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Ausgabe:

1968

Spalte:

754-755

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Wießner, Gernot

Titel/Untertitel:

Zur Märtyrerüberlieferung aus der Christenverfolgung Schapurs II. 1968

Rezensent:

Weiß, Hans-Friedrich

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Buches werden diese Angaben noch einmal übersichtlich zusammengestellt
. Unter denselben Gesichtspunkten werden die Metropoliten
und Bischöfe betrachtet (S. 32-40), dann kurz die Formen
des Mönchtums, das Klosterleben, das Verhältnis der Mönche zum
kirchlichen Leben und die Gemeinden (S. 46-49) dargestellt.

2. das innere Leben (S. 51-61). Hier werden die Liturgie und der
Volksglaube, die Wissenschaft, Bildung und die kirchliche Bautätigkeit
beschrieben.

3. das Verhältnis zur Umwelt (S. 63-87). Dieses Kapitel behandelt
einerseits das Verhältnis zur persischen, byzantinischen und
islamischen Obrigkeit (letzteres ausführlicher) und andererseits
die Beziehungen zu den anderen Kirchen (Kopten, Armenier, Ne-
storianer, Melkiten und Maroniten) und den Juden.

In einem sehr umfangreichen Anhang (S. 91-144) werden Listen
der weltlichen Herrscher (der byzantinischen Kaiser, persischen
Großkönige, Kalifen und Gassaniden-Fürsten) und der monophysi-
tischen (koptischen und melkitischen) Patriarchen und armenischen
und nestorianischen Katholikoi des 7.-8. Jh. (S. 91-94), der
syrisch-jakobitischen Bistümer (S. 95-106), Klöster (S. 107-109) und
der innerjakobitischen Synoden dieser Zeit (S. 110-111) zusammengestellt
, gefolgt von einem sehr umfangreichen Literaturverzeichnis
(283 Nummern auf S. 112-126) und Namen- und Ortsregister
(S. 128-138). Den Schlufj bilden Übersichtstafeln der jakobitischen
Patriarchen von Antiochia, der Maphriane von Tagrit mit Anmerkungen
(S. 140-144) und eine Karte der syrisch-jakobitischen Bistümer
im 7.-8. Jh.

Dem Verf. gilt unser Dank für seine aus den Quellen gearbeitete
Darstellung. Manche der Ausführungen, z. B. über das Verhältnis
der verschiedenen Quellen zueinander, vor allem die historische
Ungenauigkeit der Chronik des Severus b. al-Muqaffa' (vgl. dazu
allgemein P. van Cauwenbergh. Etüde sur le moines d'Egyptc
depuis le concile de Chalcedoinc 1451] jusgu'a l'invasion arabe
(640). Paris 1914, S. 53-55) im Vergleich zu den syrischen Quellen
hätte man gern nicht so knapp behandelt, sondern breiter ausgeführt
gesehen (bei Lit.-Verz. Nr. 237 fehlt der Hinweis, daß die
Ausgabe von der Societc d'Archeologie Copte in Kairo weitergeführt
wird: Bd. II Khacl II - Michael (849-11021 1943-1959, Bd. TT!
befindet sich im Druck). Wie bei der Darstellung des liturgischen
Lebens neben den historischen Quellen noch die liturgischen Texte
herangezogen wurden, weil ersterc kaum Angaben zur Liturgie
enthalten, hätten auch literarische und archäologische Quellen,
z. B. die Darstellung des Volksglaubens und der kirchlichen Bautätigkeit
besser illustrieren können. Diese Bemerkungen schränken
unseren Dank nicht ein. Wir hoffen vielmehr, dafj der Verf., der
hier sein Erstlingswerk vorgelegt hat, auf diesem Gebiete weiterarbeitet
und uns noch viele Arbeiten schenken wird.

Amelsbüren üb. Münster Martin Krause

V ö ö b u s , Arthur, Prof. Dr. theol.: The Statutes of the Schoo! of
Nisibis, edited, transl. and furnished with a Commentary. Stockholm
: Estonian Theological Society in Exile 1962. 132 S. gr. 8°
= Papers of the Estonian Theological Society in Exile. Eesti
usuteadlastc selts paguluses toimetused, 12. $ 7,50.
Arthur Vööbys ist ohne Zweifel der beste unter den heute lebenden
Kennern der syrischen Kirchengeschichte. Die Zahl der von
ihm publizierten grundlegenden Aufsätze und Monographien ist
kaum noch zu übersehen. Seine grofte Geschichte des syrischen
Mönchtums (History of Asceticism, Löwen 1558ff ), seine hervorragende
Darstellung der Geschichte der Schule von Nisibis (History
of the School of Nisibis, Löwen 1965), seine Earlv Versions of
the New Testament (Stockholm 1954), seine Studies in the Historv
of the Gospel Text in Syriac (Löwen 1951) und eine Fülle von
grundlegenden Aufsätzen zur Geschichte des Bibeltextes, des
Mönchtums und des Manichäismus im Orient sind für die gesamte
Arbeit auf diesen Gebieten richtungweisend. Vööbus besitzt umfassende
Kenntnisse der syrischen, arabischen, armenischen und
georgischen Sprache und hat auf ausgedehnten Bibliotheksreisen
in Asien und Europa eine Kenntnis der christlich-orientalischen
Handschriftenschätze der Alten Welt erworben, wie sie heute kein
anderer protestantischer Theolocre besitzt. So bedarf ein Werk wie
das vorliegende, das die Statuten der Schule von Nisibis in syrischem
Urtext, englischer Übersetzung und mit ausführlichem
Kommentar darbietet, wahrhaftig keiner besonderen Empfehlung

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mehr. Man kann dem Verfasser nur für die unglaubliche Mühe
danken, die er an die hier vorgelegten Texte gewendet hat, und
Dank dafür wissen, dafj er hier Forschungen gefördert hat, die
den Namen dieser gelehrten Institution noch lange lebendig erhalten
werden.

Die Schule von Nisibis ist - im Zusammenhang mit den christo-
logischen Streitigkeiten des 5. Jahrhundert - zu einem nicht mehr
genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen 471 und 489 von Edessa
aus durch Narsai gegründet worden und ist bald zum wissenschaftlich
-theologischen Mittelpunkt der ostsyrischen Kirche im
Sassanidenreich geworden. Ihr geistiger Einfluß wirkte bis nach
Zentralasien hin, und im Abendland war es ihr Vorbild, das Cas-
siodor vorschwebte, als er zusammen mit dem Bischof Agapet T.
von Rom (535-536) an die Gründung einer christlichen Hochschule
in Rom dachte (De inst, divin. lect. Praefatio, Migne, Sevies La-
tina 70,1105). Man muß sich hier daran erinnern, daß damals
Nisibis die einzige theologische Hochschule in der gesamten Christenheit
des Ostens und des Westens war. Ihr Einfluß scheint auch
im Westen stärker gewesen zu sein, als man bis ietzt ahnt. Im
Hinblick auf den Ursprung der europäischen Universitäten im
Mittelalter ist der monastische. halbgeistliche Status der Studenten
dieser Hochschule von Interesse: sie waren weder Mönche
noch Kleriker noch Laien, trugen aber ein eigenes Habit und w-ren
zur Führung eines mönchsähnlichen Lebens verpflichtet. Man
wünschte sich nun eine Untersuchung der Beziehungen zwischen
Nisibis, Vivarium und den späteren europäischen Universitäten
des Mittelalters. Die Arbeit von Vööbus bietet hierzu auch für den
Nicht-Orientalisten einen sicheren Ausgangspunkt.

Marburg lahn Peter K ■ w c T • u

Wiessner, Gernot: Zur Märtvrerüberlieferung aus der Christenverfolgung
Schapurs II. Göttingen: Vandenhoeck & Runrecht
1967. 289 S. gr. 8° = Untersuchungen zur syrischen Literaturgeschichte
, I. Abhandlan. d. Akademie d. Wissenschaften in
Göttingen. Philol.-hisf. Klasse. ITT, 67. DM48,-.
In dem hier anzuzeigenden Buch legt der Verf. den 1. Teil seiner
.Untersuchungen zur syrischen Literaturgeschichte" vor, als deren
2. Teil eine „Bearbeitung des Personen- und Ortsnamenmatorials
sowie des Fremdwort- und T.rhnwortbestandes der hier behandelten
syrischen Märtyrerakten" geplant ist (S. 3 und S. 39, Anm. 2).
Wenn Verf. einganas die außerordentliche Bedeutung dieses Quel-
lonmaterials - behandelt werden in zwei Hauottei'en die , svro-
persischen Märtyrerakten des Simon-Kreises oder der Chuzista-
nischen Provinz" sowie die Märtyrerakten der „Adiabenischen Provinz
" - für die Kirch enge schichte des svro-nersischen Bereiches
insbesondere z. Z. des Sassaniden Srhapur II. (310-3791 betont und
in diesem Zusammenhang feststellt daß diese Quellen u. a. a<irh
für die Frage .nach dem rechten Verhältnis von Staat und Kirche''
bedeutsam sein können (S. 7f.). so zeigen allerdings des Vrrf.s
Untersuchungen selbst, welches Man an „Grundlagenforschung"
angesichts des gegenwärtigen Zustandcs der Bearbeitung syrischer
Schriftdenkmäler" noch notwendig ist, um die behandelten Ouellen
in dieser Hinsicht fruchtbar zu machen. So versteht denn der Verf.
auch seine im einzelnen sehr diffizilen form- und literar-geschicbt-
lichen" Untersuchungen lediglich als eine Vorarbeit für die zu erhoffende
Darstellung der frühen syrischen und syro-persischen
Kirchengeschichte" CS. RV Soweit Fez dies zu beurteilen vermag
kann an der Qualität der hier vorliegenden .Grundlagenforschung"
kein Zweifel sein: Die Frage nach dem historischen Wert der hier
besprochenen Märtvrerakten wird - im Rahmen der Möglichkeiten
- mit aller notwendigen Vorsicht beantwortet: und darüber
hinaus wird die sachliche Bedeutung solcher „Grundlagenforschung
" allenthalben sichtbar: Hingewiesen sei hier nur auf die
Ausführungen des Verf.s zur Frage des Verhältnisses Staat-Kirche
(bes. S. 4fiff), zur ..Idee des Märtvriums in der alten Kirche" (H v.
("amnenhausenl auf S. 4Pff und bes. P. 1R7f. sowie zur Frage des
Verhältnisses Tudentum-Chrisfenhim im syro-persischen Bereich
(S 180ff V Fs ist zu hoffen, daß der Verf. recht bald den 2. Teil
seiner Untersuchungen zur syrischen Literaturgeschichte" vorlegen
kann und damit zugleich dann auch das eigentliche Ziel des ganzen
Unternehmens erreicht sein wird: die Grundlegung für eine Darstellung
der Kirchen- und Theologiegeschichte in diesem vom
Kirchenhistoriker gemeinhin - eben auf Grund der schwierigen

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 10