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Ausgabe:

1968

Spalte:

670-673

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 6

Titel/Untertitel:

Lfg. 46 u. 47 1968

Rezensent:

Campenhausen, Hans

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669

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 9

670

Gemeinsamkeiten gegenüber den Unterschieden zu betonen. - Die
Charismen sind - entgegen älteren katholischen und lutherischen
Meinungen - nicht spezielle Privilegien der Urkirche, sondern
wirken jede amtliche und nichtamtliche kirchliche Betätigung. Auch
die geistgewirkten Tätigkeiten der „Laien" sind demgemäß als „ehrwürdig
", „hochwürdig", „exzellent" und „eminent" zu werten (S. 31).
Es folgen die Kapitel „Ursprung und Charakter der geistlichen
Gnadengaben" - sie werden als eschatologische Phänomene beschrieben
, und es wird bestritten, daß bei Paulus ein Unterscheiden
charismatischer und nichtcharismatischer Gaben statthabe; — und
«Das Gesamt der geistlichen Gnadengaben als ein geordnetes
Cetuge", die Mannigfaltigkeit der Gaben in der Einheit des Leibes
Christi wird dargestellt. Im IV. Kapitel wird von „Rang- und Wertordnung
unter den geistlichen Gnadengaben" gehandelt. „Die verbreitete
Vorstellung, alle Gläubigen seien - mit Ausnahme weni-
9er, begnadeter Amtsträger - nur passive Empfänger von geistlichen
Gnadengaben und von jenen zu betreuen, ist dem pauli-
nischen Verständnis gänzlich zuwider." (S. 45) - Paulus akzentuiert
Prophetische Gaben, Wort, Lehrgabe - und die karitativen Dienste
IS. 65).

Schießlich faßt Kap. V „Regulativ- und Ordnungsprinzip unter
den geistlichen Gnadengaben" ins Auge. Der Heilige Geist reguliert
die Geistesgaben durch das Grundcharisma der Liebe (S. 70).
Hierzu die Anm. 149: „Nicht das von evangelischen Theologen
9esehene Selbstregulativ der geistlichen Ordnung als solches ist
falsch, sondern nur die Absolutsetzung dieses Prinzips und seine
Ausspielung gegen jede ordnende Amtsfunktion. Paulus denkt
theologisch komplexer; er schaut diese mit hinein in das Ganze
der sich selbstregulierenden pneumatischen Gnadengaben. Das moderne
Entweder-Oder zwischen Amt und Charisma ist gänzlich
unpaulinisch." Die Stellung evangelischer Theologen zu dieser
Sache dürfte komplexer sein: Gerhard Friedrich, Geist und Amt,
S-85: „Paulus macht das Charisma zum Amt". - Zwar stilisiert der
Satz: „Die Amterordnung der Kirche ist im Prinzip eine solche
des jusdivinum" (S. 73) die Sache von späterer Begrifflichkeit her.
Doch heißt es weiter, Leitungsgewalt sei eingebettet in ein „umfassendes
, pneumatisches Geschehen". Auch alle in der apostolischen
Nachfolge stehenden Ämter bleiben in ein pneumatisches
Gesamtgefüge hineingebunden, „das sie reguliert und das sie
nicht beherrschen können" (S. 74). „Im tiefsten Grund bekommt
die Kirche ihre konkrete Ordnung in dem Zusammenspiel und
Aufeinanderhin der verschiedenen amtlichen und freien geistliehen
Gnadengaben, das der Heilige Geist unberechenbar frei verfügt
und allein garantiert" (S. 75).

Ein der ökumenischen Christenheit hilfreiches Büchlein, das
keineswegs übergangen werden sollte.

Berlin Otto P e r o 1 »

A'and, Kurt: The Greek New Testament: Its Present and Future
^ Editions (JBL 87, 1968 S. 179-186).

ahr, Gordon J.: The Subscriptions in the Pauline Letters

JBL 87, 1968 S. 27-41).
"arnmel, Ernst: Galater 1,23 (ZNW 59, 1968 S. 108-112).

artina, Sebastian: La vida como historia, en el prölogo al

cuarto evangelio (Bibl 49, 1968 S. 91-96).
°eare, Frank W.: Concerning Jesus of Nazareth (JBL 87, 1968

s-125-135).

C o 1 w e 11, Ernest Cadman, with I. A. Sparks, F. Wisse, P. R.
McRcynolds: The International Greek New Testament Project:
A Status Report (JBL 87, 1968 S. 187-197).

°rd, J. Massingberd: The Forgivcness Clause in the Matthean
Form of the Our Father (ZNW 59, 1968 S. 127-131).
" J a n t, Robert M.: American New Testament Study, 1926-1956
(JBL 87, 1968 S. 42-50).

e n 9 e 1, Martin i Das Gleichnis von den Weingärtnern Mc 12,1-12
lrn Lichte der Zenonpapyri und der rabbinischen Gleichnisse
(ZNW 59, 1968 S. 1-39).
Jeremias, Joachim: Zum Logos-Problem (ZNW 59, 1968 S. 82-
85).

J 0 h n s o n , Sherman E.: The Davidic-Royal Motif in the Gospels
.»(JBL 87, 1968 S. 136-150).

*laar, Erich: Rm 6,7 (ZNW 59, 1968 S. 131-134).

Wahoney, Aidan- A New Look at the Divorce Clauses in

Mt5,32 and 19.9 (CBQ 30, 1968 S. 29-38).
m a 1 h e r b e , Abraham J. i The Beasts of Ephesus (JBL 87, 1968

s- 71-80).

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Reallexikon für Antike und Christentum. Sachwörterbuch
zur Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt,
hrsg. von Theodor K 1 a u s e r. Lfg. 46,47. (= Bd. VI, Sp. 961
bis 1268). Stuttgart: Hiersemann 1965. 4°.

Mit der 46. und 47. Lieferung kommt der sechste Band des RAC
- passenderweise mit dem Stichwort „Exitus" (illustrium viro-
rum) - zum Abschluß. Einst war der Umfang des Gesamtwerkes
auf 6 Bände kalkuliert worden. Wir bedauern die enorme Erweiterung
des ursprünglichen Planes in keiner Weise. Auch dieser
sechste Band enthält wieder eine Flülle von brauchbarem Material,
und fast jeder Artikel bedeutet einen Gewinn und eine Förderung
unserer Erkenntnis von „Antike und Christentum". Das Vorwort
von Theodor K 1 a u s e r orientiert über die gegenwärtige Zusammensetzung
des Herausgeberkreises. Es betont besonders die
Verbindung des Lexikons mit der modernen Bibelwissenschaft,
auch wenn es selbstverständlich nicht seine Aufgabe sein konnte,
auf diesem Gebiet „nicht bloß die Vorlage der fertigen Forschungsergebnisse
, sondern auch deren detaillierte Erarbeitung" zu verlangen
. Der Band ist dem Gedächtnis Arthur Darby Nocks
(1902-1963) geweiht, „der uns und der gesamten Altertumswissenschaft
allzufrüh entrissen worden ist".

Ich beginne den Bericht über die beiden letzten Lieferungen
des Bandes mit den Eigennamen. Eusebius von Caesarea hat durch
Jaques Moreauf eine eingehende Darstellung gefunden
(Sp. 1052-1088). Das Lebens- und Charakterbild dieses im Grunde
gewöhnlichen Menschen, dem wir doch so viel verdanken, wird
mit einer leisen Ironie gezeichnet - einer Kunst, in der der
liebenswürdige Verfasser Meister war. Eusebius war „immer zu
Kompromissen bereit, ohne sich selbst zu kompromittieren"; er
war als Historiker kein Fälscher, aber er überging das Gefährliche
und für ihn Peinliche und pflegte „sich fast ausschließlich für
jene äußeren Vorgänge zu interessieren, die ssiner Eitelkeit am
meisten entsprachen". Seine Rolle im arianischen Streit und die
verschiedenen hier liegenden Probleme werden besprochen; es
folgt ein kritischer Katalog der Werke mit 42 Nummern und zuletzt
eine ausführliche „Würdigung", die auch sein Nachleben und
sein Verhältnis zur griechischen Literatur thematisch bespricht.
Interessant ist die eingehende Charakteristik der „Kirchengeschichte
": „Zweck und Ziel des Eusebios war nicht, die Entwicklung der
Kirche von ihrem Anfang bis in seine Zeit zu verfolgen; sein
Hauptanliegen war vielmehr, wie er es auch in der Praeparatio
evangelica und in der Demonstratio evangelica tat, Dokumente
zur Geschichte der Kirche zu sammeln.. . Der apologetische Standpunkt
ist auch in der Historia ecclesiastica wesentlich, die in
dem Triumph der Kirche die krönende Erfüllung der Weltgeschichte
erblickt. . . Eusebius erweist sich als der Nachfolger der
hellenistischen Grammatiker und Philologen, die die Geschichte
hauptsächlich als Literaturgeschichte auffaßten... In dem Maße
allerdings, wie Eusebius sich seinem eigenen Zeitalter nähert
und die literarische Überlieferung dünner wird, wird er zu einem
weniger scharfen und objektiven Beobachter, gelegentlich zum
voreingenommenen Zeugen" (Sp. 1071f.). Die Vita Constantdni gilt
M. - gegen seinen Lehrer Gregoire - „im ganzen genommen"
mit Recht als Werk des Eusebius.

Auch Evagrius Ponticus hat durch Antoine und Ciaire G u i 11 a u -
m o n t eine ebenso sorgfältige wie glänzende Darstellung gefunden
(Sp. 1088-1107). Die Probleme der literarischen Hinterlassenschaft
sind bei diesem einflußreichen Autor infolge seiner
späteren Verurteilung z. T. fast verzweifelt verwickelt und nicht
durchweg aufzulösen - die origenistischen Lehren, die das Konzil
von Konstantinopel 553 verurteilte, entsprachen ja „genau dem
Origenismus evagrianischer Art". Aber eine sichere Orientierung,
soweit sie heute möglich ist, wird hier geboten. Die lebendige
Charakteristik betont besonders die antiken Elemente im Denken
dieses Mystikers und ihre charakteristische Umformung und Weiterentwicklung
und trägt damit auch dem besonderen Interesse
des RAC in gebührender Weise Rechnung. - Der Artikel „Europa"
(Gg. Pfligersdorffer, Sp. 964-980) behandelt natürlich nicht
die geographischen Gegebenheiten des Kontinents, sondern dessen
allmähliche Entdeckung und Erfassung und den bezeichnenden
Wechsel in den Abgrenzungen sowie die Bestimmung seiner Eigenart
als Land der Mitte (auch die etymologischen Fragen). „Es