541.
5 e u 1 1 i o n . lohn T. • An Annroach to the Understanding of Isaiah

7.10-17 (.TBL LXXXVTT, 1968 S. 288-3001.

NEUES TESTAMENT

S a b o u r i n , Leopold, S. J.: The Names and Tltles of Jesus.
Themes of Biblical Theology, transl. by. M. Carroll, New York:
Macmillan Company [1967]. XVIII, 334 S. 8°. Lw. $ 7,95.

Ein griechisches Florilegium vom Ende des 7. Jahrhunderts
n. Chr., das 1907 als Doctrina Patrum des Incarnatione Verbi herausgegeben
wurde, enthält in Kp. 38 eine Liste von 187 biblischen
Namen des Erlösers; darunter befinden sich nicht wenige der
Blumen und Tiere des Hohenliedes, ferner etwa „Panther" (nach
Hos. 5,14), „Fluch" (Gal. 3,13), oder auch „Hand" (1. Petr. 5,6). L.
Sabourin S. J., der in Montreal und auf Haiti gelehrt hat und jetzt
Professor am päpstlichen Bibelinstitut in Jerusalem ist, scheint
von dieser Liste inspiriert gewesen zu sein, als er sein Buch „Les
Noms et les Titres de Jesus", Bruges-Paris 1963, schrieb (siehe
Anhang); dieses Werk liegt jetzt in einer guten englischen Übersetzung
und mit einem Vorwort des Alttestamentlers John L.
McKenzie versehen vor. Der Rekord des alten Anonymus in der
Doctrina wird zwar in diesem neuen Buch nicht ganz erreicht,
immerhin hat sein Vf. etwa 50 biblische Namen und Titel Jesu ausgewählt
und in 33 Kapiteln dargestellt: Kp. 1 ist überschrieben:
„Jesus", das Schlußkapitel 33: „Amen". Die 33 Kapitel sind nach
5 Hauptteilen gruppiert, jedoch befremdet das zugrunde liegende
Prinzip der Ordnung an einigen Punkten (vgl. S. XVIII): Zu den
Namen Jesu (Teil I) gehört auch der Titel „Rabbi"; bei den einfachen
messianischen Titeln (II) befinden sich „Der Gerechte und
der Heilige"; in Teil III (gemeinschaftsbezogene Titel) stehen „Der
Stein, der Fels"; bei den soteriologischen Titeln (IV) entdeckt man
„Die Auferstehung"; zu den eigentlichen christologischen Titeln (V)
werden u.a. „Der Menschensohn" und „Die Kraft und Weisheit
Gottes" gerechnet. Schon aus dieser Übersicht erhellt das Problematische
des Buches: Zunächst stehen die christologischen Titel
und Themen unverbunden nebeneinander; ihre Genesis und ihr
Wachstumsprozeß in der neutestamentlichen Zeit werden niefit einleuchtend
und überzeugend vorgeführt. Das ist freilich ein Mangel,
der auch im deutschsprachlichen Raum nicht behoben ist; man
vergleiche die stark differierenden Inhaltsverzeichnisse in neueren
christologischen Darstellungen, z. B. in denen von O. Cullmann,
W. Kramer und F. Hahn. Außerdem ist es fraglich, ob der Vf. solch
eine Klärung der christologischen Probleme beabsichtigt hat und
aus methodischen Gründen erreichen konnte: Er ist eher bestrebt
zu sammeln als zu sichten, zu koordinieren anstatt zu konzentrieren
und unterzuordnen; er verhält sich kontemplativ, nicht historisch
-kritisch zur Sache. Nur selten werden die neutestamentlichen
Theologen für sich behandelt (z.B. S. 200-207; 232-234); von „Ge-
mcindebildung" ist bei den synoptischen Stoffen nie die Rede, auch
treten keine einander widersprechende Aussagen hervor. Die
Einheit der Bibel und die Einheitlichkeit der Christologie werden
nicht etwa herausgestellt - das wäre zu begrüßen! -, sondern
als selbstverständlich vorausgesetzt. Sammelnd und lobend verhält
sich der Vf. auch gegenüber der Sekundärliteratur, wobei die katholischen
Exegeten französischer Sprache das Feld beherrschen.
Deutsche Werke werden nur selten genannt, auch das Theologische
Wörterbuch zum NT ist kaum benützt (z. B. S. 260). Das Fehlen
der kritischen Methoden wird besonders bei schwierigen Problemen
spürbar, so etwa bei der Darstellung des Menschensohns
(S. 195-207). Sabourin entdeckt ihn in der Apokalyptik als Titel
und feste Vorstellung für einen himmlischen Endzeitrichter, in
Verbindung mit dem leidenden Gottesknecht wird er für Jesus
beansprucht und auf Grund von Ps. 8 auch bei Paulus gefunden-
die innige Gemeinschaft des Menschensohns mit den Seinen läßt
ihn als kollektive, richtiger „inkorporierende" Persönlichkeit erscheinen
(S. 206). Dies sind zwar weitverbreitete, aber nichtsdestoweniger
irrige Thesen; vergleiche jetzt G. Vermes im Anhang zu
M. Blacks Buch „An Aramaic Approach to the Gospels", 3. Auflage
Man hätte vom Titel Christus (Messias) als dem Kristallisationspunkt
ausgehen und ihm die Prädikate Davidssohn, Gottessohn
und Kyrios zuordnen müssen; die anderen Hoheitstitel sind zweitrangig
. Sabourin hat darüber hinaus bewußt als Titel behandelt
was als bildliche Beschreibung für das Heilshandeln Christi (als
„Thema") gemeint war. Wer auf Grund von 1. Joh. 2, in „Sühnopfer
" einen christologischen Titel sieht (S. 169f), könnte folgerichtig
auch „Sünde" (2. Kor. 5,21) oder „Fluch" (Gal. 3,13) als
solchen behandeln.