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Ausgabe:

1968

Spalte:

581-582

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lengsfeld, Peter

Titel/Untertitel:

Adam und Christus 1968

Rezensent:

Fangmeier, Jürgen

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 8

582

Lengsfeld, Peter: Adam und Christus. Die Adam-Christus- Theologie gleichsam in eine strenge protestantische Schule geTypologie
im Neuen Testament und ihre dogmatische Verwen- gangen, so empfindet er Barths Zurückbleiben hinter dieser me-
dung bei M. J. Scheeben und K. Barth- Essen: Ludgerus-Ver- thodischen Strenge stark (geradezu vertauschte Fronten!), be-
lag 1965. 256 S. 8° = Koinonia. Beiträge z. ökumenischen fremdlich zumal in den Schriften, die er, L., im Unterschied zur
Spiritualität und Theologie, hrsg. v. Th. Sartory, 9. Kirch!. Dogmatik als „exegetische Schriften" klassifiziert und bespricht
(S. 164 ff.). Daß auch eine Schrift wie die über .Christus
Nach seiner Dissertation zum Thema .Überlieferung' (Pader- und Adam' von kombinierender Exegese lebt, wird etwas Wernborn
1960; s. dazu W. Schweitzer, ThLZ 1963, 135 ff.) legt L. ger befremden, wenn man weiß, daß es sich dabei nicht einfach
hier seine Münsteraner Habilitation vor. Er will mit seiner Un- um eine exegetische Studie handelt, sondern um biblische Medi-
tersuchung „erstens dazu helfen, für die überlieferte Lehre tation aus einem ursprünglich für KD 111,2 bestimmten Para-
von der Erbsünde eine dem heutigen Denken zugängliche Aus- graphen ,Der Mensch und die Menschheit', in welcher Barth
drucksweise zu gewinnen", „zweitens an einem Beispiel zei- meint, an Rom 5 etwas erweisen zu können, was ihm aus dem
Sren, wie die Ergebnisse der exegetischen Forschung für die dog- Gesamtzeugnis des NTs entgegenschlägt (nicht am wenigsten aus
matische Theologie fruchtbar gemacht werden können", „drit- Kol 1,15, wie L. richtig vermerkt, S. 211 f.). Dabei kann sich frei-
tens eine künftige ökumenische Theologie dadurch fördern, dafj lieh auch ein Karl Barth um den spezifischen Ertrag von Rom 5
sie die dogmatische Verwendung biblischer Gegebenheiten bei bringen,
zwei großen Vertretern der abendländischen Konfessionen darstellt
, prüft und Ansätze zeigt, die zu einer von beiden Ge- L. versucht in einem .Ausblick' (S. 235-251), für das, was Pau-
sprächspartnern annehmbaren Konzeption hinführen könnten" lus mit der Adam-Christus-Typologie geltend machen wollte, „eine
(S. 13). L. möchte dazu beitragen, „dafj Exegese und Dogmatik innerlich kohärente theologische Verstehensmöglichkedt zu er-
über die gegenwärtigen Konfessionsgrenzen hinaus am biblischen Schliefjen, welche keinen der biblischen Aspekte verliert, die biText
sich wieder treffen können" (S. 251). Mische Intention durchhält und auf unbewiesene historische und

biologische Postulate verzichten kann" (S. 235). Sein Versuch
Hatte es der Dissertation mehr geschadet als genützt, dafj sich basiert auf der Unterscheidung zwischen u n i t i v e r und d i s -
Verf. mit einer Fülle von Autoren auseinandersetzte (W. Schweit- soziierter Geschichtlichkeit. Was uns und unzer
a. a. O.), so übt L. nunmehr im wesentlichen Beschränkung serem Sündigen vorgegeben ist, ist die zeitliche, räumliche, be-
auf die zwei gen. Gestalten, was zur Klarheit, die der Unter- ziehungsmäfjige „Zer-spannung" (von Balthasar), in der sich der
suchung im ganzen eignet, beiträgt. In diesem Zusammenhang Mensch als geschichtliches Wesen faktisch befindet. Diese U n -
sind die wiederholten sorgfältigen methodischen Erwägungen heils-Situation ist die Hypothek „Adams", wobei der
hervorzuheben, den Weg von der Exegese zur systematischen Name Adam „für den ersten Sünder und das erste Sündigen steht
Theologie betreffend, wobei namentlich W. Marxsen für diesbez. . . . unabhängig davon, ob man sich im historisch exakten Sinn
Anregungen gedankt wird (S. 7). darunter eine physische Einzelperson oder eine Population vorzustellen
hat: ,Adam' (nicht Gott) läfjt Sünde und Tod in die
Von den beiden Hauptkapiteln ist das I. der Adam-Christus- Weit kommen und eröffnet damit den Weg der dissoziiert verTypologie
im Neuen Testament gewidmet (S. 25/126). Bei der fa,ßten Geschichtlichkeit" (S. 244). .Erbsünde' ist demnach die
sorgfältigen exegetischen Bestimmung der Funktionen der Adam- „Verfallenheit jedes einzelnen Menschen an die und in der disChristus
-Typologie in 1. Kor 15 und Rom 5 ist die Literatur soziierten Geschichtlichkeit" (S. 245). Das Christusgeschehen
beider Konfessionen gründlich ausgewertet. Besonderer Anschluß schafft demgegenüber die Überwindung der Dissoziation und
«folgt an E. Brandenburger. Adam und Christus (dazu ThLZ umgreift Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Menschen
1964, 271 ff.). Verf. betont aber, anders als Brandenburger, wie bis hin zur Unio des endgültigen Lebens (S.248). Die adamiti-
paulus in Rom 5 die Spannung zwischen Verhängnis und Ver- Sche Hypothek unseres Menschseins rechtfertigt für Verf. auch
antwortung hinsichtlich der Sünde durchhält. - Von der Exegese die Taufe unmündiger Kinder (S. 245), die dann bei Barth wegen
her gelangt L. zu Feststellungen wie: Indem es in Rom 5 um seiner einseitigen Deutung der Erbsünde als je persönlicher Ur-
christologische und soteriologische Aussagen geht, „kann in der sünde gegenstandslos würde (und nicht primär aus exegetischen
Adam-Christus-Typologie nichts, aber auch gar nichts über die Gründen; nur wird es andrerseits schwerhalten, die Sinngebung
historische Individualität etwa der Adamsgestalt ausgesagt sein" der Taufe von der Erbsünde her exegetisch zu vollziehen, trotz
(S. 115); wenn nach Rom 4 die Christen Abrahams Kinder sind, Röm 5 ^ auch hier ^eder Röm4 begrenzend zur Seite steht).

darf für Paulus die Adamskindschaft nicht im Sinn des bio- Verf. kann für sich in Anspruch nehmen, daß durch seine Sicht

togischen Monogenismus gefordert werden - „wenn schon die „jede Berufung auf die Übertragung eines Mangels, einer Erb-

Beschneidung kein Gewicht hat für Hei! oder Unheil, dann erst Krankheit, einer libidinösen Erbanlage oder einer vom Leib in

recht nicht die biologische Abstammung" (S.119; s. auch die Be- die g^j, aufsteigenden Infektion" (S. 247) überflüssig wird,

^altigung der Enzyklika Humani Generis, S. 120). Wenn auf der anderen Seite das Sündigen bei Barths Kon-

zeption von der Ursünde unerbittlicher zum Ausdruck kommt, so

Ch, ? £ Kp,' steUt die dogmatische Verwendung der Adam- fet nach Röm 5 verkennen, da§ der christliche Glaube

^nnstus-Typologie bei Scheeben und Barth dar (S. 127-234). Bei ,A „ • i • • j „ . ■ , ^ .

j^i^a'c "<=i ^ncc^cn ul „Adam nicht nur als in jedem Menschen neu sich manifestierend

meiden findet Verf., wie auf Grund kombinierender Schriftbenut- mtm kanri/ sondern auch, unbedingt, in der relativen Vorge-

w»g die Intention der hier zur Rede stehenden Schriftstellcn ver- gebenheit unter dcr jeder Mensch schon antritt.

ler»t ja z. T. nahezu ins Gegenteil verkehrt wird (S. 148.156.

188ff.217). Bei beiden begegnet dominierend das mit 1. Kor 15 Es ist hier nicht Raum, auf manches' wertvolle Detail in L.s

und Röm 5 nicht zu stützende Interesse an der positiven Adams- Studie einzugehen wie etwa auf seinen Begriff der „transtempo-

gestalt am Anfang (bei Scheeben der erste Adam als himmlischer ralen Eschatologie" (bes. S. 109 f.). Im Blick auf L.s Dissertation

Geistmensch, bei Barth Christus als der eigentliche und erste urteilte W. Schweitzer, daß sie keinen deutlichen Fortschritt im

Adam). Nicht so freilich in Barths zweitem Römerkommentar, für interkonfessionellen Gespräch bedeute. L.s neuerlicher dogmati-

^ L- aber das Zusammenfallen von Kreatursedn und Sündersein scher Ertrag mag für protestantische Augen an sich wiederum

grundsätzlich nimmt und ihn so die paulinische Spannung kein Riesenertrag sein, indem er im wesentlichen in schriftgemä-

zugunsten des Verhängnisses auflösen läßt. (Barths Intention ßem und gedanklich nachvollziehbarem Zusammenbinden (nur)

^ar in Wirklichkeit nicht die grundsätzliche, sondern, wie bei immer wieder auseinandergefallener und dann verabsolutierter

*«■ selbst, S. 186.201, Unterstreichung der faktischen Teilwahrheiten besteht.

Koinzidenz von Kreatur- und Sündersein. Zu L.s Reproduktion , • . ......

^ Vorwurfs „prinzipieller Mißachtung der geschichtlichen Di- _ Aber schon mit der Art und Weise, wie sich hier katholische

Pension" in Barths gesamten Schrifttum (S. 188) s. etwa Chr. Do9matlk an der Exegese orientiert, ist ein guter und verpflich-

ßaumler. Der Begriff der Geschichte in der Theologie Karl Barths, tc"d" Beitra9 an das interkonfessionelle Gespräch über die

£iss. Tübingen 1959). Ist Lengsfeld hinsichtlich der Methode der Blbel 9eleistet-

xegese und des Weges von der Exegese zur systematischen Schöller Bez. Düsseldorf J. Fangmeier