Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1968

Spalte:

914-915

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hoffmann, Paul

Titel/Untertitel:

Die Toten in Christus 1968

Rezensent:

Schmithals, Walter

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

913

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 12

914

Göttingen Eduard L o h s c

christologische Bezug, so würde doch ein Vergleich gerade die Der Leser, der sich mit beharrlicher Geduld durch das dichte

auffallenden Berührungen, die zwischen Gal. 4 und den Aussagen Geflecht der breit ausholenden Ausführungen und durch das un-

des Lehrers der Gerechtigkeit bestehen, aber auch die durch die wegsame Gestrüpp des zu einem Urwald entarteten Anmerkungs-

Christologic bedingten Unterschiede aufzuweisen haben. Abschlie- apparates hindurchgearbeitet hat, kann am Ende nicht umhin, tief

5end wird der Begriff der christologischen Epiphanie - wenn man aufzuseufzen. Der Verf. hat es nicht verstanden, die Kunst weiser

'hn denn verwenden will - in seinem paradoxen Charakter be- Beschränkung zu üben, sondern möchte mit einem Streich die

stimmt: „Das Leben des irdischen Jesus erscheint - um mit Luther ganze Jagdbeute einbringen: die paulinische Leidenstheologie dar-

zu sprechen - ,sub contrario aspectu' in der Gestalt des Todes. stellen, die Christologie des Apostels interpretieren, die For-

Gerade der Tod und die Schwachheit sind paradoxe Manifestation schungsgeschichte kritisch aufarbeiten und zuletzt nicht nur die

der Macht des Herrn" (S. 197f.). Theologie des mythologisch redenden Paulus, sondern auch die

Aus diesem Ergebnis folgen weitere Fragen. Das erste Problem des existential interpretierendem Bultmann besser verstehen, als sie

betrifft den Begriff aüxa , da sich am schwachen Leib des Apostels selbst ihre Theologie zu verstehen vermochten. Man braucht sich

der Kyrios manifestiert, und wird im dritten Teil der Untersu- nicht darüber zu verwundern, dar} die Durchführung dieses un-

chung mit folgendem Ergebnis beantwortet: „Für den theologi- gemein anspruchsvollen Vorhabens nicht überzeugt. Der begabte

sehen Zusammenhang von paulinischer Christologie und Anthro- Verf. hat jedoch zweifellos etwas zu sagen; darum bleibt zu be-

pologie ist der Begriff aS|ia konstitutiv. Es ist ein rein anthropolo dauern, daß er sich nicht zu bescheiden und auf die Frage nach dem

3ischer Begriff und bezeichnet den ganzen Menschen in seiner Zusammenhang von apostolischem Leiden und Christologie zu

Relation zu einem Gegenüber bzw. als den ,Ort', an dem die mit konzentrieren wußte, um diese ohne einen aufgeblähten Apparat

Jesu Kreuz und Auferweckung vollzogene Wende von der Vergan- knapp und präzis abzuhandeln. Der alte Grundsatz behält seine

9enheit zur Zukunft konkret auf dem Spiele steht" (S. 279). Weil Wahrheit: non multa, sed multum!
o5!na „ein rein anthropologischer Begriff mit christologischer Relevanz
ist", vermeide es Paulus zu sagen, der auferstandene Jesus
sei ein afflna und kenne folglich Paulus keine .somatische' Aufer-

Weckung Jesu (S. 280f.). Die dieser These entgegenstehende Aus- „ _ , _. _ . . _.

^30 von Phil. 3,20f. soll durch die Annahme entkräftet werden, o ff m a n n . Paul.Die Toten m Christus. Eine rehgionsgeschicht-

hier liege ein vorpaulinisches hymnisches Fragment vor (S. 240 llche ^ exegctisdM Untersuchung zur paulinischen Eschatolo-

bis 247) gie' Munster: Aschendorff [1966]. IX, 364 S. gr. 8° = Neutesta-

Der vierte Teil der Abhandlung gilt der anderen, durch den ™ntJdle Abhandlgn., hrsg. v. J. Gnilka, N. F. 2. Kart. DM38,-,

Zusammenhang von apostolischem Leiden und Christologie ge- w' DM "*2' '

bellten Frage nach dem Verhältnis der Zeit des irdischen Jesus Pie spezielle Thematik dieser streng historisch arbeitenden
zur Verkündigung des Apostels. Da „die Zeit des Ereignisses des Münchener Dissertation von 1959, die für die verspätete Druck-
Todes der Liebe . . . zugleich auch die Zeit der apostolischen Exi- le9un3 überarbeitet wurde, führt in das Zentrum der Frage: hellc-
stenz" sei, bleibe „die Zeit der apostolischen Existenz ... die Zeit nisti scher Unsterblichkeitsglaube oder jüdische Auferstebungshoff-
des Gekreuzigten, die sich mittels der Verkündigung des Apostels nun9 °ei Paulus.

a"f alle Welt ausbreitet" (S. 316). Daher sei „das Kreuz Jesu das- Dcr Verfasser gibt in der Einleitung seines durchsichtig gcglic-

ienige Werk Gottes, das die Art des paulinischen Apostolats be- derten Buches eine Einführung in das Problem (1-2) und einen

gründet" (ebenda). Das Leiden des Apostels aber sei thematisch Überblick über die bisherige exegetische Diskussion (3-24). Dabei

v°m Leiden der Gemeinde unterschieden, „weil die christologische wird deutlich, daß fast alle Forscher von einer Unausgeglichenheit

EPiphanic-und Verkündigungsfunktion das Spezifikum der aposto- zweier Gedankenreihen bei Paulus sprechen und dies Ncbcnein-

lischen Leiden ist" (S. 324f.). Wie nah der Verf. mit diesem Resultat ander innerhalb des Corpus Paulinum meist durch eine Entwick-

dcm Bild des Apostels gekommen ist, das die Deuteropaulinen Jung der paulinischen Gedanken erklären: die hellcnisicrende Jen-

cntwcrfcn scheint ihm nicht bewußt geworden zu sein. Denn wäh- Seitserwartung einer himmlischen Christusgemeinschaft drängt

rcnd Paulus die Glieder der Gemeinde woivwvol xüiv ua&tinäxwv wie mit zunehmender Parusievcrzögerung die Hoffnung auf die Auf-

?»* xfle TOPa*X*,ene. nennt (2. Kor. 1,7), ist nach Kol. 1,24 der erstehung zurück.

'eidende Apostel von allen anderen Christen unterschieden, weil Dcr erste Hauptteil behandelt in 6 Kapiteln die Jcnseitsvorstcl-
"ur von ihm gilt daß er die öoxepfiuax« ™v 8XC*ewv xoü Xpiaxoü lungen in der Umwelt des Paulus (26-174): I. Griechentum und
atl seinem Leibe erfüllt intP xoO oüluxxo, aOxoö. Hellenismus; IL AT; III. Jüdische Diaspora: IV. Palästinisches Ju-
r»n letzten Teil wird eine kritische Auseinandersetzung mit dentum; V. Judische Schriften des ersten nachchristlichen Jahren
und Methoden der Interpretation der paulinischen Christo- Kunderts; VI. Die älteren rabbinischen Anschauungen. Diese Ein-
'°9'e vorgenommen wie sie in der Forschung der letzten tei'un3 ist ™cht ganz geglückt. Hätte der Verfasser die verschic-
10° Jahre vorgelegt worden sind Dabei werden mit Recht alle de«en jüdischen Anschauungen stärker thematisch angeordnet, so
Erstellungen als verfehlt bezeichnet die sich nicht darum be hatte seine religionsgeschichtliche Information an Kürze und Klarten
die theologische Denkbewegung des Paulus zu erfassen. heit gewinnen und die eigentliche Problematik, das Phänomen des
Mi* Zustimmung liest man den winderholten Hinweis, in der pau- Zwischenzustandes bei Paulus, zielstrebiger vorbereiten können,
''"'sehen Theologie'begründe die Christologic die Anthropologie zumal er im wesentlichen nur Bekanntes vorzutragen hat. Das
(S' 231 u ö ) Zum Widerspruch aber fordert der Versuch heraus, wichtigste Ergebnis des ersten Hauptteils läfjt sich kurz zusam-
*e Paulinische Christoloqie als Reflexion über den irdischen Jesus menfassen: Die Vorstellung eines Zwischenzustandes gehört not-
Vci-ständlich zu machen.' Wenn zwischen der mythologischen Be- wcndigerwe.se zur jüdischen Auferstchungserwartung. und man
nriff'ichkeit und der theologischen Denkbewegung des Apostels kann beobachten, daßdieser Zwischenzustand je langer, desto
"Verschieden werden soll, so läfjt es sich doch damit nicht recht- mehr als himmlischer Hcilsstand beschrieben wird, wobei sich die
fcr,i3cn, die mythologischen Aussagen, die Paulus teilweise in der heHcnistischcn Einflüsse zunehmend bemerkbar machen.
Ulxh<-istlichen Überlieferung vorgegeben waren, teilweise von ihm Der zweite Haupttcil befaßt sich an Hand der paulinischen Texte

selbsi f~-_ ii__. . t a a a „;„f„-v, hri*rHc zu schic- mlt dcr Chnstusgemcinschaft im Tode bzw. mit dem Zustand zwi-

ust formuliert wurden (z. B. Gal. 4,4), einfach Beiseite zu »n».

ben ,,„j , „ - . t r xnn'Tnnoö /um sehen Tod und Auferstehung (176-347). Dieser Abschnitt verdient

tn Und die itaOnLiaxci xoü Xpi-oxoö bzw. viMpinon; xoö iriaou zum » i ,

Rolon j_M , , , ,_ . ,. , .____a„„ r>ncn stand hohes Lob vor allem wegen der methodisch sauberen Arbcits-

,cg dafür zu nehmen, dafj der irdische Jesus den uegenstana _ » ....

christologischen Denkbewegung darstelle. Um konsequent zu weise des Verfassers. H bemüht sich konsequent, die Aussagen

b,eiben. gibt' es am Ende für den Verf. keinen anderer, Ausweg. des Paulus ,n und aus der jeweiligen konkreten Situation zu ver-

* 2. Kor. 5.16 dem Apostel abzusprechen und als gnostischc stehen und erkennt deshalb richtig, dafj man keine paulinische

C,,°ssc zu erklären (S 298) - in der Tat eine höchst „mißliche .Lehre über den Zwischenzustand erheben darf, sondern bcobach-

Hypothese" (ebenda)'"wenn sich der Verf. der Hoffnung hingibt, ten kann, wie Paulus von Fall zu Fall, besonders in Auseinander

Zu bMobm gelangt zu sein, zu denen konsequente Fortfüh- Setzung mit seinen Gegnern, au vorgegebene aber keinesfalls

^9 der Bultmannschen Paulusinterpretation kommen müsse, so immer zusammenpassende Vorstellungen zurückgreift. Hoffmann

*'rd er zwar möglicherweise auf Zustimmung von E. Fuchs. unterscheidet ferner mit gutem Grund zwischen den Anschauun-

^erlich jedoch von Bultmann selbst rechnen können. 3™. p*uIus v°" de" Meinungen .seiner Gegner hat. und die-