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Ausgabe: | 1968 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Reformationszeit |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 12
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als Folgerung aus der Bartholomäusnacht das Widerstandsrecht
gegen das französische Königtum zu vertreten. Wichtig ist auch,
daß Kirche und Staat zu einem gemeinsamen genus zusammengeschlossen
und nur in ihrer species als geistliches und weltliches
Amt unterschieden werden und dafj das Finaldenken zur
Geltung kommt in der Aussage, die Ehre Gottes sei letztes Ziel
des Staates. Hier wirken sich platonisch-aristotelische Grundsätze
aus, die K. auch in der Hochschätzung des Alten Testaments
durch Beza wirksam sieht.
Theologiegeschichtlich sieht K. Beza in der Nachfolge Calvins
ünd Melanchthons, und zwar in der Prinzipienlehre mehr in der
Melanchthons als Calvins. Erfreulich sind gewisse Klarstellungen
>n der Deutung Calvins, speziell bei Calvins Prädestinationslehre
(S- 147f.). Dennoch geht Beza in der Verwendung philosophischer
Denkstrukturen weit über Calvin und Melanchthon hinaus. K.
sPricht einmal davon, daß bei Beza „die Mehrdimensionalität
calvinischen Denkens" verlorengehe (S. 159). Auch sei Calvin
lr> erheblich größerem Mafje Schrifttheologe. Die Lehre Bezas
bedeutet eine weitgehende Rationalisierung der Lehre Calvins,
obwohl eben bei Calvin verführerische Ansatzpunkte für Bezas
Folgerungen gegeben seien. Hinzu komme bei Beza eine strenge
'ogische Systematisierung der gesamten Theologie.
Das Buch enthält eine große Zahl treffender und anregender
Beobachtungen. Kein künftiger Beza-Forscher wird an ihm vorübergehen
können. Überraschend ist auch die Modernität gewisser
^enkbewegungcn Bezas, etwa der Versuch, das Verhältnis von
si9num und res im Sakrament nicht als Seinsbeziehung, sondern
°ls Wirkungsbeziehung zu verstehen (S. 229). Interessant ist fer-
ner die Nähe Bezas zu gewissen - traditionellen wie modernen -
■'bmisch-katholischen Gedanken (Abcndmahlslehrc: transfinalisatio
Isz25]! Natur und Gnade [S. 253), Synergismus (S. 257]). Eine
9anz andere Frage ist die nach dem sachlichen Recht der Deu-
lur>g Bezas durch K. Hier vermag ihm vielleicht nicht jeder zu
f°'gen, speziell der nicht, der nicht mit Barth das letzte Wort
2uni Thema Vernunft und Offenbarung gesprochen sieht.
Ein gewisser Mangel des Buches besteht darin, dafj von den
beiden Arbeiten von Johannes Dantine: Die Prädestinationslehre
kei Calvin und Beza, Diss. Göttingen 1965, und: Das christolo-
9ische Problem im Rahmen der Prädestinationslehre von Theodor
^za, ZKG 57 (1966) 81-96, keine Notiz genommen wird. Mag
Cs schon sein, daß sie bei der Ähnlichkeit der Ergebnisse keine
Änderungen der Konzeption K.'s zu bewirken vermocht hätten,
So Wäre K. doch eine kontrollierende Bestätigung seiner Thesen
9erade aus der etwas anderen Perspektive Dantines nicht ent-
9angen. Daß sich in der zweiten Hälfte des Buches die Druckfehler
vor allem in den lateinischen Zitaten häufen, ist keine
Wesentliche Beeinträchtigung für den Wert des Werkes, das
K'rchcngeschichtlern, Systematikern und Philosophen in gleicher
Weise zu empfehlen ist.
Körner/Thür. Ernst Koch
B°u mer, Johannes: Rupert von Deutz und sein Einfluß auf die
Kontroverstheologie der Reformationszeit (Catholica 22, 1968,
s- 207-216).
Zwei „Vermittlungsthcologen" der Reformationszeit (ThPh 43,
S. 502-522).
o b i ä s , F. M.: Calvin - Luther - Hus (Communio viatorum 10,
v 1967, S. 259-267).
y 1 d a , Stefan: Erasmus und sein Prozeß (ThCL 58, 1968, S. 461-463)
°'ter, Hans: Probleme reformationsgeschichtlicher Forschung
(ThPh 43, 1968 S. 562-568).
KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT
Öeckmann, Klaus-Martin: Unitas Ecclesiae. Eine systematische
Studie zur Theologiegeschichte des 19. Jahrhunderts. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus G.Mohn [1967]. 224 S gr. 8°. Lw.
DM24,-.
°er Vf. versteht seine Untersuchung als systematischen Beitrag
Unter theologiegeschichtlichem Aspekt. Es soll gezeigt werden, in
Welchem Maße die ökumenische Bewegung des 20. Jahrhunderts
'hl"e Wurzeln in der Theologie des 19. Jahrhunderts hat (12), so
'S ständiq Querverbindungen zu aktuellen Fragen hergestellt
Werden.
Der erste der fünf Abschnitte des 1. Teils stellt die Kirche als
„organische Gemeinschaft" bei Schleiermacher dar (37ff.). Hier
wird vom Organismusbegriff her die bleibende Bedeutung der
Ekklesiologie Schleiermachers für die ökumenische Bewegung gewürdigt
. Nachdem anschließend die Kirche bei J. A. Möhler in
der kritischen Nachfolge Schleiermachers als „organische gottmenschliche
Institution" interpretiert ist (65ff.), stellen die beiden
folgenden Abschnitte die Preußische Union als „Modell kirchlicher
Einheit" dar (81ff.), der die „Bekenntnis-Einheit" der konfessionell
-lutherischen Theologie entgegengestellt wird (105ff.).
Den Abschluß des ersten Teils bildet die Darstellung des gleichfalls
geschichtlich folgenreichen ethischen Verständnisses der Einheit
bei A. Ritsehl und A. v. Harnack (142ff.).
In der systematischen Zusammenfassung wird die Einheit der
Kirche als „organische Christusgemeinschaft" (162ff.) und als „organische
gott-menschliche Institution" verstanden (169ff.). Hier
werden die von Schleiermacher und Möhler herkommenden Linien
weitergeführt, wie andererseits die Bedeutung der Rechtferti-
gungslehre für das Verständnis der Einheit der Kirche in der
Unionstheologie nachgewiesen wird (183ff.). Das konfessionelle
Luthertum wird im Hinblick auf seine Akzentuierung von Bekenntnis
und Lehre gewürdigt (188ff.) wie auch die ethische Gesinnung
und das Gebet in ihrer Bedeutung für die Einheit bei Ritsehl und
A. v. Harnack (196ff.). Besonders hinzuweisen ist noch auf den
Exkurs über das II. Vatikanische Konzil (180ff.).
Im einzelnen wird der Organismusgedanke in Schleiermachers
Ekklesiologie als „Identität des einen Geistes, der in den verschiedenen
Organismen wirkt", verstanden (56). In diesem Sinne
weiden die reformatorischen Kirchen als Organismen begriffen,
die ihre selbständigen Ausprägungen gefunden haben. Damit ist
vom Organismusgedanken her das Thema der „Einheit in der
Vielheit" gegeben (165), womit zugleich dessen Stärke und
Schwäche bezeichnet ist. Kritisch wird im Anschluß an W. Maurer
bemerkt, daß das evolutionäre organische Prinzip nicht nur die
„Aufhebung der Eschatologie" bedeutet (164), sondern auch für
Abfall und Erneuerung keinen Raum hat. So ergibt sich der paradoxe
Sachverhalt, daß der Organismusbegriff trotz des Entwicklungsgedankens
in gewisser Weise statisch bleibt (166), ganz ab
gesehen von der weitgehenden Spiritualisierung der Einheit infolge
der zu stark betonten konkreten Vielfalt.
Von besonderem Interesse ist die Würdigung der Preußischen
Union als „erster konkreter Versuch zur Verwirklichung der Einheit
der Kirche neben der pietistischen Brüdergemeinde" (97f.).
Der Vf. versteht deswegen die Unionen des 19. Jahrhunderts als
„historische Modellfälle konkreter ökumenischer Ziele" (98). Dabei
ergeben sich die verschiedenartigsten aktuellen Bezüge, wenn
etwa C. I. Nitzsch von der gegebenen „lebendigen Einheit"
aus zu einer Lehrübereinstimmung gelangen will (85). Der gleiche
Wunsch nach einem klaren Bekenntnis bei gleichzeitiger Schwierigkeit
, ein solches zu formulieren, zeigt sich in der damaligen
Union genauso wie in der heutigen Ökumene (87). Bei I. A. Dorner
lassen sich im Konzept einer evangelischen Gesamtkirche im
Sinne einer Nationalkirche, die als Kirchenbund verstanden wird,
relativ große Übereinstimmungen mit der späteren Gestaltung der
EKD erkennen (98ff.). Vor allem sind es drei Motive der Vermittlungstheologen
, die in diesem Zusammenhang bedeutungsvoll
werden (104), nämlich die Bekenntnisfrage im Sinne der einstweiligen
Geltung der alten Bekenntnisse zu lösen, wobei zunächst
der bestehende Konsensus in der Rechtfertigungslehre für die
Einheit genüge (J. Müller), bis durch das weitere Zusammenleben
ein formulierter Konsensus möglich wird. Ferner brauche die
lnterkommunion nicht bis zur vollen Lehreinheit aufgeschoben
zu werden, zumal das gemeinsame Abendmahl die Einheit stärke.
Schließlich ist sich die Gruppe darin einig, daß die Kirche Volksund
Landeskirche bleiben soll mit dem Ziel einer Reichs- oder
Nationalkirche und der weiteren Möglichkeit eines „Generalkonzils
der evangelischen Ökumene".
Die Bedeutung der konfessionellen Lutheraner wird in der „Herausstellung
der grundlegenden Bedeutung des Wortes Gottes, des
Bekenntnisses und der Lehre" gesehen (195). Hier ist allerdings
zu fragen, ob der zwar anvisierte Zusammenhang im Kirchenverständnis
als „organische Anstalt" bei Kliefoth, Stahl und Vilmar
in einem solchen Maße herausgearbeitet ist, wie diese Gruppe es
verdiente (116ff.), wobei auch nicht einzusehen ist, warum Vilmar