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Ausgabe:

1968

Spalte:

947-948

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Ansohn, Eugen

Titel/Untertitel:

Die Wahrheit am Krankenbett 1968

Rezensent:

Eisenhuth, Heinz Erich

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gestalterischer Entfaltung von Verkündigungsansätzen. Die beobachteten
Tatsachen führen ebenso zwangsläufig zur Herausbildung
einer besonderen Rundfunkhomiletik, wie die Erfindung
der Schrift zu der Entwicklung einer literarischen Sprache geführt
hat. Die Bedeutung des besprochenen Buches liegt darin, daß der
Sammelband diese Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit bewufjt
macht und dadurch den Vorgang beschleunigt.

Hallc/Saalc Ernst L e r 1 e

A n s o h n , Eugen: Die Wahrheit am Krankenbett. Grundfragen

einer ärztlichen Sterbchilfc. Mit einem Geleitwort von H. Frhr. v.

Kress. München: Pustet [1965]. 192S. 8° Kart. DM12,80.

Verfasser gliedert das umfangreiche Thema in drei Teile: I. Teil:
Ärztliche Erwägungen zur Wahrheitsfrage am Krankenbett. Es geht
dem Verfasser zunächst um einen informierenden Teil (17). Das
Sterben kann medizinisch deskriptiv beschrieben werden. Aber
das Verstehen des menschlichen Todes ist Sache der Philosophie
und Theologie (17, 180). Im Mittelpunkt der ärztlichen Sterbehilfe
steht die Frage nach der Wahrheit. Die Bestandsaufnahme im I. Teil
wird dann in einem II. Teil kritisch dem Wahrheits- und Todesverständnis
des philosophischen Menschenbildes gegenübergestellt.
Im III. Teil geht Verfasser auf Voraussetzungen und Grundzüge
einer praktizierten Sterbehilfe ein.

Die Wahrheit nicht zu sagen, kann viele Gründe haben, vor
/illem den, den Schwerkranken schonen zu wollen. Auch kann die
Prognose auf Täuschung beruhen. Es gibt aber auch Ärzte, die
dafür eintreten, die Wahrheit offen auszusprechen, vor allem aus
Achtung vor der Persönlichkeit des Menschen, der in der verbleibenden
Zeit noch vieles in Ordnung bringen kann. Bei reifen
Menschen und reifen Ärzten kann die Wahrheit am Krankenbett
fördernde Kräfte entbinden.

Der II. Teil befaßt sich mit systematischen und kritischen Überlegungen
. Die Wahrheit zu sagen, deckt sich nicht mit der Mitteilung
der Diagnose oder Prognose. „Wahr wird die Aussage erst
dann, wenn der Tatbestand durch sie erschlossen wird, so, wie er
wirklich ist." Die Wahrheit am Krankenbett will helfen zur Sinn-
erschliefjung des Sterbens und der Vollendung des Lebens. Wenn
der Kranke die Wahrheit erfährt, muß er an ihr mitarbeiten. Die
Frage: „Was heißt sterben?" wird von vielen Menschen verdrängt,
weil sie den Tod fürchten oder vor ihm flüchten. Wenn der Mensch
die Bereitschaft „auf eine andere. Jenseitige' Wirklichkeit" verloren
hat, hat er nicht mehr die Bereitschaft zum Sterben (83). Die Hilfe
zum Leben ist zugleich auch Hilfe zum Sterben. Das Sterben ist
Schicksal und Aufgabe. „Sterben heißt, im Medium des biologischen
Ablebens, dem wir schicksalhaft unterworfen sind, in freier Entscheidung
das Leben vollenden" (112). Kein Mensch kann sich
gegen das Sterben wehren. „Der Tod ist die Vollendung der Zeit"
(102). Die Sterbehilfe will den Menschen zu seiner Individualisierung
kommen lassen (111). Sie will die fundamentale Hoffnung,
ohne die der Mensch nicht leben kann, nicht zerstören. Diese Hoffnung
ist eine aktualisierende Schöpfung (122) im Unterschied zu
den vielen Hoffnungen, die an Illusionen grenzen.

Im III. Teil geht Verfasser auf eine praktizierte Sterbehilfe näher
ein. Eine Voraussetzung einer solchen Hilfe ist die, daß der Arzt
selbst zu seinem Sterben in einem Verhältnis steht. Zwischen dem
Arzt und dem Kranken gibt es verschiedene Stufen der Kommunikation
, aber nur die der Partnerschaft schafft jenes Vertrauen, auf
das hin die Wahrheit am Krankenbett gesagt werden kann. Verfasser
erblickt nicht das Heil in der bedenkenlosen Mitteilung der
Diagnose. Es kommt vielmehr auf „allmähliche Führung in die
Wahrheit des Sterbens und in seinen Sinn und dessen Erfüllung"
an (155). Die zwei wichtigsten Voraussetzungen für eine Sterbehilfe
sind: 1. Die Reifung des Helfenden zu seinem eigenen bevorstehenden
Tod. 2. Sich zu transzendieren auf den ihm anvertrauten
Mitmenschen.

Sterbehilfe muß immer Hilfe zur Vollendung des Lebens sein
(157). Sie besteht in folgendem: 1. Es muß gleichsam ein innerer
Raum frei gehalten werden, in dem sich das Leben vollenden kann.
2. Es muß Führung zu innerem Wachstum gegeben werden. Die
Sterbehilfe gibt nicht Beruhigung, sondern Befriedung, die der
Hoffnung entspricht. Sie stärkt die Lebensbejahung (163). Sodann
muß sie dazu verhelfen, daß die Möglichkeit des inneren
Wachstums anerkannt wird. Verfasser hält es auch für möglich, auf

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die direkt gestellte Frage: „Mufi ich sterben?" „Ist es Krebs?" auszuweichen
, aber nur dann, wenn es dem Kranken hilft und wenn
ein tieferes Gespräch möglich wird (170).

Verfasser hat die Sterbehilfe als eine Hilfe zum eigentlichen Leben
verstanden. Hierin ist es begründet, die Wahrheit am Krankenbett
zu sagen, wenn die rechte Partnerschaft zustande gekommen
ist. Durch die vielen Zitierungen in diesem Buch werden viele
Fragen beantwortet, die jedem nachdenklichen Menschen im Angesicht
des Todes helfen können. Es ist nicht nur ein Buch für
Ärzte und Seelsorger, sondern für jeden, dem die Krankheit eine
Botschaft vom Sterben und der notwendigen Lebensvollendung ist.
Hier entsteht aber die Frage, die nicht berührt worden ist: Hinter
dem Sterben steht das Gericht. Deshalb gehört zu einer Sterbchilfc
doch noch zentraler als die Philosophie und die Metaphysik
eine echte Verkündigung des Heils und der Rettung durch Jesus
Christus notwendig hinzu.

Eisenach Heinz Erich E i s cn hu Iii

Angcrmcycr. Helmut: Hilfen zum Religionsunterricht (Pa

storalthcologie 57, 1968, S. 338-345).
Aring, Paul Gerhard: Die Predigt des Evangeliums in der veränderten
Welt (Communio viatorum 10, 1967, S. 211 222).
Bcincrt, Wolfgang: Der Versöhnungsdienst der Kirche (Catho

lica 22, 1968, S. 161-178).
Biemer, Günter: Glaubensziel als Ziel des Dienstes der Kirche

(ThQ 148, 1968. S. 303-320).
Gastgeber. Karli Leben und Dienst des Priesters gemäfs den

aktuellen pastoralcn Situationen (Concilium 4. 1968 S. 612-617)
Hartmann, Walter: Politische Diakonic 1968. Eine Predi<i!

über 1. Kor. 15,20-28 (Pastoralthcologio 57. 1968. S. 291-296).
Hesse . Franz: Und wcnn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahre.

Zum Verständnis des 90. Psalms (Pastoraltheologie 57. 19fiR,

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Hornef. Toscf: Diakonat auf Lebenszeit (Concilium 4, 196R,
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Kretz, Helmut: Die destruktive Predigt (Wege zum Menschen

20, 1968, S. 202-210).
Krimm, Herbert: Erneuerung des Diakonats in Österreich. Ein
' Entwurf und sein Schicksal (Pnstoraltheologie 57. 1968. S. 373

bis 334).

Kruse he. Werner: Missio - Präsenz oder Bekehrung? (KuD 14.
1968, S. 119-140).

Leeuwen. H. van: Kontinuiteit etl diskontinuiteit. Enige vra
uen aan de nieuwe katechismus - Continuirv and Discontinuih'
Questions round the New Catechism (Biidraaen 28. 1967. S. 2-14V

Nipkow, Karl Ernst: Christlicher Claubensunterricht in der Sä
kularität. Dip zwei Grundtvpen des evancrelischrn Reliaions
Unterrichtes (Der evanaelische Erzieher 20, 1968 S. 169-189).

Redecker, Dietrich: Wider die Vorurteile. Prediat über Lukas 6.
37, 41 und 42 (vgl. Mt. 7,1-5) (Kirche im Dorf 19. 1968. S 144
bis 146).

Rose. Stephen C: Shape and Stvlc of the Church Tomorrow

(Theologv Todav 25. 1968. S. 64-80).
Ruffini. Eliseo: Die Franc des Firmalters (Concilium 4. 196R.

S. 578-581).

S t Ii Uber g , Dietrich: Was ist Pastoralpsvchologie (Wege zum
Menschen 20. 1968. S. 210-216).

LITURGIE WISSENSCHAFT

Liturgisches Tahrbuch. Vierteliahreshefte für Fragen des
Gottesdienstes, hrsg. v. Liturgischen Institut. 15. Jahr, 1965
Münster/W.: Aschendorff [19661. IV, 280 S. gr. 8°. Lw. DM22.50.
Der vorliegende 15. Jahrgang des Liturgischen Jahrbuches befaßt
sich begreiflicherweise in der Hauptsache mit Fragen, die durch die
Liturgie-Konstitution des II. Vatikanischen Konzils hervorgerufen
worden sind. E. J. Lengeling gibt eine eindrucksvolle Darbir-
tung der Lehre vom Gottesdienst, wie sie in der Liturgie-Konstitution
ihren Niederschlag gefunden hat. Der wichtigste Teil ist der
zweite, der die Liturgie als heiligendes Wirken Gottes und als
gottesdienstliche Antwort des Menschen zu verstehen sucht. Auch
der dritte Teil bemüht sich um eine neue Durchdringung der Liturgie
als eines dialogischen Geschehens im Raum einer Aktualisierung
des Neuen Bundes. Die Liturgie ist die vom hierarchisch
gegliederten Volk Gottes, der Braut und dem Leib Christi, durch
den gegenwärtigen Christus im Heiligen Geist unter wirksamen
äußeren Zeichen und in rechtmäßiger Ordnung vollzogene Aktuie-
rung des Neuen Bundes zwischen Gott und Mensch in Fortfuhrung

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 12