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Ausgabe: | 1968 |
Kategorie: | Ökumenik, Konfessionskunde |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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drucksvollen Wandel in der katholischen Beurteilung Luthers zwischen
Vaticanum I und II einem genaueren Studium zu unterziehen
. Die katholischen Forschungen bezeugen auf ihre Weise die
Universalität Luthers (S. 9). Ob aber die freundliche Beurteilung
des „katholischen Luthers", wie die katholische Forschung nunmehr
sagt, letztlich nicht gerade das Ende reformatorischer Besinnung
auf den Glauben an Jesus Christus im Sinne Luthers bringen kann,
ist noch nicht ausgemacht. Es macht Eindruck, wenn Stauffer berichtet
, was sich die „Outsiders" s. Z. Merkle, Herte und Hessen
ihr sachliches Argumentieren gegen die Denifle-Welle kosten
lassen mußten (S. 120 f.) Doch muß man bei aller Freude über
den Wandel heute immer bedenken, was H. Bornkamm schon 1950
über Lortz sagte (cf. S. 121, Anm. 1), daß dessen „Sachlichkeit"
zwar hoch anerkennenswert, dafj sein Buch über die Reformation
aber „auch der ernsteste Angriff auf Luther und sein Werk" sei.
Mit dieser „Erinnerung" gelesen, scheinen mir „die Aufgaben der
protestantischen Theologie" (S. 117) auf keinen Fall darin bestehen
zu können, sich ohne eigene Überprüfung von katholischen Ansichten
über den „katholischen" Luther „beeinflussen" zu lassen.
Ist man dem nicht schon zu weit erlegen, wenn man wie Stauffer
der „loyalen Kritik", wie er sagt, eines Hessen, Congar und Lortz
„adequate" darin antwortet, dafj man vor allem von „Grenzen"
Luthers spricht?! „Les limites du reformateur allemand" (S. 121)!
An jedem Theologen lassen sich Mängel feststellen. Aber für den
Dialog dürften die Positiva Lutheri fruchtbarer sein. Und Stauffers
Katalog der „limites", den er von M. Lienhard übernimmt (Amtslehre
, Mönchtum, Kirche, Heiliger Geist), muß erst überprüft
werden.
Jena Horst B e i n t k e r
Schillebeeckx, Edward: Der Amtszölibat. Eine kritische Besinnung
, übers, v. H. Zulauf. Düsseldorf: Patmos-Verlag
[1967]. 100 S. 8° = Theologische Perspektiven. Kart. DM 8,80.
Diese Schrift hat eine erregende katholische Situation zum
Hintergrund. Es ist kein Geheimnis mehr, daß es eine ernste
Zölibatskrisis der Gegenwart gibt. Auf dem Zweiten Vatikanum
wurde durch eine Intervention Pauls VI. eine eingehende Diskussion
des Themas verhindert. Nun war eine Enzyklika fällig, die
dann am 25. Juni 1967 im „Osservatore Romano" veröffentlicht
ist. Vor ihr ist unsere Schrift erschienen. Ihr Verfasser hatte als
Berater den holländischen Konzilsvätern in Rom gedient.
Es ist bekannt geworden, dafj im holländischen Klerus heftiger
als anderswo gegen die Zölibatspflicht gekämpft wird; so liest
man es auch im redaktionellen Vorspruch zum deutschen Text der
Enzyklika in „Herder-Korrespondenz", Augustheft 1967, und in
Randbemerkungen bei Schillebeeckx, der - was kaum besonders
vermerkt zu werden braucht - den Zölibat verteidigt. Soweit in
Mt. 19, 12 der biblische Grund gefunden wird, besteht Einverständnis
auch auf unserer Seite. Auch wir halten hoch von dem
Charisma, ein Leben des Verzichts auf die Ehe um des Himmelreiches
willen zu erwählen. Darüber hat A. Schlatter in „Der Evangelist
Matthäus", 1929, S. 574, Treffliches gesagt, auch schon zuvor
in seiner „Christlichen Ethik", 1914, S. 348 f. Das Charisma aber
leidet Schaden oder wird gar verdorben, wenn ihm die Rechtsforderung
neben- oder gar übergeordnet wird.
Jedes Wort zur Sache wird heute an der Frage zu messen sein,
ob die Ehe wie in den Konzilsdokumenten gewertet wird: „in
Teilnahme jener Liebe, in der Christus seine Braut geliebt und
sich für sie hingegeben hat" (Art. 41 der Dog. Konst. über die
Kirche). Solcher Schätzung war der Zölibat zu konfrontieren.
Schillebeeckx schreibt einerseits: „Die völlige Hingabe an Gott
und die ungeteilte Liebe zu ihm sind allen Christen ohne Ausnahme
aufgetragen." Da das Konzil den Zölibat als den leichteren
Weg der Heiligung gekennzeichnet hat (Art. 16 Dekret über Dienst
und Leben der Priester), spricht Schillebeeckx mit Recht von einer
„sehr relativen" Betrachtung und fügt hinzu, der Zölibat könne
deshalb „als solcher keinen absolut höheren Wert vor dem
Eheleben begründen" (S. 60). Dem ist zuzustimmen, nicht aber
den folgenden Bemühungen, die geradeswegs darauf hinauslaufen,
den Zölibat trotzdem als „höchste christliche Lebensmöglichkeit"
zu erweisen, weil er im Dienst Gottes, also des „absoluten Wertes"
stehe. Wir fragen konsterniert, wie dieser Seilsprung möglich ist.
Man sollte denken, dafj hier die christlich gelebte Ehe, nach
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katholischer Lehre: die sakramentale Ehe zum Vergleich und Maßstab
herangezogen sei. Es geschieht nicht, sicherlich deswegen
nicht, weil dann offenkundig die ganze künstliche Werttheorie
zusammengebrochen wäre. Nur die Ehe „auf menschlicher Grundlage
", als naturrechtlicher und kultureller Faktor, wird diskutiert.
Von ihr kann man ja leicht sagen, daß sie „ihren Sinn nicht vom
Reich Gottes her" bezöge. Wir empfinden solche Erwägungen an
dieser Stelle als fehl am Platze und völlig ungenügend. Sie bleiben
unter dem Niveau der Konzilserklärungen.
Unbefriedigend ist unseres Erachtens auch, daß die freie Übernahme
des Zölibates, der richtig als ein Charisma angesehen wird,
und die nachfolgende strenge kirchenrechtliche Bindung als in
„dialektischer Spannung" stehend gesehen werden. Da Dialektik
Gedankenbewegung ist, rechtliche Regelungen aber reale Lebensordnung
sind, hilft die Bemühung der Dialektik nicht voran. Hat
die Versagung der Eheschließung und des Übertritts in den ehrbaren
Laienstand bei den am Zölibat Gescheiterten mit Dialektik
zu tun? In Italien hat sich die katholische Kirche im Konkordat
auch durch den Staat die drakonische Strenge zusichern lassen!
Das ist undialektische logische Konsequenz aus dem dogmatischen
Denken über den character indelebilis auf Grund des Weihesakramentes
.
Positiv sei hervorgehoben, daß die kirchengeschichtlichen Partien
unseres Buches reichhaltig und wertvoll sind. Hier kann der
Historiker lernen. Die Begründung des Zölibates durch die klassischen
Kanonisten von Ivo von Chartres bis zu Roland Bandinelli
sei besonders hervorgehoben. Eindrucksvoll wird gezeigt, wie die
Einschätzung des christlichen Ehelebens als zweitrangigen Christentums
geschichtlich überwunden ist. Um so unbefriedigender
ist die theologische Rangstufung, auf die trotzdem wieder die
grundsätzlichen Ausführungen hinauslaufen.
Wir fügen noch an, daß nach der Zölibatsenzyklika das Eheverbot
der Priester nicht gelockert werden wird. „Auf keinen Fall
kann die Kirche in geringerer Treue zu ihren alten Traditionen
stehen, und es ist undenkbar, daß sie durch Jahrhunderte einem
Weg gefolgt ist, der, statt den geistlichen Reichtum der einzelnen
Seelen und des Volkes Gottes zu fördern, diesen in gewisser Weise
aufs Spiel gesetzt hätte oder daß sie durch willkürliches rechtliches
Eingreifen die freie Entfaltung der tiefsten Wirklichkeiten
der Natur und der Gnade unterbunden hätte" (Nr. 41).
Rostock Gottfried H o 1 t z
Barth, Karl: Entretiens ä Rome apres le Concile. Traduc-
tion francaise de J.-J. von Allmen et J. Jegge. Neuchätel: Dela-
chaux et Niestie [1968]. 69 S. gr. 8° = Cahiers Theologiques, 58.
B e n k ö , Steffen: Mariologie in protestantischer und römischkatholischer
Sicht (ThZ 24, 1968, S. 29-39).
Dogmatic Constitution on Divine Revelation (Chapters 3, 4, 5
and 6) (The Bible Translator 17, 1966, S. 139-145).
Legrand, L.: Vatican II et la traduetion des Ecritures (RB 46,
1967, S. 413-422).
Mayor, Stephen: On Selling Episcopacy: An English Free
Church View (SJTh 21, 1968, S. 48-55).
Reardon, B. M. G.: The Prelude to the Contemporary Crisis
in Roman Catholicism (Et 79, 1968, S. 200-203).
GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST
Guldan, Ernst: Eva und Maria. Eine Antithese als Bildmotiv.
Graz-Köln: Böhlau 1966. 376 S. m. 196 Abb. a. Taf., 1 Farbtaf.
4°. Lw. DM 140,-.
Die „vergleichende Zusammenschau von Eva und Maria, den
beiden großen Muttergestalten des Alten und Neuen Bundes", in
der Bildwelt ist Thema des vorliegenden Werkes.
Das erste Kapitel (Sündenfall und Erlösung, pp. 13-45) bietet
Schriftquellen und Wurzeln des Bildmotivs. Unter der Überschrift
Mater omnium wird dann die Geburt Evas aus Adam als Typus
der Geburt der Kirche aus der Seitenwunde Christi behandelt,
weiterhin die mehr oder weniger feste Zuordnung von Szenen
der Urgeschichte zu Szenen des Marienlebens, von denen als wichtigste
die Verkündigung der Geburt Christi eine besondere Behandlung
erfährt (pp. 46-89). Maria als Siegerin über die Schlange
Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 7