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1968

Kategorie:

Bibelwissenschaft

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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 2

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Ja, denn Israel ist wirklich in seiner ganzen Geschichte von
seinem Gott in Anspruch genommen, steht unter Geboten, die
das ganze Leben in seiner ganzen Mannigfaltigkeit und seinen
immer neuen Situationen bestimmen. Immer neu müssen die Gebote
in den Gesetzen und Weisungen realisiert werden. Israel
ist nie nur Kultusgemeinde, sondern immer auch Lebensgemeinschaft
, ist „Gemeinde" und „Volk" in eins, wenn diese Begriffe
nicht deshalb fehlgehen, weil sie eine Einheit in unzulässiger
Weise zerlegen. (Es ist daher wohl eine Lebensfrage für das „Israel
" von heute, ob es diese Einheit aufsprengen und nur noch
„Volk" sein kann.) Israel, wenn es wirklich Israel ist, steht „unter
dem Gesetz".

Und doch „Nein"; denn Israels Existenz ist hineingenommen

in eine Gottesgeschichte, die nicht Israel allein zum Ziel hat,
sondern Israel in den Dienst an der Menschheit stellt, eine Geschichte
, die schon in „Abraham", ja in „Noah" beginnt und Gottes
Verheißung für die Menschheit einschließt. Es gehört zum
Auftrag der Propheten, deutlich zu machen, daß Israel in seiner
ihm eigentümlichen Existenz, in seiner Bindung an das „Gesetz",
nicht sein Ziel in sich, sondern eine Aufgabe für die Menschheit
hat, wie es vor allem Deuterojesaja verkündet.

Gottes Verheißung umschließt auch das Gesetz; aber was Verheißung
und Gesetz eigentlich bedeuten, wird erst offenbar im
Licht des Evangeliums von Jesus Christus, indem der Gott, der
Israel Verheißungen und Gesetz gab, die Welt mit sich versöhnte.

BIBEL WISSENSCHAFT

Kruse, Heinz, S. J.: Die Heilige Schrift in der theologischen
Erkenntnislehre. Grundfragen des katholischen Schriftverständnisses
. Paderborn: Verlag Bonifacius-Druckerei [1964]. 116 S.
gr. 8° = Konfessionskundl. Schriften d. Johann-Adam-Möhler-
Instituts, 5. Kart. DM 7.80.

Der Vf. der vorliegenden Arbeit ist Professor für alttestament-
liche Exegese in Tokyo. Er hat sich mit ihr die Aufgabe gestellt,
das so viel diskutierte Thema in einer klaren, verständlichen
Sprache zu behandeln, die Aussagen gerade deutscher Theologen
dazu oft vermissen ließen. In der Übersetzbarkeit ins Japanische
- die Arbeit erscheint gleichzeitig in dieser Sprache - sieht er
Prüfstein und Beweis dafür, daß dieses Vorhaben gelungen ist.
Der Leser wird ihm das auch seinerseits gern bestätigen. Er hat
nicht unmittelbar die Absicht, etwas Neues zur Diskussion beizusteuern
, vielmehr die verschiedenen Probleme und Lösungen in
die theologische Erkenntnislehre einzufügen und eine kritische
Gesamtschau der Ergebnisse zu versuchen. Das geschieht in ständiger
Auseinandersetzung mit der ev. Theologie, genauer: mit
jeweils kurzen kritischen Seitenblicken auf Aussagen ev. Theologen
(Barth, Bultmann, Käsemann, Ebeling, Cullmann u. a.).
Aber auch kath. Theologen (Geiselmann, Rahner etwa) müssen
sich manche kritische Frage gefallen lassen.

In der Einleitung: Die Stellung der Hl. Schrift in der theologischen
Erkenntnislehre (9-17) wird eine Einführung in die
Problematik gegeben. Der I. Teil: Fundamentaltheologische Erkenntnis
(18-25) handelt vom fundamentallheologischen Schriftgebrauch
, der im Unterschied zum dogmatischen in der Bibel ein
Stück Literatur sieht wie alle andere auch, unter methodischem
Absehen von ihrem Charakter als „Wort Gottes". Es geht hier
um die rationale Grundlegung des Glaubens mit historisch-kritischen
Methoden, die noch nicht als Theologie im „eigentlichen"
Sinne verstanden wird (18), die keine „metaphysische", sondern
eine „moralisch-physische" Gewißheit vermitteln will (21), die
sich nicht auf übernatürliche Autorität, sondern auf die Zuverlässigkeit
der Quellen gründet (23). Tut sich schon in der Absetzung
dieser beiden Arten des Schriftgebrauchs der Dissens zur
ev- Sicht auf, die diese Scheidung so nicht kennt, so im ganzen
Umfang im II. Teil: Dogmatische Erkenntnis (26-70), in dem es
um die Frage geht: „Woher wissen wir, was alles von Gott offenbart
worden ist?" (13), um die Bibel als inspiriertes und irrtumsloses
„Wort Gottes" (18). Hier begegnen wieder alle Probleme
um Schrift, Tradition und Lehramt, die in unzähligen Arbeiten
beider Seiten vielfältig untersucht worden sind. Das Besondere
an der Darstellung des Vf. ist die Klarheit, mit der er das
w°hl „löbliche Bemühen", die tridentinische Zweiteilung der
Quellen (partim-partim) „zu verharmlosen und virtuell ungeschehen
zu machen, um den Protestanten einen Stein des Anstoßes
zu nehmen" als „Verschleierung der Tatsachen" kritisiert (60).
Wie man das vom Standpunkt der neuesten marianischen Dogmen
noch vertreten könne, sei exegetisch gesehen schwer verständlich
. Er spricht unzweideutig vom Lehramt als über Schrift
"nd Tradition stehender letzter Instanz (61 f.). Es sei nicht für
die Schrift da, sondern umgekehrt (64). Die größere Sicherheit
des Dogmatikers beruhe auf ihm, nicht auf ihr (83). Diese könne

nicht gegen jenes ins Feld geführt werden (62). Man kann für
dieses klare Wort nur dankbar sein. Auch nach dem II. Vaticanum
und der Dogmatischen Konstitution über die Offenbarung ist die
kath. Position im Kern unverändert. Die Bibel wird nicht als kritisches
Gegenüber der Kirche verstanden und die Entstehung des
Kanons (das Ende der apostolischen Zeit der Augenzeugen)
nicht als entscheidender Einschnitt in die Heilsgeschichte, durch
die das Verhältnis von Schrift und Tradition nicht mehr dasselbe
ist wie in der apostolischen Zeit (vgl. Skydsgaard, Dialog unterwegs
. Göttingen 1965, S. 145 ff.). Dahinter steht ein von dem
unsern verschiedenes Kirchen- und auch Schriftverständnis, auf
dessen Hintergrund die gewisse Annäherung im Traditionsverständnis
für das Kernproblem ohne letzte Bedeutung bleibt.

Im III. Teil: Exegetische Erkenntnis (71-1C5) geht es schließlich
um die Frage: Wie und mit welcher Gewißheit entnimmt der
Theologe der Hl. Schrift seine Erkenntnis? Um die exegetische
Aufgabe möglichst vollständiger Sinnerfassung der Schrift in ihrer
ursprünglichen, geschichtlichen Situation. Hier bekennt sich der
Verf. zur historisch-kritischen Methode und versucht sie als mit
der dogmatischen Erkenntnis nicht in Widerspruch stehend zu
erweisen - ein schwieriges Unternehmen, das er wohl mit viel
Geschick, aber den ev. Theologen nicht überzeugend durchführt.

Werdnu Martin Schwintelc

Zeitschriftenschau, Internationale, für Bibelwissenschaft
und Grenzgebiete. Bd. Xfl, 1965/66. Hrsg. v. F. Stier. Düsseldorf
: Patmos-Verlag (1966). XVI, 338 S. gr. 8". DM 68.-.

Der vorliegende Band erfaßt die Veröffentlichungen, die im
Jahre 1964 erschienen sind. Auch ältere Arbeiten sind notiert,
wenn sie in den früheren Jahrgängen noch nicht gebucht werden
konnten. Die Zahl solcher Nachträge ist nicht gering; der
Benutzer tut daher gut daran, auch die späteren Bände einzusehen
, wenn er sich über die Produktion eines Jahres unterrichten
will. Die Darbietung des Stoffes folgt den Grundsätzen, die
sich in den zwölf Jahren bewährt haben, in denen diese Bibliographie
raisonnee nunmehr erscheint. Sie werden vom Herausgeber
elastisch gehandhabt, so daß dem Leser Nachschlagen und
Auffinden der ihn interessierenden Literatur tunlichst erleichtert
wird. Ein Register der Verfasser ist beigegeben.

Was bisher zur Charakterisierung und zum Lobe der Zeitschriftenschau
gesagt wurde - zuletzt in ThLZ 91, 1966, Sp.
904 -, braucht nicht wiederholt zu werden. Es gilt auch, für die
gegenwärtige Ausgabe. Die Zeitschriftenschau ist eine praktische
Arbeitshilfe, die auf dem - sehr weit gespannten - Gebiet der
„Bibelwisscnschaft" für Lehrende und Lernende von Nutzen ist.
Man unterlasse nicht, die Studenten immer wieder auf diese
Hilfe aufmerksam zu machen, damit die Mühe der Mitarbeiter
und des Herausgebers nicht umsonst getan ist.

Tübingen Hans-Dietrich Altendorf

Danker, Frederick W.: C r e e d s in t h e B i b 1 e. St. Louis,
Miss. USA: Concordia Publishing House (1966). 63 S. kl. 8"
= Biblical Monographs. $ 1.50.