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Ausgabe:

1968

Spalte:

931-933

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Kickel, Walter

Titel/Untertitel:

Vernunft und Offenbarung bei Theodor Beza 1968

Rezensent:

Koch, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 12

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Glaubenssicht nahezubringen, wobei er das Anstößige zurücktreten
läßt, empfiehlt das Buch speziell für junge Menschen. Indirekt
dürfte es eine erste Einführung in Gogartens eigenes Wollen
sein und vielleicht Mut machen, auch seine größeren Werke
zur Hand zu nehmen.

Heidelberg Albrccht Peters

Gollob, Hedwig: Bischof Friedrich Nausea (1496-1552). Probleme
der Gegenreformation. 2., erweit. Ausgabe. Nieuwkoop:
B. De Graaf 1967. III, 160S„ 1 Taf. 8°. Lw. hfl. 30,-; DM33,50.
Friedrich (Grau) Nausea ist eine bedeutende Gestalt der Gegenreformation
gewesen. 1524 von Campegio als Sekretär mit nach
Deutschland genommen, hat er zahlreiche kleinere und größere
Missionen ausgeführt, wozu insbesondere auch Versuche zählen,
Melanchthon für die katholische Kirche wiederzugewinnen. Der
angesehene Prediger Nausea wurde 1534 Hofprediger in Wien,
1538 Coadiutor des dortigen Bischofs Fabri und 1541 schließlich
dessen Nachfolger. Nausea sah die Schwächen der damaligen
katholischen Kirche durchaus und setzte sich für deren Beseitigung
ein. Bei den Religionsverhandlungen mit den Protestanten wirkte
er mit. Auf dem Trienter Konzil versuchte er vergeblich, Laienkelch
und Priesterehe freizugeben, um eine Wiedergewinnung der
Protestanten herbeizuführen. Dabei war Nausea ein durchaus überzeugter
Anhänger des Papsttums.

Eine neue gründliche Untersuchung über diese an vielen kirchlichen
und politischen Ereignissen des 16. Jahrhunderts beteiligte
Persönlichkeit fehlt. Das ursprünglich 1952 erschienene Buch von
H. Gollob, das sicher auf intensivem Quellenstudium beruht, kann
diese Lücke freilich in keiner Weise füllen. Gollob will zwar eine
Biographie Nauseas vorlegen. Sie unterläßt es dabei jedoch unbegreiflicherweise
, ihre Belege anzugeben, so daß der Leser keine
Möglichkeit hat, die Darstellung nachzuprüfen. Das von ihr erstellte
Schriftenverzeichnis Nauseas kann das Fehlende nicht ersetzen
. Nicht minder schwerwiegend ist ein anderer Mangel, daß
nämlich die Verf. in einer völlig unübersichtlichen Weise jeweils
über viele Seiten hinweg biographische Schilderungen mit Inhaltsangaben
über Nauseas Werke vermischt, so daß man vergeblich
versucht. Zusammengehöriges auch einander zuzuordnen. Schließlich
finden sich - abgesehen von zahlreichen Druckfehlern und
Unrichtigkeiten - seltsame Urteile und eigenartige Räsonncments,
von denen hier keine Proben gegeben werden sollen. Es ist
schade, daß die Verf. trotz offenbar gründlicher Studien kein für
die wissenschaftliche Diskussion brauchbares Buch vorgelegt hat.

Hamburg Bernhard Loh^e

Kickel, Walter: Vernunft und Offenbarung bei Theodor Beza.

Zum Problem des Verhältnisses von Theologie, Philosophie
und Staat. Neukirchen: Neukirchcner Verlag des Erziehungsvereins
1967. 293 S. 8° = Beiträge zur Geschichte u. Lehre d.
Reformierten Kirche, hrsg. v. P. Jacobs, W. Krcck, G. W. Locher,
O. Weber, 25. DM 29,80; Lw. DM 32,80.

Bei der gegenwärtigen Forsch ungslagc kann gewiß jede solide
Arbeit, die sich mit der sog. zweiten Generation der Reformation
befaßt, freudig begrüßt werden, zumal wenn es sich wie bei
der vorliegenden um einen Durchstieg durch die ganze Thcologir
eines der Männer der zweiten Generation handelt. Dem Verf.
ist zuzustimmen in dem, was er bei seinem einleitenden Forschungsüberblick
sagt, daß „Ausführungen über die theologische
Gedankenwelt Bezas sehr selten" sind. Hier rächt sich die Einstellung
, die bisweilen geradezu als Axiom gilt: die Theologen
der zweiten reformatorisehen Generation nur als Epigonen zu
betrachten, mit denen man sich schnell fertig zu werden getraut.
Was Beza betrifft, so stimmt einen dann doch die Lektüre des
vorliegenden Buches recht nachdenklich. Das Buch ist expressis
verbis auch als Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion des Problems
gedacht.

Der Verf. steht mit seiner eigenen Sicht des Problems Vernunft
und Offenbarung etwa bei Barths mittlerer Schaffensperiode (vgl.
bes. S. 11 und 99). Er möchte die etwas verengte Fragestellung
Troeltschs (in seiner Untersuchung der Frage bei Johann Gerhard)
auf eine Untersuchung der gesamten Theologie Bezas ausdehnen

und behandelt A. Die offizielle Lehre vom äußeren Verhältnis
von Vernunft und Offenbarung: Die Prinzipicnlehrc, B. Die
offizielle Lehre vom inneren Verhältnis von Vernunft und Offenbarung
: Das Problem der natürlichen Theologie, C. Das faktische
Verhältnis von Vernunft und Offenbarung innerhalb der Theologie
: Die Frage nach dem Einfluß philosophischen Denkens auf
die Theologie. Der Gefahr einer systematischen Verzeichnung
des Denkens Bezas möchte K. dadurch begegnen, daß er innerhalb
der drei Hauptabschnitte des Buches das Schrifttum Bezas
chronologisch behandelt. Im einzelnen wird in der Untersuchung
regelmäßig der thcologiegcschichtliche Ort der Aussagen Bezas
fixiert und bei den einzelnen untersuchten dogmatischen loci
im 3. Hauptteil (Prädestination, Rechtfertigung, Trinität, Zwci-
naturenlehre, Abendmahl, Staat und Kirche) eine Beurteilung
Bezas geboten.

Die Ergebnisse sind: Beza sieht zwischen Vernunft und Offenbarung
keinen ausschließlichen Gegensatz. Bildet sich ein solche,
so muß die Vernunft der Schrift weichen. Grundsätzliche Übereinstimmung
zwischen beiden findet vor allem im Gottesbegriff
statt. Die Philosophie hat für die Theologie lediglich in der
Dialektik als reiner Formalwissenschaft Bedeutung. Neben der
Offenbarung gilt für die Theologie auch die Erfahrung als Erkenntnisprinzip
, wobei das Urteil a posteriori den Gewißheit?
vorrang vor dem Urteil aus den Naturursachen hat. Das Dogma
wird nur indirekt aus der Schrift, direkt aus den prineipia g-'
wonnen, d. h. aus letzten allgemeinen Sätzen, die durch die
Methode der Induktion aus der Schrift gewonnen werden. Die
Vernunft liefert der Offenbarung, die Material und Norm der
Theologie ist, zusätzliches Material für die Lehrbildung, die formalen
Mittel der theologischen Arbeit und eine zusätzliche Bestätigung
der Offenbarungsprinzipien. Die Möglichkeit der natürlichen
Gotteserkenntnis wird von Beza bestritten. Hingegen (JW*
es die Möglichkeit, daß die Vernunft nachträglich Offenbarungsaussagen
als richtig anerkennt und zusätzlich bestätigt, daß also
.die nätürliche Theologie wie durch ein Hintertürchen in die
Offenbarungstheologie hineinschaut" (S. 76).

Das Grundproblem der Prädestination ist für Beza die Antinomie
zwischen Allmacht und Gerechtigkeit Gottes. Schöpfung^
Rechtfertigung, Lehre von Wort und Geist sind der Prädistinatio"
eingeordnet und untergeordnet; hieraus erklärt sich auch die
große Bedeutung des Syllogismus practicus. Die beiden (philosophischen
) Eigenschaften Gottes, Allwirksamkcit und Unvcrän-
dcrlichkcit, sind die Grundprinzipien der Prädestinationsichre.
Sie werden mit aristotelischen Denkmittcln für die Theologie
verarbeitet - bis hin zur augustinischen Kategorie der causa
deficiens, die für das Problem der Ursache der Sünde verwende'
wird. Wie weit die Verwendung von Aristoteles gehen kam1*
wird an Bezas Deutung von Rom. 9 aufgezeigt (S. 136ff ). $°
konstatiert K. bei Beza immer wieder eine unbewußte Beeinflussung
theologischer Gedankengänge durch philosophische
Denkstrukturen. Verhängnisvoll bemerkbar macht sich das Prinz'!'
des Finaldenkens, das im Gottesbegriff seinen Rückhalt im Pr'"~
zip der immutabilitas hat. So wird aus der offiziellen Indienststellung
der Vernunft für die Theologie eine geheime Herrscher-
Stellung. In der Rcchtfcrtigungslchrc macht sie sich als ethisch'
ontologischcs Denken bemerkbar, das nach K. viel höher ^
bewerten ist als die gelegentliche Anwendung der syllogistische'1
Form und der dialektischen Mittel.

Was das alles für Bezas Zweinaturen- und Sakramentsichre
bedeutet, kann als bekannt gelten. Man ist jedoch dankbar, es
noch einmal im Zusammenhang der vorliegenden Thematik dar
gestellt zu finden. Denn auch hier ist nach K. die vorlaufende
philosophische Festlegung der zentralen Termini von großer
Wirkkraft. Sic hat wie in der Prädestinationslchre das Ausrinan
derfallen biblisch zusammengehöriger Vorgänge zur Folge - eine
Konsequenz übrigens, die K. für viel unheilvoller hält als den
gelegentlich ausgesprochenen Gedanken des Syllogismus pr<ic"
ticus (S. 152) -, wogegen Beza das Bindemittel des Heiligen
Geistes geltend macht.

Für das Verhältnis von Kirche und Staat bei Beza stellt K. eine
enge Verbindung beider Größen fest. Der Staat hat die Schutz
rolle für die Kirche und den Glauben zu spielen. Der natur
rechtliche Vertragsgedanke gibt Beza dann auch die Möglichkeit-