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Ausgabe:

1968

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

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Neuerscheinungen

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Spezialist dasteht, sondern daß er ein einfacher philosophischer
Arbeiter ist, der seine Untersuchung ausdehnt, so dafi sie auch
die religiöse Gruppe von Meinungen und Werten in bezug auf
unsere menschliche Existenz betrifft, und wenn er dies tut, so
hat er als Mitarbeiter einen größeren Kreis von Männern, die die
menschliche Religiosität erklären und verstehen wollen.

Es ist ein gutes und noch dazu sehr anregendes Buch, das Professor
Collins geschrieben hat, und es ist gründlich in seiner
durchgehenden Behandlung der drei großen Denker, die immer
noch ihren festen Platz in der Religionsohilosophie, in der Geschichte
sowohl wie in der Gegenwart, haben. Humes Stellung zur
Religion wird, wie erwähnt, positiver gedeutet, als es gewöhnlich
geschieht. Dafi Kant und Hegel die Religion unter dem Gül-
ligkeitsaspekt betrachteten, ist evident. Aber tat Hume das auch,
oder war er bloß Psychologe und Historiker, der seine Arbeit mft
dem Problembereich der Reliqion nicht als Philosophie betrachtete
, sondern allein als positive Fachwissenschaft?

Kopenhagen Soren Holm

Cramer, Wolf gang: Gottesbeweise und ihre Kritik. Prüfung ihrer
Beweiskraft. Frankfurt/M.: Klostermann [19671. 161 S. 8° = Die
absolute Reflexion, 2. Kart. DM 18,50; Lw. DM 22,50.
Das Buch ist eine durchaus akzeptable Rehabilitierung der
Gottesbeweise -- allerdings um den Preis, daß sie keine Gottes-
beweise mehr sind, sondern Beweise für ein ens necessarium, für
ein Absolutes oder den Monismus einer Substanz. Die Gleichsetzung
des Anselm: ,et hoc es tu, Domine Deus nostar' (Prosl. 3)
bleibt außerhalb aller Diskussion. ..Um nicht Verwirrung aufkommen
zu lassen, wird in diesem Buche nicht von Gott, sondern vom
ens necessarium oder vom Absoluten gesprochen. . . . Das Wort
■Gottesbeweise' hat sich nun einmal eingebürgert und wird daher
beibehalten" (S. 54f.). Nichtsdestoweniger wehrt sich Cramer gegen
einen beziehungslosen Dualismus zwischen Theologie und Philosophie
(sie „sprechen . . von demselben", S. 55) und gegen „die
überhebliche, barer Unwissenheit entspringende" Entgegensetzung
von .lebendigem Gott' und .Philosophengott' vor allem protestantischer
Theologie (S. 54f.). Sein Buch ist nicht einfach die Herausschälung
des rationalen Kernes aus einer vergangenen theologischen
Diskussion, mithin nicht schlechthin Säkularisierung, sondern
eine kräftiqe Unterstützung derjenigen theologischen Rich-
'unqen. die nach wie vor für unabweisbar halten, jenes philosophische
hoc zu klären und zu beiahen, von dem Anselm, für
seine Zeit recht problemlos, erklärt: et hoc es tu. Domine Deus
noster.

Über die Richtigkeit einer solchen philosophiebezogenen theologischen
Grundkonzeption, die heutiger protestantischer Theologie
keineswegs so absolut fremd ist, wie Cramer in recht harten
Korten ihr gegenüber voraussetzt (man denke nur an Tillich und
seinen Einfluß), entscheidet natürlich keine subtile logische Ana-
'yse: und deswegen spielt dieses theologische Grundsatzproblem
bei Cramer nur ganz am Rande eine Rolle. Sein eigentliches Anleger
ist die Rehabilitierung der Cottesbcweise als reiner Onto-
'ogie und zu bejahender Metaphvsik, und zwar im Rahmen eines
umfassenderen philosophischen Unternehmens, welches auf die
■ewigen' philosophischen Probleme zurück will und sich dagegen
wendet (formal gesehenl, daß man als Philosoph Sklave des
historisch-zufälligen Geistes einer Zeit wird und die Jage' der
Philosophie mit ihrer Wahrheit und eigentlichen Aufgabe verwechselt
- als ob Philosophie irqcndeinc Fachwissenschaft mit
neuestem Stand' wäre. Sonst sollten wir die Lösung philosophischer
Fragen den Instituten für Meinungsforschung übergeben"
^ 9). Freilich ist es so neu und unerhört heute nicht, die alte
Mctaphvsik und oan^ besonders die Gottesbcweise wiederzubeleben
und an dem Felsen zu rütteln, der vor ihrer Tür liegt:
Tmmanuel Kant.

Cramers Auseinandersetzung mit Kant, die den Hauptinhalt
des Buches ausmacht, geht davon aus, daß Kants Antinomienlehre
,n der Kritik der reinen Vernunft nur unter der Voraussetzung der
C-ültjgkHt seines transzendentalen Idealismus richtig ist und
Cottesbcweise annulliert. Man brauche besonders nur die Realzeit
zu restituieren, um zu erkennen, daß Kant in den von ihm
'"'»fqcwiesencn Antinomien eine Sache in Begriffe auflöse, die er
schon vorher durch seine Problemstellung und -formulierung aus

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seinem System verwiesen hat. „Die Thematik des kosmologischen
Beweises kann a priori nicht innerhalb des transzendentalen Idealismus
auftreten" (S. 161). „Kants Zeitlehre macht die Antinomien
möglich und sie löst sie auf (S. 140).

Das Ergebnis der äußerst subtilen Erörterungen, der in allen
Einzelheiten zu folgen durch häufige abgekürzte Rückverweise
im eigenen Buch sehr erschwert ist und deren Lektüre anstrengender
ist als das Durcharbeiten eines Lehrbuches der Logistik,
ist die Bekräftigung der nicht erst Heideggerschen Lehre, daß es
ein Sein vor aller Existenz gibt, und ist damit die Wiedergewinnung
eines metaphysischen Begriffes
von .Ewigkeit', der als Begriff der Bedingung der Möglichkeit
des Daseins von Welt und Materie als ein keineswegs
gleichgültiges Analogon zum christlichen Schöpferglauben angesehen
werden kann. Somit bietet das Buch philosophische Kategorien
zum Verständnis und intellektuellen Begreifen der Überzeugung,
daß der Welt etwas vorausgeht, gewiß nicht naiv zeitlich,
aber doch sie sachlich begründend und tragend - und .irrationaler
' als in Hegels Dialektik (s. Cramers Bevorzugung Fichtes vor
Hegel in diesem Zusammenhang, S. 111 und 105). „Die Frage, ob
die Welt einen Anfang hat oder nicht, kann Philosophie nicht beantworten
. .. Philosophie kann bündig nachweisen, daß die Ewigkeit
die Bedingung der Welt ist. ... Auch, wenn die Welt keinen
Anfang hätte, wäre noch die Ewigkeit ihre Bedingung, wäre sie
noch aus der Ewigkeit" (S. 131f.).

Berlin Hans-Georg Fritzsche

A n d r ä , Franz: Seele, Wert und Verantwortlichkeit (NZSTh 10,
1968 S. 210-215).

Corvez, M.: Le structuralisme ethnologigue de Claude Levi-
Strauss (Nouvelle Revue Thcologique 100, 1968 S. 388-410).

Forck, Gottfried: Kierkegaards indirekte Mitteilung (ZdZ 22,
1968 S. 54-58).

Splett, Jörg: Das Christentum angesichts der marxistischen
Rcligionskritik (StZ 181, 93. Jg. 1968 S. 319-326).

Toinet, P.: Un essai d'anthropologie philosophique (Nouvelle
Revue Theologique 100, 1968 S. 411-418).

NATURWISSENSCHAFT UND GLAUBE

H ü b n e r, Jürgen: Theologie und biologische Entwicklungslehre.

Ein Beitrag zum Gespräch zwischen Theologie und Naturwissenschaft
. München: Beck 1966. XV, 324 S. 8°. Lw. DM34,-.
In der Begegnung zwischen Theologie und Naturwissenschaft
gab und gibt es verschiedenartige Formen der Zuordnung beider
Bereiche, die im einzelnen vom Erkenntnisstand der Naturwissenschaft
und der Geisteshaltung der Fachvertreter mitbestimmt sind.
Dies gilt auch im Hinblick auf die biologische Entwicklungslehre,
an der sich im vorigen Jahrhundert eine heftige Kontroverse zwischen
Theologie und Naturwissenschaft entzündet hatte. In unserer
Zeit ist bei Theologen und Naturwissenschaflern eine neue Bereitschaft
zum Aufeinanderhören zu bemerken und damit eine wichtige
Vorbedingung für ein echtes Gespräch erfüllt.

Das vorliegende Buch - ursprünglich eine Dissertation an der
Universität Zürich, Referent Prof. Ebeling - stellt sich die Aufgabe
, einen möglichst umfassenden Überblick der Situation zu
vermitteln. Dazu werden die theologischen Stellungnahmen zur
Evolutionstheorie in folgende fünf Typen gruppiert, wobei Verf.
mehrfach betont, daß eine eindeutige Klassifizierung meist nicht
möglich ist, da im einzelnen Überschneidungen vorkommen: I.
konservativ-orthodoxe Auffassungen (insbesondere Fundamentalismus
); II. die katholische Position; III. monistisch-idealistische
Entwürfe; IV. Scheidung der Gebiete und theologisch-philosophische
Zusammenordnung; V. Scheidung der Gebiete unter Verzicht auf
systematische Zuordnung. In der nachfolgenden Beurteilung wird
herausgearbeitet, inwieweit die theologischen Äußerungen der
kausalanalytisch arbeitenden Naturwissenschaft sowie dem theologischen
Anliegen gerecht werden oder zu Überfremdungen und
Widersprüchen führen.

Das Buch ist inhaltlich in vier Teile A-D gegliedert. Der einführende
naturwissenschaftliche Teil A (1-27) gibt eine Informa-

Theologische Literaturzeituwg 93. Jahrgang 1968 Nr. 9