Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1968

Spalte:

32-36

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Stuhlmacher, Peter

Titel/Untertitel:

Gerechtigkeit Gottes bei Paulus 1968

Rezensent:

Gräßer, Erich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

Sl

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 1

82

und Jakob existierenden Erzvater Israel und dann die, daß der
Landtag in Sichern die Einführung der Jahweverehrung in Israel
mit allgemeiner Geltung und Gültigkeit gebracht habe, nachdem
Mirjam zuerst die Verbindung des Jahwe vom Sinai mit dem
Schilfmeerwunder in ihrem Siegesliede ausgesprochen habe. So
zerfällt die 1964 abgeschlossene Bonner Dissertation in zwei
Hauptteile: 1. Teil: Das kleine geschichtliche Credo und Erzvater
Israel, 2. Teil: Jahwe und der Gott des Vaters. Ausgangspunkt
sind der Anfang des Credo: „ein vom Untergang bedrohter
Aramäer war mein Vater", ein Satz, der über die deuterono-
mistische Auffüllung hinweg - der Zug nach Ägypten und das
Werden zum großen Volk werden hinzugenommen - zu v 9 eilt,
der die Landverheißung bringt. Daß auch dieser Vers zur deu-
teronomistischen Auffüllung gehört, die den ursprünglichen Gegensatz
: umherirrender Aramäer = der Vater; reiche Erntegabe
vor Jahwe Bringender = der jetzt vor Jahwe stehende Nachkomme
, überdeckt, wird nicht gesehen. Denn es geht um die
Herausarbeitung eines Schemas, das Herkunft aus der Wüste und
Landnahme auf Grund göttlicher Zusicherung als Voraussetzung
für den Typus Erzvater fordert, der Dt 26,5 unbenannt bleibe,
Josua 24 falsch benannt werde, während in beiden Fällen nur
Israel als Stammvater in Betracht komme. Damit ist die Überleitung
zu Gen 35 hergestellt. In 7b.10.14 wird eine ältere vor-
priesterschriftliche Tradition erschlossen. Der erscheinende Gott
gibt Jakob den neuen Namen Israel, der daraufhin eine Massebe
errichtet und weiht. Dieser Stelle gegenüber wird 28, 23 ff. als
sekundär erwiesen. Damit ergibt sich, dafj Gen 35 die Legitimierung
des Kultes von Bethel durch den Kult von Sichern berichtet
wird. Damit wird gleichzeitig der ursprüngliche mit einer kleinen
Sippe oder Gruppe aus der Umgebung von Sichern verbundene
Stammvater Israel nach Bethel übertragen, und es wird die
anfangs nur auf den Bereich des Heiligtums Bethel beschränkte
Landverheifjung auf Israel transferiert. Damit aber werden nun
Jakobssagen in den Israelkreis einbezogen. Nach einer Untersuchung
des Vätergottglaubens, die manche Einschränkung gegenüber
der bekannten These A. Alts geltend macht, wird das
Aufkommen der Verehrung Jahwes als des Gottes Israels und
seiner Verschmelzung mit dem Vätergott und dem El auf Mose
und Mirjam zurückgeführt und dem Landtag zu Sichern die Einführung
der Jahweverehrung im Bereich der ganzen Israelam-
phiktyonie zugeschrieben.

So weit die nur die Hauptzüge berücksichtigende Überschau
über die sehr konzinn geschriebene Untersuchung. Viele Einzelfragen
werden daneben aufgegriffen, wie das Alter der Sinaitraditionen
, der Wüstenzug, die Bedeutung der Wüste in den
Stammvätersagen usw. Man spürt die langjährige Vertrautheit
mit der Materie gerade auch in Einzelheiten und folgt gerne den
klaren Ausführungen. Aber die Schwierigkeiten, zu sicheren Ergebnissen
zu gelangen, treten besonders deutlich hervor, wenn
der Verfasser selbst nicht eben selten eine früher aufgestellte
These nun selbst zurückzieht und durch eine andere ersetzt. Der
Zerfall der Überlieferung in einzelne Traditionen erleichtert verführerisch
ihre Zusammensetzung zu neuen Gestaltungen, zumal
wenn man dann andere entgegenstehende Aussagen beiseite
schiebt oder wenn man aus einer Stelle ein Schema postuliert,
das man nun wiederfinden will, wo es so nicht gegeben ist.
Aber als Versuch, durch das Gestrüpp der Überlieferungen einen
brauchbaren Weg zu bahnen, muß man die Arbeit um ihrer reichen
Anregungen willen auch dann werten, wenn man sich nicht
jedem Vorschlag anschließen kann. Freilich, seinen Hauptthesen,
daß es einen Erzvater Israel neben Jakob gegeben habe, der
trotz der Farblosigkeit seiner Überlieferung die reicheren Traditionen
Jakobs übernahm, und daß das Schilfmeerereignis grundsätzliche
Bedeutung für die Übernahme Jahwes als Gott Israels
gehabt habe, wird man gerne beipflichten.

Erlangen Leonhard Rost

Dion, H.-M.: Le genre litteraire sumerien del' „hymne ä soi-
meme" et quelques passages du Deutero-Isaie (RB 46, 1967
S. 215-234).

- The Patriarchal Traditions and the Literary Form of the
„Oracle of Salvation" (CBCt 29, 1967 S. 198-206).

E i ß f e 1 d t, Otto: Israels Religion und die Religionen seiner
Umwelt (NZSTh 9, 1967 S. 8-27).

Eltz-Hoffmann, Lieselotte von: Hiob in der Dichtung
(Wege zum Menschen 19, 1967 S. 184-194).

Kapelrud, Arvid S.: Shamanistic Features in the Old Testament
(aus: Srudies in Shamanism, hrsg. von Carl-Martin Eds-
man. Uppsala, Almqvist, 1967 S. 90-96).

Key, Andrew F.: The Magical Background of Isaiah 6, 9-13
(JBL 86, 1967 S. 198-204).

Kingsbury, Edwin C: The Theophany Topos and the Mountain
of God (JBL 86, 1967 S. 205-210).

M i s k o 11 e , Kornelis Heiko: Biblische Meditationen, übers, v.
H. Stoevesandt. München: Kaiser 1967, 155 S. 8°. Lw. DM 12.-.

Pinto, Basil de: The Torah and the Psalms (JBL 86, 1967 S.
154-174).

Rabe, Virgil W.: Israelite Opposition to the Temple (CBQ 29,
1967 S. 228-233).

Ru, G. de: De doop van Israel tussen Egypte en de Sinai (Ne-
derlands Theologisch Tijdschrift 21, 1967 S. 348-369).

Scharbert, Josef: Offenbarung, Tradition und Schrift im
Pentateuch (MThZ 18, 1967 S. 93-118).

- Was versteht das Alte Testament unter Wunder (Bibel und
Kirche 22, 1967 S. 37-42).

Soulen, Richard N.: The WASFS of the Song of Songs and

Hermeneutic (JBL 86, 1967 S. 1S3-190).
Strobel, August: Die Charitonhöhle in der Wüste Juda

(ZDPV 83, 1967 S. 46-63).
T o u r n a y, R.: Un cilindre babvlonien decouvert en Transjor-

danie (Planche XVII) (RB 46, 1967 S. 248-254).

Vesco, J.-L.: La date du livre de Ruth (RB 46, 1967 S. 235-
247).

NEUES TESTAMENT

Stuhlmacher, Peter: Gerechtigkeit Gottes bei Paulus. Gödringen
: Vandenhoeck & Ruprecht 1965 ^1966), 276 S. gr. 8° =
Forschungen z. Religion u. Literatur d. Alten u. Neuen Testamentes
, hrsg. v. E. Käsemann u E. Würthwein 87
DM 19.80.

Als E. Käsemann in zwei Aufsätzen die Apokalyptik die
„Mutter der christlichen Theologie" genannt und den Begriff der
„Gottesgerechtigkeit" als eine in der Apokalyptik geprägte, von
Paulus freilich radikalisierte „Formel" ausgegeben hatte, sahen
manche darin einen hoffnungsvollen Gegenschlag gegen eine
Interpretation des Eschatologischen, die sich nur noch in Existenzdialektik
zu erschöpfen drohte. Bultmann hatte Käsemanns
Thesen bereits zurückgewiesen (Haenchen-Festschrift 1964,
S. 64 ff., und JBL 1964, S. 12 ff.), als das seit langem angekündigte
vorliegende Buch eines Schülers von Käsemann erschien
(Diss. Tübingen 1962). Es will Käsemanns letztgenannte These
ausführlich begründen und zeigen, daß man bei Paulus den
„apokalyptischen Geschichtshorizont" nur ausklammern kann
um den Preis der Rechtfertigungslehre selbst (S. 57).

St. führt seine These im Widerspruch zu fast der gesamten
exegetischen Tradition mit eindrucksvoller Konsequenz durch:
Wo immer Paulus von SUxatoavvri) €Ksov) redet, übernimmt er
einen term. techn. „der spätjüdisch-apokalyptischen Theologie
seiner Zeit" (S. 238) und versteht darunter „das die Äone überspannende
, schöpferische, im Anbruch befindliche, als Wort sich
heute ereignende und im Christus personifizierte befreiende
Recht des Schöpfers an und über seiner Schöpfung" (S. 11. 98).
„Gerechtigkeit Gottes" bezeichnet also durchweg Gottes Verhalten
, nicht seine Gabe. „Erst" (!) wo die Soteriologie in
den Blick kommt, wird terminologisch auch, von der Gabe der
göttlichen Gerechtigkeit gesprochen, z. B. Phil. 3,9 (S. 101).

So eindrucksvoll geschlossen das Ergebnis im exegetischen
wie im systematischen Teil dasteht, so problematisch ist die
Methode, die dazu führt - und damit das Ergebnis seihst

Ein Abschnitt A behandelt die „Auslegungsgeschichte" von
den apostolischen Vätern an bis zur Gegenwart (S. 11-73). Die
Darstellung will freilich nicht objektiv informieren; vielmehr