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Ausgabe:

1968

Spalte:

539-540

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schnell, Hugo

Titel/Untertitel:

Kranzbacher Gespräch der Lutherischen Bischofskonferenz zur Auseinandersetzung um die Bibel 1968

Rezensent:

Kühn, Ulrich

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Schnell, Hugo: Kranzbacher Gespräch der Lutherischen Bischofskonferenz
zur Auseinandersetzung um die Bibel. Im Auftrage
d. Bischofskonferenz hrsg. Berlin-Hamburg: Lutherisches Verlagshaus
1967. 136 S. 8°.

Die westdeutschen lutherischen Bischöfe waren vom 11. bis
18. Januar 1967 in Schloß Kranzbach zu einer Klausurtagung versammelt
, die den durch die gegenwärtige evangelische Theologie
gestellten und durch die Bekenntnisbewegung „Kein anderes
Evangelium" ins Rampenlicht der Tagesdiskussion gerückten Fragen
nach der Autorität der Bibel gewidmet war. Die vorliegende
Veröffentlichung gibt die dort vorgetragenen fünf Bibelauslegungen
zu Texten über die Auferstehung und den „kosmischen Christus
" sowie die drei Referate (D. Lilje: Die Theologie der existen-
tialen Interpretation mit Blick auf die Lehre von der Rechtfertigung
; D. Wölber: Säkularismus. Über die These „Gott ist tot" und
„Gott ist Chiffre für Mitmenschlichkeit"; D. Meyer: Die theologische
Relevanz der historisch-kritischen Methode) wieder. Angefügt
ist eine Zusammenfassung der Diskussion sowie der Wortlaut
der in Kranzbach verabschiedeten „Erklärung zum Streit um
die Bibel".

Es ist natürlich von großer Bedeutung, daß Träger des kirchenleitenden
Amtes sich eine Woche lang ausdrücklich mit den schwierigen
theologischen Fragen der Gegenwart befaßt haben. Zu begrüßen
ist auch die Vorsicht der am Ende verabschiedeten „Erklärung
". (Man könnte freilich der Meinung sein, daß statt der
Formulierung unter Punkt 4 „Durch seine Auferstehung lebt er
nicht wie ein Dichter in seinem Werk weiter" sich eine glücklichere
hätte finden lassen.) Von den Bibelauslegungen und Vorträgen
sind hervorzuheben die durch Umsicht und theologische Besonnenheit
ausgezeichnete Behandlung von Luk. 24, 36-49 durch
Dr. Heintze und das den Stand der Diskussion eindrucksvoll resümierende
Referat von D. Wölber. Mit Recht sieht W. bei Gogarten,
Bonhoeffer, Solle und in der amerikanischen Gott-ist-tot-Theologie
Elemente der natürlichen Theologie erneut nach vorn drängen.
Über die Prognose, daß sich diese Ansätze bald „von selbst erledigen
" werden (104), müßte man sicherlich diskutieren. Ist die
hermeneutische Bedeutung dieser Versuche nicht doch ernster zu
nehmen?

Auch die übrigen Bibelauslegungen und Referate gehen zentrale
Probleme des gegenwärtigen theologischen Gesprächs an und
versuchen, eine Antwort von der Mitte der Schrift und von der
reformatorischen Botschaft her zu geben. Jedoch kann man sich
des Eindrucks nicht erwehren, es habe die Schwierigkeit des Ver-
stehens das Gespräch vielfach noch nicht an den Punkt vordringen
lassen, wo es eigentlich geführt werden müßte. Die genaue Eruierung
etwa des Bultmannschen Begriffs „Selbstverständnis" (er besagt
weder „subjektive Realität der einzelnen Existenz", 78, noch
das „von Menschen her denkbare Selbst- und Weltverständnis" im
Gegensatz zu dem durch die Offenbarung ermöglichten, 108, vgl.
61, 107), des Begriffs der „existentialen Interpretation" (der unverworren
bleiben muß mit den verwandten Begriffen „existentiell
", „existentialistisch", „in usu", 74 ff.), des Phänomens der
historischen Forschung in ihrem Verhältnis zu Geschichte und Geschichtlichkeit
(107) wäre eine notwendige Voraussetzung wirklichen
Gesprächs. Nur wenn hier wirkliches Hören und Verstehen
da ist, kann auch der fundamentale hermeneutische Impetus der
gegenwärtigen Theologie, der ja letztlich der notvollen Situation
der Verkündigung entspringt, in den Blick treten. Was in den
Bibelauslegungen und Referaten diesbezüglich zu vermissen ist
(vgl. besonders 21, 80, 112), scheint in der Diskussion ein wenig
nachgeholt worden zu sein (123). Bemerkenswert ist es, daß Hilfe
beim frühen Barth (55, 67) und bei K. Rahner (120) gesucht wird,
bedauerlich, daß Zurechtweisungen und persönliche Diskriminierungen
der Exegeten aus der Bultmannschule nicht fehlen (112,
113, 115), lustig, die historisch-wissenschaftliche Kritik mit einer
Dampfwalze verglichen zu sehen (49) und mit einem D-Zug, von
dem einige noch abspringen möchten, „ehe er in den Abgrund
saust" (51).

Im Vorwort ist davon die Rede, daß mit dieser Tagung und
ihrer „Erklärung" das „Lehramt der Bischöfe" „neu profiliert" worden
sei. Es stellt sich die Frage, ob das möglich war, ohne daß
gerade hier berufene theologische Lehrer der Kirche zum Gespräch
herangezogen wurden. Nur in solchem Beieinander - wie es
andernorts ja auch realisiert wurde und wie es z. B. im Katholi-

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zismus selbstverständlich ist - kann es eine „lehramtliche" Funktion
des kirchenleitenden Amtes, die in echter Weise hilfreich für
die Kirche sein soll, ja allenfalls geben. Daß die Träger dieses
Amtes sich in Kranzbach trotz ihrer Beanspruchung die Zeit zu
ausführlicher theologischer Arbeit genommen haben, soll in keiner
Weise unterschätzt werden. Aber sollte man nicht vorsichtiger
damit sein, dieser Tagung „kirchengeschichtlichen Rang" (Vorwort)
beizumessen?

Leipzig Ulrich Kühn

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Ist jeder kontrazeptive Eingriff sittlich in sich schlecht und
deshalb absolut unerlaubt? In dieser Frage sieht J. M. Reuss,
Weihbischof und Regens des Priesterseminars in Mainz, das Kernproblem
der innerkatholischen Diskussion über die Empfängnisregelung
. Der erste Aufsatz ist schon 1963 erschienen: „Eheliche
Hingabe und Zeugung. Ein Diskussionsbeitrag zu einem differenzierten
Problem". Franz Böckle hat in seinem „Bulletin zur inner-

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 7