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Ausgabe:

1968

Spalte:

935-937

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Theologisches Jahrbuch 1967 1968

Rezensent:

Schott, Erdmann

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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 12

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die ökumenische Bedeutung nicht zugesprochen wird (195). Offenbar
ist der Vf. stärker in der Organismusvorstellung zu Hause,
die aber gerade bei den Genannten in ihrer höchst paradoxen
Verbindung mit dem Anstaltscharakter der Kirche gesehen werden
mu5, wie denn die Nähe zu Möhler mit Recht festgestellt wird
(125). Bei Vilmar etwa gehört die institutionelle Linie keineswegs
wie bei Möhler in den Zusammenhang des Christus prolongatus
hinein, sondern bezeichnet die Vorgegebenheit des geistlichen
Amtes im Sinne von Lk. 10,16 allen kongregationalistischen Theorien
gegenüber. Das ist jedenfalls der vom Vf. bezweifelte neu-
testamentliche Hintergrund des institutionellen Kirchenverständnisses
(190). Es ist auch fraglich, ob nach der Meinung des Vf. der
Organismusgedanke und die Branch-Theorie es verhindert haben,
„daß die lutherische konfessionelle Theologie die lutherische Konfessionskirche
als eine abgeschlossene institutionelle Heilsanstalt
isoliert sehen kann" (195). Hier wird zu sehr von der etwa bei
Vilmar besonders wichtigen eschatologischen Linie abgesehen,
die gerade für dessen Kirchenverständnis bis hinein in die ökumenischen
Konsequenzen wirksam ist. Überhaupt fällt die weitgehende
Nichtbeachtung der eschatologischen Dimension in der
konfessionellen Ekklesiologie auf, die zum Teil ihre Wurzeln im
Irvingianismus hat und die es verdient hätte, gerade im Zusammenhang
mit Montreal stärker gewürdigt zu werden (168ff.). Besonders
hinzuweisen wäre noch auf die mit Recht festgestellte,
bleibende ökumenische Bedeutung von Theodosius Harnack
(135ff.).

Insgesamt dürfte die Arbeit von Beckmann aus zwei Gründen
besonders zu beachten sein. Von seinem systematischen Ansatz
her kann der Vf. den umfänglichen Stoff mit seiner verschiedenartigen
Typologie in einleuchtender Weise ordnen und damit für
die gegenwärtige Problematik fruchtbar machen. Damit wird die
immer wieder unterschätzte Bedeutung der Ekklesiologie des
19. Jahrhunderts in ihrem bleibenden Rang gewürdigt. Der Vf.
kann den überzeugenden Nachweis führen, dafj die Positionen des
19. Jahrhunderts in viel größerem Umfang geschichtswirksam geworden
sind, als das gemeinhin angenommen wird und daß diese
zugleich die Spannungsfelder der gegenwärtigen ökumenischen
theologischen Arbeit bezeichnen.

Corrigenda: S. 30 Anm, 75; 77: Eiert statt Ehlert.

Hannover-Waldhausen Ulrich Asendorf

Dembowski, Hermann: Pascal als Theologe dargestellt auf

Grund seiner Pensees (EvTh 28, 1968, S. 187-202).
Grossmann, Walter: Johann Christian Edelmann's Idea of

Jesus (HThR 60, 1967, S. 375-389).
Himmelsbach, Arthur: „Atheistische Theologie" bei Johannes

vom Kreuz (ThGl 58, 1968, S. 433-441).
Lenzen-Deis, Heinrich Bodo: Die Bedeutung und Rolle der

RELIGIO in der Pädagogik des Johann Arnos COMENIUS (TThZ

77, 1968, S. 300-311).
Lutz, Hans: Zum 150. Geburtstag von Karl Marx (JK 29, 1968,

S. 261-264).

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

Theologisches Jahrbuch 1967, hrsg. v. A. D ä n h a r d t.

Leipzig: St. Benno-Verlag 1967. 579 S. gr. 8°.

Das Theologische Jahrbuch bringt diesmal 38 Beiträge von
36 Autoren; K. Rahner und F. Böckle sind mit je zwei Beiträgen
vertreten. Die Thematik und die Ausführungen sind vom Geist
des Zweiten Vatikanischen Konzils spürbar bestimmt. Die große
Offenheit zu den andern christlichen Kirchen drückt sich u. a. darin
aus, daß zwei oder drei Autoren Nichtkatholiken sind: Peter
Mcinhold, Jürgen Wilhelm Winterhager und Anatol Drewing (?).
Ihre Aufsätze sind, ohne besonders kenntlich gemacht zu sein, an
der entsprechenden Sachstelle eingereiht.

Einen breiten Raum nehmen ekklesiologische Probleme ein.
G. Baum behandelt unter „Die ekklesialc Wirklichkeit der andern
Kirchen" (schon der Titel ist bemerkenswert) den Fortschritt
von den Enzykliken Mystici corporis und Humani generis zur
Konstitution über die Kirche. Er unterscheidet drei Punkte: 1. Die
ernannten Enzykliken Pius' XII. setzen „den Mystischen Leib und
die soziule Körperschaft der Kirche" gleich, sie identifizieren „den

irdischen Leib Jesu und die römisch-katholische Kirche bn strengsten
Sinne". „Diese Auffassung wird in der Konstitution über die
Kirche korrigiert" (S. 163). Diese verlegt den Ton „auf die . .. Gemeinschaft
der Brüder mit Jesus" (S. 163f). 2. Darüber hinaus gibt
sie in ihren Formulierungen der Auffassung Raum, daß der Leib
Christi zwar in der römisch-katholischen Kirche gegenwärtig ist,
aber auch über sie hinausreicht (S. 165). 3. Nach den Enzykliken
gehören nur gläubige Katholiken „reapse" (im eigentlichen Sinn)
der Kirche an. Die endgültige Fassung der Konstitution ersetzt
„reapse et simpliciter loquendo" durch „plene". „Das aber besagt
einschlußweise, daß es außerhalb der vollen Teilnahme am Mysterium
der Kirche noch andere, weniger vollkommene Arten der
Teilnahme gibt" (S. 165f.). Auf der Grundlage der Lehre des Zweiten
Vatikanischen Konzils kann man daher sagen: „Sie (sc. andere
christliche Gemeinschaften) sind im wahren, wenn auch nicht im
vollkommenen und vollständigen Sinne Kirchen" (S. 168). - Dasselbe
Problem wird gleichsam von der entgegengesetzten Seite,
aber im gleichen Geist angepackt durch A. Ahlbrecht, Die Überwindung
des Konfessionalismus in Theologie und kirchlichem Leben.
Konfessionalismus gibt es nicht nur in den nichtkatholischen, sondern
auch in der römich-katholischen Kirche. Diese bestimmt im
Sog der faktischen Entwicklung „ihre eigene Position in einem
negativen Maßnehmen an ihrem konfessionellen Gegenüber und
wird so - wenn nicht theologisch gesehen, so doch religionssoziologisch
- selbst ,Konfession'". Damit droht die Gefahr des
Konfessionalismus, d. h. einer „Überbewertung einer begrenzten
kirchlichen Tradition" (S. 213). Die Überwindung des Konfessionalismus
wäre „nicht ohne weiteres die Überwindung der Kirchenspaltungen
, sondern erst eine »Zwischenlösung'". Im übrigen
stehen „alle kirchlichen Gestaltungen unter dem Zeichen der
Vorläufigkeit", auch „eine schließlich geeinte Kirche" (S. 220). -
Über „Reformatorische Kirchentypen" unterichtet knapp und sachlich
J. F. Lescrauwaet. Er charakterisiert sechs verschiedene Kir-
chentypen nach folgenden sechs Gesichtspunkten: Name, Bekennt
nis, Struktur, Verbreitung, Spiritualität, ökumenisches Ideal-
Und zwar die lutherischen, die reformierten, die anglikanischen,
die baptistischen, die kongregationalistischen und die methodistischen
Kirchen. Außerdem geht er noch kurz auf Vereinigte Kirchen
und den sektiererischen Typ ein. - Der alte Gedanke einer
anonymen Christlichkeit wird neu erörtert von A. -M. Besnard
(Kraftlinien der geistlichen Strömungen unserer Zeit) und K. Rah'
ner (Über die Einheit von Nächstenliebe und Gottesliebe). Besnard
macht Mut zu dem Zugeständnis, „daß es jetzt und immer nicht
nur nicht-christliche, sondern sogar nicht-gläubige .Spiritualitäten
gibt" (S. 254). Er betont, „daß in unserer konkreten Welt der Bf
lösung die freie Entscheidung irgendeines behebigen Menschen
für das Gute eine implizite Entscheidung für Christus darstellt
solange dieser ihm noch nicht verkündigt worden ist", warnt aber
vor einem „totalen .Immanentismus' des göttlichen Handelns im
Werk des Menschen" und vor dem daraus folgenden unvermeid'
liehen „Rückgang in der kontemplativen Dimension des christlichen
Mysteriums" (S. 255). Rahner setzt bei seinen Überlegung^1
„die anonyme Christlichkeit jedes positiv-sittlichen Tuns" als
zugestanden voraus (S. 273). Beide entwickeln Gedanken, die vorn
evangelischen Glaubensbegriff her nicht ohne weiteres nachvoll"
zogen werden können. Glaube als Ergreifen der Heilszusage Gottes
in Christus kann schwer anonym vorgestellt werden. - F. Böck'c
macht praktische Vorschläge zu einer Erneuerung des Mischehen'
rechts, a) Die kirchliche Eheschließung betrifft nicht die Gültigkc'1
der Ehe,- eine evangelische kirchliche Trauung ist daneben mö9"
lieh, b) Mischehen sollen den entsprechenden Pfarrämtern gerne''
det werden, c) Mit den kirchlichen Gemeinschaften sind auf Gc-
bictsebene gemeinsame Grundsätze zur Ehefähigkeit und zulT1
Ehewillen anzustreben. In der Frage der Kindererziehung solltc
vom katholischen Gläubigen (und nur von ihm) der Vorsatz vei"
langt werden, „das möglichste zu tun, um den Kindern die
Erziehung im katholischen Glauben zu sichern". Die Kirche ver"
ziehtet auf Strafsanktionen (S. 346). - K. Honselmann begründet
mit neuen Argumenten die Auffassung, daß Luthers Thesenanschlag
nicht stattfand (S. 480-499). - Über Luthers Stellung z""1
Konzil unterrichtet A. Ebneter (S. 500-548). - „Die Ausgangspo81'
tionen der lutherischen und der katholischen Lehre von der Rechtfertigung
" untersucht Th. Beer. Hier sind an einigen Punkten Frag*"
zeichen angebracht; z.B. kann man schwerlich sagen: „Die Sakra