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Ausgabe: | 1968 |
Spalte: | 919-920 |
Kategorie: | Neues Testament |
Autor/Hrsg.: | Robinson, James McConkey |
Titel/Untertitel: | Kerygma und historischer Jesus 1968 |
Rezensent: | Haufe, Günter |
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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 12
S. 274 A. 4 offenbar ein Verweis auf das Manuskript nicht umgestellt; es mufj
statt „p.427, n.87" heifjen .p.271. n.S". - Zu S. 220 A.l i tatsächlich ist bei Alexander
Polyhistor ein samaritanisches Fragment versehentlich unter die Fragmente des
Eupolemos geraten. - Zu Aristobul (S. 154 A.l) vgl. die umfassende Monographie
von N. Walter, Der Thoraausleger Aristobulos, 1964 (die Zeit des Ptolemäus VI. ist
übrigens nicht .ca. 107-150 B.C.", sondern co. 181-145 v. Chr.).
Creifswald Traugott H o 1 t z
Robinson, James M.: Kerygma und historischer Jesus. 2.,
wesentlich Überarb. u. ergänzte Aufl. Zürich-Stuttgart: Zwingli-
Verlag (1967). 264 S. gr. 8°. sfr. 22,80; Lw. sfr. 26,40.
Das Buch, dessen zweite Auflage hier angezeigt werden kann,
bedarf keiner Empfehlung mehr. Ursprünglich als Information für
den englischen Sprachbereich konzipiert, hat es längst auch im
deutschsprachigen Raum als wertvolle Orientierungshilfe Anerkennung
und Beifall gefunden. Der Verfasser, seit 1964 Professor für
Religion in Claremont (USA), schreibt die Problemgeschichte der
seit 1953 namentlich in Deutschland neuaufgebrochenen Diskussion
um den historischen Jesus. In beispielhafter Klarheit zeichnet er
die Hauptlinien eines der erregendsten Kapitel der neuesten Theologiegeschichte
. Freilich darf der Leser nicht ein möglichst unparteiliches
und vollständiges Referat von der neueren Jesus-Literatur
erwarten (dazu vgl. W. G. Kümmel in Th. R. n. F. 31/1966). R. setzt
Akzente und wählt aus, folgt aber darin nur den Schwerpunkten,
die sich in der Diskussion herausgebildet haben. Über die problemgeschichtliche
Darstellung hinaus findet hier die neue Rückfrage
nach dem historischen Jesus zugleich ihre wohl bisher hervorragendste
systematische Durchdringung. Die 2. Auflage berücksichtigt
neu die seit 1960 erschienene Literatur. Sie ist bibliographisch
in den Anmerkungen in kaum überbietbarer Vollständigkeit
erfaßt. Sachlich bedeutsam ist vor allem die Auseinandersetzung
mit Bultmanns Heidelberger Akademievortrag von 1960
und der kritischen Besprechung der 1. Aufl. durch Van A. Harvey
und Schubert M. Ogden in der ZThK 1962.
Die „Einleitung" bringt zunächst eine instruktive Übersicht
über die seit dem berühmten Vortrag E. Käsemanns über das Problem
des historischen Jesus (1953) erschienene Literatur. Lehrreich
ist schon die Bemerkung, daß in der französischen und englischsprachigen
Forschung die Problematik der Leben-Jesu-Forschung
des neunzehnten Jahrhunderts „nicht in der Schärfe gesehen wurde
wie in der deutschsprachigen Literatur" (S. 12). Von einem Neuaufbruch
der Frage nach dem historischen Jesus kann daher eigentlich
nur in der Bultmann-Schule die Rede sein, denn nur hier war
die Leben-Jesu-Forschung alten Stiles völlig aufgegeben worden.
Der Einstieg in die neue Diskussion erfolgte mit der Rückfrage
nach der problematisch gewordenen Kontinuität zwischen dem
historischen Jesus und dem nachösterlichen Kerygma. Mit dieser
Rückfrage aber haben die Schüler Bultmanns, so konstatiert R.,
„lediglich eine in der Theologie ihres Lehrers bereits angelegte
Möglichkeit aufgegriffen . . ., die von Bultmann selbst nicht entfaltet
wurde" (S. 84).
Das 1. Kapitel handelt von der Unmöglichkeit und Illegitimität
der traditionellen Leben-Jesu-Forschung. Unmöglich geworden ist
sie durch die Einsicht in die Eigenart der Quellen, illegitim durch
die Einsicht in die zentrale Rolle des Kerygmas im Urchristentum.
Das 2. Kapitel klärt die Möglichkeit einer neuen Frage nach dem
historischen Jesus. Unter Zurückweisung der Lösungen von Dodd
und Stauffer wird sie in dem „neuen Verständnis von Geschichte
und menschlicher Existenz" gesehen, das den positivistischen Historismus
abgelöst hat. Nicht Jesu Biographie, wohl aber sein
Existenzverständnis ist auch in der kerygmatisierten Evangelienüberlieferung
noch historisch greifbar. Das 3. Kapitel fragt nach
der theologischen Legitimität dieser so verstandenen Frage. Die
Antwort wird in der neuesten Evangelienforschung, in der notwendigen
Entmythologisierung des Kerygmas und in der gegenwärtigen
theologischen Situation gefunden. Nicht das Wahrsein
des Kerygmas kann oder soll bewiesen werden, wohl aber dies,
daß das Kerygma dasselbe Existenzverständnis impliziert wie Verkündigung
und Verhalten des historischen Jesus. Das 4. Kapitel
behandelt die Methode der neuen Forschung. Die einzelnen Worte
und Taten Jesu müssen existential untersucht werden, um aus
ihnen „Jesu Gesamtintention und sein Existenzverständnis" (S. 177)
zu erschließen. Grundlage bleibt die historisch-kritische Methode,
da nur sie die wahrscheinlich echte Jesustradition erkennen läßt
und so die Begegnung mit dem historischen Jesus ermöglicht. Das
5. Kapitel erörtert Einzelprobleme der neuen Forschung, so den
Einsatz beim Existenzverständnis Jesu, bei der Christologie der
Urgemeinde und das Problem der Äonenwende. Mit Recht wehrt
sich R. gegen eine anthropologische Verengung des Existenzbegriffes
. Dieser impliziert „immer ein Welt-, Geschichte- oder sogar
ein Gottesverständnis" (S. 194). - Das 6. Kapitel bringt den
eigenen Beitrag des Verf.'s zum Thema. Der sachliche Vergleich
zwischen dem Existenzverständnis beim historischen Jesus und
im Kerygma muß nach R. bei der aus der „eschatologischen Polarität
" von Gegenwart und Zukunft erwachsenen „formalen Struktur
" der Logien Jesu einsetzen. Dabei zeigt sich, daß die escha-
tologische Polarität „nicht wesentlich auf eine zeitliche Abfolge
ausgerichtet ist", dafj vielmehr die zeitliche Gegenüberstellung
durch eine sachliche Entgegensetzung „überhöht" wird (S. 223), aus
der der existentiale Gehalt der eschatologischen Polarität erhoben
werden kann. R. versucht, an Einzeltexten zu zeigen, wie das also
erhobene Existenzverständnis im Sinne des dialektischen Verhältnisses
von Gegenwart und Zukunft (alter und neuer Äon) beim
historischen Jesus und im Kerygma der Urgemeinde zwar nicht
begrifflich, wohl aber sachlich das Gleiche ist. Hier bleibt nun
doch (mit Bultmann!) zu fragen, ob sich aus der formalen Struktur
der Herrenworte tatsächlich eine existentiale Dialektik im pau-
linisch-johanneischen Sinn erheben läßt oder ob das nicht eine
Uberinterpretation ist. Der auch von R. nicht bestrittene apokalyptische
Horizont der Verkündigung Jesu, der gerade auf die
Aufhebung jeder Dialektik zielt, verdient zweifellos stärkere positive
Beachtung.
Leipzig Günter Haufe
Schütz, Roland: Johannes der Täufer. Zürich/Stuttgart: Zwingli
Verlag 1967. 151 S. gr. 8° = Abhandlungen zur Theologie des
Alten und Neuen Testaments, hrsg. v. W. Eichrodt und O. Cull-
mann, 50. Kart. Fr. DM 19,40.
Das Thema „Johannes der Täufer" ist seit den Arbeiten von
M. Dibelius (1911) und E. Lohmeyer (1932) nicht wieder monographisch
behandelt worden. Mit um so größerer Erwartung greift
man zu der vorliegenden Arbeit des Verf.s, zumal dieses Thema
in den beiden letzten Jahrzehnten durch die Textfunde von
Qumran und die daraus sich ergebende Frage nach einem Zusammenhang
zwischen dem Täufer und jener jüdischen Gemeinschaft
besondere Aktualität erhalten hat1.
Der Verf. hat den Umkreis seiner Bearbeitung dieses Themas
sehr weit gesteckt: Das Inhaltsverzeichnis verheißt nicht nur eine
ausführliche Erörterung der entsprechenden Nachrichten des
Josephus in Ant. XVIII §§ 116-119 (S. 13ff) sowie der Botschaft
und der Taufe des Johannes (S. 28ff), sondern u. a. auch eine Erörterung
des Problems „Der Täufer und die Essener" (S. 57ff), de'
Verhältnisses zwischen dem Täufer und Jesus (S. 82ff und S. 100fr)
sowie endlich des Problems der „Einführung der christlichen
Taufe" (S. 113ff). Abgeschlossen wird das Buch durch einen „Ausblick
" (S. 129ff) mit einigen Bemerkungen zur „nachchristlichen"
Geschichte der „johanneischen Taufbewegung". Insgesamt gilt'
daß der Verf. die Lektüre seinen Lesern durch die oft etw»''
eigenwillige Diktion nicht immer leicht gemacht hat; und ReZ-
muß gestehen, daß ihm die letzte Intention mancher Formulierungen
nicht immer deutlich geworden ist (vgl. z.B. S. 84: „AH'
gesichts des Eschaton muß er (sc. der Täufer, Rez.] das Aufleuchten
erlebt haben, als der Zimmermannssohn aus Galiläa
ihm begegnete. Es ist nicht möglich, dieses Ereignis rein historisch
zu verstehen, denn es darf als .Geburt des Christentum5'
bezeichnet werden. Der Vorgang kann nur heilsgeschichtlich
dargelegt werden..."!?). Trotzdem wird man dem Verf-
gern folgen hinsichtlich seines Bemühens, dem „Täuferbericht
des Josephus gerade in seiner „hellenisierenden" Tendenz Gerechtigkeit
widerfahren zu lassen. Ebenso wird man dem Verf
grundsätzlich zustimmen hinsichtlich seines „eschatologischen
Ansatzes" für das Verständnis der Botschaft des Täufers (S-1
') Vgl. hierzu die bei H. Braun. Qumran und das Neue Testament, Bd. Ii
hingen 196*, S. 1-25, genannte und besprochene Literatur.