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Ausgabe:

1968

Spalte:

620-621

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Kirchhoff, Hermann

Titel/Untertitel:

Der Katechet und das Wort 1968

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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sungen", die L. den einzelnen Abschnitten seiner Liedersammlung
(die in ihrem 1. Teil dem Gang des Kirchenjahres folgt, im
2. Teil vor allem von Maria und den Heiligen handelt) voranstellt
: Hier werden - mit großem pastoralem Geschick - die
Lehren und die liturgischen Gebräuche der Kirche erklärt und
gegen alle Angriffe verteidigt.

Es ist jedoch - unbeschadet aller zeitgemäßen Ausfälle gegen
die „listigen Ketzer" und ihre „troetzigen, autlruerischen lester
und schandlieder" - eine besondere Art von Apologetik, die L.
betreibt und die sein Gesangbuch gerade für unser ökumenisches
Zeitalter so interessant macht. Das fällt bereits bei einigen
Randerscheinungen auf: Wird man die beiden Holzschnitte, die
mit großer Wahrscheinlichkeit (gegen Lipphardt!) Szenen aus
dem evangelischen Gottesdienst darstellen (Kommunion sub
utraque, Bl. 218; Predigt, Bl. 297) auch nicht überbewerten dürfen
, so läßt doch die zweimalige ausdrückliche Erwähnung Martin
Luthers in L.'s Register aufhorchen; beide Male wird Luther
nämlich durchaus in einem positiven Sinne zitiert (I, Bl. 146; II,
Bl. 9). Wenn man diesen Stellen entnehmen kann, wie gründlich
L. Veröffentlichungen Luthers gelesen und verwertet hat,
überrascht es kaum noch, wenn man auch an anderen Stellen Anklänge
an Luthers Bibelübersetzung entdeckt (I, Bl. 3!). Hierher
gehört vor allem auch die wörtliche (lediglich leicht gekürzte)
Übernahme des Lutherschen Einsetzungsberichtes aus der
„Deutschen Messe" von 1526. Solche Anleihen wiegen schwerer
als die von Lipphardt herausgestellte positive Erwähnung der
Abendmahlslehre des Johann Hus in der 3. Auflage von 1584.

All dies wird jedoch weit in den Schatten gestellt, blickt man
auf den eigentlichen Inhalt des Gesangbuches. Mit einer Großzügigkeit
ohnegleichen setzt sich L. hier, wo es um die Auswahl
seiner Lieder geht, „über die schon sehr deutlich sich zeigende
Konfessionsgrenze" (W. Lipphardt, a.a.O., S. 122) hinweg. Nach
den Angaben Lipphardts (a.a.O., S. 79) stammen 71 Lieder der 1.
Auflage direkt aus protestantischen Quellen. Neben den lutherischen
Gesangbüchern, Müntzers Deutscher Messe von 1524
u. a. halfen ihm vor allem zwei evangelische Lieddichter zur
Auffüllung seines Repertoires: Valentin Triller (mit seinem
„Schlesien Singbüchlein" von 1555) und Nikolaus Herman
(„Sonntagsevangelia" von 1561). Die Zahl der protestantischen
Vorlagen dürfte sich noch erhöhen (in seinem Nachwort zur
Faksimileausgabe, S. 20, nennt Lipphardt die Zahl von 150),
zieht man die Texte mit in Betracht, die bereits von den katholischen
Quellen L.s übernommen bzw. paraphrasiert wurden;
der Quellennachweis Lipphardts in seiner Untersuchung von
1963 bedarf in dieser Hinsicht noch mancher Ergänzung. Auch
hier sind es wieder zwei Hauptquellen, aus denen L. schöpft:
Das erste katholische deutsche Gesangbuch von Michael Vehe,
das 1537 (nicht 1567, wie im Nachwort S. 25 versehentlich angegeben
) in Leipzig erschien, und ein noch ungedrucktes Manuskript
seines Freundes Christoph Hecyrus, dessen „Christliche
Gebet und Gesang" erst 1581 in Prag erschienen.

Daß L.'s Gesangbuch für die Geschichte des katholischen Gottesdienstes
und in besonderer Weise auch für die gegenwärtigen
Reformbemühungen von großer Bedeutung ist, kann kaum bezweifelt
werden; ist er doch der erste, der seine Lieder nicht
nur (wie noch Vehe 1537) „vor und nacli der Predigt I sondern
auch an stat (!) des Patrem und Ollertorij auch des Comman"
singen läßt. Sein Gebrauch des deutschen Kirchenliedes in der
Messe geht also - wenn man es recht versteht - über die z. Z.
gültigen Vorschriften noch hinaus.

Ist L. nun der kluge Taktierer, der mit Rücksicht auf die besondere
Situation in seinem Jurisdiktionsbereich sich in Gestaltungsfragen
an die Formen und Forderungen der reformatorischen
Bewegung anpaßt, um desto nachdrücklicher und erfolgreicher
die zentralen Lehren seiner Kirche, ihre Struktur und
ihren Bestand verteidigen zu können? Oder ist er der späte Vertreter
des vortridentinischen, humanistischen Reformkatholizismus
, der sachlich ein gutes Stück Weg gemeinsam mit den Reformatoren
gehen kann und der deshalb auch genug „Unbefangenheit
und ökumenische Weite" (Lipphardt, Nachwort S. 20)
aufzubringen vermag, um die in seinen Augen positiven Anlie-

(>'20

gen der Reformation in sein Programm einzubauen? Diese Frage
kann nicht allein auf Grund des Gesangbuches von 1567 entschieden
werden. Es fällt jedoch auf, daß Lipphardt (vor allem in der
Untersuchung von 1963) ähnlich wie Gülden sich immer wieder
darum bemüht, den lutherischen Einfluß bei L. in gewisser Weise
zu reduzieren und dessen „Rechtgläubigkeit" als über allen Zweifel
erhaben darzustellen (a.a.O., S. 80 ff.). Ein solches Vor-Urteil
ist jedoch einem wirklichen Verständnis L.'s und seiner Intentionen
kaum dienlich.

Sngnrcl auf Rügen Karl-Heinrich Bipritz

Bouyer, L.: Eucharistie. Theologie et spirituaüte de la priese
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Burgsmüller, Alfred: Die Erneuerung unseres Gottesdienstes
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Hanssens, Jean-Michel; Une pseudo-concelebration presby-
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Häußling, Angclus: Konzclcbration. Ein Modcllfall der Liturgiereform
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Hagen, Rochus A. M. i Probleme einer Psychologie der Kirchenmusik
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Nussbaum, Otto: Zur Liturgie von übermorgen (ThRv 63,
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Müller. Stuttgart: Ev. Verlagswerk 1967 S. 130-160).

Schumacher, Gerhard: Wie ist geistliche Musik heute möglich
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(MuK 37, 1967 S. 49-63).

Sundermeier, Theo: Einheimische Kirchenmusik im südlichen
Afrika? (EMZ 24, 1967 S. 138-146).

KATECHETTK
UND RELIGIONSPÄDAGOGIK

Kirchhoff, Hermann: Der Katechet und das Wort Düsseldorf
: Patmos-Verlag 1966. 111 S. 8°. Lw. DM 9.80.

Dieses Buch will Katecheten (und Predigern) helfen, in einer
»Welt des guten Wortes" zu leben. „Predigt, Katechese und das
geistliche Wort erwachsen auf Gedeih und Verderb aus der Liebe
zum Wort" (S. 79). Ohne gesuchte Originalität bricht K. dieser
Liebe zum Wort in teilweise essayartigen Ausführungen Bahn.
Als Maßstab, mit dem der Katechet „jedes seiner Worte zu messen
hat", gilt das Dichterwort. In ihm findet das Einverständnis
von Sprache und Sache seine höchstmögliche Erfüllung. Mit
K. Rahncr bezeichnet K. daher „die Fähigkeit und die Übung, das
dichterische Wort zu vernehmen" als „eine Voraussetzung dafür,
das Wort Gottes zu hören" (S. 22). Dem der Dichtung entnommenen
Vorbild stellt der Vf. Beispiele aus der katechetischen Literatur
gegenüber, die ein mangelndes Bemühen um das Wort
erkennen lassen und damit nicht nur an Verständlichkeit, sondern
auch an Glaubwürdigkeit verlieren (S. 13-27).

Theologisch begründet K. sein Plädoyer für das Wort aus der
Inkarnation des Wortes, die schon im Dialog der Schöpfung und
im Dialog des Alten Testamentes zum Ausdruck kommt und in
Christus sich vollendet. Durch die Inkarnation erhält das Mcn-
schenwort Hoheit und Würde des göttlichen Wortes (S. 72).

Die „Konsequenzen für den Katecheten und die Katechese'
deutet K. nur an (S. 73-82). Im Anschluß an Bnldermann fordert
er, daß die sprachliche Form der Texte in ihren didaktischen

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 8