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1969

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189

Theologische Literaturzeitung 94. Jahrgang 1969 Nr. 3

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Herten Mitarbeiterstab die Internationalität der nachkonziliaren
Theologie. Das macht dieses Werk besonders attraktiv.

Das Lexikon enthält, „was der gläubige Mensch zur Verantwortung
seines Glaubens und seiner Hoffnung mit der darin angenommenen
Verheißung dauernd und lebendig zur Verfügung haben
sollte'' (S. V). Ks verzichtet darauf, das Wissen aufzubewahren, das
den Besitzstand des einzelnen ubersteigt, und konzentriert sich auf
die wichtigsten Begriffe, die hilfreich sind, den Glaubensvollzug zu
durchklären und die Praxis der Verkündigung zu fördern. Der
systematische Index (S. XXXV-XLVI1) aber, der die Stichworte aller
Bände nach theologischen Disziplinen ordnet, zeigt bereits, daß
kein Sachgebiet ubergangen wird: Von den Bibelwissenschaften
über die Fundamentaltheologie zur Dogmatik und Moraltheologie,
von der Kirchengeschichte über die Dogmengeschichte zur Theologie
des geistlichen Lebens, dem Kirchenrecht und der Praktischen
Theologie ist alles Wichtige beisammen. Der neue Geist hat die
gesamte Theologie ergriffen. Und darüber wird informiert. Der
Untertitel darf nicht zu der Annahme verleiten, als sei dies nur
ein Lexikon der Praktischen Theologie.

Zu den Kennzeichen des neuen Geistes gehören die oft zitierte
„Öffnung zur Welt" und die Einsicht, dalj der christliche Glaube
sich im Kontext der philosophischen, weltanschaulichen und sozialen
Wirklichkeit erfährt und bewährt. Sie findet mit einer Fülle von
Stichworten Einlaß in dieses Lexikon. Atheismus (K. Rahner),
Agnostizismus und Anthropologie (J. Splett), Dialektischer Materialismus
(G. A. Wetter), Evolution (P. Overhage und K. Rahner) und
Existenz (E. Simons), um nur diese zu nennen, werden im ersten
Band sachgemäö vorgestellt und interpretiert. Die Herausgeber
weisen darauf hin, daß ihnen besonders an den anthropologischen
Implikationen von Philosophie und Weltanschauung gelegen ist
(S. XXXV). Hier deutet sich ein grundlegender Wandel im Verständnis
der gegenwärtigen philosophischen Arbeit an. Der Hinweis
auf die dialektische Interdependenz zwischen Dogmatik und
Philosophie, wie K. Rahner sie in seinem Artikel über .Dogmatik"
skizziert, mag verdeutlichen, mit welchem Engagement man die
Philosophie der Gegenwart gegen die Widerstände im eigenen
Lager mit der Offenbarung konfrontiert, so daß die Offenbarung
hörbar und die Philosophie verändert wird (Sp. 921).

Ob Dogma oder Ekklesiologie, Eschatologie oder Christologie,
auch die unverhältnismäßig breit abgehandelten Sakramente (Buße,
Ehe und Eucharistie), alle Begriffe werden nach ihrer „geschichtlichen
Dimension" abgetastet. Das macht die Diskussion lebendig
und öffnet sie für die kritische Sichtung der eigenen Tradition und
das interkonfessionelle Gespräch. K. Rahners Artikel „Ekklesiologie
" und „Dialog und Zusammenarbeit zwischen den Kirchen" sind
dafür exemplarisch. Er hat übrigens mehr als zwanzig Stichworte
bearbeitet; das gibt dem ersten Band einen besonderen Akzent.
Die ökumenische Zusammenarbeit findet teilweise schon in diesem
Lexikon selber statt. Ohne dafj die Leser auf die protestantischen
Mitarbeiter hingewiesen werden, schreibt Wenzel Lohff über „Protestantische
Bekenntnisschriften", und Wolfgang Trillhaas über die
„Theologische Ethik im protestantischen Glaubensverständnis",
Die ausführlichen Literaturhinweise im Anschluß an die einzelnen
Artikel beziehen die wissenschaftliche Auseinandersetzung im
Protestantischem Raum mit großer Selbstverständlichkeit ein.

Die Beiträge sind inhaltlich klar gegliedert und beschränken sich
auf das notwendige Maß an lexikalischer Information, um so deutlicher
tritt die Problemanalyse in den Vordergrund. Dem entspricht
das Äußere. Alles, was die Lexikonlektüre sonst erschwert, ist in
dem lockeren Zwei-Spaltcn-Druck vermieden worden. Ein umfassendes
Abkürzungsverzeichnis ist dem 1. Band vorangestellt, ein
Sachregister und ein Verzeichnis der Mitarbeiter werden den
4. Band beschließen.

Den Herausgebern ist nicht nur ein gutes Lexikon, sondern ebenso
ein ansprechendes Arbeitsbuch gelungen. Zusammen mit dem
systematischen Index, der ungefähr 700 Stichworte ordnet, erfüllt es
die Forderung des Dekrets über die Ausbildung der Priester nach
einem „theologischen Einführungskurs" (S. XLVII). Für alle Nicht-
katholiken wird es als Informationsquelle über den nachkonziliaren
Stand der katholischen Theologie in Zukunft unerläßlich sein.
Eine kritische Würdigung ist erst nach einem intensiven Studium
des Gesamtwerks möglich.

Heidelberg Hans-Jürgen Coetti

E 11 e r m e i e r, Friedrich: Denkwürdiges und Merkwürdiges aus
Johann Stephan Pütters „Versuch einer academischen Gelehrten-
Geschichte von der Georg-Augustus-Universität zu Göttingen".
Göttingen 1765, ausgewählt und mit Anmerkungen versehen.
Herzberg: Jungfer 1966. 96 S. m. 7 Abb. i. Text, 3Taf. gr. 8°.
Kart. DM 6,80.

KKL1G10NS WISSENSCHAFT

Eidlitz, Walther: Krishna-Chaitanya. Sein Leben und seine
Lehre. Stockholm: Almqvist & Wiksell [1968]. 561 S. gr. 8° = Acta
Universitatis Stockholmiensis. Stockholm Studies in Comparative
Religion, 7. Schwed. Kr. 70,-.

Der österreichische Schriftsteller Walther Eidlitz kam 1938 nach
Indien, als Suchender, vom abendländischen Christentum, wie er es
kennengelernt hatte, nicht befriedigt. Sein Indien-Aufenthalt, durch
langjährige Internierung bis 1956 während, brachte ihn mit der
ßhakti-Bewegung des Hinduismus in Berührung.

Davon hatte er bereits in zwei Büchern gesprochen, die nunmehr
als Vorarbeiten zu dem vorliegenden umfassenden Werk zu verstehen
sind: „Die indische Gottesliebe" (1955), vgl. ThLZ 31, 1956,
Sp. 609-611; „Der Glaube und die hl. Schriften der Inder" (1957),
vgl. ThLZ 83, 1958, Sp. 328/29.

Nach seiner Rückkehr nach Europa fand er in Schweden neue
Heimat und hat sich dort als Privatgelehrter der Erforschung
Krishna-Chaitanyas (Kr. Ch.) und seiner Bhakti gewidmet. So ist
aus dreißigjähriger Forschungsarbeit ein Werk erwachsen, das uns
religionsgeschichtlich ein Stück des hinduistischen Mittelalters erschließt
, welches bisher so gut wie unbekannt gewesen ist.

Das vorliegende Werk besteht aus zwei Teilen: der erste zeichnet
die „Indische Gottesoffenbarung im Sinn der Shastras und der
Strömung von Krishna-Chaitanya" (23-233); der zweite bringt
„Auszüge aus den frühen Quellen" (235-520). Im Anhang werden
zunächst Zeittafeln gegeben, danach eine genaue Übersicht der hl.
Schriften des Hinduismus (Veden, Upanishaden, Puranas: 523-526).
Darauf folgt eine Darstellung der Reihe der Avatars (526-530). Wie
gründlich Eidlitz in diesen 30 Jahren geforscht hat, zeigt das
Kapitel der Literaturangaben und Quellenkritik (533-549). Das abschließende
Register umfaßt mehr als 900 Begriffe und Namen,
davon sind rund 700 Sanskrit-Wörter.

Der erste Teil zeigt zunächst, was an letzter Erkenntnis im
15./16. Jh. vorlag, d. h.,was die Shastras über die Gottheit lehrten,
was Kr. Ch. also aus der Überlieferung in sich aufgenommen hat.
Eidlitz hat sich, so scheint es, aus unserer früheren Kritik sagen
lassen, daß die Sanskrit-Begriffe nicht durch abendländisch-christlich
geprägte Begriffe wiedergegeben werden dürfen. Sie müssen
vielmehr in ihrer Fremdheit stehenbleiben. So hat er in dem Kapitel
über die Avataras (70ff.) eigens vermerkt: bei der Gestalt des
Avatara handelt es sich „nicht um eine Fleischwerdung oder Inkarnation
" (70), bei der Geburt Krishnas (des Gottes) nicht „um eine
irdische Geburt" (84). Wir befinden uns hier also im Bereich des
mythischen, nicht des geschichtlichen Denkens!

Wenn Eidlitz, wie das Register zeigt, die Fülle der Sanskrit-
Begriffe beibehält, so hätte er jedoch auch das abendländischchristlich
geprägte Wort „Gott" vermeiden und dafür lieber „Gottheit
" oder gar ein Sanskrit-Wort (wie z. B. Ishvara) setzen müssen.

Sehr wertvoll ist, wie Eidlitz bei den grundlegenden Sanskrit-
Begriffen ihre Mehrschichtigkeit und Vieldeutigkeit darlegt, so bei
akshara (48, Anm. 4), asura (75f., Anm. 1), atma (493), jiva (39),
kama (120, Anm. 2), pada (46, Anm. 2), priti (183f.). Alle wichtigen
Sanskrit-Begriffe werden aus ihrer Wortwurzel abgeleitet.

Doch nun endlich zu Kr.Ch., der Hauptgestalt des Buches! Er
lebte 1486-1533, starb also ein Menschenalter, bevor der berühmte
Kaiser Akbar 1556 zur Regierung kam. Er begann seine Wirksamkeit
als Gelehrter, der jedoch auf sein Wissen sehr stolz war. Dann
erlebte er eine Wandlung seines Wesens (211): Krishna wurde ihm
alles (278). Krishna sei, so sagt Raja Ramananda, „der Urgrund
aller Dinge" (492). Nach der klassischen Lehre ist Krishna mit
Rama u. a. ein Avatara des Hindu-Gottes Vishnu. Doch bei Kr. Ch.
tritt er über alle Götter, so daß diese nur als Manifestationen und
Aspekte Krishnas verstanden werden. (Doch hier sind die Hindus
beweglich: so erhob im 20. Jh. Ramdas den Avatara Rama zum