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Ausgabe: | 1968 |
Spalte: | 655-656 |
Kategorie: | Altes Testament |
Autor/Hrsg.: | Wächter, Ludwig |
Titel/Untertitel: | Der Tod im Alten Testament 1968 |
Rezensent: | Kaiser, Otto |
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21,8-21.22-34 im Verhältnis zu 12,10-20; 16,1-14; 26,7-11.12-33, ferner
in Num. 32, in Gen. 15 und schließlich in den Landnahmeerzählungen
(S. 98-111). In allen diesen Fällen ist die jahwistische
Version die ältere, die jüngeren Varianten sind traditionsgeschichtlich
und geistesgeschichtlich sekundär. Zu einer durchlaufenden
Quelle lassen sich die jüngeren Varianten aber nicht vereinigen;
einen E im herkömmlichen Sinn hat es also nicht gegeben. Vielmehr
haben die von J schriftlich fixierten Stoffe in der mündlichen
Tradition weitergelebt, und zwar sowohl als Teile von J als auch
an ihrem bisherigen Sitz im Leben. Produkte dieses Weiterlebens
sind die „E"-Stücke, die darum gegenüber J im Grunde nirgends
wirkliche Selbständigkeit haben. Sie sind keine literarischen Werke
, sondern zu ganz verschiedenen Zeiten fixierte Ergebnisse
mündlicher Überlieferung. Sie wurden einmal oder allmählich in
J eingearbeitet, wodurch aus dem Jahwista invariatus (J) der
Jahwista variatus (Jv) wurde. Es gibt also keinen gleichwertigen
zweiten Zeugen für die alte Geschichte neben J (S. 111-118).
Das Buch enthält mehrere wichtige Retraktationen. So hat M.
seine vor Jahrzehnten aufgestellte These von der Beteiligung des
E an der Urgeschichte fallengelassen (S. 60), und ebenso nimmt
er nicht mehr an, daß die Pentateuchquellen in den Büchern
Richter, Samuel und Könige ihre Fortsetzung haben (S. 48.51).
Das Problem des Schlusses der Pentateuchquellen, einer der auch
für M. wichtigsten Kontroverspunkte der gegenwärtigen Einleitungswissenschaf
t, wird im vorliegenden Buch nur gestreift; ausführlich
hat sich M. dazu ungefähr gleichzeitig geäußert in der
Schrift Tetrateuch-Pentateuch-Hexateuch (BZAW90, 1964). Gleichwohl
spielt auch in den „Erwägungen zur Pentateuch-Quellen-
frage" die Auseinandersetzung mit M. Noth eine wichtige Rolle.
Einmal unterläuft M. dabei ein Mißverständnis: „nordisraelitisch"
bedeutet bei Noth, Überlieferungsgeschichte des Pentateuch (1948)
S. 202 nicht, wie von M. S. 50 angenommen, „aus dem Nordreiche",
sondern aus den Stämmen nördlich der Jesreelebene stammend;
daß die Hauptmasse der Pentateuchtradition nicht judäischer Herkunft
ist, weiß auch Noth.
Münster i. W. Rudolf S m e n d
Wächter, Ludwig: Der Tod im Alten Testament. Berlin: Evang.
Verlagsanstalt u. Stuttgart: Calwer Verlag [1967]. 234 S. gr. 8°.
Die Rostocker Habilitationsschrift setzt sich das Ziel, die „gefühlsmäßige
Einstellung zum Tode einerseits und die religiöse
Wertung des Todes andererseits" darzustellen (S. 8). Entsprechend
gliedert sich die Abhandlung nach einer kurzen Einführung (S. 7f.)
in die beiden Hauptteile „Gefühlsmäßige Einstellung zum Tode"
(S. 9-127) und „Religiöse Wertung des Todes" (S. 128-204). Phänomenologisch
vorgehend trägt sie das weit verstreute alttestament-
liche Material unter notwendiger Berücksichtigung historischer
Aspekte zusammen und zieht vornehmlich ägyptische und babylonische
, aber auch ugaritische und griechisch-hellenistische Zeugnisse
zum Vergleich heran. Dadurch entgeht sie der Gefahr, frühmenschliche
Einstellungen gegenüber dem Tode vorschnell theologisch
zu belasten. Gleichzeitig gelingt es ihr auf diese Weise,
die oft nur in bestimmten Akzentsetzungen liegenden Besonderheiten
alttestamentlicher Einstellung zum Tode und seiner Bewertung
glaubhaft zu machen. Auch wer nicht allen literarkritischen
und exegetischen Voraussetzungen des Verfassers folgt, wird das
vorgelegte Werk dankbar als ein Hilfsmittel bei der Exegese zur
Hand nehmen. Daß es ebenfalls das Interesse des Systematikers
und des praktischen Theologen verdient, bedarf angesichts seiner
Thematik kaum einer Unterstreichung.
Der erste Hauptteil „Gefühlsmäßige Einstellung zum Tode" ist
in drei Kapitel gegliedert, die von der „Todesfurcht" (S. 10-56),
von der „Hinnahme und Bejahung des Todes" (S. 56-97) und von
der „Einstellung zum allgemeinen Todeslos" (S. 97-127) handeln.
Die Kapitel sind in sich wiederum sorgfältig gegliedert. Ist es
an dieser Stelle nicht möglich, die Unterteilung durch das ganze
Werk zu verfolgen, so soll doch das Schema des ersten Kapitels
genannt werden, um von ihr einen gewissen Eindruck zu vermitteln
: Hier werden die Furcht des Einzelnen vor Tötung, die
Furcht der Gemeinschaft vor Tötung, Todesfurcht in der Begegnung
mit Gott, Todesfurcht bei Krankheit und dann in sechsfacher
Unterteilung die bildlichen Ausdrücke, die von der Todesfurcht
sprechen, behandelt. Ob die in diesem Zusammenhang erfolgte
Auseinandersetzung mit Johannes Pedersen und Christoph Barth,
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die bei der Rede von der Befindlichkeit des von Elend, Unglück
und Krankheit oder anderem Leid gequälten in der Scheol, der
Unterwelt, ein Verfallensein an die Todessphäre annehmen, ihr
Ziel erreicht, bleibt mir fraglich. Die Auskunft, daß es sich dabei um
ein „Bild für akute Lebensbedrohung" handelt, hat den Verfasser
selbst nicht befriedigt, weil er alsbald hinzufügen muß, daß der
antike Mensch eine scharfe Scheidung zwischen Bild und Wirklichkeit
nicht vollzogen hat (vgl. S. 49f)* - Seine These, daß die Haltung
des Menschen im Leben wie angesichts des Todes als solche
im Alten Testament nicht thematisiert worden ist (vgl. S. 9), wird
durch die Darstellung belegt. Das Ergebnis des ersten Teiles faßt
Wächter so prägnant zusammen, daß wir ihm lediglich das Wort
zu geben brauchen: „Todesfurcht stellte sich am elementarsten dort
ein, wo ein mitten im Leben, in der Blüte seiner Jahre Stehender
von plötzlichem Tode bedroht wurde. Ergebung ist dort vor
allem zu finden, wo ein Mensch alt und lebenssatt dem Tode entgegensieht
. Todessehnsucht ist dort möglich, wo dem Menschen
alles genommen worden ist, was das Leben ihm lebenswert
machte.. ." (S. 57). Eine Hervorhebung verdient, was Wächter
S. 89ff. über Selbstmord und Todesmut ausführt. Der Selbstmord
geschah in Israel um der Ehre willen und wurde als solcher ursprünglich
nicht getadelt (vgl. S. 94). War er zunächst auf Männer
beschränkt, so fand er in jüdischer Zeit unter hellenistischem Einfluß
auch bei Kindern und Frauen statt (S. 96f). Den selbstgestalteten
Tod im Sinne der hellenistischen Philosophen kannte Israel
nicht, weil ihm das Persönlichkeitsideal fremd war.
Der zweite Hauptteil „Religiöse Wertung des Todes" umfaßt
fünf Kapitel: I. „Gott straft Gemeinschaften mit dem Tod" S. 129 bis
157); II. „Die Verflochtenheit des Einzelnen mit der Gemeinschaft
bei göttlicher Todesdrohung" (S. 158-168); III. „Gott straft Einzelne
mit dem Tod" (S 168-180); IV. „Ist die Sterblichkeit bereits Strafe
Gottes?" (S. 198-203) und V. „Tod als Warnung Gottes" (S. 203-204).
Zwischen das 3. und das 4. Kapitel tritt ein Exkurs „Vom Zustand
nach dem Tode" (S. 181-198). In Kapitel 3 greift Wächter unter
anderem auf, was Eißfeldt über die „Schwcrterschlagenen bei Hese-
kiel" gezeigt hatte, daß es nämlich eine Strafe Gottes über den
Tod hinaus gibt. Von hier aus stellt er mit Recht die Frage, ob man
nicht auch in anderen Fällen eines „verschärften Todes" mit ihr
zu rechnen habe. „Das Schweigen des Alten Testaments an diesem
Punkt bedeutet.. . nicht, daß ein weiteres Fragen7 sich erübrigte.
Denn es ist ein Unterschied zu machen zwischen dem Bild, welches
das Alte Testament uns von der Religion Israels vermittelt,
und den Glaubensvorstellungen, die in Israel je und dann lebendiq
waren" (S. 176). - Der Exkurs über den Zustand nach dem Tode
weist wiederum mit Recht darauf hin. wie dringend eine neue umfassende
Untersuchung dieser Vorstellungen zu wünschen ist. Man
möchte den Verfasser, dessen Arbeitsfeld das Judentum mitumspannt
, ermutiqen, die Lücke vollends selbst auszufüllen. Erst
e;ne neue 7uvcrlässige, geschichtlich vorgehende Darstellung dirses
Gebietes kann den Systematiker vor der jetzt oft zu beobachtenden
Gefahr warnen, primitivere Anschauungen oder angebliche Leerfelder
als solche zu kanonisieren. - Zustimmung verdient die
Feststellung Wächters, daß allein Jcs. 26.19 und Dan. 12,2f. als
klare Belege des Auferstehungsglaubcns im Alten Testament bewertet
werden können (vgl. S. 194). Und ebenso richtig hebt er
hervor, daß die Übernahme der Auferstehungsvorstellung eine
Antwort auf d;e Frage nach Gottes Gerechtigkeit darstellt (S. 195).
Auch seine Zurückhaltung gegenüber Ps. 46,19; 73,24 und Hi. 19,25
bis 27 verdient Beachtung (vgl. S. 195ff). Und schließlich sollte
man ihm uneingeschränkt darin folgen, wenn er feststellt, daß
Sterblichkeit nach alttestamentlicher Anschauung als solche zur
göttlichen Schöpfungsordnung gehört (vgl. S. 202); daß die Aufnahme
des Lebensbaummotives in die Paradiescrzählung Gen. 2,4b
bis 3,24 für den Jahwisten nicht die Konsequenz hatte, daß der
Mensch ursprünglich unsterblich sein sollte (vgl. S. 198ff); und
daß entsprechend der vorzeitige Tod allein als Strafe verstanden
wurde, wcnngle-ch der 90. Psalm die Grenze der israelitischen
Todesauffassung zu sprengen droht (vgl. S. 104f.l98l.
Eine knappe „Zusammenfassung" (S. 205), ein Literaturverzeichnis
(S. 206-215), Abkürzungsverzeichnis (216-218) sowie ein Sach-
und Stellenregister (S. 219-224 bzw. 224-234) runden die Arbeit ab.
Marburg/Lahn Otto Kaiser
1 Man möge es dem Marburger Rezensenten verzeihen, dafj er im Blick auf
S. 50 nachdrücklich auf den Unterschied zwischen .existentiell* und „existential
hinweist.
Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 9