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Ausgabe:

1968

Spalte:

756-757

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Magistri Echardi Prologi expositio libri genesis liber parabolarum genesis 1968

Rezensent:

Moeller, Bernd

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Quellenverhältnisse - nur wenig beachteten Bereich des frühen
Christentums.

Jeoa Hans-Friedrich Weift

Auf d er Maur, Hansjörg: Die Osterhomilien des Asterios
Sophistes als Quelle für die Geschichte der Osterfeier. Trier:
Paulinus-Verlag 1967. XV, 194 S. gr. 8° = Trierer Theologische
Studien, hrsg. v. d. Theolog. Fakultät Trier, 1'9. Kart. DM 30,-.
Die Psalmenhomilien des Asterios Sophistes, deren Entdeckung
und Edition wir M. Richard und E. Skard zu verdanken haben
(die Edition erschien in Symbolae Osloenses, Suppl. XVT, Oslo 1956)
und die wohl auf die Zeit zwischen 335 und 341 zu datieren sind,
stellen die Forschung noch vor mancherlei Aufgaben. Ihr Verhältnis
zur Psalmenexegese der alten Kirche bedarf ebenso noch der
Untersuchung wie die Frage, wie sich die arianische Herkunft des
Verfassers in den Predigten auswirkt. Auf die Exegese der lukia-
nischen Schule vermögen sie ebenso ein Licht zu werfen wie auf
die Geschichte der altkirchlichen Osterfeier. Nur mit dieser letzten
Frage beschäftigt sich der Verf. in der hier vorgelegten Trierer
Dissertation. Er findet dafür in den Psalmenhomilien reichliches
Material; denn es handelt sich bei ihnen zu einem beträchtlichen
Teil um Predigten an Ostern und in der Osteroktav.

Nach einer Einleitung über Leben und Werk des Asterios untersucht
Auf der Maur im I. Kap. den zeitlichen Ansatzpunkt der
Osterfeier. Entscheidend ist, dar) Asterios der erste Zeuge für die
auf den Ostertag folgende Osteroktav ist. Es folgt im II. Kap. eine
Darstellung der Form der Osterfeier. Ihr Gewicht liegt auf den
Darlegungen zur Tauffeier während der Osternacht, deren Teile
man aus den Ausführungen des Asterios recht genau erkennen
kann, und zur Bedeutung des Lichts in der Osternacht. Daran
schliefjen sich im III. Kap. Untersuchungen zu liturgischen Texten
und Vorformen späterer liturgischer Texte der Osterfeier an. Als
eigentlich liturgische Texte erhebt der Verf. das Sanctus während
der Eucharistie und die Verwendung der Psalmen 5, 8, 11, 15, 18,
44 in den Gottesdiensten der Ostervigil, des Ostertages und der
Osteroktav. Als Vorformen späterer liturgischer Texte betrachtet
er den „Lobpreis auf die Osternacht" (Horn. XI, S. 76.19-7719
Richard), in dem er eine Vorform des Osternacht-Lobs im Exsultet
und in alten Osternachtpräfationen erkennt, und die Scheltredc
in Horn. XXVIII, 5-7 (S. 225,9-227,2 Richard), die er als Vorform
der Improperien des römischen Kreuzverehrungsritus am Karfreitag
ansieht. Im IV. KaD. betrachtet Auf der Maur schließlich den
theologischen Gehalt der Osterfeier. Das Gewicht dieses Kapitels
liegt auf der Feststellung, dar} für Asterios das Osterereignis noch
das eine Ereignis von Kreuz und Auferstehung Jesu ist, daß seine
Osterhomilien also noch der alten Osterauffassung verpflichtet
sind, für die Kreuz und Auferstehung Jesu noch nicht voneinander
getrennt sind.

An diesen Überblick über die Arbeit seien einige kritische Bemerkungen
zu Einzelfragen angeschlossen. Auf der Maur geht
davon aus. Asterios habe seine Osterpredigten in Katmadokien
gehalten (S. 9f); denn er setzte die Osterfeier am Sonntag voraus,
während man in Syrien, was als Entstehungsland der Predigten
sonst noch in Frage käme, das guartodezimanische Passa gefeiert
habe. Das ist ein Irrtum: in Syrien beging man in dieser Zeit
Ostern ebenfalls am Sonntag; nur berechnete man hier den Termin
des Ostersonntags nicht selbständig, sondern feierte Ostern
am Sonntag nach dem Passa der Juden (Vgl. zu dieser wie zu
anderen Fragen meine Arbeit: Pas^a und Ostern. Untersuchungen
zur Osterfeier der alten Kirche, die demnächst in den Beiheften
zur ZNW erscheint). Wenn Auf der Maurs Nachweise, daß
Asterios von jüdischen und iudenchristlichen Traditionen beeinflußt
ist, zutreffen, so SDricht das eher für eine Entstehung in
Svrien als in Kappadokien. - Der Fraae nach der Entstehung der
Osteroktav, die mit den Asterios-Predigten gestellt ist, wird man
noch genauer nachgehen müssen. Die Meinung, daß es sich hier
um eine Übung handle, die älter sei als die Feier der fünfzia-
tägigen Pentekosto (S. 78), vermag nicht zu überzeugen, da die
Quellen dagegen sorechen. Ebenso scheint mir der Nachweis, daß
uns Asterios-Pred'cjten 7U iedem Taa d«v Osteroktav erhalten seien,
nicht gelungen zu sein. Denn das würde bedeuten, daß Asterios an
verschiedenen Taqen der Osterwoche über den qleichen Psalm qe-
predigt hätte (vgl. S. 72 und 95). Ob man den von Asterios verwen-

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deten Psalmen-Zyklus direkt aus dem Psalmen-Lesezyklus der
Synagoge herleiten kann (S. 97), muß fraglich bleiben. - Eine zentrale
Rolle in der ganzen Arbeit spielt die Untersuchung des
asterianischen Osternachtlobs. In ihr scheinen die jüdischen Einflüsse
gegenüber den anderen vorhandenen Abhängigkeiten zu
stark betont zu sein - und das mit Hilfe der unbewiesenen Behauptung
, Asterios verwende das jüdische Schema der vier Nächte;
er sage, die Osternacht sei heller, strahlender, blendender als die
Nacht der Schöpfung und die Nacht des Exodus (S. 109). Doch im
Text des Asterios wird die Osternacht mit anderem verglichen:
„O Nacht, heller als der Tag. O Nacht, strahlender als die Sonne . . .
O Nacht, blendender als der Blitz." Es muß bedenklich erscheinen,
wenn die Suche nach traditionsgeschichtlichen Abhängigkeiten den
Blick für die klare Aussage des Textes dermaßen trübt. - Sehr
interessant ist die Untersuchung der Scheltrcde negen die Juden in
Horn. XXVIII,5-7, die in zutreffender Weise mit einem entsprechenden
Abschnitt in der Osterpredigt des Melito von Sardes verglichen
wird. Auf der Maur sieht diese Texte im Zusammenhang
einer Improperientradition, deren kontinuierliche Entwicklung vom
Alten Testament bis zur römischen Liturgie er behauptet. Befremdlich
wirkt es freilich, daß er aus dieser Tradition auch die gegenwärtige
Legitimation der Improperien in der Liturgie des lateinischen
Kreuzverehrungsritus herleitet (S. 145) - und das nach
dem n. Vatikanischen Konzil. - In der abschließenden Interpretation
der asterianischen Ostertheologie vermißt man eine intensive
Berücksichtigung anderer Quellen zur altkirchlichen Ostertheologie
. Sie hätten die Eigentümlichkeit des Asterios deutlich
hervortreten lassen, während die in der Arbeit gelegentlich gegebenen
Hinweise auf Parallelen und Traditionen das Besondere
des Asterios gerade verschleiern. Es müßte sich zeigen lassen, wie
Asterios mit seiner Ostertheologie zwischen den Zeiten steht: er
hält das alte Osterverständnis, nach dem an Ostern das eine Heilsereignis
von Kreuz und Auferstehung Christi gefeiert wird, noch
fest und bahnt doch der neuen, reichskirchlichen Osterauffassung
schon den Weg.

So bleiben manche Wünsche, die man an eine Behandlung der
asterianischen Osterpredigten zu richten hätte offen. Doch als ein
erster Versuch, diese neuerschlossenen Quellen des 4. Jahrhunderts
für unsere geschichtliche Erkenntnis fruchtbar zu machen,
ist das Buch zu begrüßen.

Heidelberg Wolfq.inq H 11 h e r

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Meister E c k h a r t, Die lateinischen Werke. I. Band, hrsg. von
Konrad Weiss. Stuttgart: Kohlhammer 1964. XXII, 759S. gr. 8°

Die Große Eckhart-Ausgabe, deren Besprechung in dieser Zeitschrift
ich hiermit als Nachfolger des verstorbenen Kollegen K. D.
Schmidt übernehme, ragt aus den Zeiten der Mystik-Begeisterung
der 20er und 30er Jahre in unsere nüchternere Gegenwart hinein,
in der die Mystik- und zumal die Eckhart-Forschung ziemlich zur
Ruhe gekommen ist. So vollzieht sich die bedeutende gelehrte Arbeit
, die hier geleistet wird, recht weit abseits der aktuellen Interessen
von Theologie und Philosophie. Um so dankbarer hat man
das zügige Fortschreiten des Werkes zu begrüßen, das sich neuerdings
vor allem darin dokumentiert, daß immer häufiger einzelne
Editionskomplexe zum Abschluß gebracht werden können. Der
vorliegende Band, dessen Anfänge bis in die früheste Zeit der
Ausgabe zurückreichen - die erste Lieferung erschien als vierte
des Gesamtwertes im Januar 1937 -, ist in der Reihenfolge der
Fertigstellung der vierte. Durch die Jahrzehnte und alle Wandlungen
der Zeiten hindurch ist ihm der Herausgeber, Konrad Weiß,
Rostock, erhalten geblieben, und dieser Gelehrte kann auf den nun
fertiggestellten Band als auf ein beträchtliches Stück seiner Lebensarbeit
zurückblicken.

Der Band enthält die verschiedenen Prologe zum Opus Triparti-
tum sowie die beiden Genesis-Auslegungen. Bekanntlich sind
von dem „Dreiteiligen Werk", dem weiträumig angelegten
eigentlichen Hauptwerk Eckharts, nur Stücke aus dem 3. Teil, dem
Opus expositionum, vollendet worden, also Schriftkommentare,
und zwar neben den beiden hier gebotenen über die Genesis solche
über das Buch Exodus und über einige kleinere Schriften des Alten

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 10