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Ausgabe:

1968

Spalte:

666-667

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Normann, Friedrich

Titel/Untertitel:

Christos Didaskalos 1968

Rezensent:

Haufe, Günter

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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr 9

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Denken und Wirken der Kirche gegenwärtig eine geringe Rolle ein Vergleich mit 1. Kor 15.3-5 und Ang 7 einem vorgeschrittenen
spielt (Kp. 1). Dies Phänomen beruht nach Moore auf einer fal- Stadium urchristlicher Mission zuweisen läßt. Ein Anhang inforschen
Beurteilung des urchristlichen Glaubens an die Wiederkunft miert über wesentliche Untersuchungen seit 1963, dem eigentlichen
Jesu. Sowohl die 'konseguente Eschatologie' Albert Schweitzers Abschlußtermin des Werkes.

wie Dodds 'realised eschatology' und Bultmanns 'entmvtholo- Wenn ich mich einigermaßen auskenne, wird dem Leser die
visierte Eschatologie' gehen von einer nicht adäguaten Erfassung Forschung unverkürzt und verständnisvoll nahegebracht. Die Sachtes
neutestamentlichen Befundes aus (Kp. 3-5). Dieser Befund. Probleme sind jeweils in Pro und Contra ausgewogen und überkorrekt
erhoben, ergibt, daß überall im NT - vom historischen sichtlich dargestellt Die entscheidenden Weichen der Interpre-
Jesus an bis hin zum Johannes-Evangelium - die Konzention einer tation treten scharf heraus. Das persönliche Urteil wird vorsichtig,
heilsgeschichtlichen Theologie herrscht, in deren Rahmen die nahe aber plausibel begründet. Die unter Theologen selten gewordene
Parusie Jesu erwartet wird (Kp. 7) 'Nah' heißt freilich nicht, dan Kunst, so klar zu gliedern und abzuwägen, zu denken und zu
irgendwo im NT ein fester Zeitraum angegeben würde, innerhalb formulieren, ist von hohem ästhetischem Reiz und bietet angemessen
die Parusie eintritt; weder erwartet Jesus sie für seine sichts der zu überwindenden Schwierigkeiten einen nicht geringen
Generation noch Paulus zu seinen Lebzeiten Die Naherwarttina wissenschaftlichen Gewinn Unglücklich bin ich nur darüber, daß
der Parusie ist darum im Grunde kein chronologisches Phänomen der durchaus unangemessene, nämlich falsche Assoziationen er-
fKn 8 101 Sie beruht für die Gemeinde vielmehr auf dem Glauben. weckende Ausdruck „Poesie" im Neuen Testament unausrottbar
daß die Königsherrschaft Gottes in der Person Jesu verborgen erscheint.

bereits da ist und durch den Heiligen Geist gegenwärtig gehalten Tübingen Emst KSsemann
wird. Da die zukünftige Parusie zu dem in Jesus beschafften

Neilsgut gehört, kann man auch von ihr die 'Nähe' aussagen n o r m a n n , Friedrich; Christus Didaskalos. Die Vorstellung von

'Kd. 9). Schon Jesus sprach in diesem Sinne von der 'Nähe' der Christus als Lehrer in der christlichen Literatur des ersten und

Parusie. weil er seinem Werk eschatologische Bedeutung zuschrieb- zweiten Jahrhunderts. Münster/W.- Aschendorff [19671. VIIT.

da er zugleich die Gnade Gottes verkündigte, die den Menschen 192 s. gr 8° — Münsterische Beiträne z Theologie, hrsg v

Zeit zur Umkehr gewährt, lag es ihm fern, diese Nähe irgendwie B Körting u. .1 Ratzinger. 32. Kart. DM 28.-: Hlw. DM 32.-.

Zeitlich zu fixieren. Die 'Nähe' des Fndes bestand also trotz aller
scheinbarer "Verzögerungen' (Kt>. 11).
Die Kirche der Gegenwart sollte nach Moore dies urchristliche

Es ist das Verdienst der vorliegenden katholischen Arbeit, der
Vorstellung von Christus als Lehrer innerhalb der frühchristlichen

p/1: ""ZT. u" ^^^rZr'rZ V ZT* ."TT UteratUT erstmals ausführlich nachgegangen zu sein. Sachgemäß
Parus.everstandms ohne weiteres ubernehmen Da das Ende In N den Sprachc1ebrauch, andererseits die the-

tesus Christus verborgen gegenwartia ist. kann auch sie stets von . . . . . ... , _ _ ... . .

j„. _ , , " M , i . . , tnatischen Haftpunktc der wesentlichen Termini Darüber hinaus

uer Nahe der Parusie sprechen und zugleich dankbar sein, dah , . .__,, __, n » j-

r„.. ...... , ,_. _ . werden aber auch solche Texte in Betracht gezogen, die zwar

vjotx vor dem definitiven offenbaren Ende noch Zeit zu Buße . . ■

"nd ri r-fi (v 1* nicht terminologisch, wohl aber sachlich in den Umkreis der

Glauben ladt (Kp. 12). I ehrer-Vorstellung gehören. Ober die Abgrenzung mag man

r.ine aufs Ganze gesehen klare und flüssig geschriebene Arbeit , ... . .. , , ... ... .

ja ...... , , ...... . . freilich hier und da verschiedener Meinung sein Die Untersuchung

des !jt TT ^emanschen Konstruktion zuliebe den Befund ^ ^ ^ Bvan9elientradiHon ein llnd -eM dann die übri(|en

«es NTs stark verzeichnet und nivelliert Als Intel r> r et.t10 n fruMiristlicllen T.iteraturoattungen durch. Schon im Markus-Evan-
'er nt Parusiehoffnung wäre diese Konstruktion eindrucksvoll .. , • , T ■ , . ,, , , ,

nr,j j- , , . "1u"m ~ . . gclium erscheint Jesus als machtvoller T.ehrer. der souverän in

,r,g diskutabel Als Darstellung der Parusieerwartung im •_____ ....__• ___• . . iux» ^

xiT • . . . , .» . , . . , eigener Autorität spricht und dessen Absicht nicht schulmaßige
J> 1 ist sie es nicht, so ocwin der Verfasser besonders gegenüber , , _-vi.t-ii.-j l »i ■ _i
ri-,. ,. , ' , , , , . . . . . Diskussion, sondern persönliche Entscheidung ist. N. sieht hier
>,cr realised esenalologv auf besserem historischem Grund baut. . . t- • /« j t» j t ■
Ako. j- -........, . sowohl historische Erinnerung (lestis der Rabbi") wie das Interner
rlie notwendige Einsicht in die Differenz von Darstellung und -____—,__. _ ,. ., ,. ....

t„, . 7............. . esse der Gemcindekatechcse am Werk Beides ist zweifellos richtig,

"uernretation sowie in die nnnzimelle Notwendigkeit der Tnter- _jjiu „u _ —.:• „_;;(;__ _ i_ j- i. »/■ u

mimte aber mit gronerer methodischer Konseauenz unterschieden
werden, sowie man auch vormarkinischc Tradition und mar-

n,'r'afion antiker mythologischer Vorstellungen hat Moore nicht

Gewonnen, wie ti a. seine Auseinandersetzung mit Bultmann zeigt,
D-.-, , ... .. „ , , .. . _ . , . kinischc Redaktion nicht nur gelegentlich voneinander abheben

"arum verliert er auch über die Problematik der Parusie als eines

,nnergeschichtlichen Phänomens kein Wort.

sollte. Im Matthäus-Evangelium wird Jesus zwar - außer von Judas
- nicht mehr von den Seinen als Rabbi oder Didnskalos an-

Warburo HUtar s c h m 11 h ■ 11 geredet, dafür aber um so kräftiger als Lehrer verpflichtender

Gebote geltend gemacht. Bei dem für die weitere Entwicklung
der Lehrer-Vorstellung wichtigen Wort Mt. 23.8 sollte man aller-

^artin, R. P Carmen Christi. Philippians TT. 5-11 in recent dings ernsthaft erwägen, ob nicht das Verbot an die Jünger, sich

Interpretation and in the Settino of F.arlv Christian Worship. Rabbi nennen zu lassen, historisch Polemik gegen ein aufkom-

'ondon: Cambridge Universitv Press 1067 XU. 364S. IPr- mendes iudenchristliches Rabbinat darstellt (Käsemann). Tm lukani-

Society for New Testament Studies. Monogranh Series, ed. by sehen Schrifttum ist die Lehrer Vorstellung nur noch Bestandteil

™l. Black, 4. I.w. 55 s. der Tradition. Das vierte Evangelium unterstreicht dagegen die

phil 2,5-11 hat die Exegcten und Dogmatikcr stets besonders. Tatsache, daß gerade der vom Himmel gekommene Gottessohn

beschäftigt. Seif Lohmevers Heidelberger Akademie-Abhandlung wie ein Rabbi bzw. Didaskalos auftritt. Aus der apokryphen Evan-

Von 1928. welche den hymnischen Charakter des Stückes erkannte gelientradition verdient nur das koptisch-gnostische Thomas-Evan-

l,nd damit einem völlig neuen Verständnis Bahn brach, sind Pflium Erwähnung, insofern hier aus dem Rabbi der Philosoph

Weniq neutestamentliche Texte im einzelnen und ganzen inten- geworden ist (Logion 13). Im Corpus Paulinum, zu dem N. auch

«♦er behandelt worden. Stilistische, rhythmische, kompositorische, den Hebräerbrief zählt, fehlt die Lehrer-Vorstellung für Christus

''terarkritische. bcoriffs- und religionsgeschichtliche, theologische völlig. Diese Fehlanzeige wird in m. E. unnötiger Breite vorge-

Probleme verbinden sich nun buchstäblich mit iedem einzelnen für|rt. dagegen die naheliegende Frage nach ihrem Grund nicht

p orte- so daß selbst der unmittelbar Beteiligte kaum noch den gestellt. Man sieht daran erneut, daß N. nicht eigentlich überliefe-

^•■schungsstand überblickt. rungsgcschichtlich denkt, sondern einfach vorliegende literarische

Das vorliegende Buch ist ein hervorragender Führer durch das Tatbestände beschreibt. Die katholischen Briefe führen zu einer

£put><Tc Labyrinth und darf für derartige Unternehmen als vor- ähnlichen Fehlanzeige, wenn man von Einzelmotiven in 2. Petr. 3,2

^''dlich bezeichnet werden, zumal es auch die ältere Auslegung "nd 2. Joh. 9 absieht. Der 1. Clemensbrief spricht nur einmal vom

^"ernd mitheranzieht. Seine Gliederung ist sinnvoll: Der erste .Lehren" des irdischen Jesus (13 1), weiß aber erstmals, daß schon

Te]] befaßt sich allgemein mit der Entdeckung hymnischen Gutes der präexistente Christus im Wort des A. T. „gelehrt" hat (22,1),

'm Neuen Testament, dann mit dem Aufbau der Strophen und und kennt bereits den Gedanken der „Erziehung" durch Christus

feilen des Liedes, seiner Rezention durch den Apostel, schließlich (21.8). Ignatius profiliert nicht nur den Jünger Begriff, sondern

£cTt charakteristischen Trend der Interpretation in unserm Jahr- macht in Antithese zu den Irrlehren seiner Zeit Christus als „ein-

lUndert. Der zweite erörtert mit größter Sorgfalt gegenüber Sache zigen Lehrer" geltend, ohne daß freilich diese Vorstellung eine

w'e Literatur das exegetische Detail. Der dritte behandelt den dominierende Rolle spielte. Die Polycarp-Märtyrcrakte bezeichnet

l,turgischcn Sitz im Leben und die soteriologische Botschaft, die Christus als „König und Lehrer", während im Polycarp- und im