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Ausgabe: | 1968 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Mittelalter |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Das Thema des 1. Buches der anselmischen Dialoge ist der
Erweis der Unitas fidei trotz aller zeit- und entwicklungsbedingten
Verschiedenheiten seit den Anfängen der Menschheit.
Die Beweisfühimng nimmt ihren Ausgang von der in der ersten
Hälfte des 12. Jahrhunderts aktuellen und sich auch kirchenpolitisch
auswirkenden Auseinandersetzung zwischen den
Befürwortern der Vita canonica und den Anhängern des Mönch-
tums. Der Prämonstratenser Anselm stellt die Verschiedenheiten
zwischen Kanonikern und Mönchen und zwischen den einzelnen
Orden als bedeutungslos hin im Vergleich zu den Wandlungen
, welche Kirche und Gottesverehrung im Laufe der Zeit
erlebt haben, ohne sich doch im Entscheidenden ändern zu können
, da ihre Einheit nicht vom menschlichen Willen, sondern
vom göttlichen Heilsplan abhängt. Von hier ergibt sich eine
Geschichtstheologie, in welcher Welt- und Kirchengeschichte
identifiziert werden und deren Periodisierung nach den sieben
Status ecclesiae dem 6. Kapitel der Johannesapokalypse entlehnt
werden. Manches auch rein historische Material findet sich
hier eingebaut, wie etwa der Katalog der Häretiker, welche die
Kirche in ihrem 3. Status bedrängten, oder die Aufzählung der
Ordensgründer, welche sich im 4. Zeitraum den falsi fratres
entgegenstellten.
Mit Recht betont der Editor, dafj die Grundkonzeption Anselms
nichts anderes als die Wiederaufnahme einer schon in der
Väterzeit häufig vertretenen Idee darstellt. Der der Edition beigegebene
Kommentar bemüht sich noch mehr als um die textkritische
Erklärung um !die Aufzeichnung dieser Zusammenhänge
. Noch deutlicher wird im Anhang unter dem Titel „Quelques
textes des Peres sur l'Eglise au cours des siecles" der
Versuch gemacht, Anselm in die Tradition der theologischen
Literatur hineinzustellen. Die als 'Parallelen herangezogenen
und systematisch behandelten Werke reichen vom Pastor Her-
mae bis zu Juan Torquemada. Nicht überall ist die Beweisführung
freilich schlüssig, und hier und dort kann man sich nur
schwer des Eindruckes erwehren, dafj Anselms Gedanken in
ein Schema gepreßt wurden. Jedenfalls hätte es der Edition
nicht geschadet, wenn echte Abhängigkeiten gemäß den Regeln
der Editionstechnik auch typographisch deutlich gemacht worden
wären. Vermißt wird auch eine Bezugnahme auf die Theologie
der Dialogpartner Anselms.
Wien Harald Zimmermann
A1 b e r i g o , Giuseppe s II cardinalato in una decretale di Inno-
cenzo III (SMSR 38, 1967 S. 38-52).
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177 S. 8° = Franziskanische Quellenschriften, hrsg. v. d. deutschen
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Fl o o d , David Ethelbert, OFMi Die Regula non Bullata der Minderbrüder
. Werl/Westf.: Dietrich-Coelde-Verlag 1967. 168 S.
gr. 8° = Franziskanische Forschungen, hrsg. v. U. Heynck u.
J. Kaup, 19.
Fuhrmann, Horst: Pseudoisidor in Rom vom Ende der Karolingerzeit
bis zum Reformpapsttum. Eine Skizze (ZKG 78,1967
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G a n s h o f, Francois L.: „L'Epreuve de la Croix" dans le droit de
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G r e i v e , Hermann: Zur Relationslehre Wilhelms von Ockham
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berto di Schönau contro l'eresia Catara (SMSR 38,1967 S. 302
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edition de la .Regula magistri" (SMSR 38,1967 S. 350-395).
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Pericoli Ridolfini, Francesco S.: Agli inizi del Monache-
simo Gallico: La .Vita Martini" e la „Vita Antonii" (SMSR 38,
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R i z z i t a n o , Umberto: II contributo dei musulmani di Sicilia
alla diffusione del Figh Malikita (SMSR 38, 1967 S. 473-487).
Roggen, Heribert: Saint Bona venture comme „Le Second Fon-
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Schneyer, Johannes Baptist: Die Laienpredigt im Mittelalter
(MThZ 18, 1967 S. 205-218).
Stock, Brian: Observations on the Use of Augustine by Johannes
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Traversa, Augusto: Di-Bci frammenti di papiri cristiani inediti
della collezione genovese (SMSR 38, 1967 S. 554-581).
U 1 i a n i c h , Boris: Paolo Sarpi, il Generale Ferrari e l'ordine dei
Serviti durante le controversie veneto-pontificie (SMSR 38,1967
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V e r 1 i n d e n , Charles: Patarins ou Bogomiles reduits en escla-
vage (SMSR 38, 1967 S. 683-700).
Z e r b i, Piero: Una lettera inedita di Martino Corbo (SMSR 38
1967 S. 701-723).
KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT
B e i s s e r, Friedrich: Ciaritas scripturae bei Martin Luther.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1966]. 199 S. gr. 8° =
Forschungen z. Kirchen- und Dogmengeschichte, 18. DM22.-.
In drei Kapiteln sucht Friedrich Beisser in seinen Erlanger
Dissertation von 1964 Luthers Verständnis der claritas scripturae
zu beschreiben und zu analysieren.
Zuerst wird nach Luthers Begründung der claritas gefragt.
Die exegetische Methode des Reformators hat sich bekanntlich
in Auseinandersetzung mit der allegorischen Auslegung entwickelt
. Der Rolle der Philologie für Luther sowie seinem Geschichtsverständnis
werden hier große Bedeutung zugeschrieben.
Luthers Arbeit an der Heiligen Schrift hat eine Revolution ihrer
Auslegung herbeigeführt. Er ist aber in seiner Methode noch
weit weg von einer modernen historisch-kritischen Bibclausle-
gung. Die Klarheit der Schrift ist für ihn nicht erreichbar mit
gewöhnlichen wissenschaftlichen Methoden, sondern eine unkomplizierte
Überzeugung der Gegenwart Christi im Wort für
den Glauben. Die Gegenwart Christi ist Offenbarung und deshalb
der Vernunft verborgen.
Im zweiten Kapitel wird dieses Ergebnis mehr in Einzelheiten
dargelegt, indem der Verfasser eine Reihe von Lutherischen
Begriffen expliziert: claritas externa - claritas interna,
eindeutige Klarheit, Evidenz, leuchtende Klarheit, claritas-puri-
tas, claritas-Verborgenheit. Die Analyse des Verfassers ist hier
tiefsinnig und tiefdringend, wenn auch nicht immer lleicht
zu verfolgen, teilweise weil Luther selbst nicht immer ganz
klar ist.
Das dritte Kapitel sucht auf die Frage, wie es zur Klarheit
der Schrift nach Luther kommen kann, Antworten zu geben.
Die Mitte der clarifacatio scripturae ist die Christuswirklichkeit,
wie Luther sie in der Schrift findet. Begriffe wie Naivität, Tradition
und Heiliger Geist werden alle von der Rrchtfertigungs-
lehre her verstanden. „Naivität" ist das glaubende Empfangen,
„Tradition" ist die Glaubenswirkung des Wortes in aller Zeit
und „Geist" die Gegenwart Gottes in Wort und Glaube. Außerhalb
dieser Dreiheit von Naivität, Tradition und Geist kann es-
nicht zur Klarheit der Schrift kommen.
Luthers Personalismus ist mit der Seinsmetaphysik der griechischen
Väter schwer zu vereinen (S. 150). Luther versucht es
bekanntlich doch. Bei Luther ist es ganz deutlich, dafj eine
Totalkonzeption der biblischen Botschaft Seinskategorien
schwer entbehren kann. Luthers Synthese von Seins- und Personalbegriffen
ist aber gut möglich, weil er eine echte Theologie
der Schöpfung vertritt. Der Verfasser hat leider diesen
Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 1