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Ausgabe:

1968

Spalte:

521-522

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Ullrich, Lothar

Titel/Untertitel:

Fragen der Schoepfungslehre nach Jakob von Metz O. P. 1968

Rezensent:

Kohls, Ernst-Wilhelm

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Typ entwickelt. Dieser Typ versteht sich selbst als diejenige der
drei christologischen Theorien des Petrus Lombardus, die der Verfasser
Subsistenztheorie nennt. Diese Bezeichnung wie auch die
nötigen Abgrenzungen zu der Assumptus- und Habitustheorie verdanken
wir dem bahnbrechendem Aufsatz von Bernhard Barth in
der Tübinger Theologischen Quartalsschrift 1919 und 1920 (vgl.
dazu auch Heiko Augustinus Oberman, The Harvest of medieval
Theology, Cambridge, Mass., 1963, S. 251 ff.). Die Subsistenztheorie
erweist sich als eine Weiterbildung der „zweiten" Theorie des
Lombardus. Unbewältigt bleibt immer noch die Frage nach dem
Wesen der Person, deren Begriff juristisch-soziologisch belastet
ist. Diese Ungelöstheit drängt dazu, sich mit der logischen Methode
nicht zufriedenzugeben und einer metaphysischen Betrachtung
des Seins zuzustreben. Mit Roland von Cremona begegnen wir
einem nun auch metaphysisch unterbautem Sondertyp der Subsistenztheorie
, der in einem Spannungsverhältnis zu dem sogenannten
Normaltyp bei Wilhelm von Auxerre und Hugo von
St. Cher steht.

Da keiner der drei Scholastiker viel mehr als die jüngste Vergangenheit
der vorgehenden Generation in der christologischen
Entwicklung überschaut, war Breuning bestrebt, die Vorgeschichte
besonders der Subsistenztheorie zu erarbeiten. Auch das ist ihm
in einer sorgsamen und geduldigen Analyse von Texten gut gelungen
. Seine Studie wird somit ein wertvoller Leitfaden zum
Studium des Problems der hypostatischen Union in der Scholastik.

Prag Amedeo Molnär

Ullrich, Lothar: Fragen der Schöpfungslehre nach Jakob von
Metz O. P. Eine vergleichende Untersuchung zu Sentenzenkommentaren
aus der Dominikanerschule um 1300. Leipzig: St.
Benno-Verlag 1966. XVI, 379 S. gr. 8° = Erfurter Theologische
Studien, hrsg. v. E. Kleineidam u. H. Schürmann, 20.

Nachdem sich die Thomasforschung in den Bahnen von Martin
Grabmann, Etienne Gilson und von Marie Dominique Chenu u. a.
immer eingehender der Erforschung und Erhellung der thomani-
schen Theologie selbst zugewandt hat, gilt doch ein nicht unerhebliches
Interesse nach wie vor auch der theologischen Entwicklung
der verschiedenen Exponenten und Tradenten innerhalb der
Thomistenschule.

Die vorliegende Untersuchung, die durch die grundlegende Abhandlung
von J. Koch „Jakob von Metz O. P., der Lehrer des
Durandus de S. Porciano O. P." (Archives d'histoire doctrinale et
Htteraire du Moyen-äge. 4, 1929, S. 169-229) ma5geblich angeregt
worden ist, geht in einem ersten Teil der literargeschichtlichen
Einordnung des Jakob von Metz in die zeitgenössische Sentenzenliteratur
und Theologie nach. Nach einer eingehenden Analyse der
Textüberlieferung des Sentenzenkommentars des Jakob (S. 8-19)
kann der Verfasser insbesondere die noch von J. Koch bestrittene
Autorschaft Jakobs an der zweiten Redaktion im Anschluß an die
Untersuchungen von B. Decker überzeugend verteidigen (S. 20-31).
Inhaltlich vor allem zeigt der Verfasser, daß die auf Grund von
Abweichungen in der Erbsünden-, Sakramenten- und Gotteslehre
immer wieder vorgenommene uneingeschränkte Einstufung Jakobs
als „Antithomist" - oder umgekehrt als „Thomist" auf Grund
zahlreicher Anlehnungen an den Aquinaten - vom Einzelfall her
meist nicht zulässig ist: „In bezug auf Thomas von Aquin muß
ein Urteil über Jakob von Metz. . . immer differenziert sein"
(S. 44). Speziell in der besonders durch J. Koch aufgeworfenen
Frage der Abhängigkeit des Durandus de S. Porciano von Jakob
lst der Verfasser sehr zurückhaltend, da Durandus nachweislich
stärker die Lectura Thomasina selbst benutzt und die Sentenzenvorlesung
des Herveus verwendet hat. „Der Titel ,Lehrer des
Durandus' sollte nur sehr vorsichtig für Jakob verwendet werden
" (s. 96).

Die eigentliche systematische Untersuchung eröffnet der Verfasser
im zweiten Teil über die Fragen der Schöpfungslehre des
Jakob von Metz (S. 101-264). Hinsichtlich der Möglichkeit einer
anfangslosen Schöpfung (Kap. I.) konstatiert der Verfasser sowohl
bei Jakob selbst als auch bei Herveus Natalis eine positive Entscheidung
im Gegensatz zur kritischen Einstellung des Aquinaten
in dieser Frage. Zum Problem des Seins der Geschöpfe (Kap. II.)
erkennt der Verfasser bei allen Sententiariern die Verknüpfung
dieses Problemkreises mit dem Fragenbereich der anfangslosen

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Schöpfung, so dag es auch bei Jakob von Metz zur Zurückstellung
des eigentlichen thomanischen Grundproblems kommt: der Frage
nach der analogia entis. Die kritische Weiterführung der thomanischen
Theologie innerhalb der Dominikanerschule läßt sich am
deutlichsten in der Frage der Mitteilbarkeit der Schöpfermacht
(Kap. III.) demonstrieren. Die zwiespältige Auffassung des Aquinaten
hat bei Johannes von Paris, in der Lectura Thomasina
(S. 252 ff.) und auch bei Jakob (S. 209 ff.) und Herveus Natalis zur
eindeutigen Ablehnung einer solchen Auffassung geführt, bei
Durandus (S. 244 ff.) dagegen zur grundsätzlichen Vertretung der
Möglichkeit.

Die ausführliche Behandlung der Angelologie innerhalb des
Sentenzenkommentars Jakobs läßt den Verfasser den dritten Teil
seiner Untersuchung (S. 265-354) diesem Thema widmen. Die zugrunde
liegenden Hauptprobleme sind hier das Problem des Erkenntnisvorgangs
einerseits und der Specieslehre andererseits.
Einzelabweichungen bei Jakob vom Aquinaten - insbesondere auf
Grund der Ausklammerung der Frage nach der tatsächlichen Existenz
der Erkenntnisobjekte (S. 326 ff.) - wertet der Verfasser
nicht als grundsätzliche Kritik, sondern als Versuch, auf den thomanischen
Grundlagen etwas Neues zu bauen (S. 353). Die Unabhängigkeit
des Durandus gegenüber Jakob kann der Verfasser
in diesen Problemkreisen erneut darlegen (S. 346 ff.).

Zusammenfassend erblickt der Verfasser in Jakob von Metz
wohl einen Anfänger „der Auflösung der scholastischen Synthese"
(S. 356), wie ihn schon J. Koch zuvor eingestuft hat. Zugleich aber
betont der Verfasser das Festhalten Jakobs an allen grundsätzlichen
Anschauungen der thomanischen Theologie. Dem historischen
Sachverhalt sieht sich der Verfasser am nächsten, wenn er
etwa zur Frage der creatio continua bei Jakob von Metz den Versuch
wahrnimmt, die thomanische geschöpfliche (von unten ausgehende
) Seinsanalogie mit der vom Schöpfer (von oben) ausgehenden
Eckharts zu verbinden. An dieser Stelle sieht der Verfasser
mit J. Koch einen stets zum Scheitern verurteilten Kompromiß
, eine „Combination" von „Augustinismus und Thomismus"
herbeizuführen (S. 358). Jakob von Metz teilt damit „das Schicksal
jeder zweiten und dritten Generation: Die Höhe des Meisters
- hier Thomas - ist nicht zu halten. Wenn keine neue Synthese
gelingt, so ist der Pluralismus - hier das Vorantreiben der Einzelfragen
- unvermeidlich . . . Deshalb konnte Jakob auch nicht
einen Traktat ,De deo creante' schreiben, sondern nur .Fragen der
Schöpfungslehre'" (ebd.).

Marburg Ernst-Wilhelm Kohls

Aston, Margaret: Thomas Arundel. A Study of Church Life in
the Reign of Richard II. Oxford: Clarendon Press; London:
Oxford University Press 1967. XIV, 456 S., 15 Taf., 2 Ktn.,
1 Falttab. 8°. Lw. £6.6.0.

Das Buch ist aus einem Aufsatz entstanden. Die Verfasserin ist
sich von Anfang an klar gewesen, daß eine völlige Rekonstruktion
der Persönlichkeit A.s nicht möglich ist. Es bleibt vieles im
Dunkel der Geschichte, trotzdem die Verfasserin fleißig Archive
und Bibliotheken durchforscht hat. So sah sie sich genötigt, aus
zeit- und kirchengeschichtlichen Ereignissen jener Jahre ein Bild
A.s zu entwerfen. Sie ist dabei nicht immer der Gefahr entgangen,
in zu starke Breite der Darstellung zu geraten. Wichtig ist, daß
es sich hier um die erste Biographie A.s bis zu seiner Verbannung
im Jahre 1397 handelt. Nur der Epilog des Buches weist auf die
letzten 14 Jahre seines Lebens (f 1414) hin. Sie führten A. als
führenden Berater Heinrichs IV. auf den Höhepunkt seines Schaffens
. So kann man nur wünschen, daß ein zweiter Band folgt.

Die Verfasserin schildert den Beginn der kirchlichen Karriere
des aus hohem Adel stammenden A. Mit 20 Jahren (1373) entband
ihn Papst Gregor XI. von den kanonischen Bestimmungen und
stimmte damit der Wahl zum Bischof von Ely zu. A., der sich in
den nächsten zwei Jahren nicht in seinem Bischofssitz sehen ließ,
ist ein typisches Beispiel aristokratischer Macht und päpstlicher
Ämterpatronage des 14. Jahrhunderts in der englischen Kirche.
Die Schilderung dieser Zeit beruht weithin auf indirekten Schlüssen
aus den politischen und kirchlichen Ereignissen jener Zeit.
Sicher ist, daß die Beziehungen des Bischofs zu den Universitäten
Cambridge und Oxford, wo A. studiert hatte, dazu beigetragen
haben, daß das Bistum Ely neben Lincoln die meisten graduierten

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 7