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Ausgabe:

1968

Spalte:

576-577

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Plöger, Otto

Titel/Untertitel:

Theokratie und Eschatologie 1968

Rezensent:

Jepsen, Alfred

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gangssituation religiöser Bewegungen schildert. Diese Situationen
produzieren aber nicht den charismatischen Führer; sie können
genausogut zur radikalen Ablehnung von Religion führen und
haben zuweilen auch diese Konsequenz gehabt. Vor allem widerspricht
der Verf. völlig seiner eigenen Sicht, wenn er in der Einleitung
als schlagendstes Beispiel messianischer Gestalten den
aztekischen Quetzalcoatl anführt, der nun in so gar keiner Weise
aus dem Kreis der „Erniedrigten und Beleidigten" hervorging,
sondern Herrscher des reichsten und kulturell höchststehendsten
Staates Mesoamerikas war. - Es wäre sicher der Sache angemessener
gewesen, als Prinzip der Darstellung die pluralistische
Begegnung der Religionen zu wählen. Dieser genuin religionswissenschaftliche
Standpunkt hätte wohl auch zu einer stärkeren
Differenzierung führen können zwischen Rebellen einerseits, die
Religion als Mittel zur Erreichung politischer Ziele mißbrauchen,
und andererseits echten Propheten, wirklich charismatischen Gestalten
, denen die Verkündigung ihrer religiösen Botschaft
eigenstes und überwertiges Anliegen ist.

Heidelberg Günter Lanczkowski

ALTER ORIENT

Reallexikon der Assyriologie, nach E. Ebeling, B. Meissner.
E. Weidner unter Mitwirkung v. R. Borger, P. Calmeyer,
D. O. Edzard, A. Falkenstein, A. Moortgat, H. Otten, D. J.
Wiseman hrsg. v. W. v. Soden. III, 4: Geschwulst - Gewand
. Berlin: de Gruyter 1966. S. 233-320, gr. 8°. DM 18.-.

Nach der in ThLZ 93, 1968, Sp. 25 ausführlicher angezeigten
3. Lieferung des 3. Bandes des RIA von 1964 haben Tod
und Krankheit die Neubildung seines Herausgebergremiums nötig
gemacht, so daß die Hoffnung, das RLA, das noch 5 bös 7
weitere Bände und außerdem einige Ergänzungsbände bringen
soll, werde fortan in schnellerer Folge seiner Lieferungen erscheinen
, berechtigt ist, um so mehr, als die 5. Lieferung seines
3. Bandes dicht vor der Vollendung steht. Die jetzt vorgelegte
Lieferung, die atrfs neue zeigt, daß das RLA ein nicht
nur für die Assyriologen, sondern auch für die Vertreter der an
sie angrenzenden Disziplinen, insbesondere auch der Alttesta-
mentlichen Wissenschaft, ganz unentbehrliches Nachschlagewerk
ist, enthält außer kleinen und mittelgroßen diese großen Artikel
: „Gesellschaft" von W. Röllig und E. von Schuler (S. 233 bis
243), „Gesetze" von J. Klima, H. Petschow, G. Cardascia und
V. Korosec (S. 243-297), „Gesichtsvase" von M. Falkner/B. Hrooida
(S. 297-299), „Gestinanna" von D. O. Edzard (S. 299-301), „Getränke
" von J. Bottero und G. Steiner (S. 302-308), „Getreide"
von R. Borger, G. Steiner und W. Nagel (S. 308- 318) sowie
den Anfang von „Gewand(saum) im Recht" (S. 318 -320).

Halle/Saale Otto Eißfeldt

ALTES TESTAMENT

Scharbert, Josef: Fleisch, Geist und Seele im Pentateuch.
Ein Beitrag zur Anthropologie der Pentaceuchquellcn. Stuttgart:
Katholisches Bibelwerk [1966). 87 S. 8° = Stuttgarter Bibelstudien
, hrsg. v. H. Haag, N. Lohfink u. W. Pesch, 19. Kart.
DM 5.80.

An sich gibt es zu jedem der drei Begriffe .Fleisch' (= basar),
,Geisf (= ruah) und ,Seele' (= nefes) im Bereich der alttesta-
mentlichen Wissenschaft schon eine Fülle von Untersuchungen,
mit denen die anthropologischen Aussagen des Alten Testaments
erfaßt werden wollen. Josef Scharbert, der sich seit längerer Zeit
mit anthropologischen Problemen der biblischen Theologie beschäftigt
, weiß selbstverständlich darum und zitiert die einschlägige
Literatur in dieser seiner neuesten Schrift reichlich. Aber er
meint, daß all diese Beiträge sich im großen ganzen nur damit
begnügt hätten, die „unterschiedlichen Bedeutungen etymologisch
voneinander abzuleiten, nach ihrem Vorkommen in der Bibel
sorgfältig zu klassifizieren und übersichtlich zusammenzustellen,
ohne eingehender dem Bedeutungswandel innerhalb der chronologisch
geordneten Texte im Alten Testament nachzuspüren"

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(S. 15). Diesem Mangel möchte seine kleine Monographie abhelfen
, wobei Sch. den Pentateuch als Quellengrundlage seiner Untersuchungen
für besonders geeignet hält, weil in ihm Texte aus
mehreren Jahrhunderten vereint sind, die man chronologisch
einigermaßen sicher fixieren kann. Der Freisinger Alttestament-
ler hegt überdies die Hoffnung, durch eine solche Begriffsuntersuchung
Ergebnisse zu erzielen, die es ihm ermöglichen, üterar-
kritisch umstrittene Stellen einer bestimmten Pentateuchschicht
zuweisen zu können. Doch damit noch nicht genug, Sch. denkt
sogar daran, von seinen begriffsgeschichtlichen Analysen her „die
Pentateuchquellen auch für eine genauere Datierung anderer Bibeltexte
heranziehen zu können" (ebd.).

In fünf großen Abschnitten wird das Vorkommen der genannten
Vokabeln untersucht, wobei dem Leser schon das Ergebnis
der exegetischen Arbeit, nicht diese selber vorgeführt wird. Jeder
Begriff ist in seiner Bedeutungsbreite entfaltet, wie Sch. sie gefunden
zu haben glaubt. Der Verf. geht chronologisch wie folgt
vor: 1. Jahwistische Schicht. 2. Elohistische Schicht. 3. Ältere Sondertraditionen
(Gn 49; Ex 15; Gn 14; Ex 21-23). 4. Das Deutcro-
nomium. 5. Die priesterliche Tradition. Gelegentlich werden verwandte
Termini in die Untersuchung einbezogen, so nesamah =
Atem, Odem beim Jahwisten und beim Deuleronomium und
se'er = Fleisch bei der Priesterschrift. Daß man bei der Lektüre
dieser Explikationen nicht ermüdet, ist der Meisterschaft des Verfassers
zu danken, der die statistischen Materialien interessant
darzustellen versteht. Der Fachkollege wird in der exegetischen
Beurteilung dieser oder jener Stelle anderer Auffassung sein
können, was natürlich auf die Erfassung der Bedeutungsqualität
des jeweils zu definierenden Begriffes einen Einfluß hat. So
scheint z. B. Ex 16,3 überinterpretiert zu werden (S. 49.55). Man
muß dem Autor sehr dankbar sein, daß er sich der mühevollen
Aufgabe einer begriffsgeschichtlichen Untersuchung gestellt hat,
auch wenn das Ergebnis nicht ganz den oben erwähnten Erwartungen
und Hoffnungen zu entsprechen scheint. Die Begriffe entziehen
sich einer historischen Klassifizierung, so wie sie als Kriterium
für literarkritische Entscheidungen bei umstrittenen Texten
notwendig wäre. Der Verfasser verzichtet jedenfalls auf die
Vorführung von Beispielen dafür, wie er auf Grund seiner gewonnenen
Ergebnisse chronologisch bisher nicht fixierbare Texte
zeitlich und geistesgeschichtlich einordnet. Beeindruckend ist der
Nachweis einer zunehmenden Bedeutungserweiterung, der die
Begriffe im Laufe der Zeit ausgesetzt waren. So ist die Skala der
Bedeutungsnuancen bei der Priesterschrift erheblich breiter als
noch in der jahwistischen Schicht. Für nefes hatte Sch. z. B. beim
Jahwisten nur zwei voneinander unterschiedene Bedeutungen
herausgearbeitet (S. 23 ff), während er bei der Priesterschrift
dreizehn verschiedene belegen kann (S. 61 ff). Dieser interessante
Tatbestand hätte in den Darlegungen der Ergebnisse noch
stärker unterstrichen und ausgewertet werden können. Aber auch
darin liegt ja schon ein Stück beachtenswerten Ergebnisses, wenn
gezeigt werden kann, wieviel auch differenzierte anthropologische
Phänomene mit diesen wenigen Worten im Pentateuch umschrieben
werden.

Leipzig Siegfried Wagner

P 1 ö g e r, Otto, Prof. D.: Theokratie und Eschatologie. Neukirchen
: Neukirchener Verlag der Buchhandlung des Erzichungs-
vereins 1959. 142 S. gr. 8° = Wissenschaftl. Monographien z.
Alten u. Neuen Testament, hrsg. v. G. Bornkamm u. G. v. Rad.,
Bd. 2. DM 11.25; Lw. DM 13.50.

Schon, daß nach wenigen Jahren eine 2. Auflage nötig wurde,
zeigt die Bedeutung dieser Studie, die auch jetzt noch nichts von
ihrer Aktualität verloren hat. Sie ist erwachsen aus der Vorbereitung
auf den (inzwischen auch schon erschienenen) Daniel-Kommentar
des Verfassers und will versuchen, die geistige Umwelt
, in der das Danielbuch entstanden ist, ihrer Herkunft nach
aufzuklären. Es ist betontermaßen ein Versuch. (Oft kommt das
Wort: „vermuten" vor, öfter noch das Futurum exaetum, das
sich bekanntlich immer dort einstellt, wo exakte Aussagen nicht
möglich sind.) Aber gerade darin scheint mir die Bedeutung zu
liegen, daß der Verfasser es gewagt hat, trotz des völligen Feh-

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 8