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Ausgabe:

1968

Spalte:

845-847

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Dassmann, Ernst

Titel/Untertitel:

Die Frömmigkeit des Kirchenvaters Ambrosius von Mailand 1968

Rezensent:

Herrmann, Ludwig

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später auch in die westliche Liturgie eindrang. Die Pfauenfächer des
Papstes stammen aus dem Hofzeremoniell, f Alfr. Hermann,
dem das Lexikon so viel verdankt, erscheint noch einmal mit dem
postumen Beitrag „Farbe", der in kunstgeschichtlicher Beziehung
mit einigen, naturgemäß knappen Bemerkungen von G a g i a n o
de Azevedo ergänzt ist. Er beginnt im alten Ägypten und kommt
über Vorderasien zuletzt auch bei den Juden und Christen an. Hier
findet sich - neben dem Weiß des himmlischen Lichts - eine stärkere
Berücksichtigung der Farbe nur in der apokalyptischen Literatur
. Noch die Kirchenväter spotten über den Farbenluxus; auch
die priesterliche Gewandung sollte anfänglich weifj sein. Als polemischer
Beitrag wäre auch auf Gaius von Rom (ca. 200) zu verweisen
, der über die feuerroten, dunkeln und hyazinthfarbenen
Panzer in der Offenbarung Johannis spottet (Epiphan. panar. LI
34, 2). Zur schwarzen Tracht der Mönche Sp. 424 wäre an Synesios
ep. 147 (146) ad Johannem zu erinnern.

Vergleicht man die ausgedehnte Behandlung der zum Teil entbehrlichen
orientalischen Vorgeschichte in einigen Artikeln wie
„Farbe" oder „Familie I" mit anderen - z. B. „Fasten" oder
„Fackel" -, in denen sie fehlt und gewiß nicht weniger willkommen
wäre, so ist das Zufällige der Gestaltung unübersehbar, je nach der
Neigung der Verfasser oder dem Maß der schon geleisteten Vorarbeit
. Aber daraus ist der Redaktion kaum ein Vorwurf zu machen.
Dies folgt aus der Aufgabe, die dem Lexikon gesetzt ist, das über
den heutigen Stand unseres Wissens orientieren, den Stoff sammeln,
aber keinen Abschluß der Erkenntnis vortäuschen soll, zu dem der
Weg noch immer weit ist.

Heidelberg Hans v. Campenhausen

Dassmann, Ernst: Die Frömmigkeit des Kirchenvaters Ambrosius
von Mailand. Quellen und Entfaltung. Münster/W.: Aschendorff
[1965]. XI, 318 S. gr. 8° = Münsterische Beiträge zur Theologie
, hrsg. v. B. Kötting u. J. Ratzinger, 29. Kart. DM 46,-;
Hlw. DM 49,-.

Die Frage nach der Frömmigkeit des Ambrosius v. Mailand findet
einen durch die Art der Quellen wohlbereiteten Boden. Ist es
doch der Seelsorger und Prediger, dem die meisten ambrosiani-
schen Werke ihre Entstehung verdanken. Auch ist deutlich, daß der
mailändische Bischof sich in erster Linie als Hirte und geistiger
Führer seiner Gemeinde verstand, der er nicht nur den Großteil seiner
Kraft, sondern auch alle wissenschaftliche Erkenntnis zuerst zukommen
ließ. So stößt diese Untersuchung auf besonderes Interesse,
denn sie verspricht, über einzelne Erkenntnisse und Detailvertiefungen
hinaus die faszinierende Persönlichkeit des Ambrosius
selbst greifbar werden zu lassen.

Zu dem Seelsorger Ambrosius durchzustoßen, ist erklärte Absicht
der vorliegenden Arbeit. Das zeigt sich schon im äußeren Bild.
Der mailändische Bischof kommt nicht nur in geballten Hinweisen
und Anmerkungen, sondern in reichlichen Zitaten im Text selbst zu
Wort, so daß man mit dem Untertitel sagen kann: Alle wichtigen,
die Frömmigkeit des Ambrosius betreffenden Aussagen sind hier
gesammelt dargeboten. Erstaunlich ist die gute Kenntnis der Quellen
wie auch weiter Teile der philosophischen und patristischen
Literatur. Da auch die Probleme der Ambrosiusforschung dem Verfasser
vertraut erscheinen, befindet sich der Leser auf einem festen
Boden.

Um ein Bild von der Entfaltung der ambrosianischen Frömmigkeit
zu geben, geht die Untersuchung historisch-genetisch vor. Die
Jahre 385/87 markieren den entscheidenden Einschnitt in der Entwicklung
. Dassmann macht hierfür mit Recht die zu dieser Zeit einsetzende
Origeneslektüre, die Ambrosius auch zur Entdeckung des
Hohenliedes führt, wie die Beschäftigung mit dem Neuplatonismus
verantwortlich.

Der erste Teil des Buches (S. 9-74) folgt den anthropologischen
und ethischen Gedanken der exegetischen Frühschriften. Obwohl
dieser Abschnitt nichts grundlegend Neues bringt, stellt er doch in
seiner Zusammenschau ein gutes Bild der frühen ambrosianischen
Frömmigkeit dar. Dassmann geht den verschiedenen Einflüssen
nach: der Stoa, dem Neuplatonismus (das Maß der Beeinflussung
bleibt offen) und dem Hauptzeugen Philo. Zeigt sich Ambrosius
weithin in ihrem Bann, so dürfen doch nicht die ihn von Anfang an
von seinen Quellen unterscheidenden Züge übersehen werden (Gottes
- und Glaubensbegriff).

Ergänzt wird dieses Bild durch die Untersuchung der dogmati-

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sehen Schriften (S. 75-134). Offenbarungsverständnis, Gottesanschauung
(die Barmherzigkeit ist das entscheidende Gottesprädikat)
und Christologie kommen zur Sprache. Es wird deutlich, wie sehr
nizänisches Bekenntnis und persönliche Frömmigkeit bei Ambrosius
zusammenhängen und sich gegenseitig bedingen. Auffallend
ist der persönliche Ton, den die Christologie trägt.

Neue, weiterführende Erkenntnis aber bringt der zweite Teil
(S. 135-301), der sich den Spätschriften zuwendet. Wohl bleibt der
moralisch-ethische Hang des Ambrosius weiterhin erhalten, zugleich
aber verraten die Spätwerke eine tiefgehende Verinnerlichung, die
immer stärker biblische Züge trägt. Entscheidend wird die Entdeckung
des Hohenliedes und seiner Frömmigkeit, die durch Ori-
genes vermittelt wird. In einer eingehenden Analyse von „de Isaac
et anima", die auch Neues zur Entstehungsgeschichte dieser Schrift
erbringt (S. 171 ff. und 196 ff.), stellt Dassmann die Einwirkungen
des Hohenliedes - verbunden mit der gleichzeitigen Auseinandersetzung
mit dem Neuplatonismus - auf die ambrosianische Frömmigkeit
dar. Mystische Erfahrungen und Elemente hält er jetzt bei
Ambrosius nicht mehr - gegenüber den Frühschriften (S. 53ff. und
69ff.) - für ausgeschlossen (S. 180ff.). Zugleich aber zeigt er auch
die tiefgehende Wandlung, in die die aufgenommenen Eindrücke
durch Ambrosius geraten.

Besonders eindrücklich ist die Darstellung der ambrosianischen
Jesusfrömmigkeit (S. 200 ff.), die nicht nur in zunehmendem Maße
die gesamte ethische Lehre durchdringt, sondern auch zu einem vertieften
Sünden- und Gnadenverständnis führt (S. 278-292). Ambrosius
wendet sich von dem stoisch-philosophischen Ansatz der Frühzeit
ab und findet zu einer immer mehr verchristlichten Anschauung
des Lebens als notwendigem Durchgang zur künftigen, durch Christus
geschenkten Gottesteilhabe.

Selbstverständlich erheben sich gegenüber dieser gründlichen
Arbeit, deren viele guten Einzelbeobachtungen hier nicht erwähnt
werden können, auch eine Reihe von Fragen. Die wichtigsten sollen
hier kurz skizziert werden:

Leider fehlt eine genauere Bestimmung des so schwer faßlichen
Begriffs „Frömmigkeit", dem auch der Verfasser im Laufe der Untersuchung
verschiedene Inhalte zu geben scheint (vgl. Register s. v.
„Frömmigkeit"; besonders aber S. 1-7 mit S. 302). Auch bleiben bei
der Gewinnung der ambrosianischen Frömmigkeitsaussagen methodische
Fragen offen. Gerade bei einem Schriftsteller wie Ambrosius,
dessen Argumentationsweise stark durch die konkrete Situation und
die ihm gerade vorliegenden Quellen bestimmt ist, genügt es noch
nicht - wie Dassmann es z. B. bei den Frühschriften tut -, die Einflüsse
und ihre Rezeption freizulegen, um den speziellen Ton der
ambrosianischen Frömmigkeit zu gewinnen. Vielmehr muß der
ganze Ambrosius immer mitbedacht werden. So muß das Urteil
über die Frömmigkeit der exegetischen Frühschriften wohl positiver
ausfallen, wenn man die ethischen Ausführungen mit der dogmatischen
Position, die von Anfang an erscheint (vgl. de parad. 3,
15; 5, 26 u. a. m), zusammensieht. Erst so kommen die beiden
Gruppen der Frühschriften - die ethischen und dogmatischen - in
ein rechtes Verhältnis zueinander.

Darüber hinaus wäre eine Untersuchung der Bibelverwendung
für die Darstellung hilfreich gewesen. Hier hätte neben dem Eindruck
des Hohenliedes der zunehmende Einfluß des Paulus deutlich
werden müssen. Wohl weist Dassmann hier und da auf Paulus hin,
hält sich aber doch von der Untersuchung des ambrosianischen Gesetzesbegriffs
her berechtigt (S. 278ff.), dieser Spur nicht weiter
nachzugehen. Dabei ist es - wie auch sonst beim Erwachen des
Paulinismus im Abendland - wenig wahrscheinlich, daß sich gerade
in der Gesetzesvorstellung und der Frage der Zuordnung der beiden
Testamente die ersten Spuren des neuen Paulusverständnisses
zeigen. Wie bei anderen Zeitgenossen, die in den Bannkreis Pauli
treten, geschieht die Übernahme nicht systematisch, in allen Punkten
zugleich. Vielmehr sind es besonders die Stellen, an denen
Frömmigkeit und Paulus sich berühren, an denen sich ein neues
Verständnis - wohl weithin noch in alten Bahnen - entzündet. Daß
zu gleicher Zeit - wie man später sagt - „pelagianische" Tendenzen
erscheinen, spricht, wie z. B. gerade Pelagius zeigt, nicht gegen
diese behauptete Einwirkung des Paulus.

Weiter wäre eine stärkere dogmengeschichtliche Einordnung der
ambrosianischen Frömmigkeit, besonders in die abendländische
Entwicklung, wünschenswert gewesen. Dadurch hätte die Darstellung
nicht nur manchmal konkretere Gestalt, sondern auch noch differenziertere
Ergebnisse erhalten.

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 11