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1968

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

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Neuerscheinungen

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188

Dante bis zu Hegel, Schopenhauer, Eichendorff, A.v.Droste-HüIs-
hoff, aus der sich vor allem die Essays über Shakespeare, Pascal
und Schopenhauer nach Umfang und Gewicht herausheben.

Über die vier letzten noch von Schneider selbst veröffentlichten
bzw. zum Druck fertiggestellten Werke von „Verhüllter Tag"
bis zu „Winter in Wien" wurde in dieser Zeitschrift (86. Jahrg.,
1961, Sp. 401-414) unter dem Titel „Theologia tenebrarum" ausführlicher
berichtet. Die kurze Anzeige der beiden Bände von
1962 und 1963 mag bei ihrem Erscheinen zugleich Vorerinnerung
an die zehnte Wiederkehr von Reinhold Schneiders Todestag
(6. April 1958) sein.

„Allein der Wahrheit Stimme will ich sein" ist durch das unveröffentlichte
Vorwort „Zu einem geplanten Buch .Geistliche
Betrachtungen" (1941) eingeleitet. Hier heißt es:

„Auf das Anbrechen des (Gottes)reiches im Innern sind diese
Betrachtungen gerichtet; sie möchten die Stelle zeigen, wo in diesem
Augenblick das Ewige das Zeitliche trifft und erschüttert.
Mit der Herabkunft des Herrn hat die Endzeit begonnen; alles
Menschenwerk will mit dem Blick auf das Ende getan werden".

Zwei von diesen biblischen Meditationen, Dokumente christlicher
Anfechtung und Glaubensprüfung, prägen sich dem Leser
besonders nachhaltig ein: „An der Tafel des Herodes" (Mark 6,21)
und „Das geschmückte Haus" (Luk 11, 21-26), nicht minder die
letzten Abschnitte, in denen „die Betrachtung ins Gebet übergeht"
(Nachwort). - Wie ein Christ seinen Glauben sowohl wie seine
Liebe in der Auseinandersetzung mit den Denkern und Dichtern
des Jahrhunderts zwischen 1850 und 1950 erprobt, gegenüber den
Atheisten (Feuerbach 23 ff) wie gegenüber den Zeugen des Evangeliums
unter ihnen, Kierkegaard (52 ff), R. A. Schröder (120 ff),
G. Bernanos (168 ff), das ist das Grundthema von „Begegnung
und Bekenntnis". Der christliche Geschichtsdeuter, der hier
spricht, ist unbestechlich klar in der Unterscheidung der Geister,
eben darum aber allem Richten vor der Zeit gründlich abhold.
Sein liebevolles Verstehen ist vorzugsweise den Gestalten zugekehrt
, in deren "Denken und Dichten christliches Erbe und kritische
Skepsis einen unentschiedenen Widerstreit führen (Jacob
Burckhardt 56ff; G. Kellers „Grüner Heinrich" als religiöser
Roman 76 ff; Briefwechsel zwischen A. Gide und P. Claudel
159ff). Dieses Vermächlnisbuch des Katholiken Reinhold Schneider
ist für Christen beider Bekenntnisse ein hohes Beispiel evangelischer
Freiheit. Ober alle hier gesammelten Einzelstudien ragt
das grofje Schlußstück hinaus, der Vortrag „Macht und Herrschaft
in der Geschichte", den der Schriftsteller auf seiner letzten Reise
nach Wien im November 1957 hielt (237-264).

Für die Zukunft des christlichen Wortes in der deutschen Literatur
ist viel daran gelegen, daß Reinhold Schneiders Erbe nicht
vergessen wird. Sein Zeugnis vom denkenden, betenden und leidenden
Standhalten des Glaubens am Orte der uns angewiesenen
Wirklichkeit bleibt unersetzlich für alle, die nicht an dieser Wirklichkeit
vorbei glauben wollen.

Göttingen Martin D o e r n e

F, spiau de La Maestrc, Andre: Probleme der Claudel-
Forschung (StZ 179, 92. Jg. 1967 S. 268-282).

Ihlenfeld, Kurt: „Großer verkannter Mann". Deutsche Dichter
im Dialog mit Luther (Luther 38, 1967 S. 14-29).

Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Der Christ als Leser
Ernst Wiecherts (DtPfrBl 67, 1967 S. 318-321).

Klepper, Jochen: Unter dem Schatten Deiner Flügel. Aus den
Tagebüchern der Jahre 1932 bis 1942, hrsg. v. H. Klepper.
(Gekürzte Lizenzausgabe d. 1956 b. d. Dt. Verlags-Anstalt
Stuttgart ersch. Ausgabe). Berlin: Union Verlag [1967]. 676 S.,
1 Porträt 8°. Lw. M 16.-.
(s. Bespr. in ThLZ 82 1957, Sp. 613)

Kurz, Paul Konrad: Vom Erhabenen zum Anti-Ikarus. Selbst-
und Weltbewußtsein des Menschen in der neuen Lyrik nach
1945 (StZ 180, 92. Jg. 1967 S. 326-337 und S. 375-392).

Marti, Kurt: Die Schweiz und ihre Schriftsteller - die Schriftsteller
und ihre Schweiz. Zürich: EVZ-Verlag [1966]. 85 S. kl.
8° = Polis 28. Kart. DM 7.80.

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NATURWISSENSCHAFT
UND GLAUBE

Teilhard de Chardin, Pierre: Science et Christ. Paris:
Editions du Seuil [1965]. 293 S., 2 Taf. 8° = Oeuvres de Pierre
Teilhard de Chardin, 9.

A 11 n e r, Günter: Schöpfungsglaube und Entwicklungsgedanke
in der protestantischen Theologie zwischen Ernst Haeckel und
Teilhard de Chardin. Zürich: EVZ-Verlag [1965). VIII, 136 S. 8°.
Kart. DM 15.70.

Hengstenberg, Hans-Eduard: Mensch und Materie. Zur

Problematik Teilhard de Chardins. Stuttgart-Berlin-Köln -
Mainz: Kohlhammer [1965]. 198 S. gr. 8°. DM 19.80.

Das Gespräch zwischen Naturwissenschaft und Theologie, und
hier insbesondere die Diskussion um das alte Thema „Schöpfung
und/oder Evolution" ist nach einiger Zeit der Stille wieder zum
Leben erwacht. Anlaß dazu sind nicht zuletzt die erst allmählich
bekannt werdenden Schriften des französischen Gelehrten und
Priesters Teilhard de Chardin. Leider sind noch längst nicht alle
Werke Teilhards in guten deutschen Übersetzungen zu haben, so
daß für eine fundierte wissenschaftliche Diskussion auf die einschlägige
Pariser Edition du Seuil (für die Briefe auf die Edition
Grasset) zurückgegriffen werden muß.

Der hier angezeigte Band „Science et Christ" (Naturwissenschaft
und Christus) ist der neunte des in Fortsetzung erscheinenden
Gesamtwerkes. Er vereinigt eine Anzahl kürzerer oder
ausführlicherer Abhandlungen zu Einzelproblemen des Teilhard-
schen Systems - entstanden zwischen 1919 und dem Todesjahr
1955 - und bildet so teils eine Ergänzung, teils eine Klärung
mancher Gedanken in den grundlegenden Werken „Le pheno-
mene humain", „Le milieu divin", „L'Energie humaine" oder „La
place de l'homme dans la nature". Dabei liegt der besondere
Akzent hier auf dem theologischen, ja glaubensmäßigen Aspekt,
der abgesehen von „Le milieu divin" bei Teilhard sonst immer
nur implicite enthalten ist. Insofern kommt hier fraglos der „andere
Teilhard" zu Wort. Der Band beweist, wie sehr sich Teilhards
Denken gegen jede billige Klassifikation sträubt, und daß
wir noch lange nicht - so oder so - mit ihm „fertig" sein
werden.

Dies ist ohne Zweifel auch der evangelischen Theologie ins
Stammbuch zu schreiben, wie die vorliegende Göttinger Dissertation
Günter Altners zeigt. Sie versucht in Aufarbeitung des
letzten Jahrhunderts einen Weg zu finden, der Schöpfungsglauben
und Entwicklungstheorie nicht gegenseitig ausschließt.

In einem ersten Teil befaßt sich der Vf. darum mit den diesbezüglichen
Entwürfen seit Ernst Haeckel. Eine recht geschlossene
, gut informierende Darstellung bringt die Anschauungen
von Haeckel, Zöckler, Beth, Rudolf Otto, Titius, Heim und Teilhard
de Chardin zur Sprache. Ihre Gemeinsamkeit sieht Altncr
in dem Versuch, Schöpfungsglauben und Entwicklungsgedanken
zu einer Synthese zusammenzuschmelzen: Haeckel in einer Hereinnahme
der Schöpfung in die Entwicklung, Zöckler durch den
umgekehrten Vorgang, Beth durch den Überbau einer Epigcnesis
aus „Gottes unerschöpflicher Persönlichkeit", Titius durch den
Übergedanken der Ganzheitskausalität, Heim durch das dimen-
sionale Denken im Schema von Polarität und Überpolarität, Teilhard
schließlich durch sein Gesetz der „Zentrokomplexheit-Be-
wußtheit" der auf den Punkt Gott-Omega gerichteten Weltentwicklung
. Diese strukturelle Gemeinsamkeit bedingt nach Meinung
Altners zugleich das gemeinsame Scheitern all dieser Versuche
. Denn es bringe „in der Mitte, im Raum der Philosophie"
einen Kompromiß zustande, was einer „Überfremdung" von Naturwissenschaft
und Theologie durch die Philosophie gleichkomme
(S. 58 f.). So findet er als Ergebnis dieses naturwissenschaftlichen
Teils die „Unmöglichkeit einer Synthese" (S. 57) und
fordert, daß die Theologie bei einer Verhältnisbestimmung von
Schöpfung und Entwicklung „zuerst nach dem Schöpferhandeln
des Gottes zu fragen (habe), der in Jesus Christus der Selbst-
vergötzung der Schöpfung und damit allen Fragen nach Gottes
Immanenz und Transzendenz ein Ende gesetzt hat" (S. 60).

Konkret versteht Altner unter dieser Formel den Abbau aller
Stufenschemata und Teleologien. Einen Teil dieses Abbaus, so

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 2