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Ausgabe:

1968

Spalte:

736-737

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Mayer, Rudolf

Titel/Untertitel:

Einleitung in das Alte Testament; II.Spezielle Einleitung 1968

Rezensent:

Wallis, G.

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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 10

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Propheten, in ihrem Verständnis, in den symbolischen Handlungen
, im Verständnis des Jahwe- und des Prophetenwortes bis hin
zur Anordnung und Aufzeichnung die Nachwirkung des magischen
Elementes als Folge eines Ursprungs der Prophetie „in einer urtümlichen
, ungeteilten und nichtspezialisierten Kultur" verbirgt,
S. 263f. - Daß Fohrer die einfache und unsachgemäße Gegenüberstellung
von Berufs- (Kult- oder Hof-) und „Schriftpropheten"
preisgibt, verdient vielleicht noch immer der Hervorhebung. Dafj
ihm die meisten Forscher in der Ansprache eines Arnos, Hosea,
Jesaja, Micha, Zephanja, Jeremia, Ezechiel und teilweise auch
Dcuterojesajas als „Einzelpropheten" beipflichten dürften, ändert
nichts daran, dafj diese Einordnung mindestens partiell problematisch
bleibt, vgl. S. 4ff. - Dafj Fohrer nicht bei dem Prophetenwort
als einem unergründlichen Mysterium einsetzt, sondern zwischen
der in der Gottergriffenheit geschehenen „geheimen Erfahrung
" und den folgenden, teils parallel verlaufenden Stadien der
Deutung und Auslegung, der verstandesgemäßen Bearbeitung' und
der künstlerischen Ausformung unterscheidet, sei jedenfalls erwähnt
. Die überaus knappe Charakterisierung der „falschen Prophetie
" S. 9f. ist noch unvollständig oder bedarf im Blick auf
1 Kö 22,22 mindestens der Erläuterung. - Die symbolische Handlung
wird knapp und treffend gekennzeichnet und einleuchtend
von der rein magischen Handlung abgesetzt. Der Gedankenbogen
zieht sich von hier zu der Studie über „Die Gattung der Berichte
über symbolische Handlungen der Propheten" und noch einmal zu
der über „Prophetie und Magie"". Vielleicht verdient die Fußnote
S. 10 eine Unterstreichung: „Eine ausschließliche Worttheologie erfaßt
also nur einen Teil der prophetischen Verkündigung."

Die Darlegungen über die Botschaft der Prophetie werden mit
einer Abgrenzung gegen ihr ausschließliches oder überwiegendes
Verständnis aus dem Wechselspiel zwischen Tradition und Situation
eröffnet, S. 11. Der Gedanke findet in dem zweiten Aufsatz
„Bemerkungen zum neueren Verständnis der Propheten" seine
polemische Entfaltung und in dem letzten über „Prophetie und
Geschichte" auf S. 285 noch einmal seine Absicherung. Fohrer ist
der Überzeugung, dafj für das Verständnis der Propheten nicht ihre
Bindung an die Tradition oder ihre Verwurzelung in ihr entscheidend
ist, sondern „die neue und freie Art, in der sie die Traditionen
handhaben" S. 285. Da er gleichzeitig versichert, dafj es den
Propheten um eine Wiedererweckung des lebendigen Glaubens
der Mosezeit ging, S. 23f„ provoziert er freilich die Frage, woher
sie ihr Gotterleben als Kundgabe Jahwes verstehen konnten, es
sei denn durch die Tradition - was Fohrer natürlich selbst weift,
vgl. S. 8 und 285. So scheint mir die Frage, wo die Gebundenheit
und die Freiheit aufhören, noch weiterer Reflexion zu bedürfen.
Der Grundintention des temperamentvollen zweiten Aufsatzes,
vor einer hypertrophen gattungs- und traditionsgeschichtlichen
Prophetenexegese zu warnen, wird man zustimmen können, wenn
man auch in Einzelheiten anderer Ansicht ist. Die Forderung, es
sei zwischen den von den Propheten verwendeten Redeformen und
ihren jetzigen Funktionen, zwischen den von ihnen aufgenommenen
Traditionen und ihren Interpretationen, zwischen den gemeinsamen
Grundlagen und den auseinandergehenden theologischen
Strömungen im Alten Testament zu unterscheiden, kann man nur
als gesund unterstreichen. Dafj der Rezensent bei der Beantwortung
der Frage, ob und in welchen Grenzen in alten Zeiten - und
nicht nur in ihnen - die Weitergabe von Traditionen ohne Institutionen
denkbar ist, mindestens die Akzente anders setzen würde,
sei angemerkt. Für überaus nachprüfenswert halte ich, was Fohrer
S. 27 über das Verhältnis der Propheten zu den konkreten, den
Gotteswillen zur Sprache bringen wollenden Forderungen der Tradition
ausführt: Nach ihm liegt bei der prophetischen Interpretation
eine Konzentration auf die bis dahin unausgesprochene
Grundlage „Gutes tun = Erfüllung des Gotteswillens" vor. Bewährt
sich diese These, so wäre die Synthese für die beiden, sich
in der Forschungsgeschichte dieses Jährhunderts ablösenden Antithesen
im Verständnis der Prophetie als des Durchbruchs zum
ethischen Monotheismus bzw. als der Interpretation der Tradition
im Lichte der Situation gefunden.

') Der Unterschied zwischen der 2. und 3. Stufe ist mir nicht recht deutlich
geworden i Ist an den zwischen implizitem und explizitem Verstehen gedacht?

!) Dafj die Abhandlung über .Die symbolischen Handlungen der Propheten" aus
dem Jahre 1953 im Hintergrund steht, bedarf kaum der Erinnerung.

Entscheidend für das sachliche Verständnis der vorexilischen
Propheten bei Fohrer ist die Kategorie der Entscheidung. Angesichts
der heiligen Macht Gottes stellen die Propheten den Menschen
vor die persönliche Entscheidung für Gott und damit das
Leben oder gegen Gott und damit für den Tod.3 Als prägnante,
wenn auch nicht völlig unproblematische Reduktion der prophetischen
Botschaft ergeben sich als ihre beiden Themen die mögliche
Rettung des schuldigen und eigentlich dem Tode verfallenen
Menschen (= Umkehr) und die erlösende Tat Gottes (= Erlösung
), vgl. S. 16f.4, als Ziel die Verwirklichung der Gottesherrschaft
, vgl. S. 17. Im Gegensatz dazu arbeitet die umfangreiche
Abhandlung über „Die Struktur der alttestamentlichen Eschatolo-
gie" als wesentlichen Grundzug der Erwartung der eschatologi-
schen Prophetie seit Deuterojesaja das Bewußtsein heraus, am
Ende der Unheilszeit und an der Schwelle der Heilszeit zu stehen,
vgl. S. 33 und vorher S. 15. Da diese Prophetie auf eine Wandlung
der Welt und nur auf diese Weise auch auf eine Wandlung des
Menschen, statt auf eine Wandlung des Menschen und dadurch
der Welt wartet, entnimmt sie den Menschen der Notwendigkeit
immer neuer Entscheidung und versetzt ihn, befindet er sich im
Heilszustand1, in einen Ruhezustand des Geniefjens", S. 57. Die
Theologie der eschatologischen Propheten ist mithin sachlich eine
Theologie scheiternder Hoffnung und vergeblicher Erwartung, religionsgeschichtlich
„das Ergebnis der epigonalen Entartung der
vorexilischen Prophetie. Die Apokalyptik als jüngere und sozusagen
modernere Form der Eschatologie ist grundsätzlich nicht
anders zu beurteilen", S. 58. Damit ist die These von S. 7, dafj die
„großen berufenen Einzelpropheten" „den Maßstab zur theologischen
Beurteilung aller anderen liefern", inhaltlich eindeutig gefüllt
. - Von diesen Ansätzen her ist es verständlich, daß Fohrer
in dem letzten Aufsatz über „Prophetie und Geschichte" weder der
Konzeption einer Offenbarungs- oder einer Heilsgeschichte das
Wort reden kann, sondern zeigt, daß wir bei den Propheten einem
Grundverständnis der Geschichte als „Entscheidungsgeschichte"
begegnen, deren Ziel die Herstellung der Gottesherrschaft und der
Gottesgemeinschaft ist.

Der angekündigte zweite Band der gesammelten Studien zur
alttestamentlichen Geschichte und Theologie wird den größeren
Rahmen für diese Vorarbeiten und Skizzen hoffentlich bald erneut
vergegenwärtigen. Daß man der deutlich von den derzeit vorliegenden
Darstellungen der alttestamentlichen Theologie abweichenden
Geschichte der israelitisch-jüdischen Religion Georg Fohrers
mit der Erwartung entgegensehen darf, sie werde zu einer
lebhaften Diskussion und hoffentlich auch Klärung der Grundfragen
alttestamentlicher Religionsgeschichte und Theologie beitragen
, hofft der Rezensent hinreichend verdeutlicht zu haben.

Marburg/Lahn Otto Kaiser

3J Zum Ausgleich zwischen diesem Ansatz und dem in der magischen Welt
verwurzelten Wortverständnis vgl. S. 264.

4) Dafj Fohrer die Probleme gesehen hat, zeigen S. 29 und 243.

Mayer, Rudolf: Einleitung in das Alte Testament II.: Spezielle
Einleitung. München: Hueber 1967. 383S. 8°. Lw. DM24,80.
Nachdem in ThLZ 92, 1967, Sp. 580-81 der erste, die allgemeine
Einleitung erhaltende Band besprochen werden konnte, liegt nunmehr
der zweite Band zur Rezension vor. Er umfaßt die Analyse
der Schriften des Alten Testaments. Unter ihnen werden, aufgegliedert
in I Die Geschichtswerke (S. 9-197), II Die prophetischen
Bücher (S. 198-291) und III Die lyrisch-didaktischen Bücher des Alten
Testaments (S. 292-367), auch die Bücher Baruch und der Brief
des Jeremias, Tobias, Judith, Jesus Sirach und die Makkabäer-
Bücher als autoritativ, wenn auch deuterokanonisch, abgehandelt.
Die von protestantischer Seite als Pseudepigraphen bezeichneten
Schriften, Das Buch Henoch, Die Himmelfahrt Moses, Das Martyrium
und die Himmelfahrt Jesaias, die Baruch-Apokalypse, Das
vierte Buch Esdras, Die Testamente der zwölf Patriarchen, Die
sibyllinischen Orakel, Die Psalmen Salomos und das Leben Adams
und Evas, werden als Apokryphen im Anhang (IV, S. 268-379) neben
den Qumranschriften kurz erörtert.

In der Abgrenzung des autoritativen Kanons zeigt sich das
katholische Verständnis der inspirierten Schriften des Alten Testaments
. Unter diesem Aspekt wird dem Autor allerdings die Pen-
tateuchkritik problematisch (S. 9-105). Denn ein von Mose her-